Als Donald Trump am 16. Juni 2015 seine Kandidatur als US-Präsident bekannt gab, hatte wohl niemand damit gerechnet, dass er ein ernstzunehmender Kandidat sein könnte. Sein Auftreten, seine Sprache, seine „grap her by the pussy“-Entgleisungen der vergangenen Jahre wogen seine Konkurrenten in trügerische Sicherheit. Die Medien inszenierten ihn als Clown mit Unterhaltungswert, aber übersahen, dass er, mit seiner enormen Medienerfahrung, diese Inszenierung geschickt für sich nutzen konnte. Spiegel Online (2016) schrieb dazu: „Als er sich zum Präsidentschaftskandidaten erklärte, verspotteten sie ihn als Clown, boten ihm aber die ganz große Bühne. Die wusste er zu nutzen, mit Kritik drangen die Medien nun nicht mehr zu seinen Anhängern durch. Längst hatte er sie ja als Mainstream-Medien diffamiert“. Mit stetig wachsender Anhängerschaft und steigenden Wahlprognosen wurde seinen Gegnern immer klarer, dass er nicht nur ein ernstzunehmender Kandidat war, sondern dass ein Sieg immer wahrscheinlicher wurde; was sich schließlich am 8. November 2016 bewahrheitete. Rein formal ist das politische Lager von Donald Trump die Republikaner, auf seinen Wahlkampf hatte das aber wenig Einfluss. Vielmehr wird er als Musterbeispiel populistischer Politiker gesehen. Sein stetiger Aufstieg vom Medien-Clown zum erstzunehmenden Präsidentschaftskandidaten und schlussendlich sein Wahlerfolg werden überwiegend seiner populistischen Rhetorik und seiner spektakulär inszenierten Medienpräsenz zugeschrieben.
Inhalt
1. Einleitung
2. Populismus
2.1. Populismus-Dimensionen nach Wielenga
2.2. Zentrale Konzepte nach Mudde
2.3. Populismus in Amerika
3. Wahlkampfmethode
3.1. Donald Trump als charismatische und mediale Persönlichkeit
3.2. Rede in Phoenix, Arizona
3.3. Rede in Waukesha, Wisconsin
4. Fazit
Literatur
1. Einleitung
Als Donald Trump am 16. Juni 2015 seine Kandidatur als US-Präsident bekannt gab, hatte wohl niemand damit gerechnet, dass er ein ernstzunehmender Kandidat sein könnte. Sein Auftreten, seine Sprache, seine „grap her by the pussy“-Entgleisungen der vergangenen Jahre wogen seine Konkurrenten in trügerische Sicherheit. Die Medien inszenierten ihn als Clown mit Unterhaltungswert, aber übersahen, dass er, mit seiner enormen Medienerfahrung, diese Inszenierung geschickt für sich nutzen konnte. Spiegel Online (2016) schrieb dazu: „Als er sich zum Präsidentschaftskandidaten erklärte, verspotteten sie ihn als Clown, boten ihm aber die ganz große Bühne. Die wusste er zu nutzen, mit Kritik drangen die Medien nun nicht mehr zu seinen Anhängern durch. Längst hatte er sie ja als Mainstream-Medien diffamiert“. Mit stetig wachsender Anhängerschaft und steigenden Wahlprognosen wurde seinen Gegnern immer klarer, dass er nicht nur ein ernstzunehmender Kandidat war, sondern dass ein Sieg immer wahrscheinlicher wurde; was sich schließlich am 8. November 2016 bewahrheitete. Rein formal ist das politische Lager von Donald Trump die Republikaner, auf seinen Wahlkampf hatte das aber wenig Einfluss. Vielmehr wird er als Musterbeispiel populistischer Politiker gesehen. Sein stetiger Aufstieg vom Medien-Clown zum erstzunehmenden Präsidentschaftskandidaten und schlussendlich sein Wahlerfolg werden überwiegend seiner populistischen Rhetorik und seiner spektakulär inszenierten Medienpräsenz zugeschrieben. Obwohl die immense Medienpräsenz sicherlich einen großen Teil zum Erfolg Trumps beigetragen hat, soll der Fokus dieser Arbeit auf den populistischen Aspekten liegen. Ich möchte untersuchen, inwieweit populistische Rhetorik und Elemente im US-Wahlkampf 2016 zum Tragen gekommen sind. Zu diesem Zweck möchte ich nachfolgend zwei Wahlkampf-Reden von Donald Trump hinsichtlich ihrer populistischen Elemente untersuchen. Es handelt sich hierbei um die Rede vom 31. August 2016 in Phoenix, Arizona und um die Rede vom 28. September 2016 in Waukesha, Wisconsin. Neben den populistischen Stilmitteln soll auch die Frage berücksichtigt werden, ob sich je nach politischer Vorprägung eines Bundesstaates die Argumentationsstruktur ändert. Wisconsin hatte in der vorherigen Präsidentschaftswahl demokratisch gewählt, wohingegen Arizona bereits republikanisch ausgerichtet war.
Bevor ich jedoch mit der Analyse der Wahlkampf-Reden beginne, will ich den Populismus-Begriff kurz definieren und seine Aspekte und Stilmittel herausarbeiten, die anschließend bei der Analyse der Reden herangezogen werden sollen.
2. Populismus
Populismus, Populisten, populistisch, das sind Begriffe, die aktuell sehr inflationär, sowohl in der Medienlandschaft, als auch im alltäglichen Sprachgebrauch, benutzt werden. Daher ist es wohl gerechtfertigt, wenn man wie Wielenga davon spricht, dass „Populismus per se […] ein ungenauer, schillernder und nebulöser Begriff [ist], bei dem jeder, Laie wie Experte, zu wissen glaubt, was gemeint ist“ (Wielenga, 2011: 7). Im Rahmen dieser Arbeit soll Populismus auf seine Relevanz und Verwendung in der politischen Arena eingegrenzt werden. Fruchtbaren Boden findet Populismus oftmals „als Folge von wie auch immer gearteten Krisenerscheinungen, Umbrüchen und neuen politischen Herausforderungen, nicht als Produkt von stabilen und geordneten Verhältnissen“ (Wielenga, 2011: 9). Das heißt, Populismus mobilisiert „ein Protestpotential, das wahrscheinlich in allen modernen Staaten existiert“ (Lucardie, 2011: 27) und welches durch Spannungen und Frustrationen aus sich zum Nachteil wandelnden Lebenslagen resultiert.
„Im Modernisierungsprozess wandeln Werte sich, meist zuerst in den gesellschaftlichen Oberschichten – der Elite – und erst später in den Mittel- und Unterschichten – also im Volk. Wenn die Oberschichten sichtbar und auf längere Zeit moderne Werte und Verhaltensmuster zur Schau tragen, während die Mittel- und Unterschichten an traditionellen Werten und Brauchtümern festhalten, entsteht ein Potential für populistische Proteste“ (Ebd.).
In der Regel ist Populismus, wenn davon im politischen Diskurs die Rede ist „negativ konnotiert und meint den Vorwurf, der andere rede dem Volk nach dem Munde und schüre latent vorhandene Ängste und Vorurteile“ (Wielenga; 2011: 11). Es gibt allerdings auch sachlichere Einschätzungen, die Populismus als eine Art „Politik-, Interaktions- und Kommunikationsform“ (Ebd.) ansehen und damit einen bestimmten Politikstil meinen.
2.1. Populismus-Dimensionen nach Wielenga
Wielenga (a. a. O.: 12) formuliert vier konstitutive Dimensionen von Populismus:
- Technische Dimension: Populismus vereinfacht, konstruiert einen direkten Gegensatz zwischen einem als homogen konstruierten „Volk“ und dem Establishment.
- Inhaltliche Dimension: Populismus kapriziert sich als eine Art „Antiismus“ mit konkreten Inhalten. Aktuelle sehr beliebt der Antiislamismus, aber auch die üblichen Feindbilder, wie Globalkapitalisten und Sozialschmarotzer (was in den aktuellen Debatten meist synonym für Immigranten/ Flüchtlinge steht).
- Personelle Dimension: Ein eloquenter und schillernder Charismatischer Anführer mach sich häufig zum Sprecher der populistischen Bewegung, zum Anwalt des „Volkwillens“, der in „Robin-Hood-Manier“ gegen das Establishment kämpft.
- Mediale Dimension: Massenmedien, insbesondere aus dem Boulevard, gehen gerne eine symbiotische Beziehung mit dem Populisten ein, mit dem Kalkül von Schlagzeilen.
2.2. Zentrale Konzepte nach Mudde
Cas Mudde (2017: 9) spezifiziert etwas genauer und formuliert drei zentrale Aspekte (core concepts) von Populismus: „the people, the elite, and the general will”.
The People – Das Volk, ist der Dreh und Angelpunkt populistischer Argumentation. Die Tatsache, dass das Volk als eine tatsächlich konkret vorhandene homogenen Gruppe nicht existiert und tatsächlich jeder und niemand gemeint sein kann, macht diesen Begriff als populistisches Werkzeug so wertvoll. „Given that populism has the capacity to frame “the people” in a way that appeals to different constituencies and articulate their demands, it can generate a share identity between different groups and facilitate their support for a common cause” (Ebd.). In diesem Zusammenhang kommen drei Unterscheidungen zum Tragen, die zentral für die populistische Argumentationsweise sind. Das Volk als Souverän, die einfachen Leute und das Volk als Nation.
„The notion of the people as sovereign is based on the modern democratic idea that defines ”the people” not only as the ultimate source of political power, but also as “the rulers”, damit wird eine direkter Bezug auf die amerikanischen Revolution genommen und auf das Zitat von Abraham Lincoln: “a government of the people, by the people, and for the people” (a. a. O.: 10). Was heißen soll, dass die politische Macht in einer Demokratie vom Volk ausgeht.
Die Bezeichnung the common people bezieht sich auf „a broader class concept that combines socioeconomic status with specific cultural traditions and popular values” (Ebd.). Meist wird sie verwendet, um Kritik an der dominanten Kultur, die auf die einfachen Leute herabschaut, zu formulieren. Tatsächlich kommt diese Bezeichnung in populistischen Diskursen sehr häufig vor und wird gezielt instrumentalisiert. „Not only does it attempt to unite an angry and silent majority, but it also tries to mobilize this majority against a defined enemy (e.g., “the establishment”)” (a. a. O.: 11).
Die Betrachtung des Volks als Nation bezieht sich auf eine nationale Gemeinschaft innerhalb bestimmter Grenzen (in Kontext dieser Arbeit, das amerikanische Volk/ die amerikanische Nation). „This implies that all those “native“ to a particular country are included, and that together they form a community with a common life” (Ebd.).
The Elite – Die Elite, ist im populistischen Weltbild das personifizierte Übel. Damit ist nicht nur das sogenannte politische Establishment gemeint, „but they also critique the economic elite, the cultural elite, and the media elite” (Ebd.). Zusammengenommen werden diese Eliten als eine homogene Gruppe dargestellt, „that works against the “general will“ oft he people“ (a. a. O.: 12). Damit wird eine moralische Trennung hergestellt „between the pure people and the corrupt elite“ (a. a. O.:11).
Da Eliten in der Regel über Macht definiert werden, ist es für Populisten notwendig sich selbst von diesen Eliten abzugrenzen und Macht nicht allein als politikbezogene Macht zu definieren, sondern als eine allgemeinere, diffusere Kraft. „Essential to their argument is that the real power does not lie with the democratically elected leaders, i.e., the populists, but with some shadowy forces that continue to hold on to illegitimate powers to undermine the voice of the people” (a. a. O.:12). Auf diese Weise wird sichergestellt, dass, einmal gewählt, man selbst nicht als Teil dieser abgelehnten Elite wahrgenommen wird.
Zwei zentrale Argumente gegen die Eliten sind, dass sie (1) eine künstliche Kluft zwischen Arm und Reich kreieren „to undermine “the people“ and keep “the elite“ in power“ (a. a. O.: 13); und (2), dass sie untereinander “gemeinsame Sache“ machen und eigene Interessen (special interests) verfolgen, ungeachtet der Interessen und Bedürfnisse des Volkes. „[T]he politcal elite are in cahoots with the economic elite, and putting “special interests” above the “general interests” of the people. […] [B]ig business, through its political cronies in Congress, corrupts the free market through protective legislation, killing competition and stifling small businesses” (Ebd.). Auf diese Weise wird ein Feindbild erstellt von einer korrupten Elite, die auf Kosten der kleinen Leute sich rücksichtslos bereichert und dabei nicht nur eben diese, sondern gleichzeitig auch das eigene Land verrät und verkauft.
General Will – Volkswille. Dieses Konzept geht auf die Ideen des Genfer Schriftstellers, Philosophen und Aufklärers Jean-Jacques Rousseau. Rousseau unterschied „between the general will (volonté générale) and the will of all (volonté de tous)” (a. a. O.: 16). Unter volonté general verstand Rousseau den allgemeinen Willen des Volkes und bezog sich damit auf die „capacity of the people to join together into a community and legislate to enforce their common interests” (Ebd.). Beim volonté de tous hatte er die Summe von Einzelinteressen im Sinn, „the simple sum of particular interests at a specific moment in time” (Ebd.). Die Berufung auf einen general will impliziert, dass zwei getrennte Gruppen mit zuwiderlaufenden Interessen existieren und bestärkt so zusätzlich das Feindbild der korrupten Elite.
Zusätzlich zu den korrupten Eliten kreieren Populisten häufig weitere Feindbilder, auf die sich die Wut und Frustration des Volkes projizieren lässt. Es sind sogenannte „“outgroups“ (meist Immigranten) die als Sündenbock dienen und gegen die sie das Volk mobilisieren können, ohne die Eliten immer direkt angreifen zu müssen“ (Lucardie, 2011: 21).
2.3. Populismus in Amerika
In den USA wird der Populismus, anders als in Europa, nicht automatisch mit Rechtsradikalität assoziiert; vielmehr kann er dort durch seine Entstehungsgeschichte in Verbindung mit der Farmerbewegung der 1870er Jahre in Texas und der Gründung der People´s Party 1890, leichter eine Brücke zum american dream schlagen und der damit verbundenen Werte und Einstellungen in der “einfachen“ Bevölkerung. Nichtsdestotrotz sind es aber dieselben populistischen Grundideen und Stilmittel, die unter 2.1. und 2.2. genannt wurden, die auch hier zum Einsatz kommen.
Farmers´Alliance und People´s Party wiesen die wesentlichen Merkmale poplistischer Bewegungen auf und konnten so das Potenzial der durch Modernisierungsprozesse getroffenen Farmer gut ansprechen: Bei ihnen findet sich zunächst das typische idealisierte Volksverständnis, die Beschwörung des „common man“ und des hart arbeitenden Farmers. […] Den „einfachen Leuten“ im Süden und Mittleren Westen wurde ein Zerrbild der wirtschaftlichen und politischen Eliten an der Ostküste der USA entgegengesetzt: Der Wallstreet gehört das Land; die einfachen Leute in diesem Land sind Sklaven, die Monopole sind die Herren. [...] Diese Redner waren im Übrigen typisch für Partei und Bewegung, rhetorisch begabt und mit charismatischen Qualitäten ausgestattet“ (Spier, : 41).
Zusammenfassend können also folgende populistische Merkmale genannt werden: Eine Charismatische Führerähnliche Persönlichkeit, die redegewandt und überzeugend ist; Reduktion komplexer Problemlagen und Angebot vermeintlich einfacher Lösungen; Stilisierung “des einfachen Volkes“ und Demonisierung „der korrupten Eliten“; Identifizierung sogenannter Sündenböcke; Konstruierung einer Wir/Die-Mentalität; Gegenüberstellung von general will und special interests; Eigene Positionierung als Held und Heilsbringer; gezielte Mediennutzung. In der folgenden Analyse werde ich die Wahlkampf-Reden in Arizona und Wisconsin auf diese genannten Merkmale hin untersuchen. Zuvor soll aber noch ein kurzer Blick auf das charismatische Potenzial von Donald Trump und seine Medienpräsenz geworfen werden.
3. Wahlkampfmethoden
3.1. Donald Trump als charismatische und mediale Persönlichkeit
Die Antwort darauf, ob Donald Trump den Kriterien charismatischer Herrschaft nach Weber genügt oder gar dem Vergleich mit Hitler standhält, würde wohl den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Zweifellos ist er eine Art Celebrity, der durch seine populäre Fernsehshow The Apprentice selbst in den USA einen sehr populären Status erreicht hat. „The Apprentice premiered in January 2004, and after six seasons, a new format was introduced. The Celebrity Apprentice” (Kellner, 2016: 7). Das heißt, seit etwa vierzehn Jahren ist er ein bekanntes Gesicht im US-Fernsehen. Durch seine konstante “kauzige“ und egozentrische Art und seine unzensiertes Mundwerkt hat er sich zumindest als auffallenden Persönlichkeit etabliert. „In any case, The Apprentice mad Trump a national celebrity who became well-known enough to run for president and throughout the campaign Trump hat used his celebrity to gain media time” (Ebd.). Seine Art sich als self-made-man zu verkaufen, seine an Ignoranz grenzende Weltsicht und sein Immun-sein gegen jegliche Kritik zelebriert er schmerfrei und öffentlich, was ihn sicherlich zu einer aus der homogenen Politikermasse herausragenden, auf seine Art charismatischen, Persönlichkeit macht.
Die gezielte Mediennutzung ist ein zentrales Steckenpferd in Trumps Wahlkampf. „Indeed, Trump is the first reality-TV candidate who runs his campaign like a reality-TV series, boasting during the most chaotic episodes in his campaign that his rallies are the most entertaining, and sending outrageous Tweets into the Twitter-sphere which than dominate the news cycle” (a. a. O.: 6). “Trump may be the first major Twitter candidate, and certainly he is the one using it most aggressively and frequently” […] Trump is mastering new media as well as dominating television and old media through his orchestration of media events as spectacles and daily Twitter Feed” (a. a. O.: 9).
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- Quote paper
- Anonymous,, 2018, America first. Sitzt ein Populist im Weißen Haus?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/535309
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