m Auftrag an die Sächsische Hochschulentwicklungskommission aus dem Jahr 1999 wird der „starke Verlust an innovationsfreudigen und unternehmerisch begabten Menschen“ beklagt und mit der vergangenen SED-Herrschaft begründet (vgl. Weiler u.a. 2001, S.6) Der Auftrag wird sich damit einer gesellschaftlichen Erscheinung bewusst, die infolge der Sozialisation der breiten Bevölkerung durch ein Netzwerk staatlicher Institutionen entstanden ist, die sich durch Eigenschaften auszeichneten, auf die Innovationsfreude und unternehmerische Begabung einschränkende Wirkungen gehabt zu haben. Elf Jahre nach dem Fall der SED-Herrschaft konstatiert der Bericht der Kommission im ersten Kapitel den Umstand knapper staatlicher Ressourcen bei einer gleichzeitig wachsenden Nachfrage nach höherer Bildung und eröffnet unter dem Titel „Herausforderungen für die Hochschule von morgen“ mit der Feststellung einer sich verschärfenden Konkurrenz um „Wissenschaftler, wissenschaftlichen Nachwuchs und Mittel“ und der zukünftigen Entwicklung einer weiteren Differenzierung der wissenschaftlichen und didaktischen Ziele. Als in Frage kommenden Weg, die Herausforderungen zu bestehen, wird unter anderem die Reform der Auswahl- und Zulassungsverfahren ins Blickfeld gerückt. Die „Auswahl der Studierenden“ durch die Hochschule wird in Erwägung gezogen. Zudem wird die Notwendigkeit der Befriedigung eines lebenslangen, berufsbegleitenden Qualifizierungsbedarfs identifiziert, für den die Hochschulen „einen [...] Ausbildungssektor zu entwickeln“ haben. (vgl. a.a.O., S.4f)
In einem solchen Mangel an innovativen Menschen bei einer gleichzeitig expandierenden Bildungsnachfrage kommen zwei Phänomene zum Ausdruck, die sich unter Umständen bedingen. Da die Ausgangslage den Lebenslauf gestaltenden Institutionen angelastet wird, stellt sich die Frage, ob die kommende institutionelle Struktur tatsächlich eine Verbesserung verspricht oder das beschriebene Problem der Ausgangslage einfach ein systemimmanentes Phänomen institutioneller Bildung ist, das zu reproduzieren man in der institutionalisierten Bildung ständig Gefahr läuft.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Bildung wird zur Ware im Tausch gegen gesellschaftliche Positionen
- Die Erhöhung der Bildungsnachfrage fördert Halbbildung
- Die Entfremdung von Lehrinhalt und —form kann als Folge der Institutionalisierung der Halbbildung gesehen werden
- Die Soziale Herkunft entscheidet über das Bildungsverhalten und den Erfolg
- Die Unterschiede sozialer Herkunft
- Die Wertorientierung bestimmt die Lebensentscheidung für Bildung
- Der Einfluß der Eltern auf die Laufbahnentwicklung
- Konklusion
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Lähmung der Innovationsfähigkeit durch die Institutionalisierung von Bildung. Sie analysiert, wie die zunehmende Bildungsnachfrage und die damit einhergehende Bildungsexpansion zu einer Warenform von Bildung führen, die Adorno als Halbbildung bezeichnet. Die Arbeit beleuchtet den Einfluss der sozialen Herkunft auf das Bildungsverhalten und den Erfolg von Jugendlichen, wobei sie die Rolle der familialen Sozialisation und der schichtspezifischen Wertorientierungen hervorhebt.
- Die Entstehung und Verbreitung der Halbbildung nach Adorno
- Der Einfluss der Bildungsnachfrage auf die Bildungsexpansion und die Entstehung von Halbbildung
- Die Entfremdung von Lehrinhalt und -form als Folge der Institutionalisierung von Bildung
- Die Bedeutung der sozialen Herkunft für das Bildungsverhalten und den Erfolg von Jugendlichen
- Die Rolle der familialen Sozialisation und der schichtspezifischen Wertorientierungen bei der Reproduktion sozialer Ungleichheit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Auftrag der Sächsischen Hochschulentwicklungskommission vor, der den Verlust an innovationsfreudigen Menschen beklagt. Die Arbeit untersucht, ob die Institutionalisierung von Bildung diese Erscheinung verschärft oder ob es sich um ein systemimmanentes Phänomen handelt.
Kapitel 2.1 befasst sich mit Adornos Theorie der Halbbildung. Bildung wird als Tauschmittel dargestellt, das gegen gesellschaftliche Positionen eingetauscht werden kann. Die Halbbildung ist durch Entfremdung von den Inhalten, Verlust der Fähigkeit zur Innovation und Autonomie sowie durch ein Denken in bildungshierarchischen Klassen gekennzeichnet.
Kapitel 2.2 analysiert die steigende Bildungsnachfrage im 19. und 20. Jahrhundert. Lutz argumentiert, dass die Bildungsnachfrage zu einer Bildungsexpansion führt, die wiederum eine stärkere Differenzierung des Bildungsangebots und der Berufswelt mit sich bringt. Die Bildungsexpansion führt zur Verbreitung der Halbbildung und des halbgebildeten Sozialcharakters.
Kapitel 2.3 untersucht die Entfremdung von Lehrinhalt und -form als Folge der Institutionalisierung von Bildung. Die Schule wird als Pflichtinstitution dargestellt, die den Jugendlichen als entfremdet erscheint und die Möglichkeit zu selbstgesteuertem Handeln einschränkt. Die Verlängerung der Jugendphase durch Bildung wird als ein Ausdruck dieser Entfremdung betrachtet.
Kapitel 3.1 analysiert die Unterschiede sozialer Herkunft und ihre Auswirkungen auf das Bildungsverhalten. Fuchs-Heinritz und Hradil entwickeln eine Typologie verschiedener sozio-kultureller Milieus, die mit unterschiedlichen Handlungsorientierungen verbunden sind. Die Arbeit zeigt, wie die soziale Herkunft die Bildungsbeteiligung und den Schulerfolg beeinflusst.
Kapitel 3.2 untersucht die Bedeutung der Wertorientierung für die Lebensentscheidung für Bildung. Die Arbeit zeigt, wie die Verlängerung der Jugendphase durch Bildung in Konflikt mit der Familienorientierung im Arbeitermilieu geraten kann. Die Aufstiegsorientierung in anderen Milieus führt hingegen zu einem konstruktiven Umgang mit den Möglichkeiten höherer Bildung.
Kapitel 3.3 analysiert den Einfluss der Eltern auf die Laufbahnentwicklung von Kindern. Gerstenmaier beschreibt die Funktionen der familialen Sozialisation und ihren Einfluss auf den schulischen Erfolg. Die Arbeit zeigt, wie die soziale Herkunft die Aspirationen der Kinder prägt und wie diese wiederum den Bildungserfolg und den Berufserfolg beeinflussen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Institutionalisierung von Bildung, Halbbildung nach Adorno, Bildungsnachfrage, Bildungsexpansion, soziale Herkunft, Bildungsverhalten, Schulerfolg, familiäre Sozialisation, schichtspezifische Wertorientierungen, Reproduktion sozialer Ungleichheit, Innovationsfähigkeit, Autonomie, Entfremdung, Jugendphase, psychosoziales Moratorium, Lebenslaufsforschung, Erziehungssoziologie, Milieustudien, Kulturelles Kapital, Sozio-kulturelle Milieus, Aufstiegsorientierung, Familienorientierung, Selektion, Integration, Qualifikation, Hochschulwesen, Leistungsnachweise, Hochschulentwicklungskommission.
- Quote paper
- Florian Dieckmann (Author), 2002, Die Lähmung der Innovationsfähigkeit durch die Institutionalisierung von Bildung., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5352
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