Organisierte Verbände und Interessengruppierungen genießen in Deutschland große gesellschaftliche und mediale Aufmerksamkeit. Nicht nur deshalb sagt man ihnen Einfluss auf die politische Arbeit der regierenden Personen und Parteien nach. Im Interessenpluralismus einer Demokratie kanalisieren sich in den großen Verbänden die Meinungen und Interessen ihrer Mitglieder wie in einem Schmelztiegel. Daraus entsteht ein Gewicht mit politischer Reichweite und Schlagkraft. Unterstützt durch hohe Mitgliederzahlen und ausgestattet mit weitreichenden Budgets wird politische Arbeit im Interesse der Gruppierung mit dem Ziel, Veränderungen nach einem verbandskonformen Kalkül durchzusetzen, durchgeführt. Vielen Interessengruppen gelingt es, Veränderungen anzustoßen und Drohkulissen gegenüber der Politik aufzubauen.
Doch wie groß sind die Einflussmöglichkeiten der Verbände in Deutschland tatsächlich? Werden die Regierenden durch massives Engagement besonders mitgliedsstarker und einflussreicher Verbände vielleicht sogar gedrängt, bestimmte Politik zu betreiben? In dieser Hausarbeit wird versucht der Frage auf den Grund zu gehen und, mit Blick auf einen ausgesuchten Teil der bisherigen wissenschaftlichen Diskussion, eine Antwort darauf zu finden. Die Möglichkeiten der Einflussnahme von Verbänden werden aufgeführt und auf die politischen Einflussmöglichkeiten hin untersucht.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungen
Erklärung
Einleitung
1 Verbände und Gemeinwohl
1.1 Interessengruppen als Teil der Gesellschaft
1.2 Interessengruppen als Schmelztiegel von Einzelinteressen
1.3 Gesellschaftlicher Nutzen von Interessengruppen
2 Politische Partizipation des Volkes
2.1 Wahlen
2.2 Bürgerinitiativen
2.3 Parteien
3 Möglichkeiten der Einflussnahme von Interessengruppen auf die Politik
3.1 Druck der Öffentlichkeit
3.2 Kontakte zu Parlamentariern
3.3 Teilnahme an Ausschüssen
3.4 Illegale Praktiken
4 Politiker im Kräftefeld zwischen Gewissen, Volk und Interessengruppierungen
4.1 Polaritäten und ihre Kräfte auf die Politik
4.2 Gegenmaßnahmen zum Einfluss organisierter Interessen
4.3 Regierende als Regierte?
5 Ausblick
6 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Typologie von organisierten Interessen nach Handlungsfeldern
Abkürzungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Erklärung
Ich versichere hiermit, dass ich die vorgelegte Hausarbeit für das Institut für Wirtschaft und Politik und ihre Didaktik an der Universität Flensburg noch nicht anderweitig vorgelegt, keine anderen Quellen und Hilfsmittel verwendet, wörtliche und sinngemäße Zitate als solche gekennzeichnet und die Arbeit selbständig und ohne fremdes inhaltliches Einwirken erstellt habe.
Flensburg, den
Ort, Datum, Unterschrift: _______________________________________________
Einleitung
Organisierte Verbände und Interessengruppierungen genießen in Deutschland große gesellschaftliche und mediale Aufmerksamkeit. Nicht nur deshalb sagt man ihnen Einfluss auf die politische Arbeit der regierenden Personen und Parteien nach. Im Interessenpluralismus einer Demokratie kanalisieren sich in den großen Verbänden die Meinungen und Interessen ihrer Mitglieder wie in einem Schmelztiegel. Daraus entsteht ein Gewicht mit politischer Reichweite und Schlagkraft. Unterstützt durch hohe Mitgliederzahlen und ausgestattet mit weitreichenden Budgets wird politische Arbeit im Interesse der Gruppierung mit dem Ziel, Veränderungen nach einem verbandskonformen Kalkül durchzusetzen, durchgeführt. Vielen Interessengruppen gelingt es, Veränderungen anzustoßen und Drohkulissen gegenüber der Politik aufzubauen.
Doch wie groß sind die Einflussmöglichkeiten der Verbände in Deutschland tatsächlich? Werden die Regierenden durch massives Engagement besonders mitgliedsstarker und einflussreicher Verbände vielleicht sogar gedrängt, bestimmte Politik zu betreiben?
In dieser Hausarbeit wird versucht der Frage auf den Grund zu gehen und, mit Blick auf einen ausgesuchten Teil der bisherigen wissenschaftlichen Diskussion, eine Antwort darauf zu finden. Die Möglichkeiten der Einflussnahme von Verbänden werden aufgeführt und auf die politischen Einflussmöglichkeiten hin untersucht.
Die hinlänglich bekannten Akteure in der deutschen Verbandslandschaft sollen dafür nicht detailliert aufgelistet oder eine Analyse ihres politischen Gewichts mit Blick auf Geschichte, Struktur und Mitgliederstärke erstellt werden. Es soll dabei auch nicht näher auf die besondere Rolle der Gewerkschaften eingegangen werden. Vielmehr gilt es, die verschiedenen Wege politischer Machtausübung aufzuzeigen, einen Fokus auf ihre politischen Einflussmöglichkeiten zu setzen und zu sehen, wo politische Einflussnahme tatsächlich stattfinden kann.
Dafür wird zunächst auf die politischen Partizipationsmöglichkeiten eingegangen die jedem unorganisierten Bürger offen stehen. Es werden die Möglichkeiten der Partizipation am politischen Handeln aufgezeigt und abschließend die Kräfte- und Spannungsfelder, in denen sich die Politik befindet, dargestellt.
Die Frage nach der Intensität politischen Einflusses von Verbänden und Interessengruppierungen in Deutschland wird in der wissenschaftlichen Diskussion schon seit den 50er Jahren gestellt. Die auch heute noch bestehenden engen Verknüpfungen zwischen Politik und Verbänden zeigen, dass dieses Verhältnis einer Beobachtung von außen bedarf.
1 Verbände und Gemeinwohl
1.1 Interessengruppen als Teil der Gesellschaft
Verbände haben in unserer Gesellschaft den Auftrag, die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten und durch Bündelung ihrer politischen Kräfte, im Sinne ihrer eigenen Zwecke, für das Gemeinwohl[1] einzutreten (vgl. Rudzio 2003 S. 71). Schon kurz nach dem Ende des zweiten Weltkrieges stellte der Politikwissenschaftler Theodor Eschenburg[2] die sich ihm aufdrängende Frage nach dem Einfluss der großen Verbände auf die deutsche Politik. Die von ihm angestoßene Diskussion mündete in den sechziger Jahren in Initiativen von FDP und CDU, ein „Verbändegesetz“ zu erlassen das, ähnlich wie das Parteiengesetz, die Verbände in ihren Rechten, Pflichten und Möglichkeiten des Einflusses auf die demokratische Willensbildung gesetzlich binden sollte. Schnell zeigte sich jedoch in der Diskussion, dass dieses Vorhaben schwierig umzusetzen war. Die Vielfalt der existierenden Interessengruppierungen, dem aus der Tarifautonomie entstandenem Geflecht von Regelungen der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeziehungen, der gesetzlichen Verankerung gewerkschaftlicher Arbeit und der Notwendigkeit einer Unabhängigkeit von Verbänden im Rahmen einer Demokratie verhinderten diesen Vorstoß. Besonders die gewerkschaftsnahen Kräfte befürchteten in dieser Initiative eine einseitige Kontrolle und Einschränkung der freien Entfaltung ihrer Gewerkschaftsarbeit (vgl. von Alemann 1989 S. 188ff).
Die für ihre Vielfalt und Anzahl bekannte deutsche Vereins- und Verbandslandschaft ist nicht nur aufgrund eines hohen Grades an Organisation und umfangreichen gesetzlichen Regelungen im internationalem Vergleich auffallend, sondern insbesondere auch durch überdurchschnittlich hohes Engagement auf Bundesebene und politischem Engagement in der Parteienlandschaft.
Im Vergleich zum europäischen Ausland ist die Organisationsmacht und Finanzkraft deutscher Gewerkschaften und der Bauern- bzw. Unternehmerverbände enorm (vgl. von Beyme 2004 S. 198). Untereinander unterscheiden sich die Verbände hauptsächlich durch ihre Mitgliedsstärke, Finanzkraft und den politischen Privilegien (vgl. Rudzio 2003 S. 101). Sie befinden sich in einer Dualität der nach innen in den Verband gerichteten Aufgaben und der nach außen kommunizierten Darstellung und Vertretung der Interessen ihrer repräsentierten Gruppe (von Alemann 1985 S.4). Einen Sonderfall stellen die typischen Vereine dar, wie z.B. die Sport-, Gesangs-, Wander- und Kegelvereine sowie wissenschaftliche Vereinigungen die nur dann in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten, wenn es um öffentliche Zuschüsse oder für den Verein existentielle Themen geht. Verbände hingegen haben primär den Zweck, Interessen gegenüber öffentlichen Einrichtungen, dem Gesetzgeber oder anderen Akteuren in der Öffentlichkeit zu vertreten. Zu diesem Zweck ist die Organisation eines Verbandes auch vornehmlich personell für Repräsentationsaufgaben strukturiert (vgl. Rudzio 2003 S.72).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Typologie von organisierten Interessen nach Handlungsfeldern
Eine 1994 durchgeführte Umfrage ergab, dass Interessensorganisationen aus den Themenfeldern Wirtschaft und Arbeit in der Politik, im Vergleich zu anderen Verbänden, in der Öffentlichkeit am häufigsten vertreten sind. In der Auszählung der offiziell angemeldeten und verzeichneten Interessensorganisationen zeigte sich, dass 64,5% wirtschaftliche, 16,2% soziale, 11,4% kulturelle, 3,1% ökologische, 2,9% politische und 2% Freizeitinteressen vertreten (vgl. Rudzio 2003 S.74). Daraus ergibt sich eine größere Bedeutung der organisierten Interessen aus dem Wirtschaftsbereich, der Arbeitswelt und von sozial engagierten Gruppierungen (siehe Abb. 1).
[...]
[1] Der Begriff „Gemeinwohl“ (lat. bonum commune) wird an dieser Stelle verstanden als der Nutzen (das Wohlergehen) einer möglichst großen Gruppe im Volk oder eines Staates, unter Beachtung der gemeinsamen Ziele, Zwecke und Werte zu deren Verwirklichung sich die Menschen zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen haben. (vgl. Nohlen, Dieter (2003): „Kleines Lexikon der Politik.“ München: Verlag C.H. Beck 3. Auflage)
[2] Erstmalige Veröffentlichung: Eschenburg, Theodor (1955): „Herrschaft der Verbände“, Stuttgart: Deutsche Verlags Anstalt
- Arbeit zitieren
- Christian Lang (Autor:in), 2005, Organisierte Interessen als Einflussfaktoren des politischen Prozesses. Regierende als Regierte organisierter Interessengruppen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53599
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