Zum 1. Januar 2011 trat in Ungarn ein neues Medienrecht in Kraft, das bis heute international auf Kritik stößt. Bemängelt wird etwa die Kontrollfähigkeit der Medien durch die Regierungspartei Fidesz. Aufgrund der Kritik an der Gesetzgebung und des außergewöhnlichen Abstiegs Ungarns in verschiedenen Pressefreiheits-Rankings, untersucht diese Forschungsarbeit, inwiefern sich die Pressefreiheit in Ungarn seit Inkrafttreten des Mediengesetzes von 2011 entwickelt hat und gibt einen Einblick in mögliche weitere Entwicklungen sowie Empfehlungen zu weiterführenden Untersuchungen.
Eingangs wird der Begriff Pressefreiheit definiert, um die Rahmenbedingungen für eine funktionierende bzw. eine gefährdete Pressefreiheit zu identifizieren. Die Begriffe Pressefreiheit und Medienfreiheit werden überdies synonym verwendet – beide beinhalten ausdrücklich alle journalistischen Massenmedien. Der Definition folgt ein grober Überblick über die Pressefreiheit in Ungarn vor Einführung der Mediengesetze, um daran anknüpfend die aktuelle ungarische Mediengesetzgebung zu erläutern.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Forschungsfrage
1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Pressefreiheit
2.1.1 Begriffsklärung und Relevanz der Massenmedien
2.1.2 Medienpolitik und Pressefreiheit in Ungarn bis 2011
2.2 Die staatliche ungarische Medienpolitik
2.2.1 Einführung der Gesetze Smtv. und Mttv
2.2.2 Regulierungsbehörden und deren Kompetenzen
2.2.2.1 Staatliche Behörde für Medien und Nachrichtenübermittlung
2.2.2.2 Nationaler Rat für Kommunikations- und Informationstechnologie
2.2.3 Öffentlich-rechtlicher Rundfunk
3 Methodisches Vorgehen: Entwicklung der Pressefreiheit
3.1 Eigentumsstruktur des Medienmarktes
3.1.1 Pressemarkt
3.1.2 Onlinemarkt
3.1.3 Radiomarkt
3.1.4 Fernsehmarkt
3.2 Medienpluralität
3.2.1 Medienpluralität 2016
3.2.1.1 Marktpluralität
3.2.1.2 Politische Unabhängigkeit
3.2.2 Medienpluralität ab 2018 und die KESMA
3.2.2.1 Die Central European Press and Media Foundation
3.2.2.2 Marktpluralität
3.2.2.3 Politische Unabhängigkeit
3.3 Soft Censorship
3.3.1 Staatliche Werbeausgaben am Beispiel von Magyar Nemzet
3.3.2 Frequenzvergabe 2017 am Beispiel von Rádió 1
3.4 Bewertung der Pressefreiheit
3.4.1 Bewertung der Pressefreiheit durch Medienschaffende
3.4.1.1 Politischer Einfluss
3.4.1.2 Wirtschaftlicher und rechtlicher Einfluss
3.4.2 Bewertung der Pressefreiheit durch Fachorganisationen
3.4.2.1 Politischer Einfluss
3.4.2.2 Wirtschaftlicher Einfluss
3.4.2.3 Rechtlicher Einfluss
3.4.2.4 Kritik und Forderungen
3.5 Diskussion und Bewertung der Ergebnisse
3.5.1 Interpretation der Forschungsergebnisse
3.5.2 Mögliche Folgen und Empfehlungen zu weiterführenden Untersuchungen
4 Fazit und Ausblick
Literatur- und Quellenverzeichnis
Anhang
Hinweis: Aus Gründen der Lesbarkeit wird in dieser Arbeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und weitere Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, sofern es für die jeweilige Aussage erforderlich ist. Indirekt übernommene Gedanken aus englischen bzw. ungarischen Quellen wurden von der Autorin übersetzt.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Ungarn
Abbildung 2: Übersicht der bedeutendsten ungarischen Tages- und Wochenzeitungen nach inhaltlicher Ausrichtung im Jahr 2018
Abbildung 3: Übersicht der bedeutendsten ungarischen Onlineportale nach inhaltlicher Ausrichtung im Jahr 2018
Abbildung 4: Übersicht der bedeutendsten ungarischen Radiosender nach inhaltlicher Ausrichtung im Jahr 2018
Abbildung 5: Übersicht der bedeutendsten ungarischen Fernsehsender nach inhaltlicher Ausrichtung im Jahr 2018
Abbildung 6: Bewertung des Risikos für die fünf Indikatoren der Marktpluralität des MPM 2016
Abbildung 7: Bewertung des Risikos für die fünf Indikatoren der politischen Unabhängigkeit des MPM 2016
Abbildung 8: Medienunternehmen der Informations- und Nachrichtenpresse in Ungarn, deren Verlage, Umsätze, Eigentümer und Auflage im Jahr 2018
Abbildung 9: Jeweilige Anteile der unabhängigen, regierungsnahen, öffentlich-rechtlichen sowie der KESMA zugehörigen Medien am gesamten Nachrichtenmarkt auf Grundlage von Daten aus dem Jahr 2017
Abbildung 10: Bevorzugteste Medienmarken und ihre Anteile an staatlichen Werbeausgaben in Prozent im Jahr 2008
Abbildung 11: Bevorzugteste Medienmarken und ihre Anteile an staatlichen Werbeausgaben in Prozent im Jahr 2012
Abbildung 12: Summen in Forint und Anteile in Prozent an der staatlichen Werbung für Magyar Nemzet und Népszabadság, jeweils im Jahr 2008 und 2012
Abbildung 13: Umsätze der zu Lajos Simicska zugehörigen Medien-unternehmen Hír TV, Magyar Nemzet, Heti Válasz und Lánchíd Rádió in Forint, jeweils in den Jahren 2014 bis 2017
Abbildung 14: Gegenüberstellung der Erlöse von staatlicher und kommerzieller Werbung von Magyar Nemzet und Magyar Idők im Jahr 2017 in Prozent
Abbildung 15: Anteile einzelner Interessengruppen an den Listenpreisen der staatlichen Werbeausgaben zwischen 2006 und 2019
Abbildung 16: Hervorhebung der Entwicklung der Unternehmen von Lajos Simicska zwischen 2006 und 2019
Abbildung 17: Nettoumsatzerlöse je 1.000 Forint, Eigentümer und Reichweite pro 1.000 Personen der bedeutendsten ungarischen Radiosender des Nachrichtensegments im Jahr 2018
Abbildung 18: Journalistenwertung der Lage der Pressefreiheit in Ungarn auf einer Skala von 1 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut), jeweils in den Jahren von 2012 bis 2016
Abbildung 19: Journalistenwertung des politischen Drucks in Prozent, jeweils in den Jahren von 2012 bis 2016 in den Kategorien sehr schwach (nagyon gyenge), schwach (gyenge), stark (erős) und sehr stark (nagyon erős)
Abbildung 20: Journalistenwertung des wirtschaftlichen Drucks in Prozent, jeweils in den Jahren von 2012 bis 2016 in den Kategorien sehr schwach (nagyon gyenge), schwach (gyenge), stark (erős) und sehr stark (nagyon erős)
Abbildung 21: Entwicklung der Pressefreiheit zwischen 1999 und 2016 in Ländern, die jeweils einem ähnlichen politischen Muster gefolgt sind
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Forschungsfrage
Im Jahr 2010 belegte Ungarn den 23. Platz auf der Rangliste der Pressefreiheit der Nichtregierungsorganisation (NGO) Reporter ohne Grenzen (ROG).1 Im darauffolgenden Jahr stieg das Land auf Platz 40 ab.2 2019 ist es auf Rang 87 von 180 gelangt.3 Innerhalb von neun Jahren ist Ungarn somit um 64 Punkte im Ranking gefallen. Laut der NGO zeigt die Pressefreiheit in dem Staat „[e]rkennbare Probleme“4.
Zum 1. Januar 2011 trat in Ungarn ein neues Medienrecht in Kraft, das bis heute international auf Kritik stößt. Bemängelt wird etwa die Kontrollfähigkeit der Medien durch die Regierungspartei Fidesz – Ungarischer Bürgerbund ( Fidesz – Magyar Polgári Szövetség, kurz: Fidesz). Aufgrund der Kritik an der Gesetzgebung und des außergewöhnlichen Abstiegs Ungarns in verschie-denen Pressefreiheits-Rankings, untersucht diese Forschungsarbeit, inwiefern sich die Pressefreiheit in Ungarn seit Inkrafttreten des Medien-gesetzes von 2011 entwickelt hat.
1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit
Eingangs wird der Begriff Pressefreiheit definiert, um die Rahmenbedingungen für eine funktionierende bzw. eine gefährdete Pressefreiheit zu identifizieren. Die Begriffe Pressefreiheit und Medienfreiheit werden überdies synonym verwendet – beide beinhalten ausdrücklich alle journalistischen Massen-medien. Der Definition folgt ein grober Überblick über die Pressefreiheit in Ungarn vor Einführung der Mediengesetze, um daran anknüpfend die aktuelle ungarische Mediengesetzgebung zu erläutern.
Diese besteht aus zwei Rechtsverordnungen: dem Gesetz CIV von 2010 über die Pressefreiheit und die Grundregeln für Medieninhalte (2010. évi CIV. törvény a sajtószabadságról és a médiatartalmak alapvető szabályairól, kurz: Smtv.) sowie dem Gesetz CLXXXV von 2010 über Mediendienste und Massenkommunikation (2010. évi CLXXXV. törvény a médiaszolgáltatásokról és a tömegkommunikációról, kurz: Mttv.), das im weiteren Verlauf auch mit der Bezeichnung Mediengesetz gemeint ist. Diese Arbeit fokussiert sich auf das Mttv. aufgrund der durch das Gesetz neu gegründeten Instanzen und deren weitreichenden Befugnisse, die ebenfalls erläutert werden.
Zu den methodisch untersuchten Bereichen gehört die Entwicklung der Eigentumsstrukturen des Medienmarktes, der Medienpluralität sowie politischer und wirtschaftlicher Einflüsse auf die Medienbranche und deren Akteure. Vorhandene Forschungsergebnisse untersuchen bestimmte Teilbereiche, die für die Pressefreiheit relevant sind. Dadurch mangelt es jedoch an einem Gesamtbild von den politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhängen und Hintergründen. Aus diesem Grund, und weil sich keine der geläufigen wissenschaftlichen Methoden für dieses Vorhaben eignet, ist die methodische Untersuchung dieser Arbeit eine neuartige. Unterschiedliche Forschungsergebnisse von Fachorganisationen zwischen 2011 und 2019 werden anhand ihrer Wissenschaftlichkeit ausgewählt, kritisch reflektiert und miteinander verglichen bzw. gegenseitig ergänzt, um einen Überblick über die Entwicklung der für die Pressefreiheit relevanten Faktoren zu schaffen.
Medienschaffende können aufgrund ihrer Position veritable Informationen über die Ausübung ihrer Tätigkeit geben und erleben die Entwicklung der Pressefreiheit aus unmittelbarer Nähe. Daher werden auch Umfragen, die mit Journalisten durchgeführt wurden, vorgestellt. Zuletzt werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung diskutiert und bewertet, und es werden mögliche weitere Entwicklungen sowie Empfehlungen zu weiterführenden Untersuchungen gereicht. Abgeschlossen wird die Bachelorarbeit mit einem Fazit in Bezug auf die Forschungsfrage, inwiefern und in welchen Bereichen sich die Pressefreiheit seit Inkrafttreten des Mediengesetzes entwickelt hat.
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Pressefreiheit
2.1.1 Begriffsklärung und Relevanz der Massenmedien
Der Begriff Pressefreiheit hat laut der Journalistikprofessorin Marlis Prinzing eine ökonomisch-unternehmerische und eine publizistisch-inhaltliche Bedeutung.5 Grundsätzlich beinhalte diese Freiheit, Medienunternehmen zu gründen sowie Informationen und Meinungen zu verbreiten.6 Dem Juristen Hannes Tretter zufolge hat ein demokratischer Staat die Pflicht, die Rahmenbedingungen für eine pluralistische, nicht indoktrinierende Medienlandschaft und für die freie Meinungsäußerung sowie den ungehinderten Zugang zu Informationen und deren Weiterleitung zu gewährleisten.7
Zunächst sind Medien in modernen Demokratien zuständig für die politische Willensbildung der Bevölkerung, so Medienrechtswissenschaftler Frank Fechner.8 Informationen sollten dabei für die Allgemeinheit zugänglich sein.9 Weil sie zudem die staatliche Machtausübung kontrollierten, sei eine staatsunabhängige Stellung und Finanzierung der Medien unabdingbar.10 Damit einhergehend konkurrieren Massenmedien unter wettbewerblichen Bedingungen miteinander, was die Meinungspluralität innerhalb der Medienlandschaft fördert, so Fechner weiter.11 Eine Gesetzgebung, die das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Medienfreiheit auf europäischer Ebene gewährleistet, ist die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK).12 Weitere Regelungen finden sich in den einzelnen Verfassungen und Mediengesetzen der jeweiligen Staaten.
Grundlegend gefährlich für die Medienfreiheit sind laut Prinzing staatliche Eingriffe wie Zensur oder wirtschaftlicher Druck.13 Zweifelsohne trägt demnach die Regierung eines Staates zur Lage von dessen Pressefreiheit bei; Meinungsfreiheit und Demokratie sind also zwei Faktoren, die sich wechselseitig erfordern, um zu gelingen. Laut Péter Bajomi-Lázár, Leiter des Instituts für Sozialwissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Budapest, kann man prinzipiell zwischen zwei Formen der Medienpolitik demokratischer Staaten unterscheiden: Die Universalistische werde von faktisch demokratischen Staaten angewandt, sodass Medieninhalte die Bedürfnisse der gesamten Gesellschaft abdeckten.14 Die Partikularistische hingegen werde häufig in instabilen Demokratien angewandt.15 Sie ziele auf die Festigung von Positionen amtierender Regierungen ab, bspw. durch die Verteilung von Medienressourcen.16 Dieser Aspekt ist bedeutend, weil Ministerpräsident Viktor Orbán im Jahr 2014 verkündete, seine Regierung konstruiere einen illiberalen Staat in Ungarn.17 Den Politologen Klaus Bachmann und Dominik Héjj zufolge wollen entsprechende Regierungen einen auf konservative Werte gestützten Obrigkeitsstaat mit einer demokratisch legitimiert erscheinenden Regierung errichten.18 Zur Verwirklichung würde u.a. versucht, die freien Medien auszuschalten.19
2.1.2 Medienpolitik und Pressefreiheit in Ungarn bis 2011
Im zwanzigsten Jahrhundert haben in Ungarn stark variierende politische Systeme wie Monarchien, Diktaturen und der Kommunismus geherrscht, die sich mitunter rasch abwechselten. Durch diese konstante politische Instabilität weist das Land keine lange Tradition der Demokratie auf, eine der grundlegenden Voraussetzungen für die Entfaltung der freien Presse. Seit 2010 regiert zum zweiten Mal Ministerpräsident Viktor Orbán unter der Regierungskoalition aus Fidesz und der Christlich-Demokratischen Volkspartei (Kereszténydemokrata Néppárt, kurz: KDNP).
Im Anschluss an die kommunistische Kádár-Diktatur, nach dem Systemwandel ab 1990, entwickelte sich in Ungarn ein von Marktkräften dominierter Medienmarkt. Printmedien und elementare elektronische Medien haben sich laut der NGO Mérték Media Monitor (Mérték Médiaelemző Műhely, kurz: Mérték) im Besitz ausländischer Unternehmen befunden.20 Die in dieser Arbeit häufig zitierte Fachorganisation überwacht die Auswirkungen der Mediengesetze und der medienpolitischen Entscheidungen in Ungarn. Durch die internationalen Eigentümer, so Mérték, wurde der Medienmarkt mehr oder weniger effektiv vor politischen Verflechtungen geschützt.21 Laut Bajomi-Lázár konnten Journalisten unabhängig arbeiten, und der Großteil der Presse berichtete kritisch über die erste christlich-konservative Regierung zwischen 1990 und 1994.22 Diese Regierung habe jedoch den ersten sogenannten Medienkrieg ausgelöst, bei dem Versuch, eine linksliberale Meinungshegemonie zu bekämpfen.23
Erst während der sozialistischen Regierung unter Gyula Horn zwischen 1994 und 1998 habe sich die Situation verbessert; aber auch in dieser Zeit sei die Staatsintervention nicht vollständig ausgeblieben.24 Ein Meilenstein für die Pressefreiheit wurde dennoch im Jahr 1996 mit dem ersten Mediengesetz gelegt, welches erstmals ein duales Rundfunksystem eingeführt hat.
Während der liberalsozialistischen Koalition von 2002 bis 2010 verlief die Medienpolitik ähnlich wie unter der Horn-Regierung.25 Die Konzentration und der Einfluss politischer Macht auf die Medien seien erfolgreich verhindert worden.26 In der Folge verbesserte sich die Pressefreiheit in Ungarn nach dem Ranking der NGO Freedom House stetig: von 38 Punkten (teilweise frei) im Jahr 1994, über 28 Punkte (frei) im Jahr 1998 bis hin zu 23 Punkten (frei) im Jahr 2009.27
Erst 2007 und 2008 hat das ungarische Verfassungsgericht entscheidende Teile des Mediengesetzes von 1996 als verfassungswidrig erklärt und Besorgnisse hinsichtlich der Regulierung von Medieninhalten festgestellt. Als Mitglied der Europäischen Union (EU) ist Ungarn außerdem verpflichtet, die Bestimmungen der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste umzusetzen, die noch nicht Bestandteil dieses Gesetzes gewesen sind. Als eine ihrer ersten legislativen Schritte verabschiedete die aktuelle ungarische Regierung noch im Jahr ihres Amtsantritts, 2010, das neue Gesetzespaket.
2.2 Die staatliche ungarische Medienpolitik
2.2.1 Einführung der Gesetze Smtv. und Mttv.
Laut Medienrechtswissenschaftler Frank Fechner werden „[m]edienpolitische Auseinandersetzungen […] häufig mit medienrechtlichen Mitteln geführt.“28 Um zu untersuchen, wie die ungarische Medienpolitik funktioniert, stellt dieses Kapitel die staatliche Mediengesetzgebung vor. Die letzten Gesetzesentwürfe des Mttv. wurden am 22. November 2010 vorgelegt und bereits am 21. Dezember 2010 – also innerhalb eines Monats – angenommen. Am 31. Dezember wurde das Gesetz verkündet und trat am 1. Januar 2011 in Kraft, ebenso das Smtv. Laut Péter Bajomi-Lázár wurden die Gesetze trotz einstimmigem Gegenvotum der Oppositionsparteien verabschiedet.29
Das Smtv. enthält Regelungen zu den Rechten und Pflichten von Journalisten und zu den Inhalten der Berichterstattung. Nach Art. 4 Abs. 1 Smtv. achtet und unterstützt Ungarn die Freiheit und Vielfalt der Presse; deren Freiheit beinhalte die Unabhängigkeit vom Staat und jeglicher Organisationen oder Interessengruppen.30 Das Gesetz verpflichtet audiovisuelle Mediendienstleister zur Bereitstellung von:
„[…] balanced coverage on local, national and European issues that may be of interest for the general public and on any events and debated issues bearing relevance to the citizens of Hungary and the members of the Hungarian nation, in the general news and information programmes broadcasted by them. The detailed rules of this obligation shall be set forth by the Act [Mttv.] with a view to ensure proportionality and democratic public opinion. “31
József Czukor, ehemaliger ungarischer Botschafter in Berlin, interpretiert die Regelung in einem Interview mit The European wie folgt: „[D]as Gebot der Ausgewogenheit bedeutet [...] meiner Auffassung zufolge lediglich, dass die Nachrichtensendungen nicht von einem bestimmten Thema [...] dominiert werden dürfen.“32
Wie dies zeigt, ist allein die Definition der ausgewogenen Berichterstattung zweifelhaft, weil sie verschiedenartig ausgelegt werden kann. Es ist darüber hinaus insgesamt strittig, ob es mit der Pressefreiheit vereinbar ist, dass der Staat Medienschaffenden Aufgaben und Pflichten vorschreibt. Nach Inkrafttreten wurden sowohl aufgrund von Kritik des Europarats als auch wegen der Feststellung von Verfassungswidrigkeiten Änderungen am Gesetzespaket vorgenommen – innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten sei es 17 Mal modifiziert worden.33
Das Mttv. beinhaltet die grundsätzliche Verordnung über die Struktur des Mediensystems. Grundlage dieser kritischen Auseinandersetzung ist die aktuelle Fassung des Gesetzes, weil die für diese Untersuchung relevanten rechtlichen Bestimmungen nach wie vor konform sind. Das Gesetz gilt gemäß Art. 1 Abs. 1 Mttv. für Mediendienste und Presseerzeugnisse – auch online verfügbare – von in Ungarn niedergelassenen Mediendienstleistern. Darüber hinaus enthält es Regelungen zum Aufbau sowie zu den Kompetenz- und Sanktionsbefugnissen der teilweise neu gegründeten Instanzen der ungarischen Medien-politik. Hierzu gehört die Staatliche Behörde für Medien und Nachrichtenübermittlung (A Nemzeti Média- és Hírközlési Hatóság, kurz: NMHH bzw. Medienbehörde), der Nationale Rat für Kommunikations- und Informationstechnologie (A Nemzeti Média- és Hírközlési Hatóság Médiatanácsa, kurz: Medienrat) sowie der öffentlich-rechtliche Rundfunk.
Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass das Gesetz nachfolgend nicht vollständig erläutert wird, sondern nur einzelne Aspekte, welche die Autorin im Zuge ihrer Recherche für relevant in Bezug auf die Gefährdung der Pressefreiheit eingestuft hat.
2.2.2 Regulierungsbehörden und deren Kompetenzen
2.2.2.1 Staatliche Behörde für Medien und Nachrichtenübermittlung
Die Medienbehörde besteht seit August 2010 und war zunächst für die Kontrolle der öffentlich-rechtlichen Medien zuständig. Das Mediengesetz erweiterte ihre Kompetenzen auf alle journalistischen Medien, sodass sich die autonome Regulierungsbehörde seither am Vollzug der staatlichen Medienpolitik beteiligt.
Ihre wesentliche Funktion besteht nach Art. 167 Abs. 1 Mttv. u.a. in der Regulierung der Medien und in der Durchsetzung und Überwachung der Einhaltung der Mediengesetze. Die kommunikationsrechtlichen Befugnisse der Behörde können ihr laut Mttv. in keiner Weise entzogen werden.34 Die Gewährleistung der Pressefreiheit unter der Medienregulierung erklärt die NMHH so:
„The freedom of the press is quintessential for the functioning of the democratic public sphere. In the course of this, the state – if necessary and to a reasonable extent – has the [...] obligation to intervene with the instruments of media regulation in the operation of the media market. [...] “35
Die NMHH gliedert sich gemäß Art. 109 Abs. 3 Mttv. u.a. in den Präsidenten (A Nemzeti Média- és Hírközlési Hatóság Elnöke) und den Medienrat. Der Präsident verwaltet laut Art. 111 Abs. 1 lit. a Mttv. die Behörde und kann Gesetzesänderungen vorschlagen.36 Weiterhin solle er, sofern er gleichzeitig zum Präsidenten des Medienrates gewählt wird, dessen Sitzungen einberufen und leiten.37 Trivialerweise wird der Präsident der NMHH zwangsläufig zum Präsidenten des Medienrates, so die Regelung nach Art. 113 Abs. 1 lit. e Mttv., da ihm andernfalls die Präsidentschaft der Behörde entzogen wird. Per Erstfassung des Mediengesetzes wurde die erste Präsidentin der NMHH und des Medienrates, Annamária Szalai, von Ministerpräsident Viktor Orbán auf eine Amtszeit von neun Jahren ernannt und hätte nach deren Ablauf erneut ernannt werden dürfen.38 Aufgrund von Kritik durch den Europarat modifizierte die Regierung diese Gesetzesregelung im Jahr 2013. Nach der aktuellen Fassung wird der Präsident der NMHH auf Vorschlag des Ministerpräsidenten durch den Staatspräsidenten ernannt.39 Interessenvertretungen der Medienakteure und Medienschaffenden dürfen gemäß Art. 111/A Abs. 4 Mttv. Personen für das Amt nominieren. Obwohl der Ministerpräsident seinen Kandidaten nach Berücksichtigung der Nominierungen nennen soll, bildet diese Regelung dennoch keine Verpflichtung zur Beachtung der Vorschläge.40
Als weiteres Ergebnis der Modifizierungen ist eine Wiederwahl des Präsidenten und der Mitglieder des Medienrates ausgeschlossen.41 Die aktuelle Präsidentin der NMHH ist bis 2022 Monika Karas. Sie wurde von Staatspräsident János Áder im Jahr 2013 nach dem Tod Annamária Szalais zu deren Nachfolgerin ernannt.
2.2.2.2 Nationaler Rat für Kommunikations- und Informationstechnologie
Der Medienrat fungiert nach Art. 123 Abs. 1 Mttv. als Institution der NMHH mit unabhängigen Befugnissen und steht unter Parlamentsaufsicht. Der vierköpfige Medienrat wird gemäß Art. 124 Abs. 3 lit. b Mttv. in einem ersten Wahlgang durch einen Ad-hoc-Parlamentsausschuss, bestehend aus jeweils einem Abgeordneten aller Fraktionen, nominiert. Das Mediengesetz enthalte, so die NMHH, die formalen Garantien für die staatliche Unabhängigkeit des Medienrates.42 Ein wesentliches Argument dafür sei die Wahl durch die qualifizierte Zweidrittelmehrheit des Parlaments, die einer Einigung mit den Parteien der Opposition bedürfe.43 Ob es einer Einigung mit den Parteien der Opposition in einem Parlament bedarf, in dem die Regierungskoalition ohnehin seit 2010 über eine Zweidrittelmehrheit verfügt, muss an dieser Stelle angezweifelt werden – aufgrund der parlamentarischen Kraftverhältnisse genügt schließlich das Votum der regierenden Partei.
Die neunjährige Amtszeit des ersten Medienrates ist im Oktober 2019 abgelaufen. Er wurde mit Verzögerung am 10. Dezember 2019 neu gewählt. Laut index.hu besteht der Rat erneut ausschließlich aus Fidesz-Mitgliedern, nachdem die Regierungspartei die Nominierten der Opposition aussortiert habe.44 Auch die lange Amtszeit des Medienrates fördere laut der NMHH die Unabhängigkeit von der Regierung: Ein neues Parlament nach etwaigem Regierungswechsel sei dadurch nicht in der Lage, seinen eigenen Einfluss geltend zu machen.45 In jedem Fall kann der Medienrat in seiner aktuellen, politisch unselbstständigen Form auch nach einem Regierungswechsel tätig sein.
Die Kernaufgabe des Medienrates besteht gemäß Art. 132 lit. a Mttv. aus der Beaufsichtigung und Gewährleistung der Pressefreiheit. Dies geschehe insbesondere durch Marktüberwachungsmaßnahmen.46
Aufgrund der zweifelhaften staatlichen Unabhängigkeit der Institution stellt dies eine paradoxe Kompetenz dar, da die Pressefreiheit im besten Fall ohne staatlichen Eingriff geschützt ist. Die Tatsache, dass der Medienrat unter Parlamentsaufsicht steht, trägt zur kritischen Hinterfragung bei.
Einen weiteren fundamentalen Auftrag erfüllt der Medienrat gemäß Art. 132 lit. b Mttv. mit der Verwaltung der Funkfrequenzen und Lizenzausschreibungen. Laut Art. 61 Abs. 1 lit c. Mttv. kann er Ausschreibungsverfahren per Anordnung einstellen, sofern die im Mttv. geregelten medienpolitischen Aspekte oder Grundprinzipien oder die in der Ausschreibung festgelegten Ziele seiner Auffassung nach mit der Ausführung des Ausschreibungs- verfahren nicht gewährleistet sind. Diese Formulierung ermöglicht es dem Medienrat theoretisch, die Ausschreibungszeit beständig zu verlängern, bis sich ein favorisierter Bewerber meldet. Selbst, wenn der Medienrat diese Möglichkeit nicht in Anspruch nimmt, verursacht die Klausel Intransparenz bezüglich der Frequenzvergabepraxis. Laut Mérték verhilft sie dem Medienrat zur Umstrukturierung des Hörfunkmarktes: Jede Frequenz werde als eigenständige Lizenz angekündigt, selbst wenn sie früher als Teil eines Netzwerkes betrieben worden sei – infolgedessen müssten Sender für jede Frequenz ein eigenständiges Angebot abgeben, um die Palette beizubehalten, die zur Aufrechterhaltung ihrer früheren Marktposition erforderlich sei.47
Nicht zuletzt sind die Behörde und der Medienrat mit weitreichenden Sanktionskompetenzen ausgestattet. Die Maßnahmen können gemäß Art. 185 Abs. 2 Mttv. je nach Art und Schwere der Verletzung verhängt werden, darunter Geldstrafen von bis zu zwei Millionen Forint (ca. 6.000 Euro) bei wiederholter Rechtsverletzung.48 Die Verfahren unter Art. 181 Mttv. bei Verstößen gegen die Verpflichtung zur ausgewogenen Berichterstattung können ferner zur Selbstzensur von Medienschaffenden beitragen.
2.2.3 Öffentlich-rechtlicher Rundfunk
Péter Bajomi-Lázár erklärt die Bedeutung von öffentlich-rechtlichen Mediensystemen wie folgt:
„ These policy measures are aimed at enhancing and protecting the public interest in general, and the freedom and pluralism of the media in particular. They create content which offers an alternative to that delivered by the market-driven. commercial and mainstream news media and ensure that all citizens are treated equally, regardless of their tastes, views or interests. “49
Vor dem 1. Juli 2015 agierten vier voneinander unabhängige öffentlich-rechtliche Stiftungen in Ungarn: das Ungarische Fernsehen (Magyar Rádió), die Duna Televízió, das Ungarische Radio (Magyar Rádió) und die Ungarische Nachrichtenagentur (Magyar Távirati Iroda, kurz: MIT). Heute sind sie per Mttv. unter dem Dach eines Organs, der Öffentlichen Medienstiftung (Közszolgálati Közalapítvány), vereinheitlicht.50 Die Fusion und die Unterordnung unter den Medienrat bedeuten konsequenterweise einen Einschnitt in die publizistische Autonomie innerhalb des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Ein Kuratorium überwacht laut Art. 90 Abs. 1 lit. a Mttv. die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags durch die Mediendienstleister. Dabei wählt das ungarische Parlament gemäß Art. 86 Abs. 10 Mttv. dessen sechs Mitglieder auf neun Jahre, wobei die eine Hälfte von den regierenden Fraktionen und die andere Hälfte von den oppositionellen Fraktionen nominiert werde.51 Als logische Konsequenz folgt auch hier, dass das Votum der Fidesz-KDNP-Abgeordneten durch ihre Zweidrittelmehrheit im Parlament überwiegt. Der Medienrat delegiere schließlich ein weiteres Mitglied sowie den Vorsitzenden des Kuratoriums.52 Ungeachtet der fraktionellen Machtverhältnisse bezüglich der Nominierung ist es zweifelhaft, dass die unter Art. 82 lit. a Mttv. geregelte Staatsunabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewährleistet ist.
Der Rundfunkunterstützungs- und Vermögensverwaltungsfonds (Média-szolgáltatást Támogató és Vagyonkezelő Alap, kurz: MTVA) verwaltet gemäß Art. 136 Abs. 1 Mttv. das Vermögen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Darüber hinaus führe er die Produktion, die Bestellung und den Kauf von Programmen durch die Mediendienstleister aus.53 Insofern verfügen die öffentlich-rechtlichen Medien über keine unabhängigen finanziellen und personellen Kapazitäten, sondern vergeben Aufträge für bestimmte Programme an den MTVA. Dieser wird gemäß Mttv. vom Medienrat verwaltet.54
Unter Berücksichtigung dieser kritischen Aspekte, besonders der engen Verflechtung mit dem Medienrat, ist eine Autonomie der zentral geleiteten, in ihrer Finanzierung intransparenten Medienstiftung nahezu ausgeschlossen. Gábor Halmai, Direktor des Instituts für Politische und Internationale Studien an der Eötvös-Lóránd-Universität Budapest, hat auf Basis von Informationen des MTVA eine veranschaulichende Grafik über die Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Ungarn erstellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Ungarn.55
Im Anschluss an die medienpolitische Theorie widmen sich die nächsten Kapitel den Entwicklungen, die sich in einzelnen, für die Pressefreiheit bedeutsamen Bereichen seit Inkrafttreten der Mediengesetzgebung ereignet haben. Zunächst wird hierzu die Medienkonzentration anhand der Eigentums- veränderungen auf dem Medienmarkt untersucht.
3 Methodisches Vorgehen: Entwicklung der Pressefreiheit
3.1 Eigentumsstruktur des Medienmarktes
Laut Péter Bajomi-Lázár zog sich nach der Weltwirtschaftskrise 2008 der Großteil internationaler Investoren aus dem ungarischen Medienmarkt zurück; an ihre Stelle seien inländische, den Regierungsparteien nahestehende Anleger getreten.56 Dies habe auch die Struktur der ungarischen Öffentlichkeit verändert, so Dr. Ágnes Urbán.57 Die Professorin für Medienökonomie erforscht u.a. die Entwicklung des ungarischen Medienmarktes, darüber hinaus ist sie Teil des Expertenteams von Mérték Media Monitor.
In dem Bericht Eigentumsveränderungen auf dem ungarischen Medienmarkt (Tulajdonváltozások a magyar médiapiacon), der hier in Teilen in den Kategorien Presse-, Online-, Radio- und Fernsehmarkt wiedergegeben wird, fasst Urbán die Wandlungen zwischen 2010 und 2016 zusammen. Ergänzend fließen Informationen aus einem Artikel des Nachrichtenportals Magyar Nemzet mit ein. Redakteur Dávid Lakner nennt darin gemeinsam mit Gábor Polyák weitere bedeutende Marktentwicklungen bis 2018.
Im Jahr 2018 wurde mit der Gründung der Central European Press and Media Foundation (Közép Európai Sajtó és Média Alapítvány, kurz: KESMA) ein Multikonzern geschaffen, der die Medienpluralität heute wesentlich beeinflusst. Die Stiftung und ihre Auswirkungen werden deshalb in einem eigenen Kapitel betrachtet.
3.1.1 Pressemarkt
Die untere Abbildung verdeutlicht die stark getrennte politische Ausrichtung der gedruckten Zeitungen im Jahr 2018. Népszabadság, die kostenlose Tageszeitung Metropol sowie die ursprüngliche Magyar Nemzet existieren heute nicht mehr.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Übersicht der bedeutendsten ungarischen Tages- und Wochenzeitungen nach inhaltlicher Ausrichtung im Jahr 2018.58
Laut Ágnes Urbán dominierten jahrelang internationale Anleger den ungarischen Pressemarkt, bspw. der deutsche Axel Springer Verlag.59 Nach dem Regierungswechsel 2010 missbilligte die NMHH eine Fusion von Axel Springer und den Tochtergesellschaften des Unternehmens Ringier, so Dávid Lakner.60 Daher habe sich Ringier von einigen Medien, darunter der auflagenstärksten überregionalen Tageszeitung Népszabadság, trennen müssen.61 Diese, so Lakner, wurden an die Firma Vienna Capital Partners übertragen, welche 2014 den Verlag Mediaworks Hungary gegründet hat.62 Der Verlag sei 2016 in den Besitz des Oligarchen Lőrinc Mészáros gelangt.63 Mészáros war zu dieser Zeit Fidesz-Bürgermeister seines Heimatdorfes Felcsút. Am 8. Oktober 2016 stellte Mediaworks die Népszabadság überraschend ein.
Vor 2015 besaß der ehemalige Parteikassierer des Fidesz, Lajos Simicska, das Gros der inhaltlich regierungsfreundlichen privaten Medien, darunter die Zeitung Magyar Nemzet. Infolge eines öffentlichen Konflikts zwischen Simicska und Orbán im Jahr 2015 berichtete die Zeitung kritischer. Nach Einstellung der Népszabadság verblieben neben der Magyar Nemzet zwei weitere einflussreiche politische Zeitungen: die Magyar Idők, deren Herausgeber Gábor Liszkay für seine Loyalität zum Ministerpräsidenten bekannt sei sowie die Magyar Hírlap, deren damaliger Herausgeber Gábor Széles ein Unterstützer des Ministerpräsidenten gewesen sei.64 2018 wurde die Magyar Nemzet von Simicska eingestellt, weil er die Zeitung laut index.hu nicht mehr finanzieren wollte.65 2019 wurde die Magyar Idők stattdessen in Magyar Nemzet umbenannt, Herausgeber ist weiterhin Liszkay, heutiger Geschäftsführer von Mediaworks.
3.1.2 Onlinemarkt
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Übersicht der bedeutendsten ungarischen Onlineportale nach inhaltlicher Ausrichtung im Jahr 2018.66
Obwohl der Online-Medienmarkt laut Urbán der Ausgewogenste ist, gewannen 2016 auch in diesem Segment regierungsnahe Akteure an Einfluss: Das bedeutende Portal origo.hu gelangte im Februar 2016 zur New Wave Media GmbH.67 Die Unternehmensgruppe hat zu dieser Zeit, so Dávid Lakner, Verbindungen zur Familie Matolcsy gehabt.68 Im Zuge dessen sei Origo direkt in den Besitz von Ádám Matolcsy gelangt, dem Sohn des Gouverneurs der Ungarischen Zentralbank, György Matolcsy.69 Origo, das einst für seine investigativen Recherchen bekannt gewesen sei, habe sich nach diesem Eigentümerwechsel in ein regierungsloyales Medium verwandelt.70
888.hu gehörte, so Urbán, zur Modern Media Group unter Eigentümer Árpád Habony, dem Berater des Ministerpräsidenten.71 Heute gehört das Portal zu Mediaworks.
Weitere einflussreiche ungarische Nachrichtenportale sind 24.hu, hvg.hu und 444.hu, die bis heute als regierungskritisch gelten, sowie die beiden investigativen Plattformen atlatszo.hu und direkt36.hu. Deren Eigentumsstrukturen seien transparent und die Einnahmen würden vorrangig durch Spenden generiert, was wesentlich zur Unabhängigkeit beider Medien beitrage.72
[...]
1 Vgl. Reporter ohne Grenzen e.V. (Hrsg.): Rangliste der Pressefreiheit 2010 – Die Plätze, S. 1, in: Reporter ohne Grenzen, 20.12.2010, [online] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2010/Rangliste_2010_PDF.pdf [10.01.2020]. (Siehe Anhang Nr. 23)
2 Vgl. Reporter ohne Grenzen e.V. (Hrsg.): Rangliste der Pressefreiheit 2011 – Die Plätze, S. 1, in: Reporter ohne Grenzen, 25.01.2012, [online] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2011-2012Nahaufnahmen/TABELLE_Rangliste-2011_Deutsch.pdf [14.01.2020]. (Siehe Anhang Nr. 24)
3 Vgl. Reporter ohne Grenzen e.V. (Hrsg.): Rangliste der Pressefreiheit 2019, S. 4, in: Reporter ohne Grenzen, 18.04.2019, [online] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2019/Rangliste_der_Pressefreiheit_2019.pdf [16.01.2020]. (Siehe Anhang Nr. 27)
4 Reporter ohne Grenzen e.V. (Hrsg.): Rangliste der Pressefreiheit, unter: Legende öffnen, in: Reporter ohne Grenzen, 18.04.2019, [online] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/weltkarte [12.01.2020]. (Siehe Anhang Nr. 29)
5 Vgl. Prinzing, Marlis: Pressefreiheit in Europa. Eine Bestandsaufnahme, S. 1, in: Bundeszentrale für politische Bildung, 22.07.2016, [online] https://www.bpb.de/apuz/231305/pressefreiheit-in-europa?p=all [12.01.2020]. (Siehe Anhang Nr. 20)
6 Vgl. ebd.
7 Vgl. Tretter, Hannes: Die Meinungsfreiheit im Kontext von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und widerstreitenden Interessen, S. 29, in: Bielefeldt, Heiner / Davy, Ulrike / Deile, Volkmar / Dörnhöfer, Stefanie / Gusy, Christoph / Hamm, Brigitte / Hutter, Franz-Josef (Hrsg.): Meinungs-freiheit – Quo vadis?: Jahrbuch Menschenrechte 2012 / 2013, Wien, Köln, Weimar, Österreich/Deutschland: Böhlau, 2013, S. 25–39.
8 Fechner, Frank: Medienrecht: Lehrbuch des gesamten Medienrechts unter besonderer Berücksichtigung von Presse Rundfunk und Multimedia, 18., überarbeitete und ergänzte Auflage., Tübingen, Deutschland: Mohr Siebeck, 2017, S. 8.
9 Vgl. ebd., S. 10f.
10 Vgl. ebd., S. 8f.
11 Vgl. ebd., S. 9.
12 Vgl. Art. 10 Abs. 1 EMRK.
13 Vgl. Prinzing, 2016: Pressefreiheit in Europa, S. 3.
14 Vgl. Bajomi-Lázár, Péter: Particularistic and Universalistic Media Policies: Inequalities in the Media in Hungary, S. 164, in: European Institute for Communication and Culture (Hrsg.): Javnost – The Public, Journal of the European Institute for Communication and Culture, Ljubljana, Slowenien: EURICOM, Jg. 2017, Nr. 2, 2017, S. 162–172.
15 Vgl. ebd., S. 165.
16 Vgl. ebd.
17 Vgl. Cabinet Office of the Prime Minister: Prime Minister Viktor Orbán’s Speech at the 25th Bálványos Summer Free University and Student Camp, in: Website of the Hungarian Government, 30.07.2014, [online] https://www.kormany.hu/en/the-prime-minister/the-prime-minister-s-speeches/prime-minister-viktor-orban-s-speech-at-the-25th-balvanyos-summer-free-university-and-student-camp [12.01.2020]. (Siehe Anhang Nr. 4)
18 Vgl. Bachmann, Klaus / Héjj, Dominik: „Illiberale Demokratien“ – Baupläne aus Ungarn und Polen, S. 144, in: Sapper, Manfred / Weichsel, Volker / Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (Hrsg.): Unterm Messer: Der illiberale Staat in Ungarn und Polen, Jahrgang 68, Heft 3–5/2018., Berlin, Deutschland: Berliner Wissenschafts-Verlag, 2018, S. 127–147.
19 Vgl. ebd.
20 Vgl. Polyák, Gábor / Nagy, Krisztina; Mérték Médiaelemző Műhely / Urbán Ágnes (Hrsg.): Hungarian Media Law, 2015, [online] https://mertek.eu/wp-con-tent/uploads/2016/11/mertek_booklets_vol_1_hungarian_media_law_2015.01.23.pdf, S. 13 [12.01.2020]. (Siehe Anhang Nr. 45)
21 Vgl. ebd.
22 Vgl. Bajomi-Lázár, Péter: Party Colonisation of the Media in Central and Eastern Europe, Budapest, Ungarn: Central European University Press, 2014, S. 37.
23 Vgl. ebd., S. 37f.
24 Vgl. ebd., S. 41.
25 Vgl. Bajomi-Lázár, 2014: Party Colonisation of the Media in Central and Eastern Europe, S. 50.
26 Vgl. ebd., S. 51.
27 Vgl. Freedom House (Hrsg.): Press Freedom by Country, 1993-2013, in: Datawrapper, o.D., [online] http://cf.datawrapper.de/DiJeN/7/ [10.01.2020]. (Siehe Anhang Nr. 11)
28 Fechner, 2017: Medienrecht, S. 12.
29 Vgl. Bajomi-Lázár, 2017: Particularistic and Universalistic Media Policies, S. 165.
30 Vgl. Art. 4 Abs. 2 Smtv.
31 Art. 13 Smtv.
32 Czukor, József: „Zensur ist für mich kein europäischer Begriff“, unter: „Wenn die Kommission das Gesetz beanstandet, werden wir es verändern“, in: The European, 27.01.2011, [online] http://www.theeuropean.de/jozsef-czukor/3520-ungarns-eu-ratspraesidentschaft [12.01.2020]. (Siehe Anhang Nr. 6)
33 Vgl. Nagy, Krisztina: Aktuelle Fragen der Medienfreiheit in Ungarn, S. 174, in: Südosteuropa-Mitteilungen, Jg. 53, Nr. 03–04, München, Deutschland: Südosteuropa-Gesellschaft, 2013, S. 170–179.
34 Vgl. Art. 109 Abs. 7 Mttv.
35 National Media and Infocommunications Authority (Hrsg.): Hungary’s New Media Regulation, 2011, [online] http://nmhh.hu/dokumentum/2791/1321457199hungary_new_media_regulation_eng_web.pdf, S. 124 [12.01.2020]. (Siehe Anhang Nr. 43)
36 Vgl. Art. 111 Abs. 1 lit. d Mttv.
37 Vgl. Art. 111 Abs. 2 lit. a Mttv.
38 Art. 111 Abs. 3–5 Mttv. i. d. F. v. 1. Januar 2011.
39 Art. 111/A Abs. 1 Mttv.
40 Art. 111/A Abs. 6 Mttv.
41 Art. 125 Abs. 5 Mttv.
42 Vgl. National Media and Infocommunications Authority, 2011: Hungary’s New Media Regulation, S. 155.
43 Vgl. ebd.
44 Vgl. Presinszky, Judit: Újabb kilenc évig a Fidesz uralja a Médiatanácsot, in: index.hu, 10.12.2019, [online] https://index.hu/kultur/2019/12/10/nemzeti_media-_es_hirkozlesi_hatosag_mediatanacs_tagvalasztas_orszaggyules [12.01.2020]. (Siehe Anhang Nr. 19)
45 Vgl. National Media and Infocommunications Authority, 2011: Hungary’s New Media Regulation, S. 157.
46 Vgl. Art. 168 Abs. 1 Mttv.
47 Vgl. Mérték Médiaelemző Műhely (Hrsg.): Media Council redraws the radio market: Report on the frequency tendering by the Media Council, in: Mérték Médiaelemző Műhely, 03.11.2013, [online] https://mertek.eu/en/2013/11/03/media-council-redraws-the-radio-market-report-on-the-frequency-tendering-by-the-media-council/ [12.01.2020]. (Siehe Anhang Nr. 17)
48 Vgl. Art. 187 Abs. 1 Mttv.
49 Bajomi-Lázár, 2017: Particularistic and Universalistic Media Policies, S. 164.
50 Vgl. Art. 84 Abs. 1 Mttv.
51 Vgl. Art. 86 Abs. 2 Mttv.
52 Vgl. Art. 86 Abs. 6 Mttv.
53 Vgl. Art. 108 Abs. 1 Mttv.
54 Vgl. Art. 136 Abs. 6 Mttv.
55 Vgl. Halmai, Gábor / Übersetzer: Barth, Richard: Hochproblematisch, S. 156, in: Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde e.V. / Sapper, Manfred / Weichsel, Volker (Hrsg.): Quo vadis, Hungaria?: Kritik der ungarischen Vernunft, Jg. 61, Nr. 12, Berlin, Deutschland: Berliner Wissenschafts-Verlag, 2011, S. 145–156.
56 Vgl. Bajomi-Lázár, 2017: Particularistic and Universalistic Media Policies, S. 162.
57 Vgl. Urbán, Ágnes; Mérték Médiaelemző Műhely (Hrsg.): Tulajdonváltozások a magyar médiapiacon, 2016, [online] https://mertek.eu/wp-content/uploads/2016/11/mertek-mediatulajdonosok_final.pdf, S. 3 [12.01.2020]. (Siehe Anhang Nr. 47)
58 Vgl. Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde / Sapper, Manfred / Weichsel, Volker (Hrsg.): Medien in Ungarn: Fernsehen, Radio, Online, Print, S. IIIb, in: Unterm Messer: Der illiberale Staat in Ungarn und Polen, Jg. 68, Nr. 3–5, Berlin, Deutschland: Berliner Wissenschafts-Verlag, 2018, S. IIIb.
59 Vgl. Urbán, 2016: Tulajdonváltozások a magyar médiapiacon, S. 3.
60 Vgl. Lakner, Dávid: Amíg van független sajtó, a Fidesz nem nyugszik, in: Magyar Nemzet, 05.04.2018, [online] https://magyarnemzet.hu/archivum/media/amig-van-fuggetlen-sajto-a-fidesz-nem-nyugszik-3846928/ [12.01.2020]. (Siehe Anhang Nr. 15)
61 Vgl. ebd.
62 Vgl. ebd.
63 Vgl. ebd.
64 Vgl. Urbán, 2016: Tulajdonváltozások a magyar médiapiacon, S. 4.
65 Vgl. Dull, Szabolcs: Megszűnik a Magyar Nemzet, elhallgat a Lánchíd Rádió, in: index.hu, 10.04.2018, [online] https://index.hu/kultur/megszunik_a_magyar_nemzet_elhallgat_a_lanchid_radio/ [12.01.2020]. (Siehe Anhang Nr. 7)
66 Vgl. Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (Hrsg.), 2018: Medien in Ungarn, S. IIIb.
67 Vgl. Urbán, 2016: Tulajdonváltozások a magyar médiapiacon, S. 10.
68 Vgl. Lakner, 2018: Amíg van független sajtó, a Fidesz nem nyugszik.
69 Vgl. ebd.
70 Vgl. Urbán, 2016: Tulajdonváltozások a magyar médiapiacon, S. 10.
71 Vgl. ebd.
72 Vgl. Urbán, 2016: Tulajdonváltozások a magyar médiapiacon, S. 10.
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