Gerade einmal 10 Prozent der leitenden Angestellten in deutschen Unternehmen sind Frauen. In vier von zehn Unternehmen besteht das Führungsteam ausschließlich aus Männern. Fortschritte sind zwar zu erkennen, aber der Wandel vollzieht sich sehr langsam. Denn noch immer gibt es Vorbehalte gegen Frauen in Führungspositionen.
Doch gibt es überhaupt Unterschiede zwischen dem weiblichen und männlichen Führungsverhalten? Um diese Frage zu klären, beschreibt Susanne Hofbauer das Kommunikationsverhalten, das Motivationsverhalten sowie die emotionale Bindung bei weiblichen und männlichen Führungskräften.
Dazu stellt sie die Merkmale des transformationalen Führungsverhaltens vor und untersucht den Einfluss bestimmter Geschlechterstereotype. So arbeitet Hofbauer Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Geschlechtern heraus. Ihre Publikation trägt zu einem besseren Verständnis zwischen weiblichen und männlichen Führungskräften bei.
Aus dem Inhalt:
- Gender;
- Mitarbeiterführung;
- Führungsstil;
- Führungserfolg;
- Gleichstellung
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Methodisches Vorgehen
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Theoretische Fundierungen von Führungsdefinitionen und Führungserfolg
2.2 Wahrnehmung der Führung von Frauen und Männern
2.3 Frauen führen anders – Männer auch? Geschlecht und Führungsverhalten
3 Daten und Methoden
3.1 Ziel und Hypothesen der Befragung
3.2 Stichprobe
3.3 Untersuchungsdesign / Vorgehen
3.4 Messinstrument
4 Ergebnisse
4.1 Deskriptive Statistik
4.2 Ergebnisse der Hypothese 1
4.3 Ergebnisse der Hypothese 2
4.4 Ergebnisse der Hypothese 3.1
4.5 Ergebnisse der Hypothesen 3.2.1 & 3.2.2
4.6 Ergebnisse der Hypothese 4.1.1 & 4.1.2
4.7 Ergebnisse der Hypothese 4.2
5 Diskussion und Ausblick
5.1 Diskussion der Ergebnisse
5.2 Implikation der Ergebnisse
5.3 Limitation und zukünftige Forschungen
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang A: Fragebogen
Anhang B: Tabellen
Anhang C: Abbildungen
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Impressum:
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Abstract
Die vorliegende Querschnittstudie untersucht genderspezifische Unterschiede im Verhalten von Führungskräften. In dieser Arbeit wird das Verhalten auf die Wahrnehmung der Mitarbeiter hinsichtlich der transformationalen Führungskomponenten Kommunikation, Motivation und emotionale Bindung eingegrenzt. Die Rekrutierung erfolgte ausschließlich über einen Online Link der Webseite SoSci Survey. Die Datenerhebung wurde dabei anhand eine Fragebogens mit selbsterstellten Skalen als Messinstrument durchgeführt. Die Stichprobe basiert auf einer einmaligen Befragung und besteht aus 237 Probanden, die sich aus 154 weiblichen und 83 männlichen Personen mit einem Durchschnittsalter zwischen 18 und 35 Jahren zusammensetzt. Die empirische Forschung dieser Arbeit basiert auf der Annahme, dass das wahrgenommene transformationale Führungsverhalten, Kommunikationsverhalten, Motivationsverhalten und die emotionale Bindung vom Geschlecht der Führungskraft abhängig ist. Darüber hinaus wird angenommen, dass die Motivation des Mitarbeiters in einem Zusammenhang mit der Zufriedenheit am Arbeitsplatz steht und das wahrgenommene Kommunikationsverhalten der Führungskräfte einen mediierenden Effekt erzielt. Zudem wird hinsichtlich der Führungskomponente der emotionalen Bindung der Zusammenhang des jeweiligen Geschlechts der Führungskraft auf die Arbeitszufriedenheit getestet und darüber hinaus ein moderierender Einfluss untersucht. Für die Prüfung der Hypothesen werden neben t-Tests und Mann-Whitney-U Tests als non-parametrisches Pendant zur Berechnung der Unterschiede Korrelationsanalysen nach Person und Spearman zum Testen von Zusammenhängen angewendet. Darüber hinaus wird eine Moderatoranalyse und Mediatoranalyse durchgeführt.
Die Ergebnisse zeigen, dass keine bzw. nur marginale Unterschiede zwischen dem Verhalten von männlichen und weiblichen Führungskräften nachzuweisen sind. Darunter fällt, dass die Geschlechter hinsichtlich des transformationalen Führungsverhaltens, des Kommunikationsverhaltens und des Motivationsverhaltens ähnlich gleich bewertet wurden. Darüber hinaus zeigten die Resultate einen hoch signifikanten Mediatoreffekt auf beide Geschlechter, das im Umkehrschluss keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen bedeutet. Ebenso konnten die Zusammenhangshypothesen eine hohe Signifikanz aufweisen, das wiederum eine Ähnlichkeit zwischen den Geschlechtern herstellt. Zuletzt untermauert der nicht signifikante Moderatoreffekt die Ergebnisse der Zusammenhangshypothesen.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Annahmen interaktionsorientierter Ansätze
Abbildung 2: Inhalte und Konsequenzen transaktionaler und transformationaler Führung
Abbildung 3: Das TALK-Modell
Abbildung 4: Bedürfnispyramide nach Abraham
Abbildung 5: Gewählte Methoden der Datenerhebung
Abbildung 6: Konzeptionelles Pfaddiagramm: Der Mediatoreffekt
Abbildung 7: Konzeptionelles Pfaddiagramm: Der Moderatoreffekt
Abbildung 8: Pfaddiagramm Mediatorhypothese H4.2.1
Abbildung 9: Pfaddiagramm Mediatorhypothese H4.2.2
Abbildung 10: Verteilung Geschlecht Tortendiagramm
Abbildung 11: Verteilung Alter Tortendiagramm
Abbildung 12: Verteilung Abschluss Tortendiagramm
Abbildung 13: Verteilung Beruf Tortendiagramm
Abbildung 14: Verteilung Geschlecht FK Tortendiagramm
Abbildung 15: Streudiagramm Hypothese H3.2.1
Abbildung 16: Streudiagramm Hypothese H3.2.2
Abbildung 17: Streudiagramm Hypothese H4.1.1
Abbildung 18: Streudiagramm Hypothese H4.2
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Sprachliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern
Tabelle 2: Häufigkeitsverteilung der soziodemographischen Daten
Tabelle 3: Pretest Anmerkungen
Tabelle 4: Deskriptive Statistik der Items
Tabelle 5: Interkorrelationen der Variablen (N= 237)
Tabelle 6: t-Test Hypothese H1
Tabelle 7: Mann-Whitney U-Test Hypothese H2
Tabelle 8: t-Test Hypothese H3.1
Tabelle 9: Korrelation nach Pearson von EB_w und ZF_w
Tabelle 10: Lineare Regression von EB_w und ZF_w
Tabelle 11: ANOVA Tabelle von EB_w und ZF_w
Tabelle 12: Korrelation nach Pearson von EB_m und ZF_m
Tabelle 13: Lineare Regression von EB_m und ZF_m
Tabelle 14: ANOVA Tabelle von EB_m und ZF_m
Tabelle 15: Deskriptive Statistik der Variablen und Untervariablen
Tabelle 16: Durbin-Watson-Test H3.2.1
Tabelle 17: VIF-Test Hypothese H3.2.1
Tabelle 18: Mediatoranalyse H3.2.1
Tabelle 19: Durbin-Watson-Test H3.2.2
Tabelle 20: VIF-Test Hypothese H3.2.1
Tabelle 21: Mediatoranalyse H3.2.2
Tabelle 22: Durbin-Watson-Test H4.2
Tabelle 23: VIF-Test Hypothese H4.2
Tabelle 24: Moderatoranalyse H4.2
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
„Genie hat kein Geschlecht.“ - Germaine de Staël (1766 - 1817)
Dieses Zitat wird unter anderem von der französischen Schriftstellerin Germaine de Staël genannt und findet in vielerlei Perspektiven eine Bedeutung. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage wie es mit Erfolg aussieht. Braucht der Erfolg ein Geschlecht? Angesichts der mangelnden Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen und Aufsichtsräten der Wirtschaft kann schnell der Eindruck gewonnen werden, dass der Erfolg und das zugehörige Idealbild einer Führungspersönlichkeit auch im 21. Jahrhundert männlich ist und bleibt. Vor allem in der modernen Zeit, in der eine juristische Gleichberechtigung der Frauen und Männer herrscht und Frauen mittlerweile gleiche oder auch höhere Bildungsabschlüsse und Qualifikationen wie Männer erlangen. Letztendlich sollte der Erfolg einer Führungskraft doch weniger vom Geschlecht abhängig sein, als von seinem Geschick, den eigenen Fähigkeiten Wirkung zu verleihen.
Wenn über den Erfolg von Frauen im Beruf die Rede ist, gehen die Meinungsvertretungen in der Politik und in Unternehmen nach wie vor weit auseinander. Dabei wird von einigen Emanzipation als eigenverantwortliche Sache gesehen, die von den Frauen fordern, für sich selbst einzutreten, anstatt Förderung zu erwarten. Andere wiederum setzen sich dafür ein, die Gleichstellung gesetzlich zu erzwingen. Manche vertreten die Meinung, dass die Entscheidung dem Geschehen am Markt überlassen werden soll, welches Angebot und Nachfrage ökonomisch und gewinnorientiert regeln wird. Und dann gibt es noch solche, die davon überzeugt sind, dass Frauen im Management nichts verloren haben. Egal aus welcher Perspektive dieses Thema betrachtet wird, es gibt nicht die eine richtige Denk- und Handlungsweise, das zur geschlechterübergreifenden Chancengleichheit für Frauen im Beruf führen kann (Accenture, 2013).
Ein Blick auf die Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen zeigt die Realität: Die Geschlechterverteilung der Fortune 500 weist auf, dass lediglich 10,9% der leitenden Angestellten Frauen sind. Außerdem konnte keines der Unternehmen zu diesem Zeitpunkt ein Gleichgewicht an männlichen und weiblichen Führungskräften verzeichnen und knapp vier von zehn der Unternehmen weisen ein rein männliches Führungsteam auf (Weber Shandwick, 2016). Darüber hinaus sind laut dem DIW Führungskräfte-Monitor 2017 in den 200 größten Unternehmen Deutschlands die Frauen mit einem Anteil von 8% vertreten. Männer vertreten nach wie vor 92% der Sitze und bleiben weitgehend unter sich. Innerhalb der DAX Unternehmen brachte die Einführung der Frauenquote zum ersten Mal einen kleinen Aufschwung: der Anteil der weiblichen Vorstände ist zum 01. Januar 2019 mit 14,5% auf den höchsten Wert seit 2013 (7,7%) gestiegen. Mittlerweile besetzen 77% der Unternehmen ihren Vorstand mit wenigstens einer Frau, im Vergleich zu 2018 waren es noch 63,3% (Ernst & Young, 2019). Trotzdem sind Frauen in Vorständen und Führungspositionen immer noch eine Seltenheit. Fortschritte sind zwar zu erkennen, aber der Wandel vollzieht sich sehr langsam.
Ferner können andere Faktoren in Unternehmen dazu führen, dass Frauen das Ziel zur Besetzung einer Führungsposition verwehrt bleibt. Offensichtlich undurchdringbare Männernetzwerke, welche metaphorisch als Glass-Ceiling-Phänomen bezeichnet werden können, beweisen sich als eine beständige Aufstiegsbarriere für Frauen. Auch verwurzelte und klischeehafte Rollenzuschreibungen können als nur einer von vielen Gründen für den verhinderten Aufstieg trotz herausragender Qualifikationen genannt werden. Denn bereits seit den 80er Jahren gelten solche Vorurteile gegenüber weiblichen Managern als häufigstes Karrierehindernis von Frauen (Stuber, 2013).
Besonders in den Märkten, die vom Führungskräftemangel geplagt sind, könnte es ausschlaggebend für den Unternehmenserfolg sein, neben Männern auch Frauen für Fach- und Führungsrollen in Betracht zu ziehen. Denn bereits 2020 werden in Deutschland hochgerechnet rund 1,7 Millionen Führungskräfte fehlen, selbst bei einem schwachen Wirtschaftswachstum. Bei steigender Konjunktur könnte die Zahl sogar noch weiter steigen. Abgesehen davon, wie groß die Personallücke auch ausfallen mag - Fakt ist: die Konjunktur und das Wachstum in der Wirtschaft werden durch sie langfristig gebremst. Allein dieser Aspekt muss die Unternehmen dazu bewegen, alle potenziellen Arbeitskräfte zu mobilisieren, die sich im Markt bewegen. Doch angesichts der fehlenden Repräsentanz von weiblichen Führungskräften herrscht bis heute bei dem oberen Management von Unternehmen ein geringes Bewusstsein, welch wichtige Rollen Frauen spielen. Insbesondere wenn es darum geht, die zukünftige Wirtschaftlichkeit zu sichern, Schlüsselpositionen mit den besten Köpfen zu besetzen und den Unternehmenserfolg sicherzustellen (Accenture, 2013).
Die Bedeutsamkeit dieses Themas ist angesichts der hochaktuellen medialen als auch der politischen Präsenz eindeutig erkennbar, nicht jedoch die dadurch entstehenden Herausforderungen, die daraus für die Wirtschaft und Gesellschaft resultieren. Die genannten Aspekte werfen die Frage auf, ob es wesentliche Unterschiede zwischen dem weiblichen und männlichen Führungsverhalten gibt und wo diese liegen. Anhand der vorliegenden Arbeit gilt es diese zu untersuchen.
1.2 Zielsetzung
Das Ziel dieser Masterarbeit lässt sich aus der vorangegangenen Problemstellung ableiten. Die darin geschilderte Situation der Frauen anhand der ungleichen Besetzung von Führungspositionen stellt zunehmend nicht nur ein Problem für die Frauen selbst dar, sondern auch für die Unternehmen, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Diese Arbeit soll insofern einen wissenschaftlichen Beitrag leisten, indem untersucht wird, ob vermeintlich vorherrschende geschlechtertypische Verhaltensmerkmale tatsächlich existieren. Das Hauptziel ist somit, die Merkmale des transformationalen Führungsverhaltens zu untersuchen und festzustellen, ob dominierende Geschlechterstereotype eine Rolle im Verhalten der Führungskräfte spielen. Das Untersuchungsfeld der Studie begrenzt sich dabei auf die Hauptfaktoren Kommunikation, Motivation und emotionale Bindung. Daher versucht diese Studie die folgende Forschungsfrage näher zu beleuchten:
„Gibt es Unterschiede in der weiblichen und männlichen Führung hinsichtlich des Kommunikationsverhaltens, Motivationsverhaltens und der emotionalen Bindung?“
Diese Elemente sollen auf mögliche Unterschiede hinsichtlich des Geschlechts von Führungskräften getestet werden, um anschließend die wahrgenommenen Gemeinsamkeiten und Abweichungen im Führungsverhalten herausfiltern zu können. Darüber hinaus kann mit den Ergebnissen ermöglicht werden, ein besseres Verständnis zwischen weiblichen und männlichen Führungskräften zu entwickeln. Auch wenn das Ziel dieser Arbeit die Beleuchtung des Führungsverhaltens beider Geschlechter ist, kann nicht vermieden werden, dass ein vermehrter Fokus auf dem weiblichen Geschlecht liegen wird. Dies lässt sich in erster Linie darin begründen, dass in der wissenschaftlichen Literatur der Fokus auf dem Verhalten der Frauen liegt, da das Verhalten ihres männlichen Pendants zumeist als bereits bekannt vorausgesetzt wird (Böing, 2009).
1.3 Methodisches Vorgehen
Die methodische Herangehensweise dieser Arbeit erfolgt anhand der Durchführung einer Forschungsarbeit welche zum Ziel hat, genderspezifische Unterschiede auf Führungsebene aus empirischer Sicht zu erfassen. Das zunehmende Interesse des Themas wird vor allem im Hinblick auf Diskussionen in der aktuellen Politik, im Internet und in der Managementliteratur deutlich. Die Zahl der erhobenen empirischen Arbeiten ist in der jüngsten Zeit deutlich angestiegen und auch zukünftig wird mit einem deutlichen Anstieg von durchzuführenden Studien gerechnet.
Die Grundlage der vorliegenden Arbeit basiert daher auf einer umfangreichen Recherche des theoretischen Hintergrundes und einer laufenden Erläuterung des Forschungsstandes. Dafür wird in einem ersten Schritt zunächst auf die Grundlagen von Führung eingegangen. Dazu erfolgt ein Versuch, den vielschichtigen Begriff Führung zu definieren, danach wird auf die verschiedenen klassischen Führungstheorien genauer eingegangen. Im Folgenden wird auf das Führungsverhalten von Männern und Frauen übergeleitet. Dieser Abschnitt konzentriert sich auf die unterschiedlichen Annahmen über die Geschlechter in Bezug auf Führung. Hierzu wird neben der Gleichheitstheorie auch die Differenztheorie und weitere Abstufungen dieser Theorien genauer erläutert. Im Anschluss folgt die Einordnung des weiblichen und männlichen Führungsverhaltens in soziale Konstrukte, das anhand der Phänomene „Glass Ceiling“ und „Think Manager – Think Male“, genauer erläutert wird. Der darauffolgende Gliederungspunkt 2.3 stellt den Mittelpunkt der Arbeit dar. Hierbei wird zunächst auf die Dimensionen des transaktionalen und transformationalen Führungsverhaltens hingewiesen. Danach folgt die theoretische Einordnung der für diese Arbeit eingegrenzten Untersuchungspunkte Kommunikation, Motivation und emotionale Bindung in Bezug auf weibliche und männliche Führungskräfte. Auf dieser Basis werden in jedem Kapitel die dazugehörigen Hypothesen vorgestellt. Im nächsten Abschnitt werden die Daten und Methoden der Studie erklärt. Anschließend wird näher auf die Stichprobe eingegangen und das Untersuchungsvorgehen genauer erläutert. Danach wird das ausgewählte Messinstrument für diese Studie vorgestellt und die vorliegenden Ergebnisse statistisch interpretiert. Daraufhin erfolgt die Diskussion der Ergebnisse der einzelnen Hypothesen. Hierbei werden zunächst die Ergebnisse der einzelnen Hypothesen interpretiert. Folgend wird eine Implikation der Ergebnisse in die Praxis vorgenommen und aufgedeckte Limitationen sowie ein Ausblick auf zukünftige Forschungen gegeben. Ein abschließendes Fazit der relevanten Ergebnisse rundet diese Arbeit ab.
2 Theoretischer Hintergrund
Dieses Kapitel bildet die Ausgangssituation, um die Beweggründe der angestellten empirischen Erhebung vorstellen zu können. Dazu werden die theoretischen Hintergründe und Forschungsergebnisse relevanter Studien dargelegt. Zunächst erfolgt ein Überblick über grundlegende Führungstheorien. Diese Ansätze unterscheiden sich darin, dass sie verschiedene Einflussfaktoren auf den Führungserfolg betrachten. Anschließend wird auf Unterschiede in der Führung von Frauen und Männern eingegangen. Den Kern der theoretischen Grundlagen bildet die Darstellung des Führungsverhaltens. Die vorliegende Arbeit begrenzt sich dabei auf die Einflussfaktoren Kommunikation, Motivation und emotionale Bindung. Hierzu werden fortlaufend die einzelnen Hypothesen der zu bearbeiteten Themengebieten vorgestellt.
2.1 Theoretische Fundierungen von Führungsdefinitionen und Führungserfolg
In diesem Kapitel wird ein grundlegendes Verständnis zu Führung hergestellt, indem zunächst unterschiedliche Definitionen von Führung herangezogen und Gemeinsamkeiten erkannt werden. Anschließend wird auf die Annahmen über Führungserfolg eingegangen und dabei die klassischen Führungstheorien näher betrachtet.
2.1.1 Definition Führung
Für den Begriff der Führung, auch aus dem Englischen bekannt als Leadership, wurden bereits viele Definitionen auf unterschiedlichster Art und Weise vorgenommen. Doch obwohl sich verschiedene, große Bereiche wie die Psychologie, Philosophie oder Wirtschaftswissenschaften umfänglich mit Führung beschäftigen, existiert bis heute keine allgemeingültige Definition, um dessen Komplexität ganzheitlich zu erfassen (von Au, 2016). Im Rahmen dieser Arbeit werden daher Definitionsansätze nach Hentze, von Rosenstiel und Pinnow herangezogen. Die ausgewählten Autoren zeigen unterschiedliche Schwerpunkte in ihrer Definition und somit andere Perspektiven in der Charakterisierung des Begriffs ein. Durch deren Zusammenfassung kann somit ein umfassenderes Bild über das Verständnis von Führung vermittelt werden. Hentze definiert in allgemeiner, aber doch prägnanter Form den Begriff, denn dieser betrachtet Führung als ein „zeitlich übergreifendes und in allen Kulturen existierendes, interdisziplinäres Konstrukt“ (Hentze et al., 2005, S.18). Weiterführend bezeichnet von Rosenstiel den Führungsbegriff als eine „zielbezogene Einflussnahme“ (von Rosenstiel, 2014, S.3), wodurch die Geführten gezielt dazu veranlasst und bewegt werden, bestimmte Ziele zu erreichen, die sich zumeist von den Organisationszielen ableiten wie z.B. Erhöhen des Jahresumsatzes aus dem Vorjahr. Die genannte Einflussnahme wird dabei zwischen „Führung durch Strukturen“ und „Führung durch Menschen“ differenziert (Comelli &von Rosenstiel, 2009). „Führung durch Strukturen“ beschreibt dahingehend, dass eine Organisation nicht von Personen unmittelbar beeinflusst wird, sondern dass bestimmte Strukturen die Aktivitäten steuern und koordinieren und die Organisation somit zielbezogen beeinflussen. Dabei handelt es sich beispielsweise um Organigramme, ungeschriebene Normen, finanzielle und nichtfinanzielle Anreizsysteme und die Unternehmenskultur (Comelli & von Rosenstiel, 2009). „Führung durch Menschen“ hingegen betrachtet von Rosenstiel als flexibler und gewichtiger, da die Entscheidungsmacht, inwieweit die Strukturen und Regeln eingehalten und umgesetzt werden, letztendlich im Menschen liegt. Dies verdeutlicht die zentrale Bedeutung von Vorgesetzten in Organisationen, durch deren Verhalten eine zielbezogene Beeinflussung ihrer Unterstellten stattfindet (von Rosenstiel, 2014). Pinnow hingegen distanziert sich von der gezielten Einflussnahme und vertritt eine systemische Führungsdefinition. Anders als bei Rosenstiel umfasst die systemische Führung ein ganzheitliches Führungsverständnis, da der Fokus nicht auf einer Person oder Thematik liegt, sondern das Zusammenspiel und die wechselseitigen Einflüsse zwischen Personen im Vordergrund stehen. So versteht Pinnow unter Führung „Menschen durch gemeinsame Werte, Ziele und Strukturen, durch Aus- und Weiterbildung in die Lage zu versetzen, eine gemeinsame Leistung zu vollbringen und auf Veränderungen zu reagieren“ (Pinnow, 2005, S.38).
Auch wenn die dargestellten Führungsdefinitionen auf unterschiedlichen Schwerpunkten beruhen, lassen sich zwei wesentliche Gemeinsamkeiten ableiten: Zum einen geht es darum, bestimmte Ziele zu erreichen, wie beispielsweise gemeinsame Leistungen oder die Fähigkeit des Umgangs mit Veränderungen zu erlernen. Zum anderen werden die Mittel zur Zielerreichung, z.B. Werte, Strukturen, Kommunikation und Lernen, die alle Definitionen gemeinsam thematisiert. Trotz dieser grundlegenden Gemeinsamkeiten ist für die Definition des Führungsbegriffs kein einheitlicher Nenner zu finden. Vielmehr erweist es sich als ein multidimensionales Konstrukt, dessen keine Verallgemeinerung genügt und letztendlich von den verfolgten Führungsansätzen und -theorien abhängig ist (von Au, 2016, Hofbauer, 2018).
2.1.2 Annahmen über Führungserfolg
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem wesentlichen Grundbaustein der Personalführung, den klassischen Führungstheorien. In diesen Theorien werden jene Faktoren untersucht, die Führungserfolg wesentlich beeinflussen bzw. auf welchen dieser Faktoren Führungserfolg beruht. Durch die vorhandene Vielzahl von Führungstheorien werden an dieser Stelle die klassischen Ansätze vorgestellt, um den Ursprung der Führungstheorien erklären zu können. Grundlegend lassen sich die Theorien in vier Kategorien einordnen: Eigenschaftsorientierte Ansätze, Verhaltensorientierte Ansätze, Situationsorientierte Ansätze und Interaktionsorientierte Ansätze.
2.1.2.1 Eigenschaftsorientierter Ansatz
Die klassischen eigenschaftsorientierten Theorien der Führung sind mit über 100 Jahren Forschungstradition die ältesten wissenschaftlichen Ansätze (Terman, 1904). Sie untersuchen und thematisieren überdauernde persönliche Eigenschaften, um den Unterschied von weniger erfolgreichen zu erfolgreichen Führungskräften herauszufinden. Grundlegend wird bei dieser Theorie davon ausgegangen, dass die Fähigkeit zu Führen angeboren ist bzw. von bestimmten Persönlichkeitsfaktoren einer Person abhängt. Diese Fähigkeit ist relativ stabil, zeit- und situationsunabhängig (Sohm, 2007). Dieser Ansatz steht versinnbildlicht für den rational-ökonomischen Menschen, weshalb sich folglich nur wenige Personen mit gewissen Eigenschaften als Führungspersönlichkeit eignen. Dementsprechend steht die Person im zentralen Mittelpunkt und die Beziehung zwischen dem Mitarbeiter und der Führungsperson werden außer Acht gelassen (Jung, 2011).
Da in diesem Führungsansatz die Eigenschaften einer Führungskraft im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, wurde anhand von Forschungen und Analysen versucht herauszufinden, welche Eigenschaften besonders erstrebenswert und effektiv für den Führungserfolg sind. Das von Costa & McCrae 1992 etablierte Fünf-Faktoren-Modell (Big Five) konnte die Vielzahl der Eigenschaften auf fünf überdauernde, besonders wirksame Eigenschaften in Bezug auf Führungserfolg dezimiert werden und stellt bis heute das meist anerkannte Standardmodell der Persönlichkeitsforschung dar:
1. Neurotizismus versus emotionale Stabilität
2. Feindseligkeit versus Liebenswürdigkeit
3. Mangelnde Zielvorstellungen versus Gewissenhaftigkeit
4. Introversion versus Extraversion
5. Verschlossenheit versus Offenheit gegenüber neuen Erfahrungen (von Au, 2016).
Die beiden Eigenschaften Extraversion und emotionale Stabilität gelten in diesem Modell als besonders relevant für den Führungserfolg. Mithilfe dieses Modells kann die Persönlichkeit einer erfolgreichen Führungsperson relativ gut und umfassend dargestellt werden. Allerdings zweifeln Kritiker diesen Ansatz jedoch als wissenschaftlich nicht haltbar an, da die Persönlichkeit den Führungserfolg nicht gänzlich erklären kann. Vielmehr setzen sie voraus, dass weitere Faktoren wie äußere Bedingungen, Erfahrung oder das Verhalten der Führungskraft Einfluss auf den Erfolg haben können (Delhees, 1995).
2.1.2.2 Verhaltensorientierter Ansatz
Aus dem Dilemma der Kritiken, dass eigenschaftsorientierte Ansätze den Erfolg von Führung nicht ausreichend erklären können, rückt das Verhalten der Führungspersonen in den Fokus der Forschungen (Oechsler, 2006). Somit waren nicht mehr die angeborenen Eigenschaften ausschlaggebend für den Führungserfolg, sondern das erlernbare Verhalten im Sinne des Behaviorismus, der zu dieser Zeit einen starken Einfluss auf die Psychologie hatte. Ein erster Anstoß erfolgte durch die Führungsstilforschungen von Kurt Lewin, der dadurch drei wesentliche Führungsstile voneinander abgrenzen konnte: autoritär (Kontrolle, Anweisungen und die Führungskraft trifft alleine Entscheidungen) demokratisch (Fairness, Vertrauen und Partizipation) und laissez-faire (sehr wenig Anweisungen, da sich die Führungskraft fast vollständig von den Entscheidungen entzieht) (Kauffeld, 2011; Felfe, 2009). Darüber hinaus konnte die Ohio-State-University mit ihren Studien festlegen, dass sich der Führungsstil in zwei Dimensionen differenzieren lässt. Zum einen ist es die Aufgabenorientierung, welche sich durch die Definition von Zielen sowie die Kontrolle der Zielerreichung charakterisiert (Felfe, 2009). Zudem legt eine aufgabenorientierte Führungskraft neben der eigenen Rolle die seiner Mitarbeiter fest und besteht neben der alleinigen Aufgabenverteilung auf das Einhalten von Terminen und Standards (Kauffeld, 2011). Dem entgegengesetzt steht die Mitarbeiterorientierung, bei der die Führungskraft stets Wertschätzung zeigt, auf die individuellen Bedürfnisse der Geführten Rücksicht nimmt und den Selbstwert der Mitarbeiter stärkt. Außerdem behandelt sie alle Geführten gleichwertig und integriert deren Vorschläge bzw. greift diese auf (Felfe, 2009). Blake und Mouton (1964) entwickelten basierend auf diesen beiden Dimensionen ein Verhaltensgitter, das sog. „Managerial Grid“, in welchem sie verschiedene Arten des Führungsverhaltens miteinander zusammen setzten. Ebenfalls haben Tannenbaum und Schmidt (1973) ein weiteres Modell dazu kreiert, in dem sie zwischen der Autorität einer Führungskraft und dem Freiheitsgrad der Mitarbeiter unterscheiden. Dabei fand ein zusätzlicher Faktor, bezeichnet als „Partizipation“, eine ebenso starke Betrachtung (Fittkau-Garthe, 1971; Sarges, 2013).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die genannten Dimensionen des Führungsverhaltens wesentlich zur kritischen Reflexion des eigenen Verhaltens der Führungsperson beitragen. Allerdings blendet der verhaltensorientierte Ansatz situative Bedingungen der Führung vollständig aus, weshalb dies als der größte Kritikpunkt postuliert wird.
2.1.2.3 Situationsorientierter Ansatz
Die vorangegangenen Führungsansätze gehen davon aus, dass die Eigenschaften einer Führungsperson bzw. ihr Verhalten Führungserfolg ausmachen. Nachdem in der weiteren Entwicklung die Erkenntnis aufkam, dass Führungserfolg weder durch gewisse Persönlichkeitseigenschaften, noch durch ein optimales Führungsverhalten entsteht, wurde die Führungssituation als einen weiteren Einflussfaktor in den Mittelpunkt der wissenschaftlichen Forschungen gestellt (Kauffeld, 2011). Demnach gilt in dieser Theorie die Aussage, dass identisches Verhalten keineswegs in allen Situationen zu Erfolg führt, wodurch sich die Betrachtungsweise auf eine dreidimensionale Ebene erweitert. Alle dazu entwickelten Ansätze, die in ihren Betrachtungsrahmen eine Kombination aus Person und Situation einbeziehen, haben demzufolge eine Gemeinsamkeit: sie fordern für jede unterschiedliche Situation ein angepasstes spezifisches Führungsverhalten und dementsprechend das Nutzen und Einsetzen verschiedener Persönlichkeitsmerkmale (Rosenstiel, Regnet, Domsch, 2009). Beispielsweise wird nach Mulder und Stemerding (1963) insbesondere in Krisensituationen ein eher direktives, entscheidungsorientiertes bzw. durchsetzungsfähiges Führungsverhalten gefordert (Yukl, 2013). Aus dieser dreidimensionalen Betrachtungsweise entstanden somit Ansätze, die anhand ihres Modells den Anspruch erheben, die wichtigsten Messfaktoren in der jeweilig spezifischen Führungssituationen berechenbar gemacht zu haben (Rosenstiel, Regnet, Domsch, 2009). Hierzu lassen sich das LPC- Kontingenzmodell nach Fiedler (1967), das Reifegradmodell nach Hersey & Blanchard (1977) und die Theorie der Führungssubstitute Nach Kerr und Jermier (1978) nennen. Darüber hinaus kann die situative Entscheidungstheorie nach Vroom und Yetton (1973) als nützlichster Ansatz genannt werden.
2.1.2.4 Interaktionsorientierter Ansatz
Der interaktionsorientierte Ansatz entstand aus dem Grundgedanken der gruppendynamischen Theorie. Dabei wird erfolgreiche Führung nicht mehr nur durch die Personen, dem Verhalten der Führenden und Geführten und der gegebenen Situation erklärt, sondern aus dem komplexen Zusammenspiel all dieser Faktoren mit ihrer wechselnden Dynamik (Worpitz, 1991). Ausschlaggebend für den Führungserfolg ist dabei ein wechselseitiges Geben und Nehmen, sog. interpersonale Beziehungen (Jung, 2017; Kolb, 2010).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Annahmen interaktionsorientierter Ansätze
(Eigene Darstellung)
Der Einwirkung auf die Geführten wird in dieser Theorie eine wesentlich höhere Bedeutung zugeschrieben. Die Qualität der Interaktionen bzw. interpersonalen Beziehungen wird dabei neben den Eigenschaften, Kompetenzen und Fähigkeiten der Führungsperson auch von denen der Geführten stark beeinflusst. Darüber hinaus wirken zudem Kontextbedingungen und Situationsvariablen in die Interaktionsprozesse und somit auf den Führungserfolg ein (Jung, 2017).
Aufgrund der vielen zu betrachtenden Variablen erweisen sich die Interaktionstheorien als sehr komplex, weshalb diese zu den anspruchsvollsten Theorien gehören, aber dadurch der Realität von allen bisherigen Theorien und Führungsansätzen am nahesten kommen (Jung, 2017; Kolb, 2010). Auf diesem Gebiet wurden in den letzten Jahren neue Führungsansätze und –modelle entwickelt oder bereits bestehende weiterentwickelt. Dazu zählen beispielsweise die Leader-Member Exchange Theory oder die implizite Führungstheorie (Stock-Homburg, 2013).
2.2 Wahrnehmung der Führung von Frauen und Männern
An dieser Stelle werden die wesentlichen Paradigmen des feministischen Diskurses, die Gleichheitstheorie, Differenztheorie und Dekonstruktion erläutert. Darüber hinaus werden Stereotype, Androgyne Führung und Diversity Management als Unteraspekte der Differenztheorie vorgestellt. Während das Konzept der Androgynie die Überwindung der Zweigeschlechtlichkeit fordert, verfolgt Diversity Management den Ansatz einer Bündnisstrategie, bei der sich Männer und Frauen mit ihren Stärken verbünden sollen. Zur Erklärung der Dekonstruktion werden die Effekte der Phänomene des Glass Ceiling und Think Manager Think Male als Erklärungsansätze herangezogen und genauer erläutert.
2.2.1 Die Gleichheitstheorie: Frau und Mann sind gleich
Der Kerngedanke der Gleichheitstheorie findet sich darin, dass Frauen und Männer gleichberechtigt bzw. gleichwertig sind und zwar nicht nur auf formaler Ebene, sondern in allen Aspekten ihrer Existenz (Hyde, 2005). Beide Parteien haben demnach dieselben Potenziale, mit denen alle Fähigkeiten, Einstellungen und Motivationen verstanden werden, die ein Mensch aufweisen kann. Auch in der Führungsforschung besteht keine Bestätigung für Unterschiede hinsichtlich der Führungseignung von Männern und Frauen, einer besseren Eignung der Männer oder sogar eines Kompetenzdefizits der Frauen (Tonn, 2016). Rolf Wunderer und Petra Dick konnten mit ihrer durchgeführten Studie diese Theorie untermauern, indem sie herausfanden, dass es in der Veranlagung und dem Verhalten nur wenig geschlechtsspezifische Unterschiede gibt (Wunderer & Dick, 1997). Dafür interviewten sie weibliche und männliche Führungskräfte sowie deren Mitarbeiter zu den Themengebieten Geschlecht und Führungsstil. Als Ergebnis konnten sie feststellen, dass in den Punkten Karriereorientierung, Netzwerknutzung, Aufstiegsambitionen und dem Führungsstil keine Unterschiede nachweisbar sind. Auch die Ergebnisse der Mitarbeiter konnten bestätigen, dass ihre Vorgesetzten, egal ob Frau oder Mann, gleiche Verhaltensweisen zeigten. Zudem erfolgte die Einschätzung des Führungsstils unabhängig vom Geschlecht, d.h. eine weibliche Führungsperson wurde von ihren weiblichen als auch männlichen Mitarbeitern gleich eingeschätzt (ebd.). Weitere vergleichende Untersuchungen von Ansfried Weinert (1990) konnten ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zwischen Männern und Frauen hinsichtlich der Merkmale soziales Auftreten, Eigenständigkeit, Dominanz, Verantwortlichkeit, guter Eindruck, Konventionalität, Selbstbeherrschung und Leistung durch Anpassung nachweisen (Weinert, 1990). Dass für die Ergebnisse Gleichheit nachgewiesen wurde, können zwei Effekte zur Erklärung herangezogen werden. Zum einen ist es die Selektion, dass nur bestimmte Frauen Führungspositionen erreichen können. Zum anderen liegt es an der sog. Modifikation, denn Führungspersönlichkeiten wachsen in ihre Rolle hinein, indem sie das nötige Verhalten, Fähigkeiten und Qualifikationen erwerben (Neuberger, 2002). Nach der Untersuchung von Weinert sind Frauen den Männern in Führungspositionen in weiteren Merkmalen sogar bereits überlegen: Mitgefühl, Toleranz, Erfolgspotenzial, soziale Anpassung, Leistung durch Unabhängigkeit, Arbeitsorientierung und Rationalität/Intuition (Weinert, 1990).
Vertreter dieser Theorie stellen demnach die These auf, dass aufgrund der Gleichheit zwischen den Geschlechtern die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen auf strukturelle Gründe und Barrieren zurückzuführen ist. Dazu werden zwei wesentliche Argumentationen angeführt (Henn, 2012).
Die erste ist die humankapitaltheoretische Begründung. Demnach betrachtet ein Unternehmen Männer und Frauen als Humankapital. Sie werden als Arbeitskräfte eingestellt, durch vom Unternehmen eingesetztes Kapital eingearbeitet und weitergebildet. Die Unternehmen verfolgen dabei das Ziel, geringe Transaktionskosten und eine hohe Verzinsung ihrer Investitionen (Humankapital) zu erreichen. Dabei wird bei der Gruppe der Frauen angenommen, dass sie Kinder bekommen und somit zumindest vorübergehend aus dem Unternehmen ausscheiden. Dadurch sind sie weniger mobil und es resultieren höhere familienbedingte Fehlzeiten (Neuberger, 2002). Die zweite Argumentation sind die Auswirkungen des Patriacharts und das Fortbestehen ursprünglicher Strukturen und Überzeugungen. Dabei leisten Frauen unbezahlte Arbeit in Form von Hausarbeit, Erziehungsarbeit, Versorgungsarbeit. Männer hingegen leisten die bezahlte Arbeit und sind den Frauen vorgeordnet (Henn, 2012). Wenn dennoch besser ausgebildete, motiviertere und fähigere Frauen gegenüber Männern benachteiligt werden, schlagen die patriarchalen Relikte ebenfalls durch, da Männer als eine günstigere Investition betrachtet werden und Frauen für sie die unbezahlte Reproduktionsarbeit leisten (Neuberger, 2002).
2.2.2 Die Differenztheorie: Frau und Mann sind nicht gleich
Nicht Gleichartigkeit und –berechtigung, sondern Gleichwertigkeit, fordert die in den 1980er Jahren entstandene Differenztheorie. Männer und Frauen werden demnach als zwei wesentlich unterschiedliche Gruppen betrachtet. Diese Verschiedenheit muss als grundlegende Ressource (an-)erkannt und genutzt, anstatt durch Sozialisationseffekte und angepasste Lebensbedingungen wieder einseitig instrumentalisiert zu werden (Ebert-Steinhübel, 2014). Demnach gebe es weibliche Stärken, die Männer nicht besitzen und umgekehrt. Diese Stärken gelten jedoch als derart geschlechterspezifisch, dass das jeweilige andere Geschlecht nicht in der Lage ist, diese zu erwerben (Neuberger, 2002). Zur Begründung der Geschlechterdichotomie greift eine solche differenzierte Sichtweise auf eine Ansammlung von teilweise widersprüchlichen und archaischen Argumenten zurück. Beispielsweise, dass „Männer vom Mars“ und „Frauen von der Venus“ abstammen, oder der Unterschied zwischen dem männlichen Tunnelblick gegenüber dem weiblichen Panoramablick (Ebert-Steinhübel, 2014).
Die Diskussion über geschlechterspezifische Unterschiede erlangte im Jahr 2005 zudem weitere Aufmerksamkeit als Larry Summers, US-amerikanischer Ökonom und damaliger Präsident der Harvard University, die Unterrepräsentation von Wissenschaftlerinnen an Eliteuniversitäten erklärte. Demnach ist diese auf die angeborenen Unterschiede zwischen Männern und Frauen zurückzuführen. Sie besitzen daher eine unterschiedliche Verfügbarkeit von Fähigkeiten auf oberer Ebene (Hemel, 2005). Weitere wissenschaftliche Studien hingegen weisen darauf hin, dass weibliche Führungskräfte den männlichen in Eigenschaften wie Toleranz und Empathie überlegen sein können und bessere Leistungen erbringen (Desvaux, Devillard-Hoellinger & Baumgarten, 2007). Darüber hinaus diagnostizierten Studien einen für die aktuelle Unternehmenspraxis deutlich überlegenen Kommunikationsstil der Frauen (Intersearch, 2013).
Folglich können die Begründungen für eine Differenz zwischen Mann und Frau von einer biologisch oder evolutionär bedingten Differenz bis hin zu sozialen oder durch die Gesellschaft und Kultur anerzogenen Unterschieden reichen (Neuberger, 2002). Insgesamt jedoch stellen sich in der Differenztheorie die positiven Merkmale der Weiblichkeit heraus. Ob das Ausbreiten eines bedeutsamen und erfolgreichen weiblichen Führungsverhaltens den Standpunkt der Frauen damit verbessern kann, bleibt fraglich. Vielmehr kann diese Theorie als ein Danaergeschenk für die Frauen bezeichnet werden. Sie bedeutet eher Belastung als Entlastung und eine Aufwertung der Weiblichkeit, aus der eine noch stärkere Stereotypisierung resultiert. Frauen, die nicht diesem Muster entsprechen, werden als unweiblich – und somit wiederum als erfolglos – stigmatisiert (Ebert-Steinhübel, 2014).
2.2.2.1 Stereotype
Der Mensch befindet sich in einer Welt mit hochkomplexen Strukturen und Prozessen und wird dabei permanent mit einer Unmenge an Informationen konfrontiert. Das kognitive System des Menschen kann durch diese Komplexität überlastet werden (Ebert, 2016). Stereotype dienen der Vereinfachung dieser komplexen Strukturen. Sie entstehen durch die Kategorisierung von Menschen in soziale Gruppen. Die Wissenschaftlerin Erika Regnet sowie die Psychologin Dorothea Alfermann beschäftigten sich vor allem mit dem Einfluss der Stereotype auf die soziale Gesellschaft. Erika Regnet (1997) definiert den Begriff Stereotype dabei als „relativ überdauernde und starre, festgelegte Sichtweisen bzw. ihnen zugrunde liegende Überzeugungen in Bezug auf die Eigenschaften einer Personengruppe. Man kann sie auch als komplexe Form des Vorurteils bezeichnen, die im Laufe der Sozialisation erworben werden. Sie sind durchaus notwendig für die Alltagsbewältigung, da sie die Komplexität des Lebens reduzieren, indem sie Ordnungskategorien in die Welt bringen“ (Regnet, 1997, S. 244). Anhand dieser Definition verdeutlicht Regnet, dass die Grundlage von Stereotypen in der Sozialisation liegt und sich die daraus resultierenden stereotypen Sichtweisen daher zu verfestigten Formen oder Vorurteilen bilden können (Regnet, 1997). Zudem konnten Cantor und Michel (1977) in ihrer Studie zu Charaktereigenschaften und Prototypen feststellen, dass das wahrgenommene Verhalten von Personen bei dem jeweilig beobachtenden Individuum nach Persönlichkeitstypen zugeordnet wird. Demnach hat der wahrnehmende Mensch auf Basis seiner bisherigen Erfahrungen eine große Menge an Eigenschaften und Verhaltensweisen abgespeichert, die er während seiner Beobachtung nach bestimmten Persönlichkeitstypen kategorisiert.
Die Organisationsberaterin Monika Veith (1988) geht einen Schritt weiter und weist auf einen starken Zusammenhang zwischen Stereotypen und Geschlechterrollen hin. Sie definiert dabei den Begriff Geschlechtsrolle als „zugeschriebene Statusrollen, die jene Verhaltenserwartungen und -regeln beinhalten, die an die biologische Gegebenheit ‚Frau‘ und an die biologische Gegebenheit ‚Mann‘ geknüpft sind. (…) Damit bilden sie Richtlinien für die Sozialisation; sie müssen gelernt werden. Gleichzeitig schreiben sie den Geschlechtern jeweils unterschiedliche spezifische Eigenschaften und Fähigkeiten zu“ (Veith, 1988, S. 22). Demnach werden über die Geschlechtergruppen Mann und Frau Stereotype gebildet, da deren Rollen auch nur Einstellungen gegenüber geschlechtstypischen Persönlichkeitsmerkmalen abbilden (Veith, 1988). Aus diesen Erkenntnissen definiert Veith (1988) in Anlehnung an Froschauer (1984) Geschlechterstereotype als „schematisierte längerfristig unveränderte und trotz neuer oder sogar gegenteiliger Erfahrungen starre und verfestigte Vorstellungen über spezifische Wesens- und Verhaltensmerkmale der Geschlechter“ (S. 22). Durch diese verfestigten, änderungsresistenten Annahmen sind Geschlechterstereotype überdauernde Vorstellungen bzw. Vorurteile, deren Grundlage und Ergebnis die Sozialisation ist (Eckes, 2010).
Durch die Untersuchung von Dorothee Alfermann (1993) lassen sich die wesentlichen Eigenschaften der Geschlechterstereotype in einem Cluster von Kompetenz, Aktivität und Emotionalität verbinden. Demnach ist der männliche Stereotyp durch Aktivität, Kompetenz, Leistungsstreben und Durchsetzungsfähigkeit gekennzeichnet. Besonders diese männlichen Eigenschaften werden in Führungspositionen erwartet und stellen somit Eigenschaften dar, die Führungserfolg bedingen. Demgegenüber stehen die Eigenschaften Emotionalität, Sozialität, Hilfsbereitschaft und soziale Umgangsfähigkeit des weiblichen Stereotyps. Es ist zu erkennen, dass Frauen Eigenschaften, die insbesondere für die Familie notwendig sind, zugeschrieben werden. Deshalb müssen sie um ihre intellektuelle Anerkennung kämpfen (Alfermann, 1993). Sie werden dementsprechend als weniger erfolgreich gesehen, da Anstrengung als ein entscheidender Faktor für Leistungen gesehen wird (Alfermann, 1996). Dadurch werden typische männliche Eigenschaften und Verhaltensweisen, z.B. Zielorientierung, als einflussreicher gewertet, als weibliche Emotionalität, die generell als weniger wertvoll gewichtet wird (Veith, 1988). Letztendlich lässt sich aus der Untersuchung schließen, dass die Eigenschaften der Geschlechterstereotype den aus der Sozialisation entstandenen und historisch geprägten Rollen- und Arbeitsverteilungen entsprechen. Die Frau nimmt primär die Rolle der Ehefrau und Mutter ein, während der Mann die Funktion des Berufstätigen und Familienernährers vertritt (Weinert, 1990).
Durch diese versteiften Vorstellungen der Stereotype kann die fehlende Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen ansatzweise erklärt werden. Die Psychologinnen Hannover und Kessels (2003) führten dazu eine qualitativen Studie durch. Anhand derer konnten sie die Unterrepräsentanz durch deskriptive und präskriptive Merkmale erklären, die geschlechtsstereotypisch eingeordnet werden. Die deskriptiven Merkmale einer Frau (z.B. Einstellungen und Verhaltensweisen) stimmen dabei nicht mit der als männlich assoziierten Führungsrolle überein. Die präskriptiven Eigenschaften bestehen, wenn Frauen männliche Eigenschaften (Führungsstile) zeigen und aufgrund der Inkongruenz zu den Rollenerwartungen negativ bewertet werden. Dieses Erklärungsmuster zeigt, dass Führungserfolg und -verhalten mehr mit sozial anerkannten Merkmalen von Männern übereinstimmt, als mit denen einer Frau. Wird also nicht das gängige geschlechterstereotypische Verhalten gezeigt, so wird diese Person negativ bewertet (Hannover&Kessels, 2003).
2.2.2.2 Androgyne Führung
Nachdem in den vorangegangen Punkten immerzu auf die Unterscheidung von Männern und Frauen eingegangen wurde, wird an dieser Stelle eine Perspektive aus einem anderen Blickwinkel vorgestellt. Die aufgezeigten Theorien und Untersuchungen konzentrierten sich bisher auf die weibliche und männliche Geschlechterrolle bzw. weiblich- und männlich konnotiertes Führungsverhalten als Gegensätze. Allerdings gibt es dazu noch andere Auffassungen. So unterscheidet Bem (1974) neben der weiblichen und männlichen Geschlechterrolle eine weitere Dimension für die Betrachtung von Führung als besonders relevant: die Androgynität. Dieser Ansatz fordert die Überwindung der Zweigeschlechtlichkeit (Henn, 2012). Dabei werden typisch weibliche und typisch männliche Charakteristiken als komplementär angesehen und in einer Person integriert. Androgyne Personen besitzen daher unabhängig von ihrem biologischen Geschlecht sowohl weibliche als auch männliche Charaktereigenschaften und definieren sich über diese. Auf diesem Ansatz basiert die Intention der androgynen Führung. Führungskräfte kombinieren in ihren Eigenschaften und ihrem Verhalten männliche und weibliche Charaktereigenschaften miteinander (Kark et al., 2012).
Studien zufolge kann eine stärkere Identifikation der Mitarbeiter mit einer androgynen Führungspersönlichkeit stattfinden. Darüber hinaus wird deren Verhalten positiver und als stärker transformational bewertet (Kark et al., 2012). Zudem konnte untersucht werden, dass solche Führungskräfte eine höhere emotionale Intelligenz besitzen (Gartzia & van Engen, 2012). Den Ergebnissen der angestellten Studien steht entgegen, dass sowohl die Messung als auch der Einsatz von Persönlichkeitstest für androgyne Führungspersonen umstritten ist, da die Selbsteinschätzung (Selbstbild) und das Fremdbild oft deutlich voneinander abweichen. Letztendlich ist die Vorstellung einer androgynen Führungspersönlichkeit, weibliche und männliche Eigenschaften in nur einer Person zu fordern, als ein wirklichkeitsfremdes Ideal zu sehen (Neuberger, 2002).
2.2.2.3 Diversity Management
Statt die Integration weiblicher und männlicher Eigenschaften in einer Person abzuverlangen, schildert Oswald Neuberger eine abgemilderte Form der Androgynie: die Verlagerung auf ein Kollektiv. Männer und Frauen sollen ihre jeweiligen Charakteristiken behalten und nutzen, sich aber miteinander verbünden (Neuberger, 2002). Die Idee, Positionen gleichermaßen mit Männern und Frauen zu besetzen, ist eine abgemilderte Form, die für eine Bündnisstrategie plädiert und im Rahmen des Diversity Ansatzes verwirklicht werden soll (Krell, 1999).
Das Konzept des Diversity Managements zielt darauf ab, die soziale Vielfalt für den Unternehmenserfolg nutzbar zu machen, indem monokulturelle Organisationen in multikulturelle Organisationen durch die Förderung der Heterogenität umgewandelt werden. Dabei wird die Individualität eines jeden Mitarbeiters nicht nur anerkannt, sondern auch wertgeschätzt, mit dem Zie,l eine produktive Gesamtatmosphäre zu schaffen (Henn, 2012). Im Betrachtungsrahmen stehen demnach nicht nur geschlechtliche Unterschiede, sondern auch ethnische, religiöse, kulturelle, altersmäßige und körperliche Verschiedenheiten (Neuberger, 2002). Um eine solche Chancengleichheit zu erreichen, soll weniger die Benachteiligung von Gruppen oder Menschen beseitigt werden. Vielmehr sollen deren individuellen Stärken genutzt werden, um Synergien zu erzeugen (Henn, 2012).
Trotz der offensichtlichen Vorteile des Diversity Management besteht auch Kritik an diesem Ansatz. Diese entsteht primär bei der optimistischen Sicht bezüglich den möglichen Wettbewerbsmöglichkeiten. Kritikern zufolge stehen erhebliche Transaktionskosten für Integration, Kommunikation und Risiken dem gegenüber. Letztere seien mit der Meinung begründet, dass es nicht gelingt, die Unterschiedlichkeiten kreativ zu nutzen und aufsteigende Spannungen zu einem Kampf der Kulturen, ethnischen Gruppen, Religionen oder Geschlechter führen (Neuberger, 2002).
Letztendlich wird Diversity Management durch die Weiterentwicklung der Weltbevölkerung in den letzten Jahren eine immer höhere Bedeutung zugeschrieben, da die abnehmende Zahl der Europäer in der Weltwirtschaft eine erhöhte Vielfalt in der Belegschaft eines Unternehmens bedingt (Henn, 2012).
2.2.3 Dekonstruktion: Frau und Mann sind soziale Konstrukte
Unter einer Dekonstruktion steht das Verständnis, die Realität weniger als einen vorgeschriebenen Faktor zu sehen. Vielmehr wird sie als eine Art Konstruktion, die durchaus dekonstruiert werden kann, gesehen. Dabei wird alles bisher verdeckte offengelegt (Blessin & Wick, 2014). Die Dekonstruktion fördert dabei das Grenzen überschreitende Denken der bisherigen Konzepte und Theorien und stellt alles Bisherige in Frage (Glaesner, 2007). Die Ansicht, dass Frau und Mann soziale Konstrukte sind, bietet weitere Erklärungsansätze für die Unterrepräsentation der Frauen in Führungspositionen. Zu den sozialen Konstrukten zählen die Phänomene „Glass Ceiling“, „Token Woman“, „Think Manager – Think Male“, „Old Boys Network“, Work-Life-Balance, Networking und Mentoring. Durch den begrenzten Umfang der Arbeit wird auf die Phänomene „Glass Ceiling“ und „Think Manager – Think Male“ näher eingegangen.
2.2.3.1 Glass Ceiling – die gläserne Decke
Ein vielfach diskutiertes Phänomen ist der „Glass Ceiling Effekt“ bzw. „die gläserne Decke“. Diese Metapher soll dabei bildhaft beschreiben, dass Frauen Top-Positionen wie durch eine gläserne Decke in gr eifbarer Nähe sehen. Aber ab einem gewissen Level können sie aufgrund verschiedener Barrieren nicht dazu durchdringen. Somit verharren Frauen auf Positionen im unteren und mittleren Management und schaffen es nicht, in das obere Top-Management aufzusteigen (Schulz, 2013).
In einer Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Wippermann, 2010) wird dieses Phänomen aufgezeigt. Demnach werden engagierte weibliche Führungspersonen von den befragten Männern geschätzt und sie sprechen das Bedauern aus, nicht mehr Frauen in Führungspositionen anzutreffen. Trotzdem legt die Studie verschiedene Vorurteile der Männer gegenüber weiblichen Führungskräften offen, welche auf eine „gender-political-correctness“ (Wippermann 2010, S.13) schließen lässt. Demnach verhalten sie sich bezüglich des Themas Frauen und Führung nach außen hin politisch korrekt, besitzen jedoch unbewusste und tief verankerte Vorbehalte gegenüber weiblichen Führungskräften. Die befragten männlichen Führungskräfte werden in dieser Studie somit als „Hüter der gläsernen Decke“ (Wippermann, 2010, S.9) bezeichnet.
Darüber hinaus konnte der Soziologe Carsten Wippermann (2010) drei wesentliche Mentalitätsmuster bei Männern im Management feststellen: der konservative, der emanzipierte und der individualistisch orientierte Typus. Der erste, konservative Typus sieht die Führungsebene als inneren Zirkel aus Männern. Frauen würden in diesem nur Unsicherheiten und Störungen darstellen, weshalb sie in diesem Zirkel unerwünscht sind. Als Auslöser und Hintergrundgedanke für eine solche Haltung kann eine kulturelle und funktionale Ablehnung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts genannt werden. Zusätzlich seien Frauen öfter Einzelkämpferinnen und zu sehr am operativen Geschäft orientiert. Das zweite Mentalitätsmuster vertritt eine emanzipierte Grundhaltung und geht davon aus, dass Frauen gegen die Machtrituale chancenlos seien. Im oberen Topmanagement wird Härte als wichtige Kompetenz verlangt. Das wiederum steht im Widerspruch zum Frauenbild der Gesellschaft und entsprechend auftretende Frauen verlieren an Authentizität. Authentizität sei jedoch ein ausschlaggebender Erfolgsfaktor von Führungspersonen. Der dritte, individualistisch orientierte Typus ,verkörpert den Ansatz, dass die Besetzung von Führungspositionen unabhängig vom Geschlecht stattfinden sollte. Allerdings gebe es diesem Typus zufolge nicht genug Frauen, die eine geeignete (ununterbrochene) Berufsbiografie haben, weshalb ihnen die Authentizität und Flexibilität für solche Positionen fehlen (Wippermann, 2010).
Alle drei Mentalitätsmuster sind in einem Unternehmen vertreten und werden von den Männern im Management gelebt. Daraus resultierend ist die gläserne Decke dreifach gesichert: erfüllt eine Frau die genannten Anforderungen, steht sie dennoch im Widerspruch mit den anderen beiden Haltungen. Daraus lässt sich schließen, dass die gläserne Decke auf Strukturen und Konstruktionen basiert. Annahmen und Überzeugungen dienen dabei als Grundlage für das Kreieren dieses Phänomens, welches Auswirkungen bei der Unternehmenskultur, Personalrekrutierung, Personalförderung und der Weiterbildung hat.
2.2.3.2 Think Manager – Think Male
Ein weiterer Erklärungsansatz für die Unterrepräsentation der Frauen in Führungspositionen ist das Phänomen „Think Manager – Think Male“. Darunter wird verstanden, dass das typische Bild einer Führungsperson mehr dem männlichen Geschlechterrollenstereotyp entspricht als dem weiblichen (Henn, 2012). Bereits Untersuchungen in den 70er Jahren haben ergeben, dass sowohl männliche als auch weibliche Führungskräfte den Begriff „Manager“ als männlich assoziierten (Schein, 1973). Diesen Ergebnissen folgen verschiedene Studien von Dr. Sandra Spreemann (2000), bei denen Männer und Frauen mit einem eher maskulinen Auftreten (äußere Merkmale) besser abschneiden als Personen mit einem femininen Auftreten. Darüber hinaus stellte sie fest, dass attraktive Frauen eine geringere Eignung für Führungspositionen zugeschrieben wird, als unattraktiven Frauen.
Aus psychologischer Sichtweise wird dieses Phänomen als Aufeinandertreffen zweier verschiedener Typen betrachtet, dem „Communality“- und dem „Agency“-Typus (Eagly & Carli, 2007). Frauen werden überwiegend mit dem „Communality“-Typus assoziiert. Diesem werden Charaktereigenschaften wie Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit, Zärtlichkeit, Sympathie und Einfühlungsvermögen zugeschrieben. Dabei wird das Auftreten als behutsam gesehen und eine sanfte Stimmlage wird im Gespräch verwendet. Männer dagegen vertreten in der Regel den „Agency“-Typus. Dieser Typus steht für Bestimmtheit und Kontrolle und gilt dabei als eher aggressiv, dominant, selbstbewusst, energisch, ehrgeizig, unabhängig und individualistisch. Genau diese Eigenschaften assoziieren die meisten Menschen mit denen einer guten Führungskraft. Daraus entsteht die Annahme dieses Phänomens, dass eine Frau alleinig wegen ihres Geschlechts weiter vom gängigen Bild einer Führungsperson entfernt ist, als ein Mann. Somit wird ein Mann grundlegend wegen seiner Geschlechtszugehörigkeit als befähigter für eine Führungsposition wahrgenommen (Eagly&Carli, 2007). Dieses Phänomen sendet allerdings widersprüchliche Signale an weibliche Führungskräfte, indem sie sich an den Stereotyp Mann anpassen müssen, um als führungsbefähigt wahrgenommen zu werden. Denn typische männliche Verhaltensweisen werden bei Frauen als besonders negativ bewertet und sie entfernen sich somit von der akzeptierten Verhaltensbandbreite von Frauen in Führungspositionen (Baitsch, 2005). Frauen werden folglich als „zweifach Abweichlerinnen“ (Rastetter, 2007, S. 82) wahrgenommen: verhalten sie sich zu männlich, wirken sie weniger authentisch. Geben sie sich jedoch zu weiblich, wird ihnen die Kompetenz zu führen nicht anerkannt (ebd.).
Die vorgestellten Phänomene zeigen Ansatzpunkte, mit welchen möglichen innerbetrieblichen Barrieren und vor allem Denkweisen Frauen in Führungspositionen konfrontiert sind. Welche Erwartungen und Forderungen an sie gestellt werden und weshalb nach wie vor eine Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen existiert.
2.3 Frauen führen anders – Männer auch? Geschlecht und Führungsverhalten
Dieses Kapitel stellt den Mittelpunkt in der Hypothesenaufstellung dar. Zunächst werden zwei neue Dimensionen des Führungsverhaltens vorgestellt: die transaktionale und transformationale Führung. Dies erfolgt anhand einer theoretischen Erläuterung mit anschließender Darstellung bereits durchgeführter Studien hinsichtlich der Geschlechterunterschiede im Führungsverhalten. Anschließend wird auf die für diese Arbeit eingegrenzten Unterpunkte Kommunikation, Motivation und emotionale Bindung näher eingegangen. Dabei wird jeweils zuerst der Zusammenhang mit dem Führungsverhalten hergestellt. Anschließend werden geschlechterspezifische Unterschiede zwischen Männern und Frauen in Führungspositionen erläutert und anhand ausgewählter Studien untermauert.
2.3.1 Dimensionen des Führungsverhaltens
Warren Bennis verdeutlichte bereits 1989 die Notwendigkeit einer Veränderung des Konzepts der Führungskraft. Dabei soll das Verständnis weg von der Führungskraft als Manager mit dem Fokus auf Systeme und Administration hin zur Führungskraft als Leader mit dem Fokus auf Personal und Innovation gehen. Die Abgrenzung transakt-ionaler und transformationaler Führung geht auf Burns zurück, der diese Theorie in 1978 weitaus früher als Bennis erstmals erwähnte, indem er das Verhalten politischer Führungspersonen untersuchte. Den klassischen „Bürokraten“ ordnete er dem transaktionalen Führungsstil zu, während charismatischen Persönlichkeiten ein transformationaler Führungsstil zugeschrieben wird. Durch die Forschungen von Bass (1985) wurden diese Theorien Anfang der 80er Jahre in die Wirtschaft übertragen. Seither untersuchen Forscher die psychologischen Prozesse, die den beiden Stilen zugrunde liegen. Sowohl transaktionale als auch transformationale Führungspersönlichkeiten können in der Zielerreichung erfolgreich sein. In Abbildung 2 werden die Inhalte und Folgen der beiden Führungsdimensionen dargestellt. Nachfolgend wird auf die Inhalte der beiden Führungsstile näher eingegangen.
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- Susanne Hofbauer (Author), 2020, Das Führungsverhalten von Frauen und Männern im Vergleich. Wie unterscheiden sich weibliche und männliche Führungskräfte?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/535948
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