Von der breiten Öffentlichkeit nahezu unbemerkt, trat am 01. Oktober 2002 die neue Gruppenfreistellungsverordnung für den Kraftfahrzeugsektor 1400/2002 (im Folgenden: GVO) in Kraft.1Diese Verordnung wird für den europäischen Kraftfahrzeugmarkt entscheidende Änderungen mit sich bringen, die, so die Intention der Europäischen Kommission unter der Federführung des für Wettbewerb zuständigen Kommissars Mario Monti, eindeutig zugunsten des Kunden ausfallen sollen. In mehrerlei Hinsicht ist diese Verordnung ein interessantes Thema auch und gerade für die Politikwissenschaft.
Zum ersten stellt sie einen weiteren Versuch dar, einem der wichtigsten Ziele der Europäischen Union einen Schritt näher zu kommen, nämlich der Verwirklichung eines gemeinsamen Binnenmarktes ohne Handelsbeschränkungen für Produzenten und Verbraucher. Dieses Ziel wurde bereits in den Römischen Verträgen von 1957 formuliert, und seitdem wurden etliche Anstrengungen unternommen, ihn Wirklichkeit werden zu lassen. Die Kommission verfolgt mit der GVO 1400/2002 nach eigenen Aussagen das ehrgeizige Ziel, den europäischen Automobilhandel zu vereinheitlichen, von nationalen Sonderregelungen zu befreien, den Herstellern und Importeuren einstige Privilegien bei der Festlegung von Vertriebsrestriktionen zu nehmen, den Markt letztlich für den Endverbraucher transparenter und einfacher zu machen und gleichzeitig Wettbewerb und Qualitätsstandards zu sichern.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung: Unbekannte Norm - weitreichende Auswirkungen: die GVO 1400/2002 als Beispiel für Interessenvertretungen auf europäischer Ebene
- B. Hintergrund: Das politische System der EU
- I. Politisches System: Europaparlament, Ministerrat, Kommission
- 1. Der Rat der Europäischen Union (Ministerrat)
- 2. Das Europaparlament (EP)
- 3. Die Europäische Kommission
- C. Begrifflichkeit und Theorien der Interessenvertretung/des Lobbying unter besonderer Berücksichtigung der EU
- I. Interessenvertretung und Lobbying
- II. Theorien der Interessenvertretung
- III. (Neo-)Korporatismus
- D. Einführung in die GVO 1400/2002
- I. Hintergrund und Entstehungsgeschichte
- II. Säule 1: Mehrmarkenvertrieb
- III. Säule 2: Festlegung auf reine Form des Vertriebssystems
- IV. Säule 3: Trennung von Vertrieb und Service
- V. Säule 4: Freigabe von Reparaturdaten
- E. Identifizierung von durch die GVO betroffenen Interessengruppen und deren Standpunkte
- I. Autohersteller
- II. Autohändler und freie Werkstätten
- III. Verbraucher
- F. Zusammenschau - Wer beherrscht die Arena?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert die Gruppenfreistellungsverordnung 1400/2002 (GVO) für den Kraftfahrzeugsektor und untersucht dabei die Rolle von Interessenvertretungen auf europäischer Ebene. Sie zeigt, wie sich Interessenvertreter in den Entstehungsprozess von EU-Recht einbringen und welche Auswirkungen die GVO auf verschiedene Akteure hat.
- Die GVO 1400/2002 als Beispiel für die Funktionsweise der Interessenvertretung auf EU-Ebene
- Die Bedeutung des EU-Binnenmarktes und der Rolle der GVO für dessen Verwirklichung
- Die verschiedenen Interessengruppen, die von der GVO betroffen sind, und deren Standpunkte
- Die Auswirkungen der GVO auf die Automobilindustrie und den Kraftfahrzeugmarkt
- Der Einfluss von Lobbying auf den Gesetzgebungsprozess der EU
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert die Bedeutung der GVO 1400/2002 und stellt die zentralen Fragestellungen der Arbeit vor. Anschließend wird das politische System der EU mit Schwerpunkt auf die wirtschaftlichen Ausgestaltungen dargestellt. Der Fokus liegt dabei auf den Institutionen, die an der Rechtssetzung beteiligt sind, insbesondere dem Ministerrat, dem Europaparlament und der Europäischen Kommission.
Die Arbeit führt den Begriff der Interessenvertretung und des Lobbying ein und beleuchtet verschiedene Theorien zur Interessenvertretung. Im Anschluss erfolgt eine detaillierte Einführung in die GVO 1400/2002, die ihre Hintergrundgeschichte, Entstehungsgeschichte und die vier Säulen der Verordnung beleuchtet.
Schließlich werden die durch die GVO betroffenen Interessengruppen, wie Autohersteller, Autohändler, freie Werkstätten und Verbraucher, identifiziert und ihre Standpunkte zum Thema der GVO dargestellt. In einem letzten Kapitel erfolgt eine Zusammenschau der Erkenntnisse, um den Einfluss von Interessenvertretungen auf den Entstehungsprozess der GVO zu beurteilen.
Schlüsselwörter
Gruppenfreistellungsverordnung 1400/2002, Interessenvertretung, Lobbying, Europäische Union, EU-Binnenmarkt, Automobilindustrie, Kraftfahrzeugsektor, Verbraucher, Autohersteller, Autohändler, freie Werkstätten, Rechtssetzung, Politikwissenschaft, (Neo-)Korporatismus.
- Arbeit zitieren
- Stefan Rupp (Autor:in), 2003, Unbekannte Norm - weitreichende Auswirkungen: die GVO 1400/2002 als Beispiel für Interessenvertretungen auf europäischer Ebene, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51949