Geschichte des Strafvollzuges vom Altertum bis 1871 unter Einschluss der Entwicklung in England, Irland und den USA
I. Frühformen der Freiheitsentziehung
1. Altertum
Die Ansätze des Gefängniswesens lassen sich schon im Altertum feststellen. Die Inhaftierung diente nicht dem Vollzug einer normierten zeitlichen Strafe, sondern primär zur Aufbewahrung des Täters bis zu dessen Aburteilung oder Hinrichtung. Manchmal sollte sie auch nur sicherstellen, dass Geldforderungen bzw. Schulden beglichen werden konnten. Das Schwergewicht der Strafen lag aber auf den Leibes- und Lebensstrafen. Diese dienten der Vergeltung der Tat sowie Abschreckung und Unschädlichmachung des Täters. Die Haft war im Wesentlichen eine Untersuchungs- bzw. Schuldhaft; die eigentliche Freiheitsstrafe war dagegen nur eine abgewandelte Form der Leibesstrafe, wobei der Gefangene noch besonders gequält wurde. Es gab verschiedene einfache Einrichtungen, die man als Urformen des Gefängnisses ansehen kann. Vor allem waren es Gruben und ehemalige Brunnen, nach deren Muster noch bis ins Mittelalter einige Gefängnisse gebaut wurden (z.B. das Kölner Petersloch, das Nürnberger Lochgefängnis).
2. Spätantike und Mittelalter
Die Zeit der Spätantike und des Mittelalters war geprägt durch den wachsenden Einfluss der Kirche auf das Strafrecht und den Strafvollzug. Es ist zu unterscheiden zwischen dem kirchlichen Strafvollzug und dem staatlichen.
a. Kirchlicher Strafvollzug
In den ersten Jahrhunderten nach dem Zerfall des Weströmischen Reiches bestimmt wesentlich die Kirche Strafrecht und Strafvollzug. Mit dem Aufbau staatlicher Gewalt seit dem 9. Jh. hat sie zwar einen Teil ihrer weltlichen Strafgewalt an die Staatsgewalt abgeben müssen, sie ist aber in den nachfolgenden Jahrhunderten des Mittelalters für ihren eigenen Lebensbereich noch verantwortlich für Strafrecht und Strafvollzug. Ferner übt sie indirekt noch starken Einfluss auf die staatliche Rechtspflege aus. Sie ist somit auch für den weltlichen Bereich prägend, was Strafpraxis anbelangt. Die Kirche hat die negativen Seiten der Rechtspflege wesentlich bestimmt, allerdings auch schon früh positive Ansätze gezeigt. Reformideen sind zuerst im kirchlichen Bereich aufgekommen, so z.B. der erste Besserungsgedanke im Rahmen der Strafhaft.
Gliederung
I. Frühformen der Freiheitsentziehung
1. Altertum
2. Spätantike und Mittelalter
a. Kirchlicher Strafvollzug
aa. Klostergefängnis
bb. Gefängnis für Geistliche
cc. Das kirchliche Gefängnis für Laien
b. Staatlicher Strafvollzug
II. Freiheitsentzug in der Neuzeit
1. Der Beginn der modernen Freiheitsstrafe
2. Rückschläge in der Entwicklung des Freiheitsentzuges
3. Erneute Reformen des Vollzugswesens
4. Nordamerikanische Vollzugssysteme
a. Das Pennsylvanische System
b. Das Auburnsche System
5. Englisches Progressivsystem
6. Irisches System
7. Entwicklung in den deutschen Partikularstaaten
III. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
I. Frühformen der Freiheitsentziehung
1. Altertum
Die Ansätze des Gefängniswesens lassen sich schon im Altertum feststellen. Die Inhaftierung diente nicht dem Vollzug einer normierten zeitlichen Strafe, sondern primär zur Aufbewahrung des Täters bis zu dessen Aburteilung oder Hinrichtung. Manchmal sollte sie auch nur sicherstellen, dass Geldforderungen bzw. Schulden beglichen werden konnten. Das Schwergewicht der Strafen lag aber auf den Leibes- und Lebensstrafen. Diese dienten der Vergeltung der Tat sowie Abschreckung und Unschädlichmachung des Täters.[1] Die Haft war im Wesentlichen eine Untersuchungs- bzw. Schuldhaft; die eigentliche Freiheitsstrafe war dagegen nur eine abgewandelte Form der Leibesstrafe, wobei der Gefangene noch besonders gequält wurde. Es gab verschiedene einfache Einrichtungen, die man als Urformen des Gefängnisses ansehen kann. Vor allem waren es Gruben und ehemalige Brunnen, nach deren Muster noch bis ins Mittelalter einige Gefängnisse gebaut wurden (z.B. das Kölner Petersloch, das Nürnberger Lochgefängnis).[2]
2. Spätantike und Mittelalter
Die Zeit der Spätantike und des Mittelalters war geprägt durch den wachsenden Einfluss der Kirche auf das Strafrecht und den Strafvollzug. Es ist zu unterscheiden zwischen dem kirchlichen Strafvollzug und dem staatlichen.
a. Kirchlicher Strafvollzug
In den ersten Jahrhunderten nach dem Zerfall des Weströmischen Reiches bestimmt wesentlich die Kirche Strafrecht und Strafvollzug. Mit dem Aufbau staatlicher Gewalt seit dem 9. Jh. hat sie zwar einen Teil ihrer weltlichen Strafgewalt an die Staatsgewalt abgeben müssen, sie ist aber in den nachfolgenden Jahrhunderten des Mittelalters für ihren eigenen Lebensbereich noch verantwortlich für Strafrecht und Strafvollzug. Ferner übt sie indirekt noch starken Einfluss auf die staatliche Rechtspflege aus. Sie ist somit auch für den weltlichen Bereich prägend, was Strafpraxis anbelangt. Die Kirche hat die negativen Seiten der Rechtspflege wesentlich bestimmt, allerdings auch schon früh positive Ansätze gezeigt. Reformideen sind zuerst im kirchlichen Bereich aufgekommen, so z.B. der erste Besserungsgedanke im Rahmen der Strafhaft. Diese Reformen hatten jedoch relativ wenig Einfluss auf die Strafpraxis und es überwogen bei weitem die negativen Seiten.[3]
Die kirchliche Strafvollzugspraxis könnte in drei Abschnitte unterteilt werden. Dies waren das Klostergefängnis, Gefängnis für Geistliche und das kirchliche Gefängnis für Laien.
aa. Klostergefängnis
Ins Klostergefängnis wurden „unsittliche“ Mönche und Nonnen eingesperrt. Der Zweck sollte darin bestehen, die Gefangenen durch Buße zu bessern. Bei leichten Vergehen wurden die Mönche in ihren Zellen eingesperrt, meistens jedoch im unterirdischen Verlies, ohne Türen und Fenster, in das man über eine Leiter hinabstieg. Die Gefangenen wurden auch gefesselt. Strafen waren vor allem die körperliche Züchtigung und eine Wasser-und-Brot-Ernährung.
bb. Gefängnis für Geistliche
Neben den Klostergefängnissen gab es auch entsprechende Gefängnisse für Geistliche. Zwar wurden diese besser behandelt als die Inhaftierten der Klostergefängnisse doch war auch gegen Geistliche Körperstrafe üblich.[4]
cc. Das kirchliche Gefängnis für Laien
Aufgrund des kirchlichen Einflusses hatte die Kirche Strafgewalt nicht nur über Klosterinsassen und Geistliche sondern auch über die Laien, d.h. über die Bevölkerung. In den ersten Jahrhunderten des nachchristlichen Jahrtausends bis zur Erstarkung der weltlichen Staatsgewalt hatte die Kirche sogar die ausschließliche Strafgewalt in einigen Regionen. Denn die weltlichen Vergehen bedeuteten gleichzeitig auch Sünde im kirchlichen Sinne.
b. Staatlicher Strafvollzug
Vom 13. Jh. an fand der Gedanke der Freiheitsstrafe allmählich Eingang in verschiedene Stadtrechte. Der Freiheitsstrafe fehlte jedoch jeder Erziehungsgedanke, auch diente sie vorwiegend nicht als eigene Strafe, sondern als Milderung der Todesstrafe sowie als Alternative zu einer Geldstrafe, wenn der Täter insolvent war.[5] Die Freiheitsstrafe spielte gegenüber dem noch vorherrschenden System von Leibes- und Lebensstrafen eine untergeordnete Rolle.[6] Der Vollzug der Freiheitsstrafe geschah in Stadttürmen, Rathauskellern und Burgverliesen, oft unter unmenschlichen Bedingungen. Der Gefangene litt bei Dunkelheit, Kälte und Hunger körperliche Qualen. Die Wirkung solch einer Freiheitsstrafe glich einer Leibesstrafe.[7] Die Peinliche Gerichtsordnung Karls V. von 1532 (das erste Reichsstrafgesetzbuch) führte dann die Gefängnisstrafe als eigenständige regelmäßige Sanktion neben Leibes- und Lebensstrafen ein.
II. Freiheitsentzug in der Neuzeit
1. Der Beginn der modernen Freiheitsstrafe
Der Beginn der modernen Freiheitsstrafe wird auf Mitte bis Ende des 16. Jh. datiert. Sie beruhte auf mehreren Einflüssen: religiöses Besinnen, verstärkte Armenfürsorge, bedingt durch die starke Betroffenheit von Kindern und Jugendlichen und die veränderte Einstellung gegenüber Bettlern und Vagabunden einerseits, sowie wirtschaftliche Gründe, ein verstärktes gesellschaftliches Bedürfnis nach Sozialdisziplinierung und Kontrolle und die Entstehung des modernen Staates andererseits. Das Anschwellen des Bettler- und Vagabundenwesens war bedingt in ganz Europa vor allem durch die Folgen der Kreuzzüge. Nach deren Beendigung tauchten nämlich in fast allen europäischen Staaten Horden der ehemaligen Kriegsleute auf, die als Vagabunden, Diebe und Bettler zu einer wahren Landplage wurden.[8]
Der Hauptzweck der Freiheitsstrafe lag nicht mehr wie bei den früheren Freiheitsstrafen in der Vergeltung für begangenes Unrecht, Abschreckung und Unschädlichmachung. Vielmehr verfolgte man jetzt Ziele der Besserung und Resozialisierung der Straftäter.[9]
[...]
[1] Eisenhardt, Strafvollzug, S. 12.
[2] Solbach, Einführung in das Strafvollzugsrecht, S. 32.
[3] Eisenhardt, Strafvollzug, S. 19.
[4] Eisenhardt, Strafvollzug, S. 23, 24.
[5] Kaiser/Schöch, Strafvollzug, § 2 Rn. 2.
[6] Laubenthal, Strafvollzug, Rn. 75.
[7] Solbach, Einführung in das Strafvollzugsrecht, S. 33.
[8] Schwind/Blau, Strafvollzug in der Praxis, S. 4.
[9] Kaiser/Schöch, Strafvollzug, § 2 Rn. 3.
- Citar trabajo
- Jewgenij Gamal (Autor), 2005, Geschichte des Strafvollzuges vom Altertum bis 1871 unter Einschluss der Entwicklung in England, Irland und den USA, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53269
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