Während des Seminars Die Burleske - Konzepte des stummen Komischen: Körperlichkeit, Filmästhetik und Rezeptionwar ich vor allem von den Filmen mit Buster Keaton fasziniert. Dabei erstaunte mich, wie modern und frisch einige seiner Filme noch heute wirken. Schon früh wurde mir klar, dass ich mich näher mit ihm beschäftigen wollte. Da ich mich in letzter Zeit in anderen Zusammenhängen mit der Thematik Männlichkeit auseinander gesetzt hatte, kam ich auf die Idee, die eher feminin wirkende Figur Keatons diesbezüglich zu untersuchen. Rudolph Valentino, von dem ich bis dahin nur wusste, dass erdasmännliche Sexsymbol der zwanziger Jahre verkörperte, schien mir ein geeigneter Kontrast zu liefern. Dass seine Männlichkeit, trotz seines Erfolgs, widersprüchlich aufgefasst wurde, war mir zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst. Doch gerade die Kontroversen, welche er seinerzeit auslöste, machten ihn für mich zu einer spannenden Figur, die wichtige Aspekte zur Thematik Männlichkeit beitrugen. Die vorliegende Arbeit soll keinen eigentlichen Vergleich zwischen Keatons und Valentinos Männlichkeit liefern. Vielmehr will ich die beiden Figuren mitdominierenden Männlichkeitsmodellen und -idealenin Beziehung setzen. Da es sich bei dem Begriff Männlichkeit um ein sehr komplexes Themengebiet handelt und ich im Rahmen dieser Arbeit nur auf einen sehr beschränkten Aspekt eingehen kann, entschied ich mich auf einen soziologischen und geschichtlichen Ansatz zu konzentrieren. Das Problem bei der Annäherung an den Begriff Männlichkeit ist, dass er keiner allgemeinen Definition unterliegt.Seine Bedeutung variiert hinsichtlich Epoche und Kultur.Da Keatons und Valentinos Filme während der zwanziger Jahre in Hollywood entstanden und die beiden somit aus dem amerikanischen Kulturkreis hervorgehen, will ich mich spezifisch mit dem amerikanischen Verständnis von Männlichkeit zu ihrer Zeit befassen. Zu Beginn liefere ich jeweils eine kurze Biographie der beiden, widme mich sodann dem Begriff Männlichkeit und liefere diesbezüglich einen Überblick über die Geschichte und Entwicklung in den USA. Danach versuche ich Keaton und Valentino mit Formen amerikanischer Männlichkeitsmodelle zu vergleichen. Im letzten Kapitel vergleiche ich Keaton mit Valentino, um am Ende ein kurzes Fazit zu liefern.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2.1.1 Biographie von Buster Keaton
2.1.1 Biographie von Rudolph Valentino
2.2 Männlichkeitskonzepte
2.3 Geschichte und Entwicklung der Männlichkeit in den USA
2.3.1 Die Entstehung des Self-Made Man
2.3.3 Die Krise des Self-Made Man
2.3.4 Die Angst vor einer verweiblichten Gesellschaft
2.3.5 Gesellschaftlicher Wandel in den zwanziger Jahren
3. Fragestellung
4.1 Keatons Beziehung zu den dominierenden Männlichkeitsmodellen
4.2 Valentinos Beziehung zu den dominierenden Männlichkeitsmodellen
5. Schluss
Filmographie
Buster Keaton
Rudolph Valentino
Bibliographie
Verwendete Internetseiten
1. Einleitung
Während des Seminars Die Burleske – Konzepte des stummen Komischen: Körperlichkeit, Filmästhetik und Rezeption war ich vor allem von den Filmen mit Buster Keaton fasziniert. Dabei erstaunte mich, wie modern und frisch einige seiner Filme noch heute wirken. Schon früh wurde mir klar, dass ich mich näher mit ihm beschäftigen wollte. Da ich mich in letzter Zeit in anderen Zusammenhängen mit der Thematik Männlichkeit auseinander gesetzt hatte, kam ich auf die Idee, die eher feminin wirkende Figur Keatons diesbezüglich zu untersuchen. Rudolph Valentino, von dem ich bis dahin nur wusste, dass er das männliche Sexsymbol der zwanziger Jahre verkörperte, schien mir ein geeigneter Kontrast zu liefern. Dass seine Männlichkeit, trotz seines Erfolgs, widersprüchlich aufgefasst wurde, war mir zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst. Doch gerade die Kontroversen, welche er seinerzeit auslöste, machten ihn für mich zu einer spannenden Figur, die wichtige Aspekte zur Thematik Männlichkeit beitrugen.
Die vorliegende Arbeit soll keinen eigentlichen Vergleich zwischen Keatons und Valentinos Männlichkeit liefern. Vielmehr will ich die beiden Figuren mit dominierenden Männlichkeitsmodellen und -idealen in Beziehung setzen . Da es sich bei dem Begriff Männlichkeit um ein sehr komplexes Themengebiet handelt und ich im Rahmen dieser Arbeit nur auf einen sehr beschränkten Aspekt eingehen kann, entschied ich mich auf einen soziologischen und geschichtlichen Ansatz zu konzentrieren. Das Problem bei der Annäherung an den Begriff Männlichkeit ist, dass er keiner allgemeinen Definition unterliegt. Seine Bedeutung variiert hinsichtlich Epoche und Kultur. Da Keatons und Valentinos Filme während der zwanziger Jahre in Hollywood entstanden und die beiden somit aus dem amerikanischen Kulturkreis hervorgehen, will ich mich spezifisch mit dem amerikanischen Verständnis von Männlichkeit zu ihrer Zeit befassen.
Zu Beginn liefere ich jeweils eine kurze Biographie der beiden, widme mich sodann dem Begriff Männlichkeit und liefere diesbezüglich einen Überblick über die Geschichte und Entwicklung in den USA. Danach versuche ich Keaton und Valentino mit Formen amerikanischer Männlichkeitsmodelle zu vergleichen. Im letzten Kapitel vergleiche ich Keaton mit Valentino, um am Ende ein kurzes Fazit zu liefern.
2.1.1 Biographie von Buster Keaton
Joseph Frank “Buster“ Keaton, 1895 in Kansas, USA geboren, begann seine Karriere bereits im Alter von drei Jahren beim Vaudeville. Er stand mit seinen Eltern in grotesken Komödien auf der Bühne, wurde dort von seinem Vater herumgeschleudert und verzog dabei keine Miene. Diesem jahrelangen Training verdankte Keaton sein akrobatisches Können und sein späteres Markenzeichen – “The Great Stone Face“ (vgl. Brandlmeier 1991: 58).
1917 verliess Keaton nach Schwierigkeiten mit seinem alkoholkranken Vater das Theater und liess sich beim Filmkomiker Roscoe “Fatty“ Arbuckles anheuern. Dieser wurde Keatons Mentor beim Film. Nach einigen erfolgreichen Teamarbeiten begann Keaton seine eigenen Kurzfilme zu drehen. One Week (1920), The Boat (1921) oder Cops (1922) etablierten ihn als eigenständigen Komiker und Filmemacher (vgl. http://www.imdb.com/name/nm0000036/bio). Von The Three Ages (1923) an, seinem ersten Langspielfilm, legte Keaton mehr Gewicht auf die Narration, ohne dabei auf Slapstickeinlagen zu verzichten. Mit The Navigator (1924) stieg seine Popularität auf die Stufe von Chaplin und Lloyd (vgl. Dick 1999: 174).
Keatons Figur bleibt in all den verschiedenen Filmen mehr oder weniger dieselbe: Ein junger Mann gerät auf dem Weg zum Liebesglück in ungeheure Schwierigkeiten. Dabei treibt ihn die Not zu wahren Höchstleistungen an, die ihn zum ungewollten Helden machen. In seiner Komik spiegeln sich gesellschaftliche Zwänge und Ängste wider. Seine Feinde sind rücksichtslose Männer sowie tückische Objekte und Maschinen. „Die List der Vernunft mit der er ihrer auf seine eigene verquere Weise Herr wird, ist das einzige Glück, das Keaton kennt“ (Brandlmeier 1983: 65). Sein wahrscheinlich aussergewöhnlichster Film ist Sherlock Jr. (1924). Er unterstreicht Keatons Hang zu surrealistischen, dadaistischen und selbstreflexiven Experimenten. Doch das Werk fand bei Publikum und Kritik weniger Anklang, als die darauf folgenden Filme Seven Chances (1925) und Battling Butler (1926). Ihr Erfolg veranlasste Keatons Produzent Joe Schenck, ihm beim nächsten Projekt vollkommene künstlerische Freiheit zu gewähren (vgl. http://www.imdb.com/name/nm0000036/bio): The General (1926) kann als Höhepunkt seines Schaffens betrachtet werden. Der Film ist heute ein Klassiker des Stummfilms, obwohl der aufwändige Film seinerzeit nicht den erwarteten Erfolg einbrachte (vgl. ebd.).
Ende der zwanziger Jahre wurde Keatons Vertrag an MGM verkauft. Beim neuen Arbeitgeber wurde ihm nie mehr seine bisher gewohnte Autonomie zugesprochen, trotzdem konnte er sich bis Anfang der dreissiger Jahre noch halten. Alkohol- und Eheprobleme führten schliesslich zur Entlassung bei MGM (vgl. Dick 1999: 175). Ab Mitte der dreissiger Jahre hielt sich Keaton mit kleinen Rollen in billigen Kurzfilmen und als Gagschreiber über Wasser (vgl. Horton 1997: 17). 1940 heiratete er seine zweite Frau, eine Krankenschwester – er lernte sie in einer Alkoholsentzugsklinik kennen – die bis zu seinem Tod an seiner Seite blieb. 1949 wurde Keatons Werk wieder entdeckt und er ging damit auf Amerika- und Europa-Tournee (vgl. ebd.: 17). Er trat vermehrt im Fernsehen (Serien, Werbespots und Talkshows) auf und in den sechziger Jahren erhielt er wieder grössere Rollen in Spielfilmen angeboten. Sein letzter Film A Funny Thing Happened on the Way to the Forum (1966) von Richard Lester ist eines der wenigen gelungenen Beispiele seiner späten Karriere. 1966 starb Buster Keaton im Alter von 71 Jahren an Lungenkrebs (vgl. http://www.imdb.com/name/nm0000036/bio).
2.1.1 Biographie von Rudolph Valentino
Rodolfo Pietro Filiberto Raffaele Guglielmi, wie Valentino mit bürgerlichem Namen hiess, kam 1895 in Italien zur Welt. In seinen Jugendjahren wurde der Sohn eines Veterinärs und einer Französin von mehreren Schulen verwiesen und erlangte nur mit Mühe ein Diplom in der Landwirtschaft (vgl. Leider 2003: 9ff). Nach einem Aufenthalt in Paris, wo er den Tango erlernte, emigrierte er 1913 nach New York. Hier schlug er sich unter anderem als Gärtner, Tellerwäscher und schliesslich als Eintänzer durch (vgl. http//www.imdb.com/name/nm 0884388/bio). Als Tangotänzer profitierte er von der damals herrschenden Tanzmanie (vgl. Studlar 1993: 23ff): Den hauptsächlich italienischen und jüdischen Einwanderern, die sich als bezahlte Tanzpartner weiblicher Kunden an sogenannten “Tangoteas“ betätigen, haftete jedoch der Ruf des Gigolos an (vgl. ebd.: 26f).
Nach dieser anrüchigen Beschäftigung zog es ihn 1917 nach Hollywood. Hier wurde er vorerst in kleinen Rollen besetzt, bis er 1920 von einer Drehbuchautorin als Hauptdarsteller in The Four Horsemen of the Apocalypse (1920) vorgeschlagen wurde (vgl. Leider 2003: 113ff). Der Film war ein überwältigender Erfolg. Rudolph Valentino, wie er sich nun nannte, wurde ein Star und der Inbegriff des “Latin Lovers“. Vor allem beim weiblichen Publikum kam die damals neue Variante des männlichen Liebhabers gut an (vgl. http//www.imdb.com/name/nm 0884388/bio). Er bot „ein Gegenbild zum jungen, aktiven, aber erotisch langweiligen Amerikaner“ (Sesslen 1996: 22). Als Ahmed Ben Hassan in The Sheik (1921) wurde er zum Archetyp des männlichen Vamps und noch heute ist es diese Rolle, welche ihn am nachhaltigsten in Erinnerung hält. Filme wie Blood and Sand (1922) oder Monsieur Beaucaire (1924) wiederholten das Konzept seiner bisherigen Erfolge. Es bestand aus einer Zelebrierung des geheimnisvollen Liebhabers, in stets wechselnden, exotischen Umgebungen mit meist tragischem Ausgang.
Während seiner Karriere war Valentino – „Zeichen einer sich wandelnden Moral“ (ebd.: 22) – immer wieder Gegenstand kontroverser Diskussionen. Viele Männer hassten ihn. Sein Hang zur Schönheitspflege, seine italienische Herkunft, seine Rolle als Eintänzer oder die angebliche Unterdrückung durch seine Frauen, liess die Presse an seiner Männlichkeit zweifeln, unterstellte ihm gar Homosexualität (vgl. Hansen 1991: 262ff). Höhepunkt dieser steigenden Hasskampagne war 1926 die sogenannte“Pink Powder Puff“-Affäre, bei der die “Chicago Tribune“ die Verweichlichung der amerikanischen Männer anprangerte und Valentino dafür verantwort-lich machte:
Do women like the type of “man“ who pats pink powder on his face in a public washroom and arranges his coiffure in a public elevator? […] Hollywood is the national school of masculinity, Rudy, the beautiful gardener’s boy, is the prototype of the American male. Hell’s bells. Oh, sugar (In: Leider 2003: 372f).
Valentino, stets bemüht seine Männlichkeit unter Beweis zu stellen, forderte den Verfasser des Artikels zu einem Boxkampf heraus. Das Duell fand jedoch nie statt. Kurz darauf starb Valentino, gerade mal 31 Jahre alt, an den Folgen eines Magengeschwürs (vgl. ebd.: 374ff). „Die öffentlichen Trauerbekundungen […] übertrafen in ihrer Intensität und ihrem Umfang die Reaktion auf alle bisherigen ähnlichen öffentlichen Todesfälle“ (Monaco 2000: 264). Sein letzter Film The Son Of The Sheik (1926), einer der ersten Fortsetzungsfilme, wurde – der oben geschilderten Skandal und sein plötzlicher Tod trugen das ihre dazu bei – einer der erfolgreichsten Stummfilme aller Zeiten (vgl. Trice et al. 2001: 9).
2.2 Männlichkeitskonzepte
Da ich mich anschliessend mit der Männlichkeit von Keaton und Valentino befassen will, muss ich erst der Frage nachgehen, was Männlichkeit eigentlich ist. Der Soziologe John McInnes (1998: 2) schreibt, dass Männlichkeit, wenn sie als Eigenschaft, Charakterzug oder Identität betrachtet wird, nicht existiert: „Masculinity exists only as various ideologies of fantasies, about what men should be like, which men and women develop to make sense of their lives“ (ebd.: 2) Auch der, bezüglich der Männerforschung einflussreiche Robert Connell versteht Männlichkeit nicht als ein geschlossenes Konzept und führt deshalb die Pluralform Männlichkeiten ein. Er vertritt eine dynamische Theorie der Geschlechterverhältnisse, bei der körperreflexive Praxen im Vordergrund stehen:
Statt zu versuchen, Männlichkeit als ein Objekt zu definieren (ein natürlicher Charakterzug, ein Verhaltensdurchschnitt, eine Norm), sollten wir unsere Aufmerksamkeit auf Prozesse und Beziehungen richten, die Männer und Frauen ein vergeschlechtlichtes Leben führen lassen. “Männlichkeit“ ist – soweit man diesen Begriff in Kürze überhaupt definieren kann – eine Position im Geschlechterverhältnis, die Praktiken, durch die Männer und Frauen diese Position einnehmen, und die Auswirkungen dieser Praktiken auf die körperliche Erfahrung, auf Persönlichkeit und Kultur (Connell 1999: 91).
In diesem Sinne suche ich nicht nach einer universellen Definition von Männlichkeit, sondern möchte vielmehr, den mir für das Verständnis von Keatons und Valentinos Männlichkeit am wichtigsten scheinenden, amerikanischen Kulturkreis genauer studieren. Die USA unterscheidet sich bezüglich ihrem Männlichkeitsverständnis in einiger Hinsicht beträchtlich von Europa, deshalb will ich im Folgendem ausführlich auf ihre eigenständigen Männlichkeitskonzepte und -ideale eingehen. Dazu soll eine Entwicklungsgeschichte der Männlichkeit in den Vereinigten Staaten, von der Gründungszeit bis in die zwanziger Jahre, ein besseres Verständnis liefern. Das folgende Zitat deutet bereits den spezifisch amerikanischen Aspekt der Thematik an.
In an important sense there is only one complete unblushing male in America: a young, married, white, urban, northern, heterosexual, Protestant, father, of college education, fully employed, of good complexion, weight, and height, and a recent record in sports… Any male who fails to qualify in any one of these ways is likely to view himself – during moments at least – as unworthy, incomplete, and inferior.
(Goffman 1963: 128).
2.3 Geschichte und Entwicklung der Männlichkeit in den USA
Michael Kimmel (1996) spricht in seinem Buch Manhood in America immer wieder vom Self-Made Man als einem uramerikanischen Selbstverständnis von Männlichkeit. „The Self-Made Man seemed to be born at the same time as his country“ (ebd.: 17). Die Revolution und die Unabhängigkeitserklärung von 1776 „setzte eine ungeheure Dynamik frei, die sich in allen ökonomischen, sozialen und politischen Bereichen auswirkte“ (Dippel 2002: 28). Die neue Nation wollte sich auf allen Ebenen von den Britten verabschieden (vgl. Kimmel 1996: 13f).
2.3.1 Die Entstehung des Self-Made Man
Der “Amerikaner“ suchte nach einer neuen, “ nicht-europäischen Identität“ . British manhood and, by extension, aristocratic conceptions of manhood […] were denounced as feminized“ (Kimmel 1996: 19). Wie die Nation legte auch das Individuum höchsten Wert auf seine Unabhängigkeit. „To be manly was to accept adult responsibilities as a provider, producer, and protector of a family“ (ebd.: 13). Anstelle des aristokratischen Patriarchats trat das so genannte Genteel Patriarch. Der Prototyp dieses Modells war wohlhabend, besass Land und kümmerte sich um Familie und Allgemeinwohl. Die politische Elite der Anfangszeit (Thomas Jefferson oder George Washington) verkörperten dieses Ideal (vgl. ebd.: 16).
Neben dem Genteel Patriarch beeinflusste die aufstrebende Mittelklasse (Handwerker, Ladenbesitzer) – Kimmel nennt sie Heroic Artisans – das Männlichkeitsbild. Dabei ist der tugendhafte, hart arbeitende Mann die Idealvorstellung (vgl. ebd.: 16). Aus diesen beiden Männlichkeitskonzepten geht schliesslich der Self-Made Man hervor (vgl. Kimmel 1997: 13):
The Self-Made Man, a model of manhood that derives identity entirely from a man’s activities in the public sphere, measured by accumulated wealth and status, by geographic and social mobility (Kimmel 1996: 16f).
Die Verbreitung des Self-Made Man ist das Ergebnis eines neuen unabhängigen Marktes, der einem Teil der Mittelschicht zu Reichtum verhalf (vgl. Dippel 2002: 34f). Self-Made Man bedeutet „success in the market, individual achievement, mobility, wealth“ (Kimmel 1997: 23). Die durch Erfolg erreichte Unabhängigkeit war aber nie gesichert: „Success most be earned, manhood must be proved – and proved constantly“ (ebd.: 23). Der Erfolgsdruck war dementsprechend gross.
Mobile, competitive, aggressive in business, the Self-Made Man was also temperamentally restless, chronically insecure, and desperate to achieve a solid grounding for a masculine identity (Kimmel 1996: 17).
2.3.2 Die Doktrin der Selbstkontrolle
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts etablierte sich der Self-Made Man zum dominierenden Männlichkeitskonzept der USA (vgl. ebd.: 42). Das ständige Streben nach Erfolg und Unabhängigkeit führte nicht selten zu Ängsten, Rastlosigkeit und Einsamkeit. Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, war der Self-Made Man ein wahrer “Kontrollfreak“ (vgl. ebd.: 45). „To succeed in the market, the American middle-class man had to first control over his self“ (Kimmel 1997: 15). Ein Mann sollte seine Leidenschaften (Tanz, Spiel, Alkohol), vor allem aber seine Sexualität im Griff haben. Die daraus resultierende Unterdrückung der Sexualität hatte nicht nur für die Betroffenen selbst Konsequenzen:
The repressed middle class sexual energies were then channeled into a xenophobic hostility toward the immigrant and the black, then projected into fantasies incorporating the enviable and fully expressed sexuality of these alien groups
(Rosenberg et al. 1973: 353).
Frauen wurden entweder als lüsterne, unkontrollierbare Verführerinnen oder als fromme, asexuelle Engel wahrgenommen (vgl. Kimmel 1997: 18). „These projections led to what was perhaps the most significant development in the relations between the sexes prior to the birth of feminism” (Kimmel 1996: 50). Obwohl schon zu aristokratischen Zeiten eine Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern bestand, waren die Ausmasse in den USA einzigartig (vgl. ebd.: 52). Die Folge war, dass Frauen sich fast ausschliesslich in der heimischen Sphäre bewegten, während Männer sich zusehends davon entfernten. Aus Angst vor einer Verweichlichung hielten sie sich möglichst ausserhalb des eigenen Heims auf (vgl. ebd.: 58), so dass viele Kinder praktisch ohne Vater aufwuchsen. Die Erziehung wurde gänzlich den Frauen überlassen: „Women were not only domestic, they were domesticators, expected to turn their sons into virtuous Christian gentlemen – dutiful, well-mannered, and feminized” (ebd. 60).
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- Citar trabajo
- Dimitri Holzhausen (Autor), 2004, Die Männlichkeit von Buster Keaton und Rudolph Valentino. Ein Vergleich mit vorherrschenden Männlichkeitsmodellen der USA, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52494
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