Die Hausarbeit, welche im Rahmen der Vorlesung „Siedlungs -und Infrastrukturplanung im internationalen Kontext“ im SoSe 2003 entstanden ist, hat Sáo Paulo und die entstehenden Probleme in solchen Ballungsräumen zum Gegenstand.
Die Megastädte in den Drittweltländern sind von einer verwirrenden Entwicklung in ihren Wachstumsregionen am Stadtrand geprägt. Dazu kommt es, weil einerseits ein fehlender Wille in der Politik sowie eine fehlende Kapazität in der Planung und Umsetzung vorhanden ist, um die unter chaotischen Zuständen frei wachsenden Stadtrandsiedlungen sozial, sowie auch durch Infrastruktur in die vorhandenen Strukturen der Großstädte einzubinden.
Hinsichtlich des schnellen Wachstums der Stadtbevölkerung in den Entwicklungsländern und der einhergehenden sozio-ökologischen Verarmung der Wachstumsregionen an den Stadträndern sind die Fragen nach den Optionen von Planungskontrolle solcher Entwicklungen äußerst heikel. Um die Entwicklungen und Vorgänge des Fallbeispiels Sáo Paulo besser nachvollziehen zu können, erfolgt im 1. Kapitel eine Einleitung in das Thema der Probleme der Stadtplanung in den Großstädten von Entwicklungsländern.
Im zweiten Kapitel werden die vorgestellten Entwicklungen in Sáo Paulo durch einen historischen Abriß veranschaulicht.
Um die Stadtplanung, den Verkehr sowie die Umweltprobleme der Stadt geht es im dritten Kapitel.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit den verschiedenen Seiten der Segregation in Sáo Paulo, der Entstehung von Favelas, sowie von hochgesicherten Luxuswohngegenden.
Inhaltsverzeichnis:
1. Das allgemeine Problem sich rasant ausbreitender Städte in Entwicklungsländern
2. Die Stadtgeschichte und Entwicklung Sáo Paulos
3. Stadtplanung, Verkehrsplanung und Umweltprobleme
3.1 Die Stadtplanung
3.2 Die Stadtentwicklungspolitik
3.3 Verkehrsplanung und Umweltprobleme
4. Die zwei Seiten der Segregation
SÁO PAULO – Stadtentwicklung
und Probleme einer Global City
Die Hausarbeit, welche im Rahmen der Vorlesung „Siedlungs -und Infrastrukturplanung im internationalen Kontext“ im SoSe 2003 entstanden ist, hat Sáo Paulo und die entstehenden Probleme in solchen Ballungsräumen zum Gegenstand.
Die Megastädte in den Drittweltländern sind von einer verwirrenden Entwicklung in ihren Wachstumsregionen am Stadtrand geprägt. Dazu kommt es, weil einerseits ein fehlender Wille in der Politik sowie eine fehlende Kapazität in der Planung und Umsetzung vorhanden ist, um die unter chaotischen Zuständen frei wachsenden Stadtrandsiedlungen sozial, sowie auch durch Infrastruktur in die vorhandenen Strukturen der Großstädte einzubinden.
Hinsichtlich des schnellen Wachstums der Stadtbevölkerung in den Entwicklungsländern und der einhergehenden sozio-ökologischen Verarmung der Wachstumsregionen an den Stadträndern sind die Fragen nach den Optionen von Planungskontrolle solcher Entwicklungen äußerst heikel.
Um die Entwicklungen und Vorgänge des Fallbeispiels Sáo Paulo besser nachvollziehen zu können, erfolgt im 1. Kapitel eine Einleitung in das Thema der Probleme der Stadtplanung in den Großstädten von Entwicklungsländern.
Im zweiten Kapitel werden die vorgestellten Entwicklungen in Sáo Paulo durch einen historischen Abriß veranschaulicht.
Um die Stadtplanung, den Verkehr sowie die Umweltprobleme der Stadt geht es im dritten Kapitel.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit den verschiedenen Seiten der Segregation in Sáo Paulo, der Entstehung von Favelas, sowie von hochgesicherten Luxuswohngegenden.
Das allgemeine Problem sich rasant ausbreitender Städte in Entwicklungsländern
Das Wachstum der Bevölkerung in den Städten der Entwicklungsländer unterstützt die starke Zunahme der Weltbevölkerung. Im Jahr 1985 machte die Landbevölkerung der Entwicklungsländer weit über die Hälfte der Weltbevölkerung aus, die Stadtbevölkerung nur ungefähr ein Viertel. Momentan macht die Stadtbevölkerung der Entwicklungsländer weit über 30% aus und für die Zukunft wird erwartet, daß im Jahr 2025 fast die Hälfte der gesamten Menschheit, ungefähr 4'000'000'000 Menschen, in urbanen Siedlungen in Entwicklungsländern leben, daß sich dieser Trend also stark fortführt.
Dieses rasante Wachsen der Städte entsteht zum einen durch das endogene Wachstum und zum anderen durch die weiter anhaltenden Migrationströme vom Land in die Städte. Hervorgerufen wird diese Migration u.a. von Landesunzugänglichkeit für Arme, durch Vertreibungen sowie durch die Hoffnung, in der Stadt ein einfacheres Leben zu finden. Der ausschlaggebendste Beweggrund für die Landflucht scheint aber ökonomischer Natur zu sein, nämlich mehr zu verdienen. In vielen Fällen wird die kleinste Chance auf ein geringes Einkommen in der Stadt, so unsicher es auch ist, die Migrationsentscheidung bewirken.
Wenn man nun dieses große Wachstum betrachtet, welches Stadtverwaltungen von Megastädten hunderttausende neuer, ungewünschter Bürger beschert, wird klar, auf welche Weise die Stadtstrukturen auf allen Gebieten hilflos und überfordert sind.
Von der Armut vom Land in die Stadt getriebene Zuwanderer, aber auch Stadtbewohner, welche für offizielle Behausungen in Zentrumsnähe finanziell nicht mehr aufkommen können, siedeln sich an preislosen Standorten an, da sie ihrer fehlenden Attraktivität wegen von der sonstigen Bevölkerung und von Immobilienspekulationen gemieden werden. Es handelt sind meistens um stark geneigte Flächen, welche von Erdrutschen, oder Flußüberschwemmungen bedroht sind. Um die Erwerbsmöglichkeiten aber noch in erreichbarer Nähe zu haben, auch um die Fahrtkosten niedrig zu halten, werden diese risikoreichen Wohnmöglichkeiten in Kauf genommen. Auch gänzlich unerschlossene Brachen werden immer wieder besiedelt, deren Eigner sie durch diese Zwischennutzung für eine künftige Nutzung offen hält oder auch auf eine Steigerung des Wertes zählt. Gerade auf diesen brachliegenden Flächen erhöht sich in den Entwicklungsländern das Risiko, gewaltsam vertrieben oder umgesiedelt zu werden. Das Besetzen dieser Flächen durch die Menschen, welches meistens illegal stattfindet, kann, da die Verwaltungen überfordert sind, neue Grundstücke anzubieten, kaum unterbunden werden.
Da der formelle Arbeitsmarkt gegen den ständigen Zufluss von meist unqualifizierten Arbeitskräften nichts ausrichten kann, bildet sich ein informeller Sektor ohne eine formelle Regelung des Arbeitsverhältnisses, welcher Dienstleistungs –und auch Handelstätigkeiten beinhaltet. Die Bedeutung dieser vertragslosen Arbeitsverhältnisse wird für Südamerika auf bis zu zwei Drittel der Erwerbstätigkeiten in den Städten geschätzt. Das Schaffen von entsprechend vielen Arbeitsplätzen stagniert angesichts der starken Zuwanderung und arme Migranten bleiben auch, wenn sie keine Arbeit finden, in der Stadt marginalisiert. Aufgrund der nie endenden Nachfrage nach Arbeitsplätzen können die Löhne von den Arbeitgebern beliebig verringert werden.
Die Bildung des informellen Sektors parallel zu dem formalen Arbeitsmarkt entwickelt eine Eigendynamik, welche die bestehenden Ordnungsstrukturen auszuweiten droht und dies, entgegen der Kraft der Regierungen, auch tut. Heute wird der informelle Sektor auch als Chance gesehen, bessere Verhältnisse durch Kontrolle und Steuerung dieser Prozesse zu schaffen, wobei diese Umstellung sich in den Entwicklungsländern oft als schwierig erweist
Während des großen Wachstums ist es für viele Städte unmöglich, eine rationale Raumordnung zu schaffen oder zu behalten, so daß sich schwerwiegende Verkehrsprobleme ergeben, die neben der an der Peripherie lebenden Bevölkerung auch alle anderen betreffen, die abhängig von der Mobilität sind. Durch den starken Zuwachs des Individualverkehrs großer Bevölkerungsteile ist in vielen Städten z.B. das Entwickeln von sinnvollen Bussystemen aufgehalten worden, wobei Städte wie Curitiba im Bundesstaat Parana es vormachten, intelligente und rationale Bus- und Verkehrssysteme zu entwickeln.
Das ständige Ausweiten der Stadt, hinaus über ihre eigentlichen Grenzen, bringt in den Randgebieten eine mangelnde Versorgung an Elektrizität und Wasser und eine mangelnde Abwasser- und Abfallentsorgung mit sich, obwohl gerade diese im Hinblick auf Hygiene und Krankheiten bei so starker Menschenkonzentration bedeutsam ist.
Durch die totale Überforderung der Städte, was die Mittel und den Willen anbelangt, bilden sich riesige Bevölkerungsschichten heraus, die in den Slums und Favelas, im Elend und unter menschenunwürdigen Bedingungen ihr Leben fristen. Die hohen Kriminalitätsraten und die Gewalt resultieren aus den Lebensbedingungen, dem täglichen Kampf um das Überleben und aus den Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten.
Die Lebensbedingungen und Arbeitsplätze in den Großstädten sind in den meisten Fällen noch besser als auf dem Lande. Da aber ein Großteil der Migranten von dem industriellen Sektor nicht beschäftigt werden kann, scheiden sie aus dem kapitalistischen System aus. Die Folgen sind die oben genannten.
Gründe für die schleppende oder gar nicht stattfindende Behebung all dieser Mißstände und Probleme, die mit starken Migrationen einhergehen, sind Fehlplanungen, Mangel an Kapitalressourcen und falsch gesetzte Prioritäten, die den Stadtverwaltungen zu schaffen machen. Wenig effiziente Verwaltungssysteme, Korruption und schlechte Kompetenz- und Machtaufteilung zwischen Staat, Bundessaaten und den einzelnen Stadtverwaltungen sind weitere verzögernde Faktoren zum Eindämmen der Probleme.
Die Segregation ist das augenscheinlichste Merkmal der heute stattfindenden Urbanisierung. Sie beschreibt die Segregation von ethnischen Minderheiten, von Einkommensgruppen im Bereich der Landnutzung und der persönlichen Aktivitäten. Anonymität und Oberflächlichkeit prägen die Stadt und soziale Bindungen haben vorübergehenden, aber auch gerade in Gegenden der ausgegrenzten Bevölkerungs-schichten zusammenschweißenden Charakter. In der Stadt bilden sich räumlich voneinander getrennte und homogene Viertel, die als funktionale, aber trotzdem separate Bestandteile der Stadt gesehen werden. Die Wohn –und Lebensqualität in diesen homogenen Vierteln klafft weit auseinander, so daß auf der einen Seite Pracht- und Luxusbauten, die Teile einer globalen Gesellschaft entstehen und die Stadtteile durch Miet- und Baupolitik eine Gentrification erfahren und die ärmeren Schichten in die Randlagen vertrieben werden.
Auf der anderen Seite stehen die verarmten, marginalisierten Bevölkerungsschichten, welche in teilweise sogar zentralen Gegenden wohnen, aber nicht in die Stadtstruktur integriert, uninteressant für die Wirtschaft und sozial ausgegrenzt von der übrigen Stadt sind. Auf die Problematik der Segregation wird im folgenden noch eingegangen.1 2
2. Die Stadtgeschichte und Entwicklung Sáo Paulos
Eine knappe Betrachtung der Historie Sáo Paulos verdeutlicht den Anstieg zu der größten Metropole Lateinamerikas. Während von dem 16.– 19. Jahrhundert die Stadt hauptsächlich lokale Funktionen inne hatte, setzte danach, einhergehend mit dem enormen Bevölkerungszuwachs, eine starke Entwicklung der Wirtschaft ein.
Im Jahre 1554 entstand das Dorf Sáo Paulo offiziell, als kleine Siedlung um ein Jesuiten-Kloster herum. Da sich im 16. Jahrhundert die Kolonisation Portugals hauptsächlich auf die Küsten beschränkte, dauerte es seine Zeit, bis mehr Menschen den Weg über den bis zu 1000 m hohen Steilabfall des Küstengebirges in das Hochbecken in 800 m über NN schafften. Auch weil der Anbau von Zuckerrohr nicht besonders ertragreich war, blieb die Siedlung wohl erst einmal isoliert. Bis zum 17. Jahrhundert, wo auch Weizen für den Export angebaut wurde, lebten die Menschen von der Subsistenzwirtschaft. 1711 kam es, begünstigt durch die strategisch optimale Lage, zur richtigen Stadtgründung.
Im 18. Jahrhundert wurde Zentralbrasilien von den Bandeirantes, von portugiesischen Einwanderern, welche sich zum Teil mit den Hochlandindianern vermischten und sich als Sklavenjäger verdingten, durchstreift, auf der Suche nach indianischen Arbeitskräften für die Zuckerrohrplantagen im Küstentiefland. Mit der Tatsache, dass Sáo Paulo zwar die Ausgangsbasis für diese Raubzüge war und auch davon profitierte, stieg zwar der Wohlstand und die Bevölkerung Sáo Paulos, die Bedeutung änderte sich bis in die 1870er Jahre, mit einer Bevölkerung von 28.000 Bürgern, aber wenig.
Im Jahr 1850 erreichte Sáo Paulo über das Rio Paraiba – Tal der Kaffeeanbau. Begünstigt durch die guten Boden- und Klimabedingungen und die vorhandene Kaufkraft in Europa, dehnte der Kaffeeanbau sich in den Norden des Landes aus und entwickelte sich zu dem wichtigsten Exportprodukt des Landes, was auch Sáo Paulo zum ökonomischen Aufschwung verhalf.
Es folgte die Einrichtung eines systematischen Verkehrsnetzes und sonstiger Infrastruktur in den Hochebenen und eine gezielte Einwanderungspolitik brachte genügend europäische Arbeitskräfte in das Land. Der Zuwachs der Bevölkerung betrug zu Ende des 19.Jahrhunderts 14% pro Jahr, hauptsächlich verstärkt durch italienische Immigranten. Die Kaffeeproduktion stieg von 0,3 Mio. Säcken im Jahr 1820 auf 7,3 Mio. Säcke 1890. Abgesehen von diesen ökonomischen Veränderungen erreichte auch das Einsetzen der Monarchie anno 1822 eine politische Modernisierung, da sich gegen Ende des 19.Jahrhunderts die ländliche Gesellschaft in eine städtische wandelte und der Handel sowie die Banken die Macht der Großgrundbesitzer übernahmen und die Sklaverei abgeschafft wurde, genau wie ein Jahr später auch die Monarchie.
Die finanziellen Verflechtungen stiegen stark an und es bildete sich eine finanzielle Basis für die langsam einsetzende Industrialisierung. Im Jahr 1900 betrug die Bevölkerungszahl Sáo Paulos 250.000. Der Anteil Sáo Paulos an der Industrieproduktion im Lande wuchs von 16% im Jahr 1907 auf 41% im Jahr 1941. Die industrielle Produktion nahm rasant zu und es gewann nun auch die chemische, die Metall- und Papierindustrie neben der Konsumgüterindustrie an Bedeutung. Parallel dazu entwickelte sich Sáo Paulo zu dem Finanz– und Handelszentrum ganz Brasiliens.
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1 http://www.weltbilder.de/html/stadt.htm
2 http://www.berlin-institut.org/pages/buehne/buehne_urbanisierung_kroehnert_megastadt.html
- Quote paper
- Sebastian von der Lieth (Author), 2003, Sáo Paulo - Stadtentwicklung und Probleme einer Global City, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52261
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