Diese Hausarbeit möchte einen Überblick über die Theorie des Vertrages bei Thomas Hobbes geben und sich der Frage stellen, wie Thomas Hobbes politische Ordnung und Herrschaft begründet und legitimiert und welche Kritik man der Vertragstheorie entgegen stellen kann. Im Folgenden soll zunächst das Hauptwerk „Der Leviathan“ untersucht werden, um die Grundgedanken des Vertrages bei Hobbes darzustellen. Dabei soll zunächst der Naturzustand, später der Gesellschaftsvertrag schließlich der Souverän betrachtet werden. Im zweiten Schritt soll die Kritik der Vertragstheorie durch David Hume behandelt werden, um Kriterien für eine grundlegende Kritik an der Vertragstheorie aufzuzeigen. Im Schlussteil sollen die beiden Positionen von Hobbes und Hume anhand ausgewählter Kriterien kritisch verglichen und die vertragstheoretischen Begründungsmodelle auf ihre Chancen beurteilt werden.
Gliederung:
1. Einleitung
2. Der Leviathan
Der Naturzustand bei Hobbes
Bildung eines politischen Körpers durch einen Vertrag
Der Souverän
3. Die Kritik David Humes an der Vertragstheorie Hobbes
4. Schlussteil
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Thomas Hobbes wurde als Sohn eines Pfarrers 1588 in Malmesbury (England) geboren. Ein wohlhabender Onkel ermöglichte Hobbes später ein Studium der Philosophie und Logik in Oxford, welches er mit dem Abschluss ’Baccalaureus artium’ abschloss. Im Anschluss an sein Studium wurde Hobbes Hauslehrer der adligen Familie Cavendis, „die den Wissenschaften und Künsten gewogen war“[1], wodurch er an mehreren Bildungsreisen auf den Kontinent teilnehmen konnte. Bei diesen ’Grand Tours’ traf Hobbes auf Descartes und Galilei, die ihn und seine Philosophie beeinflussten. Thomas Hobbes begann, vor dem Hintergrund der Puritanischen Revolution 1642 und des damit verbundenen Bürgerkrieges, eine neuartige politische Philosophie zu entwickeln, bei der Herrschaft nun nicht mehr auf göttliche Fügung zurückzuführen war. In seinem im Jahre 1651 erschienenen Hauptwerk „Der Leviathan“ schuf Hobbes ein Konzept, welches die Legitimation und die Begründung politischer Herrschaft über den Naturzustand und den Gesellschaftsvertrag herleitete. Dafür verband Hobbes das in dieser Zeit neue physische Modell der Bewegung von Körpern mit seiner Staatstheorie. Dadurch wurde Thomas Hobbes (1588-1679) zum Begründer der neuzeitlichen Vertragstheorie, welche das Denken der Philosophen und Staatstheoretiker im 17. und 18. Jahrhundert nachhaltig prägte.[2]
Diese Hausarbeit möchte einen Überblick über die Theorie des Vertrages bei Thomas Hobbes geben und sich der Frage stellen, wie Thomas Hobbes politische Ordnung und Herrschaft begründet und legitimiert und welche Kritik man der Vertragstheorie entgegen stellen kann. Im Folgenden soll zunächst das Hauptwerk „Der Leviathan“ untersucht werden, um die Grundgedanken des Vertrages bei Hobbes darzustellen. Dabei soll zunächst der Naturzustand, später der Gesellschaftsvertrag schließlich der Souverän betrachtet werden. Im zweiten Schritt soll die Kritik der Vertragstheorie durch David Hume behandelt werden, um Kriterien für eine grundlegende Kritik an der Vertragstheorie aufzuzeigen. Im Schlussteil sollen die beiden Positionen von Hobbes und Hume anhand ausgewählter Kriterien kritisch verglichen und die vertragstheoretischen Begründungsmodelle auf ihre Chancen beurteilt werden. Die Theorien und Abhandlungen der anderen Vertragstheoretiker, wie zum Beispiel John Locke oder Jean- Jacques Rousseau, werden in dieser Arbeit ausgeklammert und nicht betrachtet.
In der Vertragstheorie ist ein politischer Körper (auch Staat) auf die Zustimmung der Bevölkerung angewiesenen, wodurch der Bezug dieses Themas für die aktuellen politischen Theorien hergestellt wird. In der heutigen Internationalen Politik ist die Zahl der Staaten, in denen im Inneren Konflikte und Bürgerkrieg herrschen, beachtlich. Denn die Überwindung dieses Naturzustandes, wie Hobbes den Bürgerkrieg nennt, ist Bestandteil der Vertragstheorie.
2. Der Leviathan
Thomas Hobbes konstruiert aus seinem mathematischen Verständnis über die Bewegung von Körpern eine politische Theorie des Gesellschaftsvertrages. Dabei verfolgt Hobbes einen strikten Materialismus, bei dem sich die Menschen nach Hobbes in einer stetigen Bewegung befinden, „selbst noch im Ruhezustand [...],denn dieser ist nichts anderes als unendlich kleine Bewegung“[3], und das auf eine Ursache, ebenso wie bei Objekten und Körpern, immer eine Wirkung folgt. Die von Hobbes begründete Vertragstheorie verfolgt einen Argumentationsdreischritt, indem sich die Gesellschaft von einem anarchischen Naturzustand durch einen Vertrag in einen Staat oder politischen Körper umwandelt, den der Autor Leviathan nennt.
„Der große Leviathan (so nennen wir den Staat) ist ein Kunstwerk oder ein künstlicher Mensch – obgleich an Umfang und Kraft weit größer als der natürliche Mensch, welcher dadurch geschützt und glücklich gemacht werden soll.“[4]
Thomas Hobbes entwickelt in dieser konstruktivistischen Theorie den Leviathan zu einem durch Zustimmung und Vertragsschluss begründeten und legitimierten politischen Körper, welcher alle Macht auf sich vereint und unabhängig von Gott besteht. Bevor aber dieser Leviathan die Macht auf sich vereinen kann, muss ein Vertrag geschlossen werden, der die Menschen aus dem Naturzustand befreit.[5]
2.1 Der Naturzustand bei Hobbes
Aus den Erfahrungen Hobbes mit dem Bürgerkrieg in England leitet er den Naturzustand der Gesellschaft ab, welcher für den Autor des Leviathan den Anfang seiner Staatstheorie darstellt. Thomas Hobbes geht in seiner Vertragstheorie von einem Urzustand aus, in dem jegliche politische Ordnung fehlt und die Menschen vom Selbsterhaltungstrieb gelenkte Wesen sind. Dieses negative Menschenbild begründet der Autor in den ersten Kapiteln des Leviathan und kommt zu dem Schluss, dass die Menschen nach Lustgewinn und Selbsterhaltung streben.[6] Dieser Selbsterhaltungstrieb führt dazu, dass der Mensch nur seine eigenen egoistischen Interessen verfolgt und seine „Machtpotentiale unaufhörlich zu steigern“[7] versucht.
„So halte ich an erster Stelle ein fortwährendes und rastloses Verlangen nach immer neuer Macht für einen allgemeinen Trieb der gesamten Menschheit, der nur mit dem Tod endet.“[8]
Hobbes sieht Macht als „Mittel zur Erlangung eines zukünftigen anscheinenden Guts“[9]. Folglich versucht jeder Mensch Macht zu erreichen, seine Macht zu erhalten oder seine Macht zu steigern, um das Streben nach Lustgewinn und Selbsterhaltung zu verwirklichen. Das Streben nach Macht und den Selbsterhaltungstrieb schreibt Hobbes jedem Menschen im Naturzustand zu, da er alle Menschen für gleichbegabt und gleichberechtigt ansieht.[10]
„Natur hat die Menschen hinsichtlich ihrer körperlichen und geistigen Fähigkeiten so gleich geschaffen, dass trotz der Tatsache, dass bisweilen der eine einen offensichtlich stärkeren Körper oder gewandteren Geist als der andere besitzt, der Unterschied zwischen den Menschen alles in allem doch nicht so beträchtlich ist...“[11].
Durch die Gleichheit der Menschen im Streben nach Macht und Selbsterhaltung kommt es im Naturzustand unausweichlich zu einem Krieg, indem alle gegen alle kämpfen. Die Menschen leben im Naturzustand in einer unsicheren Welt, in der sie sich gegenseitig misstrauen, denn sie müssen jederzeit fürchten, ihr Leben oder ihre Habe zu verlieren, da es keine politische Macht gibt und niemand die Rechte der Menschen schützt. Dies beschreibt Hobbes in „The Citizen“ mit den folgenden Worten:
[...]
[1] Euchner, Walter, 1985: Thomas Hobbes, in: Fetscher, Iring/ Münkler, Herfried (Hrsg.), Piper Handbuch der politischen Ideen, Band 3 Neuzeit: Von den Konfessionskriegen bis zur Aufklärung, München und Zürich, S. 354.
[2] Matz, Ulrich, 1978: Zur Legitimität der westlichen Demokratie, in: Kielmansegg, Peter G./ Matz, Ulrich (Hrsg.), Zur Rechtfertigung politischer Herrschaft, Doktrinen und Verfahren in Ost und West, Freiburg und München, S. 27-28; Kersting, Wolfgang, 1995: Vertragstheorien, in: Schulze, Rainer-Olaf/ Nohlen, Dieter (Hrsg.), Lexikon der Politik, Band I Politische Theorien, München, S. 680; Heine, Felix, 1994: Thomas Hobbes: Leviathan, Gewalt und Ordnung, in: Braun, Eberhard/ Heine, Felix/ Opolka, Uwe: Politische Philosophie, Ein Lesebuch Texte, Analysen, Kommentare, Hamburg, S. 124.
[3] Kersting (1995), S. 124.
[4] Hobbes, Thomas, 1980: Leviathan, Erster und zweiter Teil, übersetzt von Jacob P. Mayer, Stuttgart, S. 5.
[5] Heine (1994), S. 124.
[6] Hobbes, Thomas, 1992: Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates, übersetzt von Walter Euchner und Herausgegeben von Iring Fetscher, 5. Auflage, Frankfurt am Main, S. XIX.
[7] Kersting (1995), S. 681.
[8] Hobbes (1992), S. 75.
[9] Ders., S. 66.
[10] Heine (1994), S. 124-126.
[11] Hobbes (1992), S. 94.
- Quote paper
- Christian Richter (Author), 2006, Begründung und Legitimation politischer Ordnung durch Vertrag bei Thomas Hobbes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52999
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