Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der historischen Entwicklung der Billigkeitsvorschriften im deutschen Steuerrecht ab dem Deutschen Kaiserreich, wenngleich sich aufgrund der Komplexität auf die wesentlichsten Billigkeitsmaßnahmen wie Stundung, Erlass oder abweichende Steuerfestsetzung, beschränkt wird. Darüber hinaus wird der Begriff der Billigkeit näher beleuchtet und seine Ausgestaltung in Kombination mit dem pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörden gegenübergestellt. Ferner untersucht die vorliegende Arbeit die für die Praxis bedeutsamsten Billigkeitsmaßnahmen und beschreibt das Spannungsfeld zwischen der verpflichtenden Vollziehung der Steuergesetze und der Ermächtigung, von den einschlägigen Besteuerungsvorschriften zu dispensieren, kritisch. Abschließend werden hieraus resultierende Erkenntnisse aufgezeigt und sowohl Hinweise als auch Empfehlungen für den Berater in der steuerlichen Beratungspraxis im Rahmen der Mandatsbetreuung mit auf den Weg gegeben.
In der Bundesrepublik Deutschland wird das Steuersystem an den Grundsatz des subjektiven Steuermaßes geknüpft, wonach der Steuerbürger entsprechend seiner ökonomischen und persönlichen Leistungsfähigkeit zu einer Steuer herangezogen wird. Hierbei regeln diverse Regelungen des Steuerrechts jedweden fiskalischen Eingriff in die Rechtssphäre des Steuerpflichtigen, um die Besteuerung zu gewährleisten und einen etwaigen Steueranspruch zu verfolgen.
Diese gesetzlichen Regelungen sind im Gesetzeswortlaut generell-abstrakt formuliert, sodass sich hieraus eine Allgemeingültigkeit für jeden Steuerbürger ergibt, wenngleich den Gesetzen ein Billigkeitsdefizit inhärent ist. Dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG sowie dem Legalitätsprinzip folgend ist die gleichmäßige Erhebung der gesetzlich geschuldeten Steuern obligat. Gleichwohl sind Sachverhaltskonstellationen denkbar, bei denen eine Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip zu unbilligen Resultaten führt und mit dem Willen des Gesetzgebers kontradiktieren. Für einen Dispens von den einschlägigen Besteuerungsvorschriften bedarf es, korrespondierend zur legitimierten und verpflichtenden Steuererhebung, einer gesetzlichen Ermächtigung.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Historie der steuerlichen Billigkeitsvorschriften
- 2.1 Regelungen im Deutschen Kaiserreich (1871 – 1918)
- 2.2 Regelungen durch die Reichsabgabenordnung (1919 – 1976)
- 2.3 Regelungen mit Einführung der AO (1977 - heute)
- 3. Billigkeit
- 3.1 Definition
- 3.2 Billigkeitsgründe
- 3.2.1 Persönliche Billigkeitsgründe
- 3.2.2 Sachliche Billigkeitsgründe
- 3.3 Ermessen bei Anwendung der Billigkeit
- 3.3.1 Definition
- 3.3.2 Arten von Ermessen
- 3.3.2.1 Entschließungsermessen
- 3.3.2.2 Auswahlermessen
- 3.3.3 Grenzen des Ermessens
- 3.3.3.1 Äußere Ermessensgrenzen
- 3.3.3.2 Innere Ermessensgrenzen
- 3.3.4 Rechtsfolgen bei Ermessensfehlern
- 3.3.5 Kontrolle und Überprüfung der Ermessensentscheidung
- 4. Billigkeitsmaßnahmen
- 4.1 Stundung § 222 AO
- 4.2 Erlass § 227 AO
- 4.3 Abweichende Steuerfestsetzung § 163 AO
- 4.4 Einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung § 258 AO
- 5. Niederschlagung § 261 AO
- 6. Hinweise für den steuerlichen Berater
- 6.1 Praktische Erschwernisse des Ermessens
- 6.2 Empfehlungen und Taktik
- 7. Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Masterarbeit untersucht das Spannungsfeld zwischen der strikten Anwendung von Steuergesetzen und der Möglichkeit, von diesen abzuweichen, um Billigkeit zu gewährleisten. Ziel ist es, praktische Erkenntnisse für die steuerliche Beratung zu gewinnen. Die Arbeit analysiert die historischen Entwicklungen, die rechtlichen Grundlagen von Billigkeitsmaßnahmen und deren Anwendung in der Praxis.
- Historische Entwicklung der Billigkeitsvorschriften im deutschen Steuerrecht
- Definition und Abgrenzung von Billigkeit im Steuerrecht
- Arten und Voraussetzungen von Billigkeitsmaßnahmen
- Ermessensspielraum der Finanzverwaltung bei Billigkeitsentscheidungen
- Praktische Anwendung und Beratungshinweise für Steuerberater
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Dieses Kapitel führt in die Thematik der Billigkeitsmaßnahmen im Steuerrecht ein und beschreibt die Relevanz des Themas für die steuerliche Praxis. Es skizziert den Aufbau und die Methodik der Arbeit.
2. Historie der steuerlichen Billigkeitsvorschriften: Dieser Abschnitt verfolgt die historische Entwicklung der Billigkeitsregelungen im deutschen Steuerrecht, beginnend mit dem Deutschen Kaiserreich über die Reichsabgabenordnung bis hin zur heutigen Abgabenordnung (AO). Er beleuchtet die Veränderungen in der Auslegung und Anwendung von Billigkeitsvorschriften im Laufe der Zeit und zeigt die unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen auf. Die Analyse verdeutlicht die Kontinuität des Grundgedankens der Billigkeit, gleichzeitig aber auch die Anpassungen an die sich wandelnden gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen.
3. Billigkeit: Dieses Kapitel definiert den Begriff der Billigkeit im Steuerrecht und unterscheidet zwischen persönlichen und sachlichen Billigkeitsgründen. Es analysiert ausführlich den Ermessensspielraum der Finanzbehörden bei der Anwendung von Billigkeit, inklusive der verschiedenen Arten von Ermessen (Entschließungs- und Auswahlermessen) und deren Grenzen (äußere und innere Ermessensgrenzen). Die Rechtsfolgen von Ermessensfehlern und die Möglichkeiten der Kontrolle und Überprüfung von Billigkeitsentscheidungen werden ebenfalls beleuchtet. Das Kapitel bietet eine umfassende Darstellung der rechtlichen und faktischen Aspekte der Billigkeit im Steuerrecht.
4. Billigkeitsmaßnahmen: Der Schwerpunkt dieses Kapitels liegt auf der detaillierten Beschreibung verschiedener Billigkeitsmaßnahmen gemäß der Abgabenordnung (AO), wie Stundung (§ 222 AO), Erlass (§ 227 AO), abweichende Steuerfestsetzung (§ 163 AO) und einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung (§ 258 AO). Für jede Maßnahme werden die Voraussetzungen, die möglichen Rechtsfolgen, und die Möglichkeiten des Rechtsschutzes ausführlich erläutert. Anhand von Beispielen wird die praktische Anwendung der einzelnen Maßnahmen verdeutlicht. Die einzelnen Unterkapitel zeigen die komplexen rechtlichen Aspekte und die jeweiligen Unterschiede zwischen den einzelnen Billigkeitsmaßnahmen auf.
5. Niederschlagung § 261 AO: Dieses Kapitel befasst sich mit der Niederschlagung von Steuerforderungen nach § 261 AO. Es erläutert die Voraussetzungen für eine Niederschlagung, insbesondere die Aussichtslosigkeit der Steuerforderung und die Unverhältnismäßigkeit der Kosten einer Vollstreckung. Die Rechtsfolgen und die Möglichkeiten des Rechtsschutzes werden ebenfalls eingehend betrachtet. Die Darstellung verdeutlicht, unter welchen Umständen eine Steuerforderung ganz oder teilweise aufgehoben werden kann.
6. Hinweise für den steuerlichen Berater: Dieses Kapitel gibt praktische Hinweise für Steuerberater zur Anwendung von Billigkeitsmaßnahmen. Es thematisiert besondere Schwierigkeiten bei der Anwendung des Ermessens durch die Finanzverwaltung und bietet Empfehlungen für eine erfolgreiche Steuerberatung in diesem Bereich. Die Kapitel stellen eine wertvolle Hilfestellung für die tägliche Arbeit eines Steuerberaters dar.
Schlüsselwörter
Billigkeitsmaßnahmen, Steuerrecht, Abgabenordnung (AO), Ermessen, Stundung, Erlass, Abweichende Steuerfestsetzung, Niederschlagung, Vollstreckung, Steuerberatung, Rechtsfolgen, Rechtsschutz, Finanzverwaltung, persönliche Billigkeitsgründe, sachliche Billigkeitsgründe.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Masterarbeit: Billigkeitsmaßnahmen im Steuerrecht
Was ist der Gegenstand dieser Masterarbeit?
Die Masterarbeit untersucht das Spannungsfeld zwischen der strikten Anwendung von Steuergesetzen und der Möglichkeit, hiervon im Sinne der Billigkeit abzuweichen. Sie analysiert die historischen Entwicklungen, die rechtlichen Grundlagen von Billigkeitsmaßnahmen und deren Anwendung in der Praxis, mit dem Ziel, praktische Erkenntnisse für die steuerliche Beratung zu gewinnen.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die historische Entwicklung der Billigkeitsvorschriften im deutschen Steuerrecht, die Definition und Abgrenzung von Billigkeit, die Arten und Voraussetzungen von Billigkeitsmaßnahmen, den Ermessensspielraum der Finanzverwaltung, und die praktische Anwendung sowie Beratungshinweise für Steuerberater. Konkret werden Stundung (§ 222 AO), Erlass (§ 227 AO), abweichende Steuerfestsetzung (§ 163 AO), einstweilige Einstellung/Beschränkung der Vollstreckung (§ 258 AO) und Niederschlagung (§ 261 AO) detailliert untersucht.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel: Einleitung, Historie der steuerlichen Billigkeitsvorschriften, Billigkeit (inkl. Definition, Billigkeitsgründe und Ermessen), Billigkeitsmaßnahmen, Niederschlagung (§ 261 AO), Hinweise für den steuerlichen Berater und Zusammenfassung/Fazit. Jedes Kapitel behandelt einen spezifischen Aspekt des Themas und baut auf den vorherigen Kapiteln auf.
Was versteht die Arbeit unter "Billigkeit" im Steuerrecht?
Die Arbeit definiert den Begriff der Billigkeit und unterscheidet zwischen persönlichen und sachlichen Billigkeitsgründen. Sie analysiert den Ermessensspielraum der Finanzbehörden bei der Anwendung von Billigkeit, einschließlich der Arten von Ermessen (Entschließungs- und Auswahlermessen) und deren Grenzen (äußere und innere Ermessensgrenzen). Rechtsfolgen von Ermessensfehlern und Kontrollmöglichkeiten werden ebenfalls behandelt.
Welche Billigkeitsmaßnahmen werden im Detail beschrieben?
Die Arbeit beschreibt detailliert Stundung (§ 222 AO), Erlass (§ 227 AO), abweichende Steuerfestsetzung (§ 163 AO) und einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung (§ 258 AO). Für jede Maßnahme werden Voraussetzungen, Rechtsfolgen und Rechtsschutzmöglichkeiten erläutert und anhand von Beispielen die praktische Anwendung verdeutlicht.
Was sind die wichtigsten Erkenntnisse für Steuerberater?
Die Arbeit bietet praktische Hinweise für Steuerberater zur Anwendung von Billigkeitsmaßnahmen. Sie thematisiert Schwierigkeiten bei der Anwendung des Ermessens durch die Finanzverwaltung und gibt Empfehlungen für eine erfolgreiche Steuerberatung in diesem Bereich. Die Arbeit soll eine wertvolle Hilfestellung für die tägliche Arbeit eines Steuerberaters darstellen.
Welche historischen Entwicklungen werden betrachtet?
Die Arbeit verfolgt die historische Entwicklung der Billigkeitsregelungen im deutschen Steuerrecht vom Deutschen Kaiserreich über die Reichsabgabenordnung bis zur heutigen Abgabenordnung (AO). Sie zeigt die Veränderungen in der Auslegung und Anwendung von Billigkeitsvorschriften im Laufe der Zeit und die unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen auf.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant für die Arbeit?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind Billigkeitsmaßnahmen, Steuerrecht, Abgabenordnung (AO), Ermessen, Stundung, Erlass, abweichende Steuerfestsetzung, Niederschlagung, Vollstreckung, Steuerberatung, Rechtsfolgen, Rechtsschutz, Finanzverwaltung, persönliche Billigkeitsgründe und sachliche Billigkeitsgründe.
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- Sascha Riedl (Author), 2019, Billigkeitsmaßnahmen im Steuerrecht. Voraussetzungen, Arten, Ermessen und Grenzen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/520753