Diese Zusammenfassung beschäftigt sich mit den verschiedenen Aspekten der gewaltfreien Kommunikation in der Altenhilfe. Zunächst wird das Arbeitsfeld der Altenhilfe definiert, bevor auf die Rolle eingegangen wird, die die Praxisstelle in dieser Konstellation spielt. Anschließend wird die gewaltfreie Kommunikation thematisiert, sowie die Grundhaltung, auf der sie basiert, und die Anwendungsgebiete in der Altenhilfe.
Gewaltfreie Kommunikation in der Altenhilfe
Das Arbeitsfeld Altenhilfe
… agiert in der Einzelfallhilfe, sozialen Gruppenarbeit und in der Gemeinwesenarbeit … wird in §71 SGBXII definiert … wird in diesem Fall durch eine Stelle vertreten, welche den Fokus auf altersbezogenes Quartiersmanagement gesetzt hat
Die Praxisstelle
… spricht vorwiegend ältere Personen mit Hilfebedarf an, jedoch auch vereinzelt jüngere Menschen, solange kein Leistungsanspruch nach SGB XI vorhanden ist … vermittelt ehrenamtliche Helfer_Innen nach §3 Abs. 26 EstG … grenzt direkt an eine Begegnungstätte an, dort werden offene Treffen organisiert … muss sich mit Konflikten unter Helfer_Innen, unter Helfer_Innen und Klienten, unter Klienten oder unter Klienten, Helfer_Innen und Angehörigen auseinandersetzen … dient demnach oft als Vermittlungsinstanz zwischen verschiedenen Parteien … gilt in vielen Punkten als Ansprechpartner für die Stadt, Pflegeeinrichtungen und -dienste, Interessierte, Angehörige, Stadteilbewohner und Klienten
Die Gewaltfreie Kommunikation (GfK)
… unterstützt Menschen, empathischer zu handeln … sieht Empathie als Essenz guter Kommunikation an … hilft Menschen, ein stärkeres Selbstwertgefühl zu entwickeln … trägt zur Konfliktlösung bei … verbessert zwischenmenschliche Kommunikation … richtet ihre Sichtweise auf die Bedürfnisse und Gefühle der Personen, anstatt mit Vorwürfen und Anklagen zu handeln … ist eine prozesshafte Kommunikationsform und wird in vier Schritte eingeteilt:
„Wenn a, dann fühle ich b, weil ich c brauche. Deshalb möchte ich jetzt gerne d.“
1. Beobachtung (a) bewusste Entscheidung, die konkrete Handlung zu beobachten Verzicht auf Interpretationen und Bewertungen
2. Gefühle (b) hinterfragen, welche Gefühle ausgelöst wurden Gefühle als Sprache der Bedürfnisse Gefühle sind nie gut oder schlecht
3. Bedürfnisse (c) Bedürfnisse sind universell ≠ Strategie! Strategien sind die individuellen Wege der Person, ihre Bedürfnisse zu befriedigen 4. Bitten (d) Bitten sind Strategien konkret formulieren, statt vage zu bleiben sagen, was man möchte, statt zu sagen, was man nicht möchte ≠ Forderung! Bitten können abgelehnt werden!
Grundhaltung
humanistisches Weltbild jedes menschliche Handeln ist ein Versuch, sich Bedürfnisse zu erfüllen Menschen sind soziale Wesen und sind an vertrauensvollen Bindungen interessiert hinter jedem gewaltvollen Handeln steckt ein Bedürfnis Menschen lernen und entwickeln sich ihr Leben lang Menschen geben immer ihr Bestes
GfK in der Altenhilfe: Drei Anwendungsgebiete
Präsentes Zuhören im Umgang mit Nähe und Distanz
Eine Klientin, Frau X., besucht die Nachbarschaftshilfe wöchentlich zur Sprechstundenzeit, um sich mit den Fachkräften (folgend: FK) und Besuchern zu unterhalten und auszutauschen. Mit der Zeit wird sie dabei immer offener und nutzt jede Gelegenheit, den Koordinatoren von ihren Problemen und Sorgen zu berichten. Der Zusammenhang zum Kontext und Thema der Nachbarschaftshilfe ist nicht mehr ersichtlich. Nach dem Besuch fühlen sich die FK oft machtlos, erschöpft und schlecht, da sie kaum Gelegenheit hatten, hilfreiche Impulse zu geben.
- FK müssen sich selbst professionell kennenlernen und Haltung aufbauen
- Empathie ≠ mitleiden! Präsentes Zuhören vermeidet mitleiden
- Präsentes Zuhören legt den Fokus darauf, was für Gefühle o. Bedürfnisse bei der Person unerfüllt sind, oftmals sind die Geschichten austauschbar
- Präsentes Zuhören schließt auch Mimik, Gestik, Körperhaltung, Wortwahl, ... mit ein
- authentisch bleiben! Selbst entscheiden, wie viel Persönlichkeit man in das Gespräch einbringen möchte → immer kontextabhängig
- Nähe und Distanz nicht als widersprüchliche Gegenpole („entweder/oder“), sondern als ausbalancierte Gewichte einer Waage
Konflikte mit GfK empathisch lösen
Die ehrenamtliche Helferin Frau Z. und der von ihr betreute Klient Herr Y. haben sich im Koordinationsbüro gemeldet, da sie sich beim letzten Treffen gestritten haben und nun Hilfe von den FK annehmen wollen. Es ginge darum, dass Frau Z. des Öfteren zu spät käme, was Herrn Y. schon seit einiger Zeit aufregt. Letzte Woche sei ihm dann der Kragen geplatzt, wie er es am Telefon erläutert hatte.
Klärung der Frage: Was ist passiert? Was sind die sachlich überprüfbaren Fakten, denen beide zustimmen können? Beobachten ohne Werten! (Frau Z. kommt öfter zu spät, Herr Y. hat lange nichts dazu gesagt, bis zur Eskalation letzte Woche, Frau Z. gibt zu, dass sie zu spät kommt, weil sie ihr Kind zur Betreuung bringen muss) FK fasst ihre Beobachtungen zusammen, fragt gezielt nach, falls ihr Dinge unklar sind, achtet darauf, dass keine gegenseitigen Anschuldigungen geschehen
Hinterfragen, welches Gefühl wurde ausgelöst? (Herr Y.: enttäuscht, verärgert; Frau Z.: enttäuscht, gestresst) → FK ermutigt die Personen, ihre Gefühle offen auszudrücken, ohne Vorwürfe; kann Hilfestellungen geben, da grade ältere Personen es häufig verlernt haben, Gefühle auszudrücken
Welche Bedürfnisse sind unbefriedigt? (Herr Y.: Vertrauen, Verbindlichkeit: Frau Z.: Verständnis, Sicherheit, Transparenz) → FK kann durch gezieltes Nachfragen die unbefriedigten Bedürfnisse herausfiltern, sodass das empathische Verständnis, das menschlich ist, aktiviert wird
Welche Bitten könnten formuliert werden? (Herr Y.: Könnten Sie nächstes Mal offen mit mir kommunizieren, dass Sie im Stress sind, da sie nicht wissen wo Sie ihr Kind unterbringen können und eventuell deshalb zu spät kommen? Frau Z.: Könnten Sie mir bitte nächstes Mal direkt kommunizieren, wenn Sie etwas stört, damit ich mich ändern kann?) → FK kann beim Formulieren der Bitten behilflich sein und unterstützen, da dies oft Mut benötigt
GfK bei gewaltvollen Aussagen anwenden
Beim wöchentlichen Spielenachmittag wendet sich die Klientin Frau W., nachdem sie einige Zeit ein paar andere ältere Damen beobachtet hat, zur FK und sagt: „Unfassbar, dass hier mehr Migranten mitmachen als Deutsche. Man fühlt sich generell gar nicht mehr heimisch in seinem Land, seitdem hier so viele Ausländer rumlaufen.“
- laut GfK ist der Grund für gewaltvolles Handeln mindestens ein unbefriedigtes Bedürfnis
- demnach äußert Frau W. sich so, da die fremdenfeindliche Aussage für sie eine Strategie ist, ein Bedürfnis erfüllen zu wollen
- FK kann mit gezielter GfK den Grund für ihre Aussage herausfinden
- Beobachten: Frau W. fühlt sich aufgrund des Anteils an Menschen mit Migrationshintergrund nicht mehr heimisch in Deutschland und findet es unkorrekt, dass Menschen mit Migrationshintergrund beim Spielenachmittag beiwohnen
- nach Gefühlen fragen: besorgt, verärgert (evt. physische Symptome erfragen, da ältere Personen oft Schwierigkeiten haben, Gefühle auszurücken)
- unerfüllte Bedürfnisse: Sicherheit, Verständnis, Zusammenhalt
- direkt rational gegen ihre fremdenfeindliche Aussage zu reagieren, könnte eine Abwehr hervorrufen und wäre nicht im Sinne der GfK
- vielmehr sollte das Ziel sein, dass Frau W. selbst erkennt, dass die diskriminierende Ansicht nur ein Resultat unbefriedigter Bedürfnisse ist
- die FK sollte ehrliches Interesse an ihrer Meinung zeigen, ohne zu werten
- trotzdem, je nachdem wie stark sich die diskriminierende Einstellung äußert, kann die FK authentisch Grenzen setzen, da menschenfeindliche Aussagen nicht in die Profession der Sozialen Arbeit gehören
- es kommt raus, dass Frau W. sich von der Gruppe ausgeschlossen fühlt und eigentlich gerne bei ihnen mitspielen würde, sich jedoch nicht traut nachzufragen, da sie das Gefühl hat, nicht erwünscht zu sein
Quellen
Bendler, Sören/Heise, Sören (2018): Gewaltfreie Kommunikation in der Sozialen Arbeit. Göttingen: Vadenhoeck & Ruprecht Verlag.
Fachverband gewaltfreie Kommunikation e.V. (2018). Online im Internet unter: https://www.fachverband-gfk.org/ (27.12.2018).
Holler, Ingrid (2012): Trainingsbuch Gewaltfreie Kommunikation. Abwechslungsreiche Übungen für Selbststudium, Seminare & Übungsgruppen. Paderborn: Junfermann Verlag.
Ludewig, Katharina (2017): Beziehungskompetenz in sozialen Organisationen. Gewaltfreie Kommunikation für die professionelle Interaktion. Baden-Baden: Tectum Verlag.
Rosenborg, Marshall B. (2013): Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens. Paderborn: Junfernmann Verlag.
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- Anónimo,, 2019, Das Konzept der gewaltfreien Kommunikation in der Altenhilfe, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/535569