Im Rahmen meiner Examensarbeit führte ich in einer 3. Grundschulklasse ein Projekt zum Thema Wetter anhand eines selbst entwickelten Karteikartensatzes durch. Die Anregung zur Durchführung dieses Projektes erhielt ich durch die Erfahrungen, die ich während meines Studiums, mit den verschiedenen Methoden und Formen des offenen Unterrichts machte. Der Freiarbeit, des Stationenlernens, des Projekt- und Werkstattunterrichts.
Im Bereich Sachunterricht beschäftigte ich mich innerhalb einer Veranstaltung mit dem Konzept von Lernkarteien. Ich arbeitete eine Lernkartei zum Thema “Wetter“ aus und entschloss mich, die Erprobung der Kartei zum Gegenstand meiner schriftlichen Hausarbeit zu machen. Durch dieses Projekt, bot sich mir die Gelegenheit, das Konzept des offenen Unterrichts anhand von Lernkarteien in der praktischen Umsetzung zu verfolgen. Da dieses Projekt mit einer von mir ausgearbeiteten Lernkartei durchgeführt wurde, möchte ich bei meiner Arbeit insbesondere auf die didaktische Funktion und Konzeption, die Konstruktion und auf die Ziele von Lernkarteien eingehen.
Inhalt
1. Einleitung
1.1 Das Wetter
2. „Offener Unterricht“
2.1 Hintergründe
2.2 Definition
2.3 Ziele
2.4 Drei Dimensionen von Offenheit
2.5 Merkmale “Offenen Unterrichts“
2.6 Rolle des Lehrers
2.7 Materialien im “Offenen Unterricht“
2.8 Stärken und Schwächen offener Unterrichtsformen
2.9 Unterrichtsformen und Methoden
2.9.1 Werkstattunterricht
2.9.2 Freie Arbeit
2.9.3 Wochenplan
3. Lernkarteien
3.1 Ursprung von Lernkarteien
3.2 Didaktische Funktion verschiedener Karteitypen
3.3 Konstruktion von Lernkarteien
2.3.1 Schülerorientierung
2.3.2 Sachliche Richtigkeit
2.3.3 Soziales Lernen
2.3.4 Förderung von Selbständigkeit und Selbstverantwortung
2.3.5 Formale Gestaltung von Lernkarteien
4. Konzeption des Karteikartensatzes
4.1 Aufbau
4.2 Ziele
4.3 Formale Gestaltung
5. Erprobung des Karteikartensatzes
5.1 Die Klasse
5.2 Vorbereitung
5.3 Durchführung
6. Auswertung
6.1 Planung und Durchführung
6.2 Auswertung der Karteikarten
6.3 Nutzung der Kartei
6.4 Gestaltung der Karteikarten
7. Resümee
8. Literaturverzeichnis
9. Anlage
1. Rahmenplan für die Grundschule
2. Arbeits-, Bastel- und Informationskarte
3. Arbeitsbögen
4. Materialliste
5. Elternbrief
6. Literaturliste zur Bücherkiste
7. Karteikartensatz zum Thema Wetter
1. Einleitung
Im Rahmen meiner Examensarbeit führte ich in einer 3. Grundschulklasse ein Projekt zum Thema Wetter anhand eines selbst entwickelten Karteikartensatzes durch. Die Anregung zur Durchführung dieses Projektes erhielt ich durch die Erfahrungen, die ich während meines Studiums, mit den verschiedenen Methoden und Formen des offenen Unterrichts machte. Der Freiarbeit, des Stationenlernens, des Projekt- und Werkstattunterrichts.
Im Bereich Sachunterricht beschäftigte ich mich innerhalb einer Veranstaltung mit dem Konzept von Lernkarteien. Ich arbeitete eine Lernkartei zum Thema “Wetter“ aus und entschloss mich, die Erprobung der Kartei zum Gegenstand meiner schriftlichen Hausarbeit zu machen. Durch dieses Projekt, bot sich mir die Gelegenheit, das Konzept des offenen Unterrichts anhand von Lernkarteien in der praktischen Umsetzung zu verfolgen. Da dieses Projekt mit einer von mir ausgearbeiteten Lernkartei durchgeführt wurde, möchte ich bei meiner Arbeit insbesondere auf die didaktische Funktion und Konzeption, die Konstruktion und auf die Ziele von Lernkarteien eingehen.
Im Folgenden werde ich kurz die Bedeutung einiger wichtiger Aspekte des Themas “Wetter“ für den Menschen, erläutern. Im Anhang (Anlage 1) befinden sich einige Auszüge des Bremischen Rahmenplanes für die Grundschule, für das lernen im Sachunterricht. Sie zeigen, in welchem Rahmen dieses Thema als Inhalte und Themenvorschläge angeführt wird.
In Kapitel 2. werde ich einen Überblick über den „offenen Unterricht“ geben, da dieser den Rahmen für die Arbeit mit Lernkarteien bietet. Beginnend mit den Hintergründen des offenen Unterrichts, seiner Definition und seinen Zielen werde ich abschließend die verschiedenen Unterrichtsformen, in denen Lernkarteien zum Einsatz kommen können, darstellen.
Im 3. Kapitel gehe ich auf Lernkarteien als Lernmittel für den Grundschulunterricht ein, ihren Ursprung, ihre Entwicklung, die verschiedenen Karteitypen, ihre Konzeption, didaktische Funktion und formale Gestaltung.
In Kapitel 4. wird die von mir ausgearbeitete Lernkartei zum Thema Wetter vorgestellt. Ich gehe dabei auf die Konzeption, den Aufbau und die formale Gestaltung des Karteikartensatzes ein. Die einzelnen Arbeitskarten, mit Themenbereich, didaktischer Zielsetzung und den zu erwarteten Ergebnissen sind im Anhang als Anlage 7 aufgeführt.
Das 5. Kapitel befasst sich mit der praktischen Umsetzung des Projektes, der Vorbereitung und Durchführung.
Zum Abschluss werde ich im 6. Kapitel eine Auswertung und eine kritische Betrachtung der von mir ausgearbeiteten Lernkartei vornehmen
Im Anhang befinden sich alle Materialien, die für die Erprobung notwendig waren, die Karteikarten in exemplarischen Beispielen und Auszüge des Bremischen Rahmenplans für die Grundschule. Die gesamte Lernkartei mit Arbeits-, Bastel- und Infokarten ist als Werkanteil in CD Form beigelegt.
1.1 Das Wetter
Das Wetter ist ein Naturphänomen, das die Menschen körperlich, emotional und über ihre kognitive Wahrnehmung ganzheitlich aufnehmen und sie beeinflusst. Wetter gibt es immer egal welches und wir sind ihm immer ausgesetzt. Das Wetter ist ein das ganze Leben des Menschen bestimmender Faktor. Wir werden ständig mit den Auswirkungen verschiedenster Wetterverhältnisse konfrontiert. Es bestimmt das Wachstum in der Natur und damit Hunger und Sättigung, setzt dem Menschen körperlich zu und beeinflusst damit ganze Zivilisationszweige wie Hausbau und Bekleidung. Es erzeugt individuelle Stimmungen und Verhaltensweisen, bedingt Verkehrsströme und Katastrophen, entscheidet über die jeweiligen Spiele von Kindern und den Verlauf von sportlichen Veranstaltungen. Das Phänomen Wetter wird durch moderne Errungenschaften der Zivilisation immer genauer erfassbar und besser vorhersagbar und gleichzeitig die Wahrnehmung, das Erleben immer mehr verfälscht oder erschwert. Im Gegenzug wird das Wetter durch gesellschaftliche Bedingungen wie Luftschadstoffe, Klimaerwärmung beeinflusst.
Da alles Leben auf der Erde in einem solchen Ausmaß vom Wetter bestimmt wird, ist dieses Thema auch für Kinder von großem Interesse. Ständig werden sie mit Wetterphänomenen konfrontiert, aber nur wenige wissen, wie sie entstehen. Sie erleben das Wetter täglich und kaum ein Kind macht sich darüber große Gedanken, weil es eben immer da ist. Daher ist wichtig, Kinder darauf aufmerksam zu machen, dass das Wetter ständig um uns herum ist. Sie sollten wissen, dass verschiedene Witterungen auch verschiedene Vorboten und Begleiterscheinungen haben. Auch die Vorurteile "schlechtes Wetter" und "gutes Wetter" sollte man mit Kindern genauer betrachten, denn auch wenn der Regen für den Spaziergänger unangenehm ist, bedeutet er für den Bauern eine reiche Ernte und sichert seine Existenz. Jedes Wetter hat seine zwei Seiten. Kinder sollten dafür sensibilisiert werden die sie beeinflussenden Faktoren wahrzunehmen und darüber nachzudenken.
2. „Offener Unterricht“
„ Den offenen Unterricht gibt es nicht! Man kann offenen Unterricht als einen Ober-, der Sammelbegriff oder eine Bewegung bezeichnen.“ [1]
„Offener Unterricht“ ist nicht klar einzugrenzen, für den Begriff gibt es keine eindeutige Definition, da es sich dabei nicht um ein ausgearbeitetes Konzept handelt, sondern vielmehr um ein mehrdimensionales Gefüge und einen Sammelbegriff für verschiedene pädagogische Traditionen und Reformansätze, die das Ziel eines veränderten Umgangs mit dem Kind vereinigen.
2.1 Hintergründe
Vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklung und Veränderung unserer modernen Gesellschaft, z.B. veränderter Familiensituationen, neuer Medien, verändertem Spiel- und Freizeitverhalten und der multikulturellen Gesellschaft, hat sich auch Kindheit verändert, aus diesem Grund müssen sich auch
die Aufgaben der Schule verändern. Neben den traditionellen Aufgaben,
allen Kindern eine gleiche Grundbildung zu vermitteln, fallen in ihren
Bereich heute zunehmend auch weitergehende erzieherische Aufgaben. Schule muss sich verstärkt darum bemühen, vielfältige Möglichkeiten zu Eigentätigkeiten, Selbständigkeit und sozialen Fähigkeiten zu schaffen. Zudem muss Schule auch die Erkenntnisse der aktuellen Lernforschung berücksichtigen, die heute einen sehr viel offeneren Lernbegriff vertritt. Dies bedingt eine Veränderung der Lernkultur, eine Veränderung von Unterricht. Die Öffnung von Unterricht und Schule ermöglicht diese Veränderungen, um die Schüler auf die Anforderungen der Gesellschaft und Wirtschaft, heute und zukünftig, besser vorzubereiten.
Die Öffnung von Schule und Unterricht geht zurück auf die kritische Auseinandersetzung mit den in der Bildungsreform der 60iger und 70iger Jahre entwickelten, geschlossenen Curricula.
Die starren Lehrpläne, in denen für jede Unterrichtseinheit eine pädagogische Zielsetzung, die Umsetzung und die verwendeten Medien genauestens festgelegt wurden, wurden schnell als Nachteil empfunden. Der Unterricht sollte stärker dem einzelnen Kind und seinen individuellen Lernfähigkeiten gerecht werden. Die Vorteile der Vergleichbarkeit von Schülerleistungen und einheitliche Lernanforderungen konnten dies nicht aufwiegen. Forderungen für eine Öffnung wurden laut, nicht nur für die Anlage und Gestaltung der Curriculummaterialien, sondern für den Unterricht insgesamt. Infolgedessen fand der offene Unterricht in der deutschen schulpädagogischen Diskussion wachsende Beachtung.
Vorbilder gab es in Großbritannien und der USA bereits in dieser Zeit für die Öffnung von Schule und offenen Unterricht, wie „community education“, „open education“, „open classroom“ oder „informal teaching“, die als Denkanstöße auf der Suche nach Alternativen dienten. Hinter diesen Begriffen verbirgt sich keine einheitliche erziehungswissenschaftliche Theorie oder ein nationales Reformprogramm, sondern eine Philosophie, die aus der Praxis in den Schulen resultiert. Sie beruht auf einzelnen theoretischen Konzepten, wie der Lerntheorie Piagets oder aus Erkenntnissen der Motivationsforschung. Open Education ist der Versuch, die Schulwirklichkeit offener und attraktiver zu gestalten und die Schüler als eigenständige Individuen zu respektieren.[2]
Ursprünge, Konzepte, Gedanken und Ideen des offenen Unterrichts gehen zurück auf die klassische Reformpädagogik. Verschiedene Ansätze sind bereits Anfang des 20. Jahrhunderts von einigen auch heute noch bedeutenden Reformpädagogen formuliert worden.
Allgemein spricht man von der Reformpädagogik, bzw. reformpädagogischen Bewegung, etwa ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts, wobei ihre Anfänge fließend sind und die Bewegung nicht einmalig abgeschlossen wurde, sondern bis in die Gegenwart wirkt.
Bereits im 17. Jahrhundert handelte Comenius (1592-1670) nach Grundsätzen und Ideen, die sich bis in unsere Zeit erhalten haben. Er forderte eine umfassende Allgemeinbildung und vermittelte sein Wissen mit der Methode „vom Großen zum Kleinen“. Erst einen groben Überblick eines Themas vermitteln und anschließend die Details ausarbeiten. Zudem forderte Comenius, dass das Lernen mit Hilfe aller Sinne erfolgen sollte. Etwa 100 Jahre vor der Reformpädagogischen Bewegung, entwickelte Pestalozzi (1746-1827) seinen reformpädagogischen Ansatz „Lernen mit Kopf, Herz und Hand“ und versuchte, dies bei der Arbeit mit Kindern in der Landwirtschaft einzusetzen.
In der Zeit der Reformpädagogischen Bewegung wurden diese Ansätze von verschiedenen Reformpädagogen erneut aufgegriffen.
Das Erscheinen des Buches der schwedischen Schriftstellerin Ellen Key (1849-1926) „Das Jahrhundert des Kindes“ symbolisiert den Startpunkt der reformpädagogischen Bewegung. Das Buch löste große gesellschaftliche Kontroversen darüber aus, wie Bildung zukünftig aussehen sollte. Key erklärte die bestehende Erziehungspraxis als „Bildungsdrill“, die den kindlichen Bedürfnissen widerspreche. Sie plädierte für eine neue erzieherische Sicht, die sich an den Bedürfnissen der Kinder orientieren sollte. Die individuelle Bildung der Kinder stand für Key im Mittelpunkt. Sie sollten befähigt werden, selbstbestimmt zu handeln und zu denken, und zu charakterstarken Persönlichkeiten erzogen werden.
Die Reformbewegung forderte große und gezielte Veränderungen der Schulorganisation. Sie wendete sich gegen die strenge Stoff- und Buchschule des 19. Jahrhunderts. Das Schul- und Bildungswesen wurde als autoritär, lebensfern und kinderfeindlich kritisiert.
Die meisten Vertreter der Reformpädagogik orientierten sich an der Entwicklung des Kindes, seinen Interessen und Bedürfnissen und stellten das Kind in den Mittelpunkt aller Erziehungs- und Unterrichtsmaßnahmen. Es wurde tätiges Lernen, lebendiges Lernen und kindgerechtes Lernen gefordert und das Recht des Kindes auf Selbstbestimmung und Aktivität innerhalb des Lernprozesses.
Die Erziehung „vom Kinde aus“ wurde zum Schlagwort der gesamten Schulreform. Nicht die Schule und ihre Ansprüchen an das Kind waren der Grundgedanke der Reformpädagogen, sondern die optimale ganzheitliche Entwicklung des Kindes und eine Schule, die diese Entwicklung ermöglicht.
Verschiedene Reformpädagogen entwickelten eigene pädagogische Konzepte und Methoden, die in Schulversuchen praktisch umgesetzt wurden. Es entstanden zahlreiche Reformschulen, die sich bis heute erhalten haben und gut besucht werden, z.B. die Waldorf-Schulen, Montessori-Schulen oder die Jena-Plan-Schulen.[3]
Im Gegensatz zur reformpädagogischen Bewegung, die sich gegen die reine Wissensschule wandte und darüber hinaus Gesellschafts- und Kulturkritik übte, beziehen sich die seit Mitte der 70iger Jahre wieder aufgenommenen Reformpädagogikinhalte weniger auf die kultur- und gesellschaftskritischen Standpunkte, als auf die methodischen Aspekte.
Im aktuellen Bezug auf den offenen Unterricht spielen vor allem die reformpädagogischen Konzepte und Methoden von Dewey, Montessori, Freinet, Petersen und Kerschensteiner eine bedeutende Rolle. Ihre Konzepte und Methoden stellen im Prozess der Öffnung von Schule und Unterricht eine didaktisch-methodische Grundlage dar.
Sie können nur als Impuls hinsichtlich einer „Öffnung der Schule nach Innen“, einer „Liberalisierung und Demokratisierung des Schullebens“, dem „Ziel einer freien Entfaltung der Persönlichkeit der Schüler“ und einer Veränderung der Methoden schulischen Lernens, wie „Entdeckendes Lernen“, „Soziales Lernen“, „Exemplarisches Lernen“, „Arbeitsunterricht“ und „Projektmethode“ dienen.
2.2 Definition
Der Begriff “Offener Unterricht“ ist nicht klar zu definieren und in der pädagogischen Literatur oft ungenau und vieldeutig, da es sich nicht um ein ausgearbeitetes Konzept handelt. Dies hat zur Folge, dass die Offenheit als didaktisches und pädagogisches Prinzip leicht mit Beliebigkeit von Werten oder Gleichgültigkeit gegenüber Inhalten verwechselt wird, wodurch das Konzept des offenen Unterrichts in ein unterrichtliches Laisser-faire abzurutschen droht. Diese “Offenheit“ ist jedoch nicht mit der Offenheit des offenen Unterrichts gleichzusetzen.[4] Es geht nicht darum, dass Kinder im Unterricht machen können, was sie wollen, sich irgendwie beschäftigen, sondern dass sie einen Rahmen bekommen, in dem sie selbstbestimmter und individueller Lernziele verfolgen können.
“Offener Unterricht“ stellt einen Sammelbegriff dar, der die unterschiedlichen Reformansätze mit dem Ziel eines veränderten Umgangs mit dem Kind vereinigt. Als Alternative zu einem stark lehrerzentrierten Frontalunterricht, der durch starre Vorgaben der Lehrziele, Lehrinhalte wie auch Lehrmethoden gekennzeichnet ist, strebt offener Unterricht eine Veränderung der Lernkultur an. Er versucht den Kindern Freiräume zu bieten, in denen sie sich individuell entfalten können und stellt die Kinder mit ihren Lernmöglichkeiten und ihren Einstellungen, mit ihrer Begeisterung für die Sache in den Mittelpunkt.[5]
Im offenen Unterricht werden vermehrt Unterrichtskonzepte eingesetzt, die schülerzentriert ausgerichtet sind und den Schülern die Gelegenheit bieten, selbstverantwortliches und selbständiges Lernen und Handeln zu üben. Unterrichtsverlauf, -inhalt und -durchführung werden von den Interessen, Wünschen und Fähigkeiten der Schüler bestimmt und ermöglichen den Schülern, eine starke Beteiligung an der Planung und Realisierung ihres Lernens und schulischen Lebens. Dies stellt ein entscheidendes Kriterium des Offenen Unterrichts dar.
2.3 Ziele
Der aktuelle Bildungsauftrag der Schule hat sich, auf Grund der heutigen Gesellschaft, der veränderten Lebenswelt der Kinder und den Erkenntnissen der Lernforschung, verändert. Die Schule ist nicht mehr nur Unterrichtsstätte, sondern zugleich Lebens-, Lern- und Erfahrungsraum. Verhaltensweisen wie Selbständigkeit im Denken und Handeln, Urteils- und Entscheidungsfähigkeit sowie Verantwortungsbewusstsein werden gefordert. Die Schule ist verantwortlich für das Erlernen dieser Fähigkeiten, und muss somit einen Unterricht bereithalten der dies ermöglicht. Im Offenen Unterricht werden Selbstverantwortung und Mitbestimmung in maximaler Möglichkeit verwirklicht.
Kernziele des offenen Unterrichts sind die Ausbildung der Selbständigkeit, der Kreativität, der Kooperationsfähigkeit mit Mitschülern wie auch der Fähigkeit sein eigenes Handeln zu steuern und zu kontrollieren. Neben den Sach- und Selbstkompetenzen sollen auch die sozialen Kompetenzen des Schülers ausgeprägt werden.
Sachkompetenzen
- lernen von bedeutsamen und Sinn zusammenhängenden Inhalten, die der Lebenswelt und Lernfähigkeit der Kinder entsprechen
- Lernen des Lernens (Vermittlung verschiedener Lerntechniken, welche den unterschiedlichen Lerntypen entsprechen)
Selbstkompetenz
- Erziehung zur Selbständigkeit
(Aktivitäten planen, durchführen und auch abschließen)
- Durchhaltevermögen
- Selbstvertrauen
Sozialkompetenz
- Entwicklung und Entfaltung von Kooperationsfähigkeit / Arbeit im Team
- Fähigkeit zur Konfliktbewältigung
2.4 Drei Dimensionen von Offenheit
Die Ziele des offenen Unterrichts werden in “drei Dimensionen der Offenheit“ verwirklicht. Zur genaueren Eingrenzung des Begriffes “Offenheit“, um ihn definieren und analysieren zu können, wird zwischen drei Dimensionen von Offenheit, Institutionelle , Methodische und Thematische Öffnung, differenziert.[6]
Die Häufigkeit des Einsatzes der verschiedenen Formen von Offenheit ist der Indikator für den Grad der Offenheit im Unterricht, wodurch “offener“ und “nicht offener“ Unterricht unterscheidbar wird.
Die Institutionelle Öffnung bedeutet:
- die Öffnung der Schule selbst und die Verknüpfung schulischer und außerschulischer Lernorte. Schule sollte ein Lebensort und eine Begegnungsstätte für die Schüler sein, in welcher der Klassenraum zur Lernlandschaft, die Schule zum Lebensraum und das Schulumfeld zum Erfahrungsraum wird. Der Bezug zur Öffentlichkeit kann für die Schüler in der Hinsicht vorteilhaft sein, als dass sie weitere Kompetenzen entwickeln.
- eine Organisatorische Offenheit, bei der innerhalb eines deutlich strukturierten Tagesablaufes vielfältige, offene Organisationsformen und Unterrichtsmethoden, den Unterrichtsablauf gestalten.
Neben den offenen Organisationsformen ist es sinnvoll, vor allem zur Einführung und Übung neuer Unterrichtsstoffe, immer wieder kurze Einheiten frontalen Unterrichts durchzuführen.
- eine zeitliche Offenheit, die den Schülern eine individuelle Planung erlaubt. Die Schüler bekommen die Möglichkeit eine bestimmte Zeit frei einzuteilen und dadurch ihr eigenes Lerntempo zu bestimmen. Dadurch können die unterschiedlichen Lerntempi der Schüler berücksichtigt werden.
Die Methodische Öffnung beinhaltet:
- eine stärkere Berücksichtigung von unterschiedlichen offenen Unterrichtsmethoden und Lernformen, wie Freiarbeit, Wochenplanarbeit usw. (s. Kapitel 2.9).
Durch die Methodenvielfalt können die Schüler mit ihren spezifischen Lernvoraussetzungen differenziert und individuell gefördert werden. Zudem bieten die unterschiedlichen Methoden anregende und abwechselungsreiche Arbeitsmaterialien.
- die Beteiligung und Mitbestimmung der Schüler, durch eigene bzw. gemeinsame Entscheidungen, an der Gestaltung und Planung des Unterrichts. Sie werden Agenten ihrer eigenen Lernprozesse. Durch die Auseinandersetzung der Schüler untereinander, gemeinsam aufgestellter Regeln und Rituale für das Zusammenleben, wird die Eigenverantwortung, Selbsttätigkeit und Mitbestimmung gefördert
- eine Veränderung der Lehrerrolle. Der Lehrer wird zum Lernberater, Beobachter, Animateur oder Moderator für die Schüler, nach dem Vorbild von Montessori „Hilf mir es selbst zu tun.“
Die Inhaltliche bzw. Thematische Öffnung bedeutet,
- dass der Unterricht für sämtliche Fragen des Lebens und für die Interessen der Schüler offen ist. Er sollte Erfahrungen und Inhalte aus der unmittelbaren Lebenswelt der Schüler berücksichtigten, das heißt Schülerorientiert sein, und Situationsorientiert, in dem er den Schülern die Möglichkeit bietet Einfälle und Themenverschiebungen einzubringen
- ein fächerübergreifendes Herangehen an Unterrichtsinhalte, da es zu jedem Thema einen wissenschaftlichen Zugang gibt der sich niemals auf nur eine einzelne Wissenschaft beziehen kann.
Die verschiedenen Themen sollten im Zusammenhang miteinander und im Bezug zu ihrer Umwelt gesehen und aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden. Durch eine inhaltliche Öffnung stehen die Sinnzusammenhänge im Mittelpunkt ohne fachlich eingegrenzt zu werden.
- dass unterschiedliche Lernangebote für die Schüler zur freien Auswahl stehen oder sie zumindest bei der Auswahl mit entscheiden können.
Der Lernerfolg wird nicht nur durch reproduktive Leistungen gewährleistet, sondern vor allem durch “entdeckendes Lernen“, “Handlungsorientiertes Lernen“ und Lernen mit allen Sinnen“.
In der Praxis sind die Formen der Öffnung immer nur Teil der pädagogischen Realität und gekoppelt mit geschlossenen Phasen. Für den “Offenen Unterricht“ ist die Verwobenheit der drei Dimensionen der Öffnung das anzustrebende Ziel in der Schulrealität.
2.5 Merkmale “Offenen Unterrichts“
In der Praxis ist der offene Unterricht durch folgende Merkmale gekennzeichnet:[7]
- die Lernwelt, der Klassenraum hat eine veränderte Sitzordnung und Raumstruktur mit Werkstattcharakter. Er bietet Möglichkeiten für eine Leseecke, Spielecke, Klassendruckerei Forschertisch und ähnliches und die Schüler arbeiten an Gruppen- oder Arbeitstischen.
- die Lernorganisation im Offenen Unterricht, wird bestimmt durch freie Arbeit, flexible Tages- oder Wochenpläne, Projekte, oder dem Morgen- und Abschlusskreis und wenige Frontalphasen
- die Lernmethoden, sind gekennzeichnet durch entdeckendes und praktisches Lernen, Partnerhilfe und Selbstkontrollen.
- die Lernatmosphäre, fordert gegenseitige Offenheit, Vertrauen, klare Abmachungen und die Akzeptanz der Schüler als Lerner mit individuellen Lernvoraussetzungen.
- Die Lerntätigkeit, bei der die Schüler praktisch, herstellend, untersuchend und diskutierend arbeiten.
- die Lernergebnisse werden sichtbar gemacht und anhand von Bildern, Geschichten, Zeitungen oder Vorführungen präsentiert.
2.6 Rolle des Lehrers
Mit der Entwicklung vom klassischen Unterricht zum offenen Unterricht, hat sich auch die Rolle des Lehrers grundlegend verändert.
In der “klassischen Didaktik“ ist der Schüler lediglich Empfänger von Lehrinhalten, die ihm von dem Lehrer für den Lernprozess zur Verfügung gestellt werden. Der Lehrer hat, im Rahmen der Lehrpläne das Entscheidungsmonopol. Er bestimmt über alle Lehr- und Lernentscheidungen, plant die Unterrichtsform und lenkt den Unterricht in seinem Sinne. Alle Unterrichtsaktivitäten haben ihren Ursprung in den Gedanken und Fähigkeiten des Lehrers.
Im “offenen Unterricht“ ist der Lehrer nicht mehr die alles lenkende Person, sondern er wird zum Begleiter und Berater der Schüler in ihrem Prozess der Persönlichkeitsentfaltung. Er soll für die Schüler weiterhin Wissensvermittler und Erzieher sein und Fachwissen, Grundfertigkeiten und Grundkenntnissen vermitteln, versteht sich jedoch eher als Lernarrangeur und Lernhelfer für die selbstgesteuerten Lernprozesse der Schüler. Im Mittelpunkt aller Unterrichtsaktivitäten steht die Orientierung an den Interessen, Ansprüchen, Wünschen und Fähigkeiten der Schüler.
Die Grundlage des Offenen Unterrichts ist die Selbsttätigkeit und Eigenverantwortung der Schüler und die Zurücknahme des Lehrers an Lernprozessen.
Die Schüler müssen mehr Eigenverantwortung für die Planung, Ausführung und Durchführung ihrer Lernaktivitäten übernehmen. Hierdurch werden bei den Schülern die Kooperationsfähigkeit, Selbständigkeit und sozialen Kompetenzen gefordert und gefördert.
Der Lehrer nimmt hierbei die Rolle des Organisators und behutsamen Lenkers von Lernprozessen auf einer partnerschaftlichen Ebene ein. Er ist Moderator, wenn die Schüler ihre Vorschläge und Stellungnahmen diskutieren oder Erfahrungen und Arbeitsergebnisse mitteilen. Durch seinen Rücktritt und die Selbständigkeit der Schüler kann er die Schüler gezielt beobachten, deren Lernfortschritte dokumentieren und einzelnen Schülern als Berater und Helfer, für eine gezielte individuelle Förderung, zur Verfügung stehen.
Um dieser neuen Rolle gerecht zu werden, muss der Lehrer neben seinen Fachkompetenzen auch persönliche und beziehungsorientierte Fähigkeiten in den Unterricht einbringen. Hierbei spielen vor allem Geduld, Achtung und Liebe eine große Rolle, denn nur durch diese sozialen Kompetenzen kann den Schülern das eigene Entwicklungs- und Lerntempo zugestanden werden.
Die Tätigkeit des Lehrers verlagert sich zum größten Teil in den Bereich der Vorbereitung, in die Planung und Organisation, und besteht nicht mehr in der Durchführung des Unterrichts, sonder in dessen Begleitung.
2.7 Materialien im “Offenen Unterricht“
Die Lern- und Arbeitsmaterialien sollten grundsätzlich vielfältig in ihrer Art und fächerübergreifend konzipiert sein, so dass ein Thema immer von mehreren Fachgebieten aus bearbeitet werden kann. Es sollte die Schüler auffordern handelnd, entdeckend, forschend und erprobend an eine Aufgabe heranzugehen.
Zu diesen Materialien gehören zum Beispiel: Experimentiermaterialien, Spiele, Bücher und Lernkarteien, auf die ich im folgenden Kapitel 3. noch näher eingehe.
2.8 Stärken und Schwächen offener Unterrichtsformen
Die Stärken offenen Unterrichts sind da zu finden, wo es um die Motivation, Selbststeuerung, Teamfähigkeit usw. von Schülern geht. Schüler die motiviert, selbstsicher oder auch leistungsstark sind profitieren von dieser Form, im Gegensatz zu weniger motivierten, ängstlichen oder auch leistungsschwachen Schülern. Diese benötigen eher einen eng geführten, lehrergelenkten Unterricht.
Im Vergleich zum lehrerzentrierten Klassen- und Frontalunterricht, können sich im offenen Unterricht Schwächen beim Kenntniserwerb bemerkbar machen.
2.9 Unterrichtsformen und Methoden
“Offener Unterricht“ basiert auf dem Einsatz verschiedener offener Unterrichtsmethoden wie dem Staionenlernen, Projektunterricht, Werkstattunterricht, Wochen- oder Tagesplan und der Freiarbeit. Im Folgenden werden einige dieser Formen vorgestellt, wobei ich mich bei der Darstellung auf den Werkstattunterricht, den Wochenplan (Tagesplan) und die Freiarbeit beschränke, da dort Lernkarteien zum Einsatz kommen können.
2.9.1 Werkstattunterricht
Der Werkstattunterricht beruht auf der Idee von Freinet, die Schule als Arbeitswerkstatt bzw. Arbeitsatelier zu gestalten.
Im Werkstattunterricht, stellt die Lehrperson, für ein thematisch eingeschränktes Thema ein breites Angebot an Arbeitsaufträgen mit dazugehörigen Materialen für die Schüler bereit, diese Aufgabe kann sehr aufwendig sein. Die Schüler arbeiten überwiegend selbständig, entscheiden in welcher Reihenfolge sie die Aufträge erfüllen und teilen auch die Zeit für die jeweiligen Aufgaben selbst ein. Zur Strukturierung und Planung der Arbeit ist es sinnvoll, dass die Schüler in einem Heft/Mappe einen Arbeitsbericht verfassen, in dem die erledigten und geplanten Arbeiten schriftlich festgehalten werden.
Die Dauer des Werkstattunterrichts hängt davon ab, wie umfangreich die Werkstatt konzipiert ist und wie viele Stunden täglich dafür zur Verfügung stehen. Sie sollte jedoch nicht länger als fünf Wochen dauern, um das Interesse der Schüler nicht zu erschöpfen.[8]
Im Gegensatz zu anderen Formen des Offenen Unterrichts, haben die Schüler keinen Einfluss auf die Themen und Aufgabenstellungen der Werkstatt. Dies wird zum Teil kritisiert und eine Öffnung des Werkstattunterrichts, durch die Beteiligung der Schüler an Entscheidungen über Inhalte und Aufgabenstellungen, gefordert.
[...]
[1] Jürgens 1994
[2] Ramseger, 1992
[3] Potthoff, 1992
[4] Ramseger, 1992
[5] Wallrabenstein, 1995
[6] Ramseger, 1992
[7] Wallrabenstein
[8] WEBER, 1998
- Quote paper
- Alexandra Preißing (Author), 2006, Unterricht zum Wetter anhand eines Karteikartensatzes - Konstruktion und Auswertung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52454
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