Konkurrenz belebt das Geschäft – vermutlich sind sich die wenigsten Menschen ohne einen betriebswirtschaftlichen Hintergrund bewusst, was das bedeutet. Für Konsumenten ist die Konkurrenz auf dem Markt von Vorteil, denn so ergeben sich niedrigere Preise und hohe Qualitätsstandards. Für Unternehmen erhöht sie jedoch in vielen Bereichen den Druck.
Wie Matthias Muschiol in seiner Publikation verdeutlicht, ist es in dieser Wettbewerbssituation besonders schwierig, das eigene Produkt von den Konkurrenzprodukten abzuheben. Eine Möglichkeit hierfür ist der Gebrauch von vergleichender Werbung. Doch darf man das als Unternehmen in Deutschland überhaupt? Mit welchen Chancen und Risiken ist vergleichende Werbung verbunden?
Um das zu klären, setzt Muschiol sich näher mit den theoretischen Grundlagen auseinander. Er beleuchtet das Thema sowohl aus der Sicht der Marketings als auch des Wettbewerbsrechts. Auch anhand von Praxisbeispielen veranschaulicht Muschiol so, wann sich vergleichende Werbung wirklich lohnt. Sein Buch bietet eine Entscheidungsgrundlage in kommunikationspolitischen Fragestellungen.
Aus dem Inhalt:
- Online-Marketing;
- Offline-Marketing;
- UWG;
- Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb;
- Bannerwerbung;
- Wettbewerb
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Aufbau/Methodik
2 Grundlagen zum Themengebiet „Marketing“
2.1 Die Notwendigkeit von Marketing
2.2 Das moderne Marketingverständnis
3 Das Instrumentarium des Marketings
3.1 4P im Marketing-Mix eines Unternehmens
4 Das kommunikationspolitische Instrument „Werbung“
4.1 Entwicklung von Werbung in Deutschland
4.2 Wissenschaftliche Definition von Werbung
4.3 Vergleichende Werbung als Unterkategorie der Werbung
5 Vergleichende Werbung als Kommunikationsinstrument
5.1 Definitionen vergleichender Werbung
5.2 Darstellungsformen von Vergleichen
5.3 Zwischenfazit & Weitergehende Überlegungen
6 Das Erfordernis eines Rechtsrahmens für vergleichende Werbung
6.1 „Vergleichende Werbung“ als ökonomisches Dilemma
7 Einführung in das deutsche Wettbewerbsrecht
7.1 Überblick zum Themengebiet „Wettbewerbsrecht“
8 Das deutsche Lauterkeitsrecht
8.1 Historische Entwicklung des Lauterkeitsrechts in Deutschland
8.2 Überblick zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG 2016)
9 Regelungen zu vergleichender Werbung in Deutschland
9.1 Exkurs: Historie von vergleichender Werbung in den USA
9.2 Überblick zu §6 UWG
9.3 Definition von vergleichender Werbung gemäß §6 Abs. 1 UWG
9.4 Unlautere vergleichende Werbung i.S.d. §6 Abs
9.5 Weiterführende Gedanken
10 Fallstudie „Autovermietung“ – Eine bilaterale Analyse
10.1 Thematische Einführung der Fallstudie
10.2 Die Betrachtung der Sixt-Kampagne aus der Sicht des Marketings
10.3 Die Betrachtung der Sixt-Kampagne aus der Sicht des Rechts
10.4 Weitergehende Überlegungen
11 Kritische Betrachtung von vergleichender Werbung
11.1 Darstellung der Herangehensweise in Form der KJ-Methode
11.2 Identifizierte Risikocluster im Rahmen der KJ-Methode
12 Abschließende kritische Reflexion zum Gebrauch von vergleichender Werbung in Deutschland
12.1 Eigenschaften der deutschen Kultur als Ursache für geringe Nutzung von vergleichender Werbung
12.2 Implikationen für deutsche Unternehmen – Eine Abwägung von Chancen & Risiken
13 Abschließender Gedanke
Quellen-/Literaturverzeichnis
Rechtsquellenverzeichnis
Anhang
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Abstract
Die vorliegende Abschlussarbeit beschäftigt sich mit einer kritischen Diskussion des Werbeinstruments „Vergleichende Werbung“. Die übergeordnete Zielsetzung liegt demzufolge in einer ausführlichen Erörterung der mit dem Gebrauch von vergleichender Werbung verbundenen Chancen und Risiken, die insbesondere deutschen Unternehmen eine Entscheidungsgrundlage in kommunikationspolitischen Fragestellungen bieten soll.
Der erste Abschnitt der Arbeit war dabei zunächst einer Vermittlung der notwendigen theoretischen Grundlagen gewidmet, die „Vergleichende Werbung“ auf Basis einer bilateralen Betrachtung aus den Perspektiven des Marketings und des Wettbewerbsrechts beleuchtete. Dort konnte u.a. herausgefunden werden, dass vergleichende Werbung ein äußerst konfrontatives Kommunikationsinstrument ist, dessen Gestaltungsrahmen in Deutschland durch eine Vielzahl unterschiedlicher rechtlicher Regelungen eingeschränkt wird.
Eine eigens recherchierte, und auf Basis historischer Aussagen entwickelte Fallstudie wandte das zuvor vermittelte Wissen praxisgerecht an und offenbarte schließlich, dass der aus Unternehmenssicht erfolgreiche Gebrauch von vergleichender Werbung stets an ein fruchtbares Zusammenspiel von Marketing & Wettbewerbsrecht geknüpft ist.
Auf Basis einer in Anlehnung an die sog. KJ-Methode durchgeführten Risikoidentifikation konnte reflektierend festgestellt werden, dass dieses besondere Werbeinstrument für Unternehmen mit mannigfaltigen Chancen und Risiken verbunden ist, die eine pauschalisierte Handlungsempfehlung für oder gegen die Integration von vergleichender Werbung in den Marketing-Mix äußerst erschweren. Vielmehr ist in der Regel eine unternehmensbezogene, subjektive Reflexion vonnöten, welche die individuelle kommunikative Ausgangslage sowie die darauf basierenden Kommunikationsziele mit den Chancen und Risiken von vergleichender Werbung abgleicht, um auf dieser Grundlage eine begründete Entscheidung über den Einsatz dieses Werbeinstruments treffen zu können.
Schlüsselwörter: Wettbewerb, Werbung, Vergleichende Werbung, Marketing, Marketing-Mix, Wirtschaftsrecht, Wettbewerbsrecht, UWG, Fallstudie, Risikoidentifikation, KJ-Methode
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau der Abschlussarbeit
Abbildung 2: Marketing-Mix inkl. 4P-Kategorisierung
Abbildung 3: Zielebenen von Werbung
Abbildung 4: Arten vergleichender Werbung im engeren Sinne
Abbildung 5: Schutzzwecktrias UWG
Abbildung 6: Eigenschaften i.S.d. §6 Abs. 2 Nr. 2 UWG
Abbildung 7: Vergleichende Werbekampagne Sixt
Abbildung 8: Risiko-Landschaft als Resultat der KJ-Methode
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
„Konkurrenz belebt das Geschäft“ – vermutlich sind sich die wenigsten Menschen ohne einen betriebswirtschaftlichen Bildungshintergrund über die komplexen ökonomischen Zusammenhänge bewusst, die von dieser alltäglich genutzten Redensart stark vereinfacht zusammengefasst werden.
Konkurrenz, respektive der sog. Wettbewerb, bildet einen essenziellen Baustein marktwirtschaftlicher Strukturen und ist insbesondere für den Nachfrager mit einer Vielzahl unterschiedlicher Vorteile verbunden. Neben sinkenden Preisen, hohen Qualitätsstandards sowie technologischen Innovationen profitiert jener im Speziellen von einer großen Auswahl an unterschiedlichen Produkten oder Dienstleistungen verschiedenster Anbieter (Europäische Kommission 2012).
Während eine durch mehrere Konkurrenten geprägte Wettbewerbssituation für die Nachfrager folglich mannigfaltige Vorzüge aufweist, bedeutet sie für die anbietenden Unternehmen zunächst ein Füllhorn an unterschiedlichen Herausforderungen. Neben konstantem Kosten-, Qualitätssicherungs- und Innovationsdruck stellt sich für Anbieter insbesondere die Frage, wie der Nachfrager vor dem Hintergrund zahlreicher Substitutionsmöglichkeiten gerade von dem eigenen Produkt-/Dienstleistungsangebot überzeugt werden kann. Eine Möglichkeit zur Erreichung dieses Zieles liegt in dem Gebrauch von vergleichender Werbung , welche Unternehmen die Gelegenheit eröffnet, die Vorteile des eigenen Leistungsangebotes mittels eines Vergleiches mit einem oder mehreren Wettbewerbern plakativ darzustellen und auf Basis dessen Präferenzen für das eigene Produkt-/Dienstleistungsangebot aufzubauen. Vergleichende Werbung scheint damit zunächst eine große Chance zu sein, um den Herausforderungen des Wettbewerbes entgegenzutreten und sich vorteilhaft auf den stark umkämpften Märkten zu positionieren.
Mit der vorliegenden Abschlussarbeit wird das übergeordnete Ziel verfolgt, das Kommunikationsinstrument „Vergleichende Werbung“ und dessen Möglichkeiten in seiner vollständigen Komplexität zu erörtern. In diesem Zusammenhang sollen allerdings nicht ausschließlich die mit dem Instrument verbundenen Vorteile, sondern insbesondere die existenten Gefahren detailliert herausgearbeitet werden, um auf Basis einer gesamtheitlichen Abwägung von Chancen und Risiken über die Sinnhaftigkeit dieses besonderen Werbeinstruments zu urteilen. Dabei wird ausdrücklich auf eine (bislang in der Literatur fehlende) praxisnahe Gesamtdarstellung der Sachzusammenhänge wertgelegt, sodass die veranschaulichten Ausführungen von Unternehmen als umfangreiche Entscheidungsgrundlage für den Gebrauch von vergleichender Werbung genutzt werden können.
1.1 Aufbau/Methodik
Die folgende Arbeit richtet sich primär an deutsche Unternehmen, die das Kommunikationsinstrument „Vergleichende Werbung“ möglicherweise in ihren Marketing-Mix integrieren, und sich aus diesem Grund intensiv mit der Materie beschäftigen möchten. Um ein tiefgehendes Verständnis für den Themenbereich zu erreichen, wird für die Arbeit ein interdisziplinärer Analyseansatz gewählt, welcher das Instrumentarium „Vergleichende Werbung“ aus zwei unterschiedlichen Perspektiven intensiv untersucht.
Zunächst wird dabei die Betrachtung aus der Sicht des Marketings gewählt, wobei eine allgemeine Einführung in jenes Wissenschaftsgebiet die thematische Grundlage bildet, welche anschließend von einer ausführlichen Auseinandersetzung mit dem Kommunikationsinstrument „Vergleichende Werbung“ gefolgt wird.
Wie ferner anhand einer gesamtökonomischen Analyse aufgezeigt werden soll, ist ein gesellschaftlich wünschenswerter Einsatz von vergleichender Werbung bloß durch die Etablierung rechtlicher Regelungen realisierbar, die in Deutschland maßgeblich im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) manifestiert sind. Die ausführliche, auf Basis des Rechtstextes sowie einschlägiger Rechtsprechungen durchgeführte Analyse des juristischen Gestaltungsspielraumes für vergleichende Werbung stellt folglich den zweiten Teilbereich dieser Abschlussarbeit dar. Aufgrund der Annahme, dass der durchschnittlich informierte Unternehmer i.d.R. lediglich über ein begrenztes juristisches Verständnis für teils verklausulierte/komplexe Rechtstexte verfügt, werden in den Ausführungen der Arbeit eine Vielzahl realer Praxisbeispiele zitiert, die den Rechtsrahmen anschaulich, und für die Zielgruppe verständlich, darstellen sollen.
Nachdem mittels der ersten beiden Kapitel die theoretische Grundlage für ein tiefgehendes Verständnis des Themenkomplexes gelegt wurde, soll im darauffolgenden Schritt auf Basis einer eigens für diesen Zweck entworfenen Fallstudie die interdisziplinäre Verknüpfung von Marketing und Wettbewerbsrecht im Gestaltungsprozess einer erfolgreichen vergleichenden Werbekampagne verdeutlicht werden.
Den abschließenden Themenbereich der Abschlussarbeit bildet eine auf Basis einer strukturierten Risikoidentifikation durchgeführte kritische Auseinandersetzung mit dem Kommunikationsinstrument „Vergleichende Werbung“, in welcher u.a. die Fragestellung erörtert wird, inwieweit deutsche Unternehmen diese besondere Werbeform in ihre Kommunikationsbemühungen integrieren sollten.
Die folgende Abbildung 01 stellt den Aufbau der vorliegenden Abschlussarbeit mittels einer bildhaften Darstellung der vier bedeutenden Themenbereiche vereinfacht dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufbau der Abschlussarbeit
Eigene Darstellung.
Im übertragenen Sinne bilden die anfänglichen Ausführungen aus dem Gebiet des Marketings und des Wettbewerbsrechts somit das notwendige Fundament für die anschließende Zusammenführung beider Perspektiven innerhalb einer realen Fallstudie sowie der abschließenden kritischen Reflexion des Kommunikationsinstruments „Vergleichende Werbung“.
2 Grundlagen zum Themengebiet „Marketing“
Den Ausgangspunkt dieser Arbeit stellt die Herstellung eines theoretischen Grundverständnisses für den Themenkomplex „Marketing“ dar. Zu diesem Zweck wird auf Basis des Transformationsprozesses von Verkäufer- zu Käufermärkten zunächst die historische Entwicklung von kunden-/marktorientierter Unternehmensführung, dem sog. Marketing, dargestellt und interpretiert.
2.1 Die Notwendigkeit von Marketing
„There is only one boss. The customer. And he can fire everybody in the company from the chairman on down, simply by spending his money somewhere else.”1
Samuel “Sam” Moore Walton, Gründer Walmart (Armstrong et al., 2009, S.6)
In den vergangenen Jahrzehnten hat der Begriff „Kundenorientierung“ eine steigende Bedeutung in der Führung von Unternehmen erhalten. Beispiele wie der amerikanische Einzelhändler Walmart zeigen, dass eine konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen des Konsumenten einen erfolgsversprechenden Faktor abbilden kann.2 Zu kundenorientierten Maßnahmen zählen dabei neben Aktivitäten wie Marktforschungen zur Identifikation von Kundenbedürfnissen (Olbrich, 2006, S.11) oder Messungen der Kundenzufriedenheit (Nerdinger & Neumann, 2007, S.136-141) auch kommunikative Maßnahmen wie Werbung, die für Unternehmen in der Regel zwar mit einem besonders hohen (finanziellen) Aufwand verbunden ist, jedoch heutzutage, wie diese Arbeit in den folgenden Kapiteln detailliert erörtern wird, eine essenzielle Stütze des unternehmerischen Erfolges darstellt.
Heutzutage gilt es in der Wirtschaftswissenschaft als „unumstritten“ (Bruhn, 2016, S.13), dass „die Bedürfnisse der Nachfrager im Zentrum der Unternehmensführung stehen [sollten]“ (Bruhn, 2016, S.13). So trivial die Orientierung an den Bedürfnissen des Konsumenten aus heutiger Sicht möglicherweise erscheint, denn „[o]hne Kunden gibt es schließlich kein Unternehmen“ (Spethmann, 2014, S.55), offenbart ein zeitlicher Rückblick gleichwohl, dass es für Unternehmen für eine lange Zeit nicht üblich, respektive nicht zwingend notwendig war, den Konsumenten und dessen individuelle Bedürfnisse in die unternehmerische Absatzplanung zu integrieren.
2.1.1 Transformationsprozess vom Verkäufer- zum Käufermarkt
Bis in die späten 1950/-60er Jahre wird in der Wirtschaftswissenschaft von einer Zeit des sogenannten „Nachfrageüberhang[s]“ in Deutschland gesprochen (Kreutzer, 2017, S.5; Wöhe & Döring, 2013, S.370; Homburg, 2017, S.3-4). Charakteristisch für diesen Zustand sind teils exorbitant hohe Nachfragen für Güter & Dienstleistungen verschiedenster Art, die jedoch nur einem stark limitierten Angebot gegenüberstehen. Kreutzer (2017, S.4) beschreibt die Nachfrage als solchermaßen stark, dass Anbietern zu damaliger Zeit „die Produkte [...] quasi aus den Händen gerissen wurden“. Die Disparität von Angebot und Nachfrage resultiert folglich in einer „dominanten Marktposition“ (Kreutzer, 2017, S.4) der verkaufenden Unternehmen (respektive der Anbieter), die ihre (Arbeits-)Ressourcen größtenteils zur Senkung ihrer Herstellungskosten einsetzen können (Bruhn, 2018, S.29; Kuß & Kleinaltenkamp, 2016, S.5). Marktverhältnisse dieser Art werden in der Wissenschaft durch das Kompositum „ Verkäufermärkte “ ausgedrückt, welches die Marktmacht der Anbieter (Verkäufer) explizit hervorhebt.
Für Unternehmen, wie auch für Konsumenten, waren die folgenden Jahre und Jahrzehnte von weitreichenden Veränderungen der „politisch-gesellschaftlichen, technologischen und ökologischen [Rahmenbedingungen]“ (Greve, 2010, S.4) geprägt, die sich unmittelbar auf die im Vorfeld geschilderten Marktverhältnisse auswirken sollten. Besonders hervorzuheben ist dabei neben der Minderung von Handelshemmnissen und Fortschritten in der Transport- sowie Telekommunikationsbranche (Misu, 2015, S.103) vor allem der „verschärfte Wettbewerb“ (Greve, 2010, S.4), welcher das Machtgefüge der Marktteilnehmer zugunsten der Nachfrager, hin zu einem Käufermarkt, fundamental veränderte (Bruhn, 2018, S. 29). Waren Konsumenten zuvor in der Auswahl der vorhandenen Produkte stark begrenzt, haben sie heutzutage dank der im Zeitverlauf zunehmenden Globalisierung nunmehr die Möglichkeit, Zugang zu entsprechenden Substituten anderer Anbieter in unterschiedlichen Qualitäts- und Preisabstufungen zu erhalten (Spindler, 2016, S.58). Für das einzelne Unternehmen bedeuten die beschriebenen Entwicklungen Chance und Risiko zugleich. Zunächst resultiert eine globalisierte Geschäftswelt potenziell in einer Ausweitung des Absatzgebietes für das eigene (Produkt-/Dienstleistungs-)Angebot (Berger, 2015, S.136). Jedoch bedeuten zusammengewachsene Märkte mitunter auch, dass sich die Wettbewerbssituation für das einzelne Unternehmen durch eine Vielzahl neuer Konkurrenten massiv verschlechtert (Bruhn, 2016, S.13). Plakativ ausgedrückt befinden sich Unternehmen heute in einem Konkurrenzkampf mit der gesamten Welt, wobei der Wettbewerbsgegenstand die Gunst des Konsumenten ist, die es sich zu erarbeiten gilt.
Die ganzheitliche Betrachtung der zurückliegenden Entwicklung zeigt, dass die Marktsituation für Unternehmen unverkennbar an Komplexität hinzugewonnen hat. Aufgrund von z.T. stark umkämpften Märkten können Unternehmen i.d.R. nichtmehr damit rechnen, dass ein bloßes Angebot von Produkten unmittelbar dazu führt, dass Konsumenten ihnen jene, gemäß Kreutzer (2017, S.4), „aus den Händen reißen“. Vielmehr verlangt die außergewöhnlich käuferzentrierte Marktmacht („There is only one boss. The customer“, Vgl. S.4 ) heutzutage eine unternehmensseitige Auseinandersetzung mit dem Konsumenten und dessen Bedürfnissen. Möchten Unternehmen erfolgreich am Markt bestehen, drängt sie die Dynamik des Käufermarktes folglich zu einer kunden-/marktorientierten Unternehmensführung, welche im unternehmensinternen Funktionskonstrukt als sog. Marketing verankert ist.
2.2 Das moderne Marketingverständnis
Die Anfänge des, wie Meffert, Burmann & Kirchgeorg (2015, S.7) formulieren, „modernen Marketing[s]“, gehen namentlich u.a. auf den Wirtschaftswissenschaftler Philip Kotler zurück, der in den 1960er Jahren die bevorstehenden Transformationsprozesse des Marktes frühzeitig erkannt, und mit wegweisenden Veröffentlichungen wesentliche Pionierarbeiten in der kundenorientierten Führungskonzeption geleistet hat3. So war es Kotler, der mit folgender, erstmalig konsumentenzentrierten Definition von Marketing die Wirtschaftswissenschaften nachhaltig prägen sollte (Meffert, Burmann & Kirchgeorg, 2015, S.11; Kotler, 1967):
„Marketing ist die Analyse, Organisation, Planung und Kontrolle der kundenbezogenen Ressourcen, Verhaltensweisen und Aktionsorientierung einer Firma mit dem Ziel, die Wünsche und Bedürfnisse des Marketings ausgewählter Kundengruppen gewinnbringend zu befriedigen. “
Auch heute, über 50 Jahre nach der Erstveröffentlichung Kotlers, nimmt dessen Verständnis von kundenorientiertem Marketing weiterhin eine tragende Rolle ein. Besonders deutlich wird dies anhand der Marketing-Definition des international anerkannten (Meffert, Burmann & Kirchgeorg, 2015, S.10) und „weltweit größte Beachtung finden[den]“ (Kuß, 2013, S.5) American Marketing Institutes (AMA, 2018), welches kundenorientierte Wertschöpfung weiterhin an erster Stelle sieht:
“Marketing is the activity, set of institutions, and processes for creating, communicating, delivering, and exchanging offerings that have value for customers, clients, partners, and society at large.”
Die heute weit verbreitete Definition für Marketing des American Marketing Institutes zeigt, dass Marketing gegenwärtig als ganzheitlich marktorientierte Unternehmensführung verstanden wird, und damit dem Kerngedanken Kotlers in großem Maße entspricht. Demnach sollen alle Funktionen und Abteilungen („activity, set of institutions, and processes“) eines Unternehmens konsequent „auf die Bedürfnisse aktueller und potenzieller Kunden“ (Meffert, Burmann & Kirchgeorg, 2015, S.14) und weiterer Interessensgruppen ausgerichtet sein. Marketing wird demzufolge nicht als eine einzelne Abteilung, sondern vielmehr als „unternehmerische Denkhaltung“ (Bruhn, 2016, S.14) verstanden, die unternehmensübergreifend im Interesse von relevanten Stakeholdern handelt (Meffert, Burmann & Kirchgeorg, 2015, S.15).
3 Das Instrumentarium des Marketings
Während zu dieser Stelle der Arbeit herausgearbeitet wurde, weshalb Marketing in den vergangenen Jahren solch eine außerordentliche Bedeutsamkeit für Unternehmen erlangt hat und welche Zielsetzung es heutzutage verfolgt, soll im nächsten Schritt die Frage beantwortet werden, wie (respektive mit welchen Werkzeugen und Instrumenten) Unternehmen im operativen Geschäft jene Ziele erreichen können. Der Aufbau dieses Kapitels orientiert sich dabei an den sog. „4P des Marketings“ nach McCarthy (1960), welche die zentralen Bausteine des „modernen Marketing[s]“ (Meffert, Burmann & Kirchgeorg, 2015, S.7) abbilden.
3.1 4P im Marketing-Mix eines Unternehmens
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Marketing-Mix inkl. 4P-Kategorisierung
Eigene Darstellung.
Das moderne, kundenorientierte Marketing nach dem Grundverständnis Kotlers (1967) zeichnet sich durch eine Vielzahl an möglichen Instrumenten/Herangehensweisen aus, die Unternehmen dafür nutzen können, Konsumenten von ihrem (Produkt-)Angebot zu überzeugen. Mit einer vierteiligen Kategorisierung jener Instrumente (sog. „ 4P “) setzte der Wirtschaftswissenschaftler Edmund Jerome McCarthy in den 1960er Jahren einen „Meilenstein“ (Bruhn, 2018, S.30-31) der Marketingwissenschaft, der sich „in fast schon erstaunlicher Übereinstimmung [der Wissenschaft & Praxis]“ (Kuß & Kleinaltenkamp, 2016, S.161) bis heute durchsetzen konnte. Definitionsgemäß steht jedes der vier „P“ für eine bestimmte Kategorie von Marketingwerkzeugen: Product, Price, Place & Promotion (McCarthy, 1960, S.45). Die Aufgabe der Unternehmen besteht nun darin, geeignete Instrumente auszuwählen und im sog. Marketing-Mix bestmöglich aufeinander abzustimmen (siehe Abb. 02; Kuß & Kleinaltenkamp, 2016, S.161-163). Angesichts des thematischen Hintergrundes dieser Arbeit werden die Kategorien Product, Price und Place nicht weiter erläutert. Vielmehr gilt der Promotion, zu deutsch „Kommunikationspolitik“ (Kuß & Kleinaltenkamp, 2016, S.161) und insbesondere dem kommunikationspolitischen Instrument „Werbung“ im nächsten Abschnitt eine besondere Aufmerksamkeit, da jene ein theoretisches Fundament für folgende Betrachtungen innerhalb dieser Abschlussarbeit bildet.
3.1.1 Promotion à „Kommunikationspolitik“
Die Kernaufgaben der sog. Promotion/Kommunikationspolitik bestehen insbesondere darin, mit Hilfe der vorhandenen Kommunikationsinstrumente relevante Anspruchsgruppen des Unternehmens zu erreichen und ihre Ansichten und Verhaltensweisen in derartiger Weise zu beeinflussen, als dass daraus ein für das Unternehmen wünschenswerter Effekt entsteht (Froböse & Thurm, 2016, S.131). Insbesondere vor dem Hintergrund der intensiv ausgeprägten Wettbewerbssituation der Märkte (vgl. S.4 f.) i.V.m. einer wachsenden Vergleichbarkeit von Gütern & Waren sind kommunikationspolitische Überlegungen von elementarer Bedeutung, um das eigene Unternehmen, respektive das eigene Leistungsangebot, „von den Konkurrenzangeboten zu differenzieren“ (Froböse & Thurm, 2016, S.131; Spindler, 2016, S.58). Neben Öffentlichkeitsarbeiten wie Sponsoring (Froböse & Thurm, 2016, S.139-141) oder aber Product Placements (Fuchs & Unger, 2007, S.14), ist zur Erreichung der genannten Ziele insbesondere die sog. Werbung geeignet, welche für Kuß & Kleinaltenkamp (2016, S.162) sowie Küster-Rohde (2010, S.32) eines der „bedeutendste[n] Instrumente“ darstellt und im nun folgenden Abschnitt dieser Arbeit detailliert betrachtet wird.
4 Das kommunikationspolitische Instrument „Werbung“
„ Werbung ist teuer, keine Werbung ist noch teurer. “ (Bahner, 2004, S.4). Paolo Bulgari, Aufsichtsratsvorsitzender des traditionsreichen Schmuckherstellers Bulgari S.p.A. (bloomberg, 2018), beschreibt mit diesen prägnanten Worten die zentrale Bedeutung, die Werbung als Kommunikationsinstrument des Marketings zuteil wird. Im folgenden Abschnitt werden anhand eines historischen Überblicks zunächst die wesentlichen Entwicklungsschritte des Einsatzes von Werbung in Deutschland skizziert, um darauffolgend die heutigen Funktionen und Aufgaben jenes Instruments auf Basis einer wissenschaftlichen Definition darzustellen.
4.1 Entwicklung von Werbung in Deutschland
Die Etablierung der Pressefreiheit 1849 sowie die Aufhebung des staatlichen Anzeigemonopols 1850 haben den Weg für Werbung maßgeblich geebnet, dessen Anfänge folglich auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückgehen (Heun, 2017, S.3-4). Für Unternehmen eröffnete sich damit erstmalig die Möglichkeit, Zeitungen als Medium zur Bewerbung ihres Leistungsangebotes zu nutzen (Heun, 2017, S.4). Waren Werbeanzeigen zu Beginn zumeist überwiegend textlastig und verhältnismäßig unkreativ, haben Unternehmen im zunehmenden Zeitverlauf auf stetig kreativere und künstlerisch aufwändigere Gestaltungsformen gesetzt, um die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu gewinnen (siehe Anhang 01; Heun, 2017, S.6).
Die Zeit ab 1900 bis zum Ende der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war ausdrücklich durch eine immerzu professionellere und zunehmend wissenschaftliche Herangehensweise an das im Vorfeld laienhaft, und eher unkoordiniert genutzte Instrument geprägt. So entwickelten Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft erstmalig zusammenhängende Konzepte und Strategien, die Werbung zunächst als effizientes Mittel zur Steigerung des Absatzes nutzten. Dem damaligen Werbeverständnis nach sollte Werbung ausdrücklich das angebotene Produkt in den Mittelpunkt der Botschaft setzen und auf weitere, aufmerksamkeitserregende Gestaltungselemente so stark wie möglich verzichten (siehe Anhang 02; Heun, 2017, S.4-8).
Im Anschluss an diese Entwicklung haben sich Wissenschaftlicher ab den 1950er Jahren intensiv mit der psychologischen Komponente von Werbung beschäftigt, die als Resultat einen zunehmenden Trend hin zu expressiven Werbebotschaften herbeiführte. Erstmalig haben Unternehmen die Gesellschaft in Zielgruppen eingeteilt, die mit speziell angepassten, z.T. stark emotionalisierten Werbebotschaften von dem eigenen Produktangebot überzeugt werden sollten (siehe Anhang 03; Heun, 2017, S. 8-9).
Die folgenden Jahrzehnte waren insbesondere von revolutionären technologischen Entwicklungen geprägt, welche die Werbewelt maßgeblich veränderten. Besonders hervorzuheben ist dabei zunächst die Entstehung des Fernsehens, welches es Unternehmen erstmalig erlaubte, Werbebotschaften in bewegten Bildern massentauglich zu transportieren. Neben Fernseh-Werbespots hat jedoch ausdrücklich das Internet seit den 2000er Jahren einen fundamentalen Meilenstein für die Werbeindustrie bedeutet. Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter eröffnen Unternehmen neuartige Wege zur Kommunikation, die nunmehr eine vollkommen neue Ebene der Kundenorientierung ermöglichen. Unternehmen können über die genannten Kommunikationskanäle unmittelbar auf die Wünsche und Anregungen der Zielgruppe eingehen und das eigene Produktangebot entsprechend dynamisch an die Bedürfnisse der Zielgruppe anpassen (Heun, 2017, S.10-13).
Die gesamtheitliche Betrachtung der dargestellten Entwicklungsstationen offenbart, dass sich das Verständnis und der Umfang des Werbeinstruments in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten einschneidend verändert hat. Mit dem folgenden Teil soll anhand einer wissenschaftlichen Definition der Status Quo über die heutigen Herangehensweisen und Ziele von Werbung dargestellt werden.
4.2 Wissenschaftliche Definition von Werbung
Für diese Arbeit soll das detaillierte Werbeverständnis nach Bruhn (2016, S.205ff.) die Basisdefinition von Werbung darstellen:
„Mediawerbung bedeutet den Transport und die Verbreitung werblicher Informationen über die Belegung von Werbeträgern mit Werbemitteln im Umfeld öffentlicher Kommunikation gegen ein leistungsbezogenes Entgelt, um eine Realisierung unternehmensspezifischer Kommunikationsziele zu erreichen.“
Da ein tiefgehendes Verständnis dieser Definition für die weiteren Schritte innerhalb dieser Abschlussarbeit von elementarer Bedeutung ist, werden die Kernelemente von Werbung nach Bruhn (2016, S.205 ff.) folgend ausführlich reflektiert.
„Mediawerbung bedeutet den Transport und die Verbreitung werblicher Informationen über die Belegung von Werbeträgern mit Werbemitteln im Umfeld öffentlicher Kommunikation [...]“
Wenn umgangssprachlich von „Werbung“ gesprochen wird, ist damit im Kontext des Marketings i.d.R. die sog. Mediawerbung gemeint (Bruhn, 2016, S.205). Gemäß Bruhn (2016, S.205) ist Mediawerbung ein Überbegriff für die Gesamtheit an Medien, welche Unternehmen für den Transport und die Verbreitung ihrer Werbebotschaft zur Verfügung stehen. Da jene Medien die Werbebotschaft, abstrakt formuliert, an die Öffentlichkeit (über-)tragen und somit als „Kommunikationskanal“ (Froböse & Thurm, 2015, S.139) fungieren, werden sie in der Marketingwissenschaft auch Werbeträger genannt (Bruhn, 2016, S.205; Froböse & Thurm, 2016, S.139). Dabei unterscheidet Bruhn (2016, S.205; S.211-212) zwischen „klassischen“ Medien wie „Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk, Fernsehen & Plakaten“ sowie neuartigen Werbeträgern wie dem Internet, welches „in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen [hat]“. Die eigentliche Werbebotschaft, respektive die werbliche Information nach Bruhn (2016, S.205), wird in Form von sog. Werbemitteln transportiert, welche „die sinnlich wahrnehmbare[n] Darstellungsform[en] der Werbebotschaft“ (Froböse & Thurm, 2015, S.139) bilden. Krafft, Mittelstädt & Wiepcke (2005, S.360) kategorisieren Werbemittel dabei anhand der durch sie angesprochenen Sinnesorgane. Demnach können Werbebotschaften entweder visuell, akustisch oder in einem audio-visuellen Mix übertragen werden. Exemplarisch hierfür nennt Bruhn (2016, S.211-212) u.a. Werbeanzeigen in Zeitschriften (visuell) oder Fernseh-/Radio-Spots (audio-visuell respektive akustisch). Die Botschaft wird dabei v.a. in Form von „Farbe, Text, Ton, Filme[n]“ gestaltet und kann somit, je nach gewähltem Werbeträger/-mittel, unterschiedliche Sinnesorgane des Rezipienten ansprechen (Meffert, Burmann & Kirchgeorg, 2015, S.586).
„[...] gegen ein leistungsbezogenes Entgelt [...]“
Mit diesem Zusatz verdeutlicht Bruhn (2016, S.205), dass die Publikation von Werbung i.d.R. mit Kosten für das Unternehmen, respektive mit werbeträgerseitigen Einnahmen verbunden ist. Die relevante Zielgröße ist hierbei zumeist der sog. Tausend-Kontakt-Preis 4, welcher die anfallenden Kosten für eintausend kumulierte Kontakte mit der Werbung darstellt5 (Bruhn, 2016, S.222).
„[...] um eine Realisierung unternehmensspezifischer Kommunikationsziele zu erreichen.“
Für Bruhn (2016, S.205 ff.) ist der Einsatz von Werbung ausdrücklich an die Realisierung von (Kommunikations-)Zielen geknüpft, die „je nach kommunikativer Ausgangslage“ von dem Unternehmen individuell zu determinieren sind. Insgesamt unterscheidet Bruhn (2016, S.205 ff.) dabei neben ökonomischen Zielen, wie z.B. Absatzsteigerung, insbesondere zwischen drei unterschiedlichen, hierarchisch aufeinander aufbauenden psychologischen Werbezielen und -wirkungen, die Unternehmen mit Hilfe von Werbung erreichen können (siehe Abb. 03).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Zielebenen von Werbung
Eigene Darstellung in Anlehnung an Bruhn (2016, S.205 ff.).
Unter der kognitiven Ebene subsumiert Bruhn (2016, S.206) alle Ziele, welche die Wahrnehmung, bzw. die bloße Bekanntheit des eigenen Leistungsangebotes, bei der Zielgruppe steigern können. Ein besonders wichtiges kognitives Ziel ist hierbei das Informieren über die Vorteile, die der Konsument durch die Entscheidung für das unternehmenseigene (Produkt-/Dienstleistungs-)Angebot erlangt (Bruhn, 2016, S.206).
Auf den kognitiven Zielen aufbauend können Unternehmen durch ihre Werbeaktivitäten sog. affektive Ziele erreichen. Hierbei strebt die Werbebotschaft eine Veränderung der inneren/ emotionalen Einstellung des Konsumenten hinsichtlich des eigenen Unternehmens an. So sind u.a. Interesse, Image & emotionale Verknüpfungen mögliche Effekte, die Werbemaßnahmen herbeiführen sollen/können (Bruhn, 2016, S.206).
Zuletzt formuliert Bruhn (2016, S.206) in Anlehnung an Steffenhagen (2000, S.9) die sog. „finalen Verhaltenswirkungen“ in der konativen Zielebene. Demzufolge sollen Werbemaßnahmen den Konsumenten schlussendlich dazu animieren, (Probier- oder Wiederholungs-)Käufe zu tätigen, „Weiterempfehlungen an Freunde und Bekannte“ auszusprechen (Aerni & Bruhn, 2012, S.99) oder sich intensiver über das (Produkt-/Leistungs-)Angebot unter Zuhilfenahme von externen Quellen wie Unternehmenshomepages zu informieren, die für Jacob (2015, S.167) als Werbemedium „einen hohen Stellenwert“ haben.
Bruhn (2016, S.207) selbst räumt in seinen Ausführungen ein, dass das Erreichen einzelner „Subziele wie z.B. Bekanntheit und Interesse“ nicht zwangsläufig dazu führt, dass der Konsument die angebotene Leistung schlussendlich nachfragt. Demnach handelt es sich bei den beschriebenen Zielebenen zwar um eine hierarchische (und idealtypische) Reihenfolge, die das Vorhandensein der jeweils vorgeschalteten Zielebene stets „ notwendig“ macht, jedoch ist das erfolgreiche Erreichen einzelner Ziele „keine hinreichende Voraussetzung“ für eine konative Werbewirkung.
4.3 Vergleichende Werbung als Unterkategorie der Werbung
Eine mögliche Herangehensweise zur Gestaltung von Werbung besteht u.a. in dem Gebrauch von sog. „ Vergleichender Werbung“, welche die Vorteile des eigenen Leistungsangebots auf Basis einer vergleichenden Betrachtung mit den Angeboten der Wettbewerber herausstellt, und daher insbesondere vor dem Hintergrund der in Kap. 2.1 f. dargestellten gegenwärtigen Konkurrenzsituationen als zweckdienliche Möglichkeit zur Erreichung der beschriebenen kognitiven, affektiven und konativen Zielebenen erscheint.
5 Vergleichende Werbung als Kommunikationsinstrument
Der erste Abschnitt dieses Kapitels soll zunächst unter Zuhilfenahme unterschiedlicher Definitionen das Verständnis von vergleichender Werbung aus der Sicht der Marketingwissenschaft darstellen, um daran anknüpfend eine ausdrückliche Definition als Basisverständnis für diese Arbeit begründet festzulegen. Die methodische Vorgehensweise orientiert sich dabei an Kramer (2017, S.28 f.), der die Auswahl einer bestimmten, der Arbeit zugrundeliegenden Definition, über einen sukzessiven Vergleich unterschiedlicher Begriffsauslegungen herleitet.
5.1 Definitionen vergleichender Werbung
Die detaillierte Analyse unterschiedlicher Ausführungen aus dem Fachbereich des Marketings offenbart, dass sich die Definitionen von vergleichender Werbung bezüglich des Präzisierungsgrades unter den Wissenschaftlern z.T. erheblich voneinander unterscheiden.
Für Esch & Hoffmann (2009, S.546) zeichnet sich vergleichende Werbung exemplarisch insbesondere durch einen Vergleich des Angebotes mit den Wettbewerbern aus:
„ Bei vergleichender Werbung wird das eigene Angebot mit dem von einem oder mehreren Wettbewerbern verglichen.“
Die Autoren vertreten hiermit eine verhältnismäßig oberflächliche und unpräzise Definition von vergleichender Werbung. Insbesondere die Formulierung „ Angebot “ lässt einen ausgedehnten Raum für unterschiedliche Begriffsauslegungen zu. So könnte die Definition im Marketingkontext u.a. derartig fehlinterpretiert werden, als dass im Rahmen von vergleichender Werbung Angebote i.S.d. allumfassenden (Waren-)Angebotes/Sortimentes (Dudenredaktion o.J.) unterschiedlicher Unternehmen miteinander verglichen werden würden. Um dem wissen-schaftlichen Anspruch dieser Abschlussarbeit gerecht zu werden, bedarf es demzufolge einer exakteren Formulierung, welche Rennhak (2001, S.22) im Rahmen seiner Definition liefert. Gemäß dessen zeichnet sich vergleichende Werbung insbesondere durch einen Vergleich von mind. zwei Produkten, respektive bestimmter Attribute jener Produkte aus. Vergleichende Werbung ist demnach jene,
„[...] die zum einen zwei oder mehr Produkte der gleichen Kategorie explizit nennt beziehungsweise erkennbar präsentiert, um zum anderen anhand bestimmter Produktattribute explizit oder implizit miteinander vergleicht.“
Trotz der definitorischen Unterschiede zu den Ausführungen von Esch & Hoffmann (2009, S.546) offenbart eine präzise Prüfung des Verständnisses von Rennhak (2001, S.22), dass jenes z.T. Definitionslücken aufweist, welche sie zur Nutzung als Basisdefinition von vergleichender Werbung im Zusammenhang mit dieser Abschlussarbeit untauglich werden lassen. Zunächst schließt Rennhak (2001, S.22) durch den expliziten Produktbezug andere Vergleichsobjekte implizit aus. Die Praxis zeigt jedoch, dass neben Produkten auch Dienstleistungen, respektive dessen Attribute, miteinander verglichen werden können (Kramer, 2017, S.29). Darüber hinaus fehlt der Definition, insbesondere i.V.z. Esch & Hoffmann (2009, S.546), ein ausdrücklicher Wettbewerbsbezug, respektive der kategorische Ausschluss eines Vergleiches mehrerer Produkte des werbenden Unternehmens, den Kramer (2017, S.29 u. S.42) in Anlehnung an Rudlowski (1993, S.21) als „Sonderfall“, bzw. als „vergleichende Werbung im weiteren Sinne“ bezeichnet, welcher nicht in das dieser Abschlussarbeit zugrundeliegende Verständnis von vergleichender Werbung als wettbewerbsdifferenzierendes Kommunikationsinstrument (vgl. S.1 u. S.12) fällt.
Die analysierten Schwachstellen der zwei vorgestellten Definitionen werden indes durch die Auslegung von Wilkie & Farries (1975, S.7) korrigiert, welche in der Wissenschaft eine außerordentlich hohe Relevanz aufweist und regelmäßig von Wissenschaftlern als Standardverständnis von vergleichender Werbung verwendet wird (Ash & Wee, 1983, S.370 f., Kramer, 2017, S.29; Esch & Fischer, 2018, S.487):
„[Comparative advertising]
1. Compares two or more specifically named or recognizably presented brands of the same generic product or service class, and
2. Makes such a comparison in terms of one or more specific product or service attributes”
Vergleichende Werbung besteht für Wilkie & Farries (1975, S.7) demnach aus zwei Hauptbausteinen: a) dem Bezug auf einen oder mehrere Wettbewerber (vgl. Ziffer 1), der explizit (z.B. durch eine direkte Nennung) oder implizit (durch eine Andeutung, die jedoch [für die Zielgruppe] erkennbar) formuliert werden kann und b) dem Vergleich bestimmter Attribute eben jener Produkte oder Dienstleistungen (vgl. Ziffer 2). An dieser Stelle ist es bedeutsam, dass jene Definition z.T. ebenfalls von deutschen Marketingwissenschaftlern wie Wiltinger & Fischer (2006, S.289) aufgegriffen wird, die ihre Auslegung von vergleichender Werbung in großen Teilen von dem Verständnis nach Wilkie & Farries (1975, S.7) ableiten:
„Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die in ihrer Werbeaussage einen oder mehrere Mitbewerber nennt oder für die Zielgruppe eindeutig kenntlich macht und Vergleiche mit den Mitbewerbern auf mindestens einer Produkt-, Dienstleistungs- oder Unternehmensdimension zieht.“
Einzig beachtenswerter Unterschied zu der Definition von Wilkie & Farries (1975, S.7) ist hierbei die Ergänzung der sog. „ Unternehmensdimension “ als ein zusätzliches Vergleichselement, welches allerdings, wie Plankert (2008, S.71) ebenfalls anmerkt, in den Ausführungen der Autoren nicht ausreichend erläutert, respektive definiert wird. Demzufolge findet dieser Zusatz für die Definition eines unmissverständlichen Basisverständnisses von vergleichender Werbung in dieser Abschlussarbeit keine Berücksichtigung.
Als Resultat des dargestellten sukzessiven Vergleiches unterschiedlicher wissenschaftlicher Definitionen werden im nachfolgenden Abschnitt die einzelnen Bausteine von vergleichender Werbung in Anlehnung an die analysierten Definitionen in einem zusammenhängenden Verständnis abgebildet.
Vergleichende Werbung im Sinne dieser Arbeit ist demzufolge
1. eine Form der Werbung,
2. die in ihrer Werbeaussage einen oder mehrere Mitbewerber nennt oder für die Zielgruppe eindeutig kenntlich macht
3. und mind. einen Vergleich der Produkt- oder Dienstleistungsattribute bildet.
Unternehmen können bei der Nutzung von vergleichender Werbung zwischen unterschiedlichen Darstellung-/Erscheinungsformen von Vergleichen wählen, welche im nun folgenden Teil dargestellt und erläutert werden.
5.2 Darstellungsformen von Vergleichen
5.2.1 Vorhandensein des Wettbewerbsbezuges
„Im weiteren Sinne“ (Wiltinger & Fischer, 2006, S.290) kann zwischen Vergleichen ohne Wettbewerbsbezug (z.B. „Eigenpreis- oder Eigenproduktvergleiche“; Vgl. S.14 Ausführungen zu Definition Rennhak) sowie Vergleichen mit Wettbewerbsbezug unterschieden werden (Wiltinger & Fischer, 2006, S.290). Wie im Vorfeld dieser Ausführungen bereits erläutert wurde, fokussieren sich die Darstellungen innerhalb dieser Abschlussarbeit auf vergleichende Werbung als wettbewerbsdifferierendes Kommunikationsinstrument. Demzufolge wird in den folgenden Abschnitten aufgrund der thematischen Eingrenzung lediglich auf die Darstellungsformen vergleichender Werbung mit Wettbewerbsbezug eingegangen.
5.2.2 Konkrete- oder pauschale Bezugnahme
Die Marketingwissenschaft unterscheidet in der Kategorie der wettbewerbsbeziehenden Vergleiche zwischen sog. konkreten, respektive pauschalen Bezugnahmen (Kramer, 2017, S.42 i.V.m. Rudlowski, 1993, S.21 ff.; siehe Abb. 04).
Dabei wird von einem konkreten Bezug gesprochen, wenn der Wettbewerber6, auf den der Bezug mit Hilfe der Werbemaßnahme hergestellt werden soll, in der Werbung explizit oder implizit kenntlich gemacht wird (Kramer, 2017, S.44). Eine explizite Nennung des Wettbewerbers in Form des Marken- oder Unternehmenslogos oder einer ausdrücklichen Nennung des Unternehmens wird dabei als direkter Vergleich verstanden (Goodwin & Etgar, 1980, S.187; Miniard et al., 2006, S.53; Yang et al., 2007, S.209; siehe Anhang 04). Im Kontrast dazu steht der sog. indirekte Vergleich (Goodwin & Etgar, 1980, S.187; Miniard et al., 2006, S.53; Wiltinger & Fischer, 2006, S.292; siehe Anhang 05). Hierbei handelt es sich um einen „versteckten Bezug“ (Kramer, 2017, S.44), bei welchem der Wettbewerber zwar nicht i.S.d. direkten Vergleiches explizit genannt wird, jedoch „mit einem Mindestmaß an Produktgruppenkenntnis“ (Kramer, 2017, S.44) von der Zielgruppe identifiziert werden kann. Typischerweise wird im Rahmen des verstecken Bezuges „mit Bildern oder impliziten Aussagen eine Assoziation zum Konkurrenten hervorgerufen“ (Wiltinger & Fischer, 2006, S.293).
Von einem pauschalen Bezug ist hingegen die Rede, wenn sich der Vergleich nicht auf einen konkreten Wettbewerber, sondern vielmehr auf die Gesamtheit des Wettbewerbes bezieht (Wiltinger & Fischer, 2006, S.292 f.). Hierzu zählt mitunter neben dem Aufführen von Warentestergebnissen v.a. die sog. „Alleinstellungswerbung“, auf deren Basis „die Überlegenheit des eigenen Produktes gegenüber aller Konkurrenzprodukte behauptet wird“ (Kramer, 2017, S.42-43; siehe Anhang 06). Pauschale Bezüge werden in der Marketingwissenschaft allerdings nicht zu vergleichender Werbung im engeren Sinne gezählt, da ihnen per Definition ein expliziter oder impliziter Bezug zu einem konkreten Wettbewerber fehlt (vgl. Kap. 5.1; Wiltinger & Fischer, 2006, S.290; Kramer, 2017, S.42 ff. i.V.m. Rudlowski, 1993, S.21 ff.).
5.2.3 Leistungsorientierte- oder persönliche Bezugnahme
Konkrete Bezugnahmen i.S.d. Kap. 5.2.2 können nach Kramer (2017, S.42) ferner in leistungsorientierte-, bzw. persönliche Bezugnahmen unterteilt werden (siehe Abb. 04).
Wenn eine vergleichende Werbung den Bezug auf das (Produkt-/Dienstleistungs-)Angebot, bzw. die Leistung eines Wettbewerbers sucht, wird im Marketing von einem sog. Leistungsbezug gesprochen . Dabei kann die Bezugnahme entweder auf einer kritisierenden -, oder aber auf einer anlehnenden Basis stattfinden (Wiltinger & Fischer, 2006, S.290; Kramer, 2017, S.50 i.V.m. Rudlowski, 1993, S.21 ff.).
Im Rahmen eines kritisierenden Leistungsvergleiches werden die vergleichsweise „schlechte[ren]“ (Kramer, 2017, S.50) Eigenschaften des Konkurrenzangebotes explizit hervorgehoben, um im Gegenzug das eigene Angebot für den Konsumenten als „dem Wettbewerber überlegen“ darzustellen (Kramer, 2017, S.50; siehe Anhang 04). Ferner ist das Herstellen eines Bezuges ebenfalls über einen anlehnenden Leistungsvergleich möglich. In diesem Fall stellen Unternehmen ihr Angebot bewusst auf eine Ebene mit dem Wettbewerber, um der Zielgruppe damit eine Gleichwertigkeit der Produkte/Dienstleistungen, bei einem häufig zusätzlich kommunizierten besseren Preis-/Leistungsverhältnis, zu suggerieren (Kramer, 2017, S.50 i.V.m. Rudlowski, 1993, S.21 ff.; siehe Anhang 05).
Alternativ kann vergleichende Werbung ebenso auf persönliche Eigenschaften und Umstände des Wettbewerbers bezugnehmen (Wiltinger & Fischer, 2006, S.291). Die übliche Zielsetzung dieses Vergleiches formuliert Hembt (2018, S.150) mit der plakativen Beschreibung, dass „der Werbende [mit Hilfe des persönlichen Bezuges] den Konkurrenten diffamieren [will], um die Verkehrskreise [z.B. Konsumenten] so für sich zu vereinnahmen“. Hierbei gelten exemplarisch „Vorstrafen oder fehlende Liquidität“ (Hembt, 2018, S.150) als vorstellbare Bezugsobjekte; die Leistung des Wettbewerbers i.S.d. Leistungsbezuges wird „allenfalls indirekt“ (Hembt, 2018, S.150) miteinander verglichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Arten vergleichender Werbung im engeren Sinne
Eigene Darstellung.
5.3 Zwischenfazit & Weitergehende Überlegungen
Die analytische Betrachtung der bislang dargestellten Ausführungen zu dem Themenkomplex „Vergleichende Werbung“ lässt den Schluss zu, dass vergleichende Werbung ein außergewöhnlich offensiv ausgerichtetes Werbeinstrument ist, welches den Wettbewerber durch einen Vergleich ausgewählter Produkt-/Dienstleistungsebenen (in-)direkt angreift. Der konfrontative Charakter des Instruments wird abermals durch Aussagen unterschiedlicher Wissenschaftler unterstrichen, die z.T. von einer „Angriffsfunktion“ (Schneider, 2007, S.160 in Anlehnung an Meffert, 2000, S.724-726), respektive einer „attack“7 (Barry, 1993, S.19) auf den Wettbewerber sprechen. Jedoch gilt es an dieser Stelle hervorzuheben, dass die Inhalte der Vergleiche aus der Sicht des Marketings trotz des angreifenden Charakters stets auf objektiven, respektive wahren Aussagen/Tatsachen basieren (sollen). So werden exemplarisch im Rahmen von kritisierenden Leistungsvergleichen ausdrücklich jene Attribute miteinander verglichen, in denen der Wettbewerber (objektiv) Schwächen aufweist (vgl. S.16). Das Marketing sieht vergleichende Werbung demnach als ein Instrument „zur Verbreitung werblicher Information“ (vgl. Kap. 4.2), welches insbesondere das kommunikative Ziel anstrebt, den Rezipienten über den objektiv existenten Vorteil des eigenen Produkt-/Dienstleistungsangebotes zu informieren. Im folgenden Schritt wird anhand einer gesamtökonomischen Betrachtungsweise aufgezeigt, dass jenes idealtypische Konzept von „vergleichender Werbung als Informationsmedium “ ohne einen geregelten Rechtsrahmen nicht realisierbar wäre.
6 Das Erfordernis eines Rechtsrahmens für vergleichende Werbung
Wie bereits im einleitenden Kapitel zum Themengebiet „Marketing“ (vgl. Kap. 2.1) herausgestellt wurde, sind marketingrelevante Überlegungen im Zeitverlauf hauptsächlich durch die Verstärkung des Leistungswettbewerbes notwendig geworden. Leistungswettbewerb als solcher ist dabei aus gesellschaftlicher Betrachtungsweise in erheblichem Maße erwünscht und insbesondere für den Nachfrager mit eminenten Vorteilen verbunden, wie Suchanek (2007, S.77) in seinen Ausführungen herausstellt:
„Wenn Anbieter um Tauschchancen mit Nachfragern konkurrieren, bedeutet das einerseits mehr Freiheit für die Nachfrager, indem diese nicht nur an einen einzigen monopolistischen Anbieter gebunden sind; andererseits werden die Anbieter stärker an die Interessen der Nachfrager gebunden – und insofern ‚entmachtet‘ [...]“
Exemplarisch lassen sich ebenso an dem Einsatz vergleichender Werbung i.S.d. zuvor dargestellten Verständnisses als Informationsmedium Vorteile für den Nachfrager identifizieren. Sofern sich eine nachfragende Partei verlässlich auf die Richtigkeit von Werbebotschaften verlassen kann, stellen jene folglich eine substanzielle Entscheidungshilfe im Kaufprozess dar.
Ein funktionierender Leistungswettbewerb wird allerdings erst dadurch ermöglicht, dass sich Marktteilnehmer an bestimmte Regeln, Normen bzw. Gesetze halten, deren Bruch in unterschiedlichen Sanktionen für den Marktteilnehmer resultieren würde (Suchanek, 2007, S.89 ff.). Dies soll im folgenden Abschnitt anhand einer vereinfachten Modellierung des Einsatzes vergleichender Werbung unter Bedingungen ohne einen geregelten Rechtsrahmen veranschaulicht werden.
6.1 „Vergleichende Werbung“ als ökonomisches Dilemma
Statt mit objektiv nachvollziehbaren, ehrlichen Vergleichen zu werben, könnten Unternehmen in einem rechts-, und damit sanktionsfreien Geschäftsraum nunmehr einen Anreiz darin sehen, vergleichsmäßig unehrlich zu werben, um sich auf diesem Wege einen individuellen Vorteil auf dem Markt zu verschaffen und die verfolgten Kommunikationsziele um ein Vielfaches effektiver bzw. in einer stärkeren Ausprägung zu erreichen. Nach Suchanek (2007, S.47 ff.) befinden sich Marktteilnehmer in Situationen ohne Rechtsrahmen in einem Konflikt von „Moral und Eigeninteresse“, wobei die eigenen Vorteilserwartungen die Marktteilnehmer insbesondere im umkämpften Leistungswettbewerb zu unmoralischen Taten verleiten können. Exemplarisch kann dieses Verhalten anhand des Einsatzes vergleichender Werbung in einem rechtsfreien Raum simplifiziert nachgestellt werden:
Um den Konkurrenten vor der Zielgruppe bloßzustellen und damit die eigene (Markt)Position im Bewusstsein des Konsumenten zu stärken, könnte ein Pharmaunternehmen A im Rahmen einer vergleichenden Werbekampagne völlig frei von jeglicher Wahrheit behaupten, dass die Vitaminpräparate des Unternehmens B im Vergleich lediglich die Hälfte an Vitaminen enthalten und die Einnahme jener Präparate eine Erkrankung des Konsumenten verursacht. Da der durchschnittlich informierte Konsument i.d.R. die Richtigkeit der Werbeinformation nicht selbstständig beurteilen können wird, ist infolgedessen die Reputation des B mindestens beschädigt, wenn nicht sogar vollständig zerstört.
Das aus Zwecken der Veranschaulichung bildhaft formulierte Beispiel beschreibt allerdings nur ein Symptom eines rechtsfreien Leistungswettbewerbes. Die zugrundeliegende Problematik, welche in ökonomischen Forschungskreisen als Dilemma bezeichnet wird, offenbart sich hingegen erst im Rahmen einer gesamtökonomischen Betrachtung. Demnach müssten sich in einem rechtsfreien Raum alle rational handelnden Unternehmen aus schierem Selbstschutz dafür entscheiden , mit unfairen Mitteln zu werben. Beschließt exemplarisch das Unternehmen A, fair zu werben, läuft es Gefahr, dass das Unternehmen B dies ausnutzt und selbst unfaire Mittel einsetzt, um den A zu diffamieren und dessen Reputation folglich zu beschädigen. Ein rechtsfreies Geschäftsumfeld würde demnach in einer kollektiven Diffamierung, respektive in einem „ruinösen Wettbewerb“ (Suchanek, 2007, S.55) resultieren. Da der Informationsgehalt der vergleichenden Werbung für den Rezipienten in einer solchen Situation nicht vorhanden wäre, könnten jene keine (Kauf-)Entscheidung auf Basis von vergleichender Werbung treffen. Das gesellschaftlich erwünschte Instrument „Vergleichende Werbung“ würde folglich ad absurdum geführt werden. Daher ist eine geregelte „ Wettbewerbsordnung “ erforderlich, die durch ein dauerhaftes „System von Regeln [und Sanktionen]“ den marktwirtschaftlich erwünschten Leistungswettbewerb (vgl. S.17), und damit eingeschlossen einen gesamtgesellschaftlich erwünschten Einsatz vergleichender Werbung als Informationsmedium maßgeblich ermöglicht (Suchanek, 2007, S.62, S.76, S.98).
Anderenfalls, wie Kühl, Reichold & Ronellenfitsch (2015, S.89) provokant formulieren, „herrschen [im Leistungswettbewerb] die Gesetze des Dschungels und das Recht des Stärkeren“.
Im nun folgenden Kapitel dieser Abschlussarbeit soll zunächst ein Überblick zum deutschen Wettbewerbsrecht vermittelt werden, um im späteren Verlauf die rechtlichen Regelungen für das Themengebiet „Vergleichende Werbung“ vorzustellen und zu interpretieren.
[...]
1 Aus dem Englischen: „Es gibt nur einen Chef. Den Kunden. Und er kann jeden einzelnen Mitarbeiter des Unternehmens mit dem Geschäftsführer beginnend feuern, indem er sein Geld einfach woanders ausgibt.“.
2 Heute zählt Walmart mit einem Umsatz von über 500 Mrd. US-Dollar im Fiskaljahr 2017/18 und ca. 2,3 Mio. Mitarbeitern zu den größten Einzelhändlern der Welt (Walmart, 2018).
3 Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Begriff Marketing bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Kontext von „Verkauf“ vereinzelt genutzt wurde, jedoch auf jegliche Form von Kundenorientierung verzichtete und demnach nicht dem modernen Verständnis von Marketing entsprach (Homburg, 2017, S.5-7).
4 In der Marketingliteratur wird der Tausend-Kontakt-Preis häufig durch das Akronym „TKP“ abgekürzt.
5 Als Alternativkonzept bieten Meffert, Burmann & Kirchgeorg (2015, S.707) den sog. „Tausend-Nutzer-Preis“ (kurz: TNP) an, welcher die Kosten für einen Kontakt mit eintausend unterschiedlichen Individuen beschreibt.
6 Gemäß der aufgestellten Definition aus Kap 5.1 können vergleichende Werbemaßnahmen durchaus an mehrere Wettbewerber gerichtet sein. Zum Vorteil des Leseflusses werden Wettbewerber in den Kap. 5.2.1 ff. jedoch im Singular verwendet.
7 Aus dem Englischen: Attacke.
- Quote paper
- Matthias Muschiol (Author), 2020, Vergleichende Werbung. Chancen und Risiken für das Marketing sowie rechtliche Perspektive, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/520400
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