„Krafttraining im Schwimmen“ ist ein viel diskutiertes Thema, zu dem ganz gegensätzliche Positionen in der Wissenschaft und Trainingspraxis bestanden haben. Beispielsweise war Krafttraining, genauer: die Steigerung der Maximalkraft durch Krafttraining an Trainingsgeräten an Land, in den 1950er Jahren verpönt, weil man annahm, dass die zusätzliche Muskelmasse die für das Schwimmen unerlässliche Beweglichkeit v.a. in den Schultergelenken einschränke. Diese Meinung wurde allerdings in den folgenden Jahren durch Studien widerlegt. Der Trend schlug in den 1970ern um und v.a. bei Kurzstreckenschwimmern wurde zusätzliche Muskelmasse antrainiert, um eine möglichst hohe Maximalkraft und eine damit vermeintlich höhere Schwimmgeschwindigkeit zu erreichen.
-Übersicht-
1. Einleitung
2. Kraft: Definitionen, Arbeitsweisen, Erscheinungsformen
2.1 Kraft im physikalischen und biologischen Sinn
2.2 Arbeitsweisen des Muskels und Erscheinungsformen der Kraftfähigkeit
2.3 Strukturierung des Kraftverhaltens im Schwimmen bei Startsprung, Schwimmen und Wenden
2.4. Methoden zur Bestimmung der belasteten Muskulatur
3. Studien am IfSS Freiburg zum Krafttraining im Schwimmen
3.1. „Der Einfluss von Maximalkrafttraining auf die Sprintleistung des Wettkampfschwimmers“
3.2. „Schnellkraftniveau und neuromuskuläre Aktivität der Arm-Schulter- Muskulatur bei Sprintschwimmern unterschiedlicher Leistungsstärke“
4. Schwimmspezifische Kraftdiagnostik und Krafttests
4.1. Tests an Land
4.2. Tests im Wasser
5. Krafttrainingsmethodik im Schwimmen
5.1. Die Gestaltung des Krafttrainings (Allgemeine Trainingslehre)
5.2.Vorschlag eines Krafttrainings zur Vorbereitung der 200-m-Lagen-Strecke (mit Übungsauswahl und Hinweisen zur Bewegungsausführung)
6. Literatur
1. Einleitung
„Krafttraining im Schwimmen“ ist ein viel diskutiertes Thema, zu dem ganz gegensätzliche Positionen in der Wissenschaft und Trainingspraxis bestanden haben. Beispielsweise war Krafttraining, genauer: die Steigerung der Maximalkraft durch Krafttraining an Trainingsgeräten an Land, in den 1950er Jahren verpönt, weil man annahm, dass die zusätzliche Muskelmasse die für das Schwimmen unerlässliche Beweglichkeit v.a. in den Schultergelenken einschränke. Diese Meinung wurde allerdings in den folgenden Jahren durch Studien widerlegt. Der Trend schlug in den 1970ern um und v.a. bei Kurzstreckenschwimmern wurde zusätzliche Muskelmasse antrainiert, um eine möglichst hohe Maximalkraft und eine damit vermeintlich höhere Schwimmgeschwindigkeit zu erreichen.
Wenn auch heute noch kein vollständiger Konsens über die Bedeutung von Krafttraining im Schwimmsport besteht, so sind zumindest folgende Punkte allgemein anerkannt (vgl. Wilke, Madsen 1988, 165):
Je kürzer die Schwimmdistanz ist, desto größer ist der Widerstand, den es bei
einer einzelnen Armbewegung zu überwinden gilt; desto wichtiger wird Maximalkraft im Vergleich zu anderen Kraftfähigkeiten wie z.B. Kraftausdauer.
Je größer der prozentuale Kraftaufwand des Schwimmers pro Armzug im Verhältnis zu seiner verfügbaren Maximalkraft ist, desto bedeutsamer wird die Zunahme der Maximalkraft für seine schwimmerische Leistung.
Selbst für den Langstreckenschwimmer macht Maximalkrafttraining bis zu einem gewissen Grad Sinn, denn: je höher die Qualifikation, desto größer die Schwimmgeschwindigkeit, desto größer der Wasserwiderstand.
Maximalkraft und Kraftausdauer sind nicht die einzigen Kraftformen, die beim Schwimmen auftreten. V.a. bei Starts und Wenden spielen Schnellkraft und Explosivkraft eine bedeutende Rolle. Auch hier gilt: je kürzer die Schwimmdistanz, desto größer der zeitliche Anteil der Teilphasen an der gesamten Wettkampfzeit, desto wichtiger diese Schnellkraftfähigkeiten.
Um einen geeigneten Trainingsplan eines schwimmspezifischen Krafttrainings zu
erstellen, müssen folgende Fragestellungen berücksichtigt werden:
- Welche Arbeitsweisen des Muskels und welche Kraftformen treten beim
- Schwimmen über welche Distanzen auf?
- Welche Kraftformen sind für Startsprung und Wende erforderlich?
- Welche Muskelgruppen sorgen für Vortrieb und sollten deshalb trainiert werden?
- Gibt es diesbezüglich Unterschiede bei den verschiedenen Schwimmdisziplinen und falls ja, wie sehen diese aus?
- Diese Fragen werden unter Punkt 2 diskutiert.
Punkt 3 fasst zwei Studien zum Themengebiet „Maximalkraft und Sprintleistung“ sowie „Schnellkraftniveau und neuromuskuläre Aktivität“ zusammen, die hier am IfSS Freiburg durchgeführt wurden.
Punkt 4 befasst sich mit Kraftdiagnostik, d.h. mit Verfahren zur Erfassung der momentanen (schwimmerischen) Kraftfähigkeiten, sowohl an Land als auch im Wasser.
Unter Punkt 5 möchten wir zuerst noch einmal kurz auf allgemeine Erkenntnisse des Krafttrainings in der Trainingslehre eingehen: Welche Methoden gibt es? In welcher Abfolge sollten diese trainiert werden? Welche Trainingsmethode ist für die jeweiligen Schwimmdistanz angebracht? Was bedeutet funktionales Krafttraining?
Zum Abschluss möchten wir schließlich eine Trainingseinheit zur Vorbereitung auf die 200m Lagen-Strecke unter Beachtung der zuvor erarbeiteten schwimmspezifischen Anforderungen vorschlagen.
2. Kraft: Definitionen, Arbeitsweisen, Erscheinungsformen
2.1. Kraft im physikalischen und biologischen Sinn
Kraft im physikalischen Sinn ist definiert als: F = m * a
Kraft ist gleich Masse (in kg) multipliziert mit Beschleunigung (in m/s2).
Für das Schwimmen gilt also: die gegen den Wasserwiderstand aufzubringende (Vortriebs-) Kraft ist das Produkt aus zu beschleunigender Masse (der Körper des Schwimmers oder der Schwimmerin) und der erbrachten Beschleunigung durch Muskelarbeit.
Kraft im biologischen Sinn ist definiert als
„die Fähigkeit des Nerv-Muskelsystems, durch Innervations- und Stoffwechselprozesse mit Muskelkontraktionen Widerstände zu überwinden, ihnen entgegenzuwirken bzw. sie zu halten“ (Grosser et al, 2001, 40).
Auf das Schwimmen bezogen ist Kraft in erster Linie die Fähigkeit, den Wasserwiderstand zu überwinden und ihm entgegenzuwirken.
2.2. Arbeitsweisen des Muskels und Erscheinungsformen der Kraftfähigkeit
Folgende Arbeitsweisen des Muskels werden unterschieden:
- konzentrische, überwindende Arbeit
- exzentrische, nachgebende Arbeit
- statische, haltende Arbeit
- dynamische Arbeit
- kombinierte Arbeit
Kraft kann ihrer Erscheinungsform nach wie folgt unterteilt werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Die Erscheinungsformen der Kraft
Wie Tabelle 1 (aus Grosser et al, 2001, 41) zeigt, sind Schnellkraft, Reaktivkraft und Kraftausdauer als Subkategorien der Maximalkraft zu verstehen, d.h. sie sind in ihrer Ausprägung stark von der Maximalkraft abhängig (vgl. Grosser et al, 2001, 41).Dies gilt es in der Trainingsmethodik zu beachten, indem beispielsweise zuerst ein bestimmtes Maximalkraftniveau erarbeitet wird bevor die o.g. subkategorialen Kraftarten trainiert werden.
Die einzelnen Haupt-Erscheinungsformen werden folgendermaßen definiert:
Maximalkraft:
„Die Maximalkraft ist die höchstmögliche Kraft, die willkürlich gegen einen unüberwindlichen Widerstand erzeugt werden kann“ (Grosser et al 2001, 42)
Schnellkraft:
„ Schnellkraft wird als die Fähigkeit des neuromuskulären Systems definiert, in der zur Verfügung stehenden Zeit einen möglichst großen Impuls zu erzeugen“ (ebd. 2001, 43)
Reaktivkraft:
„Reaktivkraft [ist] die exzentrisch- konzentrische Schnellkraft bei kürzest möglicher Kopplung ( <200 ms) beider Arbeitsphasen, also in einem Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus.“ (ebd.2001, 44)
Kraftausdauer:
Grosser, Starischka und Zimmermann unterscheiden zwei Kraftausdauerarten:
1. „Dynamische Kraftausdauer ist die Fähigkeit, bei einer bestimmten Wiederholungs-zahl von Kraftstößen (= Kraft mal Zeit) innerhalb eines definierten Zeitraums die Verringerung der Kräftstöße möglichst gering zu halten“ (Grosser et al, 2001, 44 nach Martin et al 1991, 109)
2. „ Statische Kraftausdauer ist die Fähigkeit der Muskulatur, einen bestimmten Kraftwert über eine definierte Anspannungszeit möglichst ohne Spannungsverlust zu halten.“ (Grosser et al, 2001, 44).
Welche Rolle spielen nun diese einzelnen Fähigkeiten in den jeweiligen Wettkampfphasen und sollten deshalb auch trainiert werden?
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- Arbeit zitieren
- Robert Mattes (Autor:in), Christian Dunke (Autor:in), 2005, Krafttraining im Schwimmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53448
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