Die Arbeit beschäftigt sich mit der christlich-indischen Community in Deutschland und setzt den Fokus auf den Themenschwerpunkten Religion, Sexualität und Identität. Die erforschten Themenschwerpunkte beinhalten unter anderem die kritische Betrachtung der Christianisierung in Indien, die Auslegungen der Bibel in Hinblick auf den traditionellen Geschlechterrollen und die Bildung der Identität in der christlich-indischen Community.
Ziel der Arbeit ist es, die Vertiefungen in den Themenfeldern Religion, Sexualität und Identität in der christlich- indischen Community kritisch zu untersuchen, zu hinterfragen und zu veranschaulichen. Hierbei soll nach den unberücksichtigten und ignorierten Auslegungen und Auffassungen der Bibel und der katholischen Kirchenlehre, dass Verständnis der traditionellen Geschlechterrollen, die Sexualmoral der Kirche und die Hypokrisie der christlich-indischen Identität veranschaulicht werden. Weiterhin sollen kritische Fakten der Christianisierung und christlicher Glaubenssätze in Indien hinterfragt und nach den Fragestellungen aufgezeigt werden. Diese werden in der Bildung der Identität in der christlich-indischen Community in Deutschland herangezogen. Hierbei beschreibt das Ziel der Arbeit, ein Bewusstsein und die Sensibilisierung in der kritischen Betrachtung der biblischen Auslegungen und der katholischen Kirche zu ermöglichen und die christlich-indische Community in der Hinterfragung der eigenen religiösen Zugehörigkeit zu fördern und zu fordern.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
I. Abbildungsund Tabellenverzeichnis
II. Abkürzungsverzeichnis biblischer Bücher – Loccumer Richtlinien
III. Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Persönliche Motivation
1.2. Problemund Fragestellung
1.3. Zielsetzung der Arbeit
1.4. Gliederung und strukturelle Vorgehensweise
2. Die indische Diaspora in Deutschland
2.1. Definition Diaspora, Exil und Transmigration
2.1.1. Diaspora
2.1.2. Exil
2.1.3. Historischer Rückblick
2.1.4. Transmigration
2.2. Status Quo der indischen Diaspora
2.3. Die indische Diaspora in Deutschland
3. Religion, Sexualität und Identität in der Diaspora
3.1. Religion
3.1.1. Definition Religion und Religiosität
3.1.2. Religionen in Indien
3.1.3. Die christlich-indischen Religionsgemeinschaften in Indien
3.1.3.1. Historischer Rückblick der Christianisierung
3.1.3.2. Christliche Denominationen in Indien
3.1.3.3. Thomaschristen
3.1.3.4. Die Legende von St. Thomas
3.1.3.5. Die christlich-indische Community in Deutschland
3.1.4. Christlich-indische Geschlechterrollen
3.1.5. Traditionelle Geschlechterrollen nach der Bibel
3.1.5.1. Die Frau nach der Bibel
3.1.5.2. Der Mann nach der Bibel
3.1.5.3. Ehe, Ehebruch und Scheidung
3.1.6. Christliches Geschlechterverständnis nach der Bibel
3.1.7. Traditionelle Geschlechterrollen im Hinduismus
3.1.7.1. Die Frau im Hinduismus
3.2. Sexualität
3.2.1. Definition Sexualität
3.2.2. Sexualität im Hinduismus
3.2.3. Sexualmoral im Christentum
3.2.3.1. Sexualmoral der katholischen Kirche
3.2.3.2. Ehe, Ehebruch und Hurerei
3.2.3.3. Homosexualität
3.3. Identität
3.3.1. Definition Identität
3.3.2. Indische Identität
3.3.3. Die christlich-indische Identität
3.3.3.1. Christliche Werte und Widersprüche
3.3.3.2. Hinduistisch-christliche Verflechtung
3.3.3.3. Ignoranz und Hypokrisie
4. Schlusswort
4.1. Fazit
5. Literaturund Quellenverzeichnis
Abstract
Die vorliegende Masterthesis beschäftigt sich mit der christlich-indischen Community in Deutschland, welcher den Fokus auf den Themenschwerpunkten Religion, Sexualität und Identität gesetzt hat. Die erforschten Themenschwerpunkte beinhalten unter anderem die kritische Betrachtung der Christianisierung in Indien, die Auslegungen der Bibel in Hinblick auf den traditionellen Geschlechterrollen und die Bildung der Identität in der christlich-indischen Community. In den Vertiefungen werden kritisch die Kausalitäten der Themenschwerpunkte nach den biblischen Auslegungen der katholischen Kirche untersucht und mit den subjektiven Beobachtungen und Erfahrungen des Autors der vorliegenden Masterthesis zusammengeführt. Der Autor der vorliegenden Masterthesis ist in Indien geboren und christlich-katholisch in Indien und Deutschland sozialisiert. Die Mastarbeit ist theoretisch angelegt und verfolgt das Ziel, kritisch die christlich-indischen Glaubenssätze in Hinblick der traditionellen Geschlechterrollen, der Sexualität und der christlich-indischen Identität zu hinterfragen und ihre Kausalitäten für die lokale und globale christlich-indische Gemeinschaft zu veranschaulichen
I. Abbildungsund Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Religionen in Indien, in Anlehnung an Register General and Census Commissioner of India, Modifizierte Darstellung, 2015
Abbildung 2: Christliche Denominationen in Indien, in Anlehnung an Register General and Census Commissioner of India, Modifizierte Darstellung, 2015
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Die 10 größten globalen indischen Diasporapopulationen, in Anlehnung an Ministry of External Affairs India, Government of India, Modifizierte Darstellung, Population of Overseas Indians, 2018
Tabelle 2: Diasporagruppen im deutschsprachigem Raum, in Anlehnung an Ministry of External Affairs India, Government of India, Modifizierte Darstellung, Population of Overseas Indians, 2018
Tabelle 3: Die 20 größten christlichen Gemeinschaften in Indien, in Anlehnung an Register General and Census Commisioner of the Republic India, Modifizierte Darstellung, 2015
II. Abkürzungsverzeichnis biblischer Bücher – Loccumer Richtlinien
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten1
Neues Testament
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
III. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
"Wenn wir zu den Anfängen aller Dinge zurückgehen, werden wir stets erkennen, dass Ignoranz und Angst die Götter erschufen, dass Einbildungskraft, Begeisterung und Irreführung sie beschönigten, dass Schwäche sie verehrt, dass Brauchtum sie überflüssig macht und das Gewaltherrschaft sie befürworten, um von der Blindheit der Menschen zu profitieren."
Paul Henri Thiry Baron d'Holbach 2
Menschen glauben an etwas Größerem als sie selbst, weil sie Angst haben es nicht erklären oder begreifen zu können. Menschen glauben an etwas, weil es ihnen jemand beigebracht hat und der Glaube ihnen weitergegeben wurde. Menschen glauben an etwas, weil sie in eine Religion hineingeboren sind und diese für die alleinige Wahrheit aller Antworten sehen. Menschen glauben an etwas, weil sie damit Halt und Orientierung finden und sie glauben fest daran, dass sie nach dem Tod in den Himmel kommen oder auf sie das Paradies und die Wiedergeburt zum neuen Leben wartet. Die Majorität der religiösen Anhänger_innen und Gläubigen auf der Welt haben denselben Glauben wie die Menschen von denen sie erzogen sind. Die Eltern wiederum haben zumeist ihren Glauben von ihren Eltern gelehrt bekommen, die sich in der historischen Betrachtung der Familie bis in den letzten Ästen und Zweigen eines großen Familienstammbaums zurückverfolgen lassen können. Nur in wenigen Gesellschaften und Generationen in der Vergangenheit finden sich Menschen, die sich im Laufe ihres Lebens für eine andere Religion, Ideologie oder auch einer höheren Macht verschrieben haben und ihre eigene religiöse Identität bis in die tiefste Substanz untersucht und kritisch hinterfragten. So stellen Religionen und religiöse Ideologien in der historischen Betrachtung ein gesellschaftliches und geografisches Phänomen dar, die von Anbeginn der Zeit der Menschheit bis zum heutigen Jahrhundert der Moderne ihren Zuspruch findet. Hierbei stellt die kritische Auseinandersetzung der eigenen Religion und ihre Zugehörigkeit eine weitverbreitete Form religiöser Selbstdarstellung dar, besonders dort, wo eine Religion einen Absolutheitsanspruch für den eigenen Glauben erhebt. Demnach ist bspw. im Monotheismus, wo ein höchster „Gott“3 zugleich als einziger Gott geltend gemacht wird, werden andere Götter bzw. Gottesbilder und ihnen zugeordnete Offenbarungen, Rituale, Bräuche, Traditionen etc. in der Regel am Maßstab des eigenen Gottesbildes kritisiert. Hierbei entstanden in der Vergangenheit große Persönlichkeiten, die um u.a. einige aufzuzählen, René Descartes, Voltaire, Immanuel Kant, Ludwig Andreas Feuerbach, Jean-Paul Sartre, Sigmund Freud, Karl Marx oder auch Friedrich Nietzsche beschreiben und als signifikante Religionskritiker und „Andersdenkende“ in den Vordergrund traten. In der Betrachtung der Religion des Christentums bewirken die Kirchen enorme Anstrengungen und Maßnahmen, dass ihre Institutionen und Anhänger_innen4 ihren Glauben durch verschiedene Wege an die „Kinder Gottes“ weitergegeben werden. Wenn ein Kind bspw. in einer christlichen Familie geboren und sozialisiert wird, erhält es gewollt oder ungewollt die Säuglingstaufe, den Religionsunterricht, die Erstkommunion, die Firmung, die religiöse Jugendarbeit, den Messdienst, die Heirat und im späteren Lebensverlauf die kirchliche Bestattung, womit das christliche Rahmenkonstrukt auf einen Menschen für ein Leben lang umgewälzt wird. Daher ist es interessant zu betrachten, dass auffallend viele Menschen, ob gläubig oder nicht, die eigene Religion und Religiosität in vielen Aspekten für harmlos und als das einzig „Wahre“ beschreiben. Anderseits stellt die Bewertung differenzierter religiöser Perspektiven und Ansichten, die von der Moralund Wertekonstruktionen den Standards der verschiedenen Religionen abweichen, oft eine Gefahr der dominanten Religionsgemeinschaft einer Mehrheits-gesellschaft dar. Doch auch die Tatsache, dass die biblischen Glaubenssätze und Auslegungen bspw. auch dazu auffordern, Unund Andersgläubige gnadenlos zu verurteilen, diskriminieren, herabwürdigen oder zu vernichten, ist für viele Anhänger_innen der christlichen Gemeinschaften unbewusst bzw. wird diese bewusst ignoriert oder abgelehnt. Besonders werden Auslegungen von Bibelstellen „überlesen“, in denen auch Jesus Christus unmissverständlich zu verstehen gibt, das alle Unund Andersgläubige für das „Vergehen“ von Gott mit der Verdammnis in die Hölle und mit Höllenqualen bestraft werden (vgl. Joh. 3,18)5. Demnach wachsen Anhänger_innen im christlichen Glauben in einem dualistischen Bild von „Himmel“ und „Hölle“, „gut“ und „böse“ und „richtig und „falsch“ auf. Dieses Bild der dualistischen Perspektive, wird ohne die fundamentalen Glaubenssätze und Ansichten der biblischen Auslegungen kritisch zu hinterfragen, ausgelebt und weitergegeben. Dies wird auch durch die Großeltern, Eltern und durch die christlichen Institutionen selbst reproduziert und nach dem Prinzip gelebt, die kritischen Stellen der biblischen Auslegungen wegzulassen bzw. zu verharmlosen. Somit wird nur das „herausgepickt“, was in das eigene humane und christliche Weltbild passt. Unabhängig davon, wie harmlos und fortschrittlich das Christentum heute erscheinen mag und die Bibel noch als übergeordnete, unabänderliche Wahrheit für viele Anhänger_innen angesehen wird, können religiöse Fundamentalist_innen und Extremist_innen jederzeit darauf sich berufen, jedes beliebige Handeln durch die biblischen Auslegungen zu legitimieren. Die Legitimierung der Anhänger_innen durch biblische Auslegungen in den diversen Bereichen einer Gesellschaft die auch eigene Normen und Werte beschreiben, müssen nicht singulär durch christliche Extremist_innen und Fundamentalist_innen eingeschränkt werden, sondern können auch durch einfache und bürgerliche Anhänger_innen christlicher Gemeinschaften bewusst forciert und gewollt angesetzt werden. Diese Ansichten und Normen haben vor allem in der Bildung und Entwicklung der traditionellen Geschlechterrollen von „Mann“ und „Frau“ eine enorme Signifikanz, die auch alle den binären Geschlechterrollen abweichenden Identitätskonstruktionen in der Sichtbarkeit einschränken. Hierbei soll mit der vorliegenden Masterthesis und ihren Themenschwerpunkten, die biblischen Auslegungen und Deutungen der traditionellen Geschlechterrollen kritisch untersucht und veranschaulicht werden. Demnach wird einerseits das Bewusstsein der kritischen Betrachtung der Bibel gefördert und gefordert und anderseits die Achtsamkeit in der Ignoranz und der Hypokrisie der tatsächlichen und wortwörtlichen Auslegungen der Bibel für die christlich-indische Community 6 in Deutschland aufgezeigt werden.
1.1. Persönliche Motivation
Die indische Diaspora in Deutschland wuchs in ihrer Population7 in den letzten Jahren exponentiell an, die auch in den verschiedenen Statistiken der Migrationsbewegungen in Deutschland auffindbar sind. Hierbei ist die Präsenz von Menschen indischer Herkunft von einer nicht selten unsichtbaren und marginalen Populationsgruppe in der Gesellschaft zu einer signifikanten und visuellen Community in Deutschland vorangeschritten. Diese meist in sich gekapselten und autonom agierenden Communities sind dabei in ihrer Struktur, dem Aufbau und der Präsenz differenziert vorzufinden und unterteilen sich in regional-, religions-, sozialund zweckspezifischen Subcommunities 8. Einer dieser Subcommunities der indischen Diaspora in Deutschland beschreibt die christlich-indische Gemeinschaft, welche in der vorliegenden Arbeit als Themenschwerpunkt und Fokusgruppe festgelegt wird. Die christlich-indische Community stellt in der Gesamtbetrachtung der indischen Diaspora in Deutschland eine sekundär kleine Subcommunity dar, da diese bspw. in der Relation zur hinduistisch-indischen Community und dessen Mitglieder_innenanzahl minimal in Deutschland präsent ist. Das Aufwachsen in verschiedenen indischen Communities, die sich auch in ihrem Konstrukt regional-, religions-, oder auch kulturspezifisch unterscheiden, weist in vielen Phasen der binationalen Sozialisation9 verschiedene Herausforderungen und Fragen auf, die sich der Autor der christlich-indischen Community in Hinblick der eigenen religiösen Konfession stellen und möchte. Die Kinder der „Zweiten Generation“10 der indischen Diaspora in Deutschland, stellten sich verschiedenen Herausforderungen in der ihnen fremden und unbekannten Gesellschaft in Deutschland, welche Ihnen in vielen Situationen und Erlebnissen offene Fragen in Hinblick der eigenen religiösen Konfession und Zugehörigkeit aufzeigten. In der Bachelorthesis, „ Die indische Diaspora in Deutschland. Eine Auseinandersetzung mit den Herausforderungen in Hinblick auf Rassismus, Migration und Zugehörigkeit“ (Pulimoottil 2018), des Autors der vorliegenden Masterarbeit, wurden die Themenschwerpunkte Rassismus, Migration und Zugehörigkeit in Hinblick auf die indische Diaspora in Deutschland untersucht. Hierbei war es für den Autor der vorliegenden Arbeit signifikant, eine detailreiche Darstellung der indischen Diaspora in ihrer Struktur, dem Aufbau und dem Gesamtbild in der wissenschaftlichen Forschungsebene in Deutschland zu ermöglichen. Demnach zeigten die Auseinandersetzungen in den Themenschwerpunkten der Bachelorarbeit, kollektive und individuelle Herausforderungen und Hürden der Mitglieder_innen der indischen Diaspora in Deutschland auf, wobei die Themenfelder in Hinblick auf Religion, Sexualität und Identität in der indischen Diaspora im Rahmen der Bachelorarbeit nicht näher untersucht werden konnten. Somit möchte nun der Autor der vorliegenden Masterarbeit, kritisch die angeführten Themenschwerpunkte in Hinblick auf die christlich-indische Community in Deutschland untersuchen und herausarbeiten. Die persönliche Motivation des Autors der vorliegenden Arbeit beruht auf subjektiven Beobachtungen und negativen Erfahrungen und Erlebnissen innerhalb der eigenen christlich-indischen Community. Diese stellen bspw. kritische Auseinandersetzungen durch Diskussionen, Debatten und Dialogen mit den Mitglieder_innen in Hinblick auf den Themenschwerpunkten der Mastarbeit dar, welche von dem Autor angegangen werden möchte. In der Betrachtung der Themenschwerpunkte Religion, Sexualität und Identität in öffentlichen Debatten und Diskursen im Kontext der christlich-indischen Gemeinschaft und ihren Anhänger_innen in Indien und Deutschland, sind Räume für kritische, unreflektierte, tabuisierende und gefährliche Theorien, Ideologien und Glaubensansätze endlos offen. Hierbei zeigen insbesondere die Themenfelder der traditionellen Geschlechterrollen nach biblischen Auslegungen, das Familienund Gemeindeleben, die Tabuisierung der Sexualität und das kritische hinterfragen der christlich-indischen Identität, unerforschte und unreflektierte Spannungsfelder auf. Ein weiterer Aspekt in der persönlichen Motivation des Autors, bildet die Hinterfragung der eigenen Glaubenssätze in Bezug auf die biblischen Auslegungen der traditionellen Geschlechterrollen, der Tabuisierung der Sexualität und die kritische Betrachtung der christlich-indischen Werte in ihrer Kausalität dar. Diese Themenfelder sind wichtige Bereiche der indischen Kultur, die von Anbeginn der ersten Indus-Zivilisation bis hin zur heutigen Zeit im 21. Jahrhundert eine signifikante und omnipräsente Rolle spielen. Jedoch werden in der Majorität diese Bereiche in der kritischen Auseinandersetzung innerhalb der Community abgewiesen bzw. unbeachtet gelassen. So liegen auch diese Themenfelder historischen und soziokulturellen Schwankungen, Stagnationen, Umschreibungen und Weiterentwicklungen, die sich in der allgemeinen Gesellschaft in Indien bis zu den globalen christlich-indischen Diasporagruppen in der Attitüde wiederspiegeln. Die christlich geprägte Sozialisation mit christlich-indischen Werten, Normen, Regeln, Riten, Traditionen und Brauchtümer, wurden bewusst und unbewusst praktiziert und mitgemacht, ohne diese in vielen Aspekten zu realisieren und zu hinterfragen. Hierbei wurde durch die subjektive Beobachtung und Erfahrung des Autors der vorliegenden Arbeit, die Legitimation durch biblische Auslegungen von Mitglieder_innen der christlich-indischen Community, als Grund der Machtausübung, Ausgrenzung, Handlungsund Hierarchisierungsinstrument zweckentfremdet ohne den verifizierbaren Ursprung kritisch zu hinterfragen. Somit war zu beobachten, dass die christlich-indische Identität von den Anhänger_innen der eigenen Community unreflektiert und unhinterfragt ausgelebt und akzeptiert werden, die auch in der Majorität den Wahrheitsgehalt der eigenen religiösen Zugehörigkeit nicht anfechten und kritisch untersuchten. Anhänger_innen und Mitglieder_innen der christlich-indischen Gemeinschaft in Indien befolgen, gehorchen und glorifizieren die eigene religiöse Zugehörigkeit, die sich bis zu den christlich-indischen globalen Gemeinschaften ausstrecken. Die Beobachtungen und Erfahrungen des Autors der vorliegenden Arbeit zeigen auf, dass sich die Menschen aus biblischen Texten und Auslegungen, Werte, Normen und Traditionen bestimmter Verse „herauspicken“, wiederum andere negative Schriften und Auslegungen „unberührt“ und unhinterfragt stehen lassen. Die christlich-indischen Werte, wie die der Geschlechterrollen, die tabuisierende Sexualität, die christliche-indische Identität und die in vielen Situationen entstandenen Ausgrenzungen, wurden nur grob in wissenschaftlichen Forschungen in Betrachtung gezogen, die nun in der vorliegenden Masterarbeit realisiert werden sollen. Vor allem möchte der Autor der vorliegenden Arbeit kritisch die Ansichten der traditionellen christlich-indischen Geschlechterrollen in Hinblick auf soziale, gesellschaftliche und kultureller Stellung, Rollenverteilung, Heirat und Ehe sich anschauen und die Ansichten der biblischen Auslegungen und der katholischen Kirche herausarbeiten. In der vorliegenden Masterarbeit sollen die „unberührten“ und „ignorierten“ Glaubenssätze der Bibel und der katholischen Kirche für die christlich-indische Community in Deutschland veranschaulicht werden, um eine Sensibilisierung und Hinterfragung der eigenen christlich-indischen Identität in ihrer Substanz anzuregen.
Warnung vor falschen Prophet_innen
„Hütet euch vor den falschen Propheten, sie kommen zu euch in Schafskleidern im Inneren aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Erntet man etwa von Dornen Trauben oder von Disteln Feigen? Jeder gute Baum bringt gute Früchte hervor, ein schlechter Baum aber schlechte. Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte hervorbringen und ein schlechter Baum keine guten. Jeder Baum, der keine guten Früchte hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen. An ihren Früchten werdet ihr sie also erkennen. Nicht jeder, der zu mir sagt: ‘Herr! Herr!‘, wird in das Himmelreich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut. Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: ‘Herr, Herr, sind wir nicht deinem Namen als Propheten aufgetreten und haben wir nicht in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und haben wir nicht in deinem Namen viele Machttaten gewirkt?‘ Dann werde ich ihnen antworten: ‘Ich kenne euch nicht. Weg von mir, ihr Gesetzlosen!‘“ (vgl. Mt. 7, 15-23).
1.2. Problemund Fragestellung
Die Problemund Fragestellungen, die der Autor der vorliegenden Arbeit angehen möchte, beziehen sich auf die Themenfelder Religion, Sexualität und Identität. Hierbei werden kritisch die Themenschwerpunkte Religion und Sexualität in der Bildung der christlich-indischen Identität untersucht und herausgearbeitet. Es wird die Problematik der Machtausübung und Instrumentalisierung durch die biblischen Auslegungen und den Lehren der katholischen Kirche angegangen, die mit dem Fokus auf die traditionellen Geschlechterrollen innerhalb der christlich-indischen Community angeschaut werden. Hierbei werden Auslegungen und Auffassungen der Bibel in Hinblick der binären Geschlechterrollen von „Mann“ und „Frau“, die von den Mitglieder_innen der christlich-indischen Community in der Majorität unhinterfragt und unreflektiert praktiziert werden, kritisch untersucht und veranschaulicht. Weiterhin sollen Fragestellungen im Kontext der biblischen Auslegungen zu Glaubenssätzen, Tabuisierungen und Identitätsbilder der christlich-indischen Community in Deutschland angeschaut werden. Unter Berücksichtigung der genannten Aspekte werden in der vorliegenden Arbeit folgende Fragestellungen nachgegangen:
Problemund Fragestellungen:
1. Wie entstand das Christentum in Indien und welche Folgen hat die Christianisierung innerhalb Indiens in den christlich-indischen Gemeinschaften bewirkt?
2. Welche biblischen Auslegungen und Auffassungen werden innerhalb der christlich-indischen Community als Legitimationsinstrument in der Auslebung traditioneller Geschlechterrollen herangezogen und wie werden diese kritisch hinterfragt?
3. Inwieweit grenzen und tabuisieren die Lehren der katholischen Kirche und die Auslegungen der Bibel, die partnerschaftliche Sexualität in der christlich-indischen Community ein?
4. Wie sind die traditionellen Geschlechterrollen innerhalb der hinduistischen und christlichen Religionsgemeinschaften in ihren Glaubenssätzen ineinander verwoben?
5. Wie bildet sich die christlich-indische Identität in der Verwobenheit hinduistisch-indischer Attribute und wie wird diese in der christlich-indischen Community in Deutschland aufgezeigt?
1.3. Zielsetzung der Arbeit
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Vertiefungen in den Themenfeldern Religion, Sexualität und Identität in der christlichindischen Community kritisch zu untersuchen, zu hinterfragen und zu veranschaulichen. Hierbei soll nach den unberücksichtigten und ignorierten Auslegungen und Auffassungen der Bibel und der katholischen Kirchenlehre, dass Verständnis der traditionellen Geschlechterrollen, die Sexualmoral der Kirche und die Hypokrisie der christlich-indischen Identität veranschaulicht werden. Weiterhin sollen kritische Fakten der Christianisierung und christlicher Glaubenssätze in Indien hinterfragt und nach den Fragestellungen aufgezeigt werden. Diese werden in der Bildung der Identität in der christlich-indischen Community in Deutschland herangezogen. Hierbei beschreibt das Ziel der vorliegenden Arbeit, ein Bewusstsein und die Sensibilisierung in der kritischen Betrachtung der biblischen Auslegungen und der katholischen Kirche zu ermöglichen und die christlich-indische Community in der Hinterfragung der eigenen religiösen Zugehörigkeit zu fördern und zu fordern.
1.4. Gliederung und strukturelle Vorgehensweise
Der Gegenstand der vorliegenden Masterarbeit ist die Betrachtung der Zusammenhänge in den Themenschwerpunkten Religion, Sexualität und Identität in der christlich-indischen Community in Deutschland. In den Schwerpunkten werden anhand der Fragestellungen, die biblischen Auslegungen und Lehren der katholischen Kirche kritisch untersucht und veranschaulicht. Der Forschungsgegenstand der vorliegenden Masterarbeit wird in der Methodik mit den subjektiven Beobachtungen und Erfahrungen des Autors der vorliegenden Arbeit qualitativ herausgearbeitet. Die Masterarbeit ist eine Literaturarbeit und ist theoretisch angelegt. Demnach wird im ersten Kapitel einleitend die indische Diaspora in Deutschland in der Definition, der statistischen Entwicklung und ihrem aktuellen Forschungsstand grob veranschaulicht. Im zweiten Kapitel dem Hauptteil, welche in drei Unterkapiteln unterteilt sind, werden die Themenschwerpunkte Religion, Sexualität und Identität im Kontext der christlich-indischen Community in Deutschland untersucht und aufgezeigt. Das dritte und letzte Kapitel beinhaltet den Schlussteil der vorliegenden Arbeit mit dem persönlichen Fazit und folgend das Literaturund Quellenverzeichnis.
2. Die indische Diaspora in Deutschland
Im ersten Kapitel der vorliegenden Arbeit wird die indische Diaspora in Deutschland im Kontext der statistischen Entwicklung und dem aktuellen Forschungsstand untersucht und veranschaulicht. Weiterhin wird der Begriff der Diaspora in Relation zu den Begriffen Exil und Transmigration angeschaut und gegenübergestellt. In der Bachelorthesis11 des Autors der vorliegenden Masterarbeit, wurde die indische Diaspora in Deutschland im allgemeinem in ihrer Struktur und dem Aufbau intensiv untersucht und auf dem aktuellen Forschungsstand gebracht. Die Definition des Begriffs der Diaspora, der statistischen Datenhebungen und ihrem Status Quo, werden mit neuen Erkenntnissen ergänzt und mit dem aktuellen Forschungsstand erweitert. Die Betrachtung der indischen Diaspora in Deutschland dient als Grundlage in der Einleitung der Themenschwerpunkte Religion, Sexualität und Identität in der christlich-indischen Community in Deutschland.
2.1. Definition Diaspora , Exil und Transmigration
Um sich mit den Themenschwerpunkten der christlich-indischen Community und ihren Mitglieder_innen zu beschäftigen, ist es vorerst signifikant die theoretischen Ansätze bzw. Konzepte von Diaspora, Exil und Transmigration näher anzuschauen. Die Betrachtung dient zur Darstellung unterschiedlichen gesetzlicher und subjektivgewählter Positionierungen der Mitglieder_innen der indischen Diaspora in Deutschland. Hierbei wird im Allgemeinem der Begriff der Diaspora im Kontext der globalen indischen Gemeinschaft, für alle die im Ausland lebenden Inder_innen genutzt und angewandt. Das Konzept der Diaspora beinhaltet jedoch spezifische Differenzen die sich mit Exil und Transmigration unterscheiden. Demnach wird im Folgenden grob die Konzepte der drei angeführten Begriffe untersucht und veranschaulicht.
2.1.1. Diaspora
Der Begriff Diaspora wurde durch den Autor der vorliegenden Arbeit in der Bachelorthesis in Hinblick der Definition grob untersucht, welche folgend mit neuen Erkenntnissen erweitert und vertieft wird (Pulimoottil 2018, S. 6). Der Begriff Diaspora leitet sich aus dem altgriechischen Verbum diaspeiren ab, welche die „Zerstreutheit“ von religiösen, kulturellen und ethnischen Gemeinschaften und Gruppen in der globalen Fremde beschreibt (vgl. ebenda). Die Gemeinschaften und Gruppen haben demnach ihre eigene traditionelle „Heimat“12 und „Kultur“13 des Herkunftslandes aus verschiedenen Gründen verlassen und global in der Welt sich verstreut, um in einem neuem Land oder einer neuer Region eine neue „Heimat“ gewollt oder ungewollt aufbauen zu können (vgl. ebenda). Der Sozialwissenschaftler Robin Cohen beschreibt den Begriff Diaspora folgend,
„[…] als ein kollektives Trauma, eine Verbannung, in der Sehnsucht nach der Heimat einem Leben im Exil entgegenstehend, das dazu beiträgt, starke kollektive Identitäten als Leidensgemeinschaft aufrechtzuerhalten […]“ (vgl. Cohen 1997, S. 9).
Um die Untersuchung der Erfahrungen von „Migrant_innen“ zu ermöglichen, wird der Begriff der Diaspora auch als analytischen Konzept neben den Bergriffen Exil und Transmigration oft angewandt (vgl. Kuhlmann 2014, S. 9). Diese Begriffe werden im Kontext diverser Wissenschaftsdisziplinen, wie Kulturund Politikwissenschaft, Soziologie, Ethnologie, Anthropologie und auch Geografie für Forschungsvorhaben und Theorieansätze genutzt (vgl. ebenda). Die Begriffe Exil und Diaspora beschreiben dabei einen historischen Terminus, welchen ab den 1960er Jahren besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde und zunehmend in akademischen Diskussionen und Debatten ihre Verwendung findet. Der Begriff Transmigration wurde dabei auch parallel ab den 1960er Jahren populärer und fand ihre Nutzung vor allem in diversen Wirtschaftsdisziplinen (vgl. ebenda). Die Begriffe Diaspora und Transmigration werden in der gegenwartsbezogenen Migrationsforschung neben dem Begriff Exil als häufige Termini genutzt, welche sich laut Kuhlmann in geringer Dimension in der Definition unterscheiden würden und auch schwierig in der Begriffsdifferenzierung voneinander zu trennen sei (vgl. Kuhlmann 2014, S. 9). Die Differenzierung der Konzepte zu Exilierten, Diaspora und Transmigration nach Kuhlmann, lassen sich dabei in der Vorstellung und Bezugnahme von „Heimat“ und „Fremde“, ihren Beziehungen zum Aufenthaltsund Heimatort sowie der Identität und Loyalität und der Emotion von Marginalisierung und „Hybridität“14, beschreiben (vgl. ebenda). Für die Begriffe Diaspora, Exil als auch Transmigration, gibt es eine Diversität von Auslegungen, die in der Komplexität in der Untersuchung den Rahmen der vorliegenden Arbeit überschreiten würde. Daher wird im folgendem der Begriff Diaspora im Kontext der Begriffe Exil und Transmigration grob skizziert und in ihrer Bedeutungsvielfalt veranschaulicht.
2.1.2. Exil
Der Begriff Exil, aus dem lateinischen exilium, „in der Fremde weilend“, „verbannt“, bezeichnet im Allgemeinem die Vertreibung oder Verbannung von einem bestimmten Ort, durch einen institutionellen gewaltvollen Akt wie bspw. einem Staat, oder einer Regierung. Im Kontext des Begriffs Diaspora, wird der Begriff des Exils nicht bedingt die gezwungene bzw. forcierte „Zerstreutheit“ einer Gemeinschaft oder einer Gruppe aus ihrer ursprünglichen Heimat über mehrere Regionen in der globalen Fremde verstanden (Kuhlmann 2014, S.10). Diaspora und Exil beschreiben jedoch nicht nur Formen geografischer „Entwurzelung“ (ebenda), sondern auch mentale und emotionale Zustände, die eng in Verbindung mit den Fragen von Identität und Zugehörigkeit liegen (vgl. ebenda). Beide Konzepte beziehen sich in der allgemeinen Migrationsforschung auf Menschen, die gemeinsam schmerzhafte Erfahrungen und Erlebnisse teilen, aus ihrem Herkunftsland vertrieben worden zu sein. Demnach leben Exilierte und Diasporagruppen in einem anderen Land oder Region getrennt der ursprünglichen Population, mit denen sie ihre Identität definieren und sich emotional zugehörig fühlen (vgl. ebenda). Laut Kuhlmann seien bei beiden Konzepten somit Menschen und Menschengruppen gemeint, welche außerhalb ihres Herkunftslandes leben müssen und eine ausgeprägte Orientierung der eigenen Heimat aufweisen, die in der globalen Fremde ein Leben in sozialer, kultureller und gesellschaftlicher Isolation von ihrer Aufnahmegesellschaft führen müssen. Hierbei sei der Grad der Isolation und Ausgrenzung unter Berücksichtigung interner und externer Einflüsse in verschiedenen Aspekten unterschiedlich auffindbar (vgl. ebenda). In der Bedeutung beider Begriffe ist die Semantik und Historie eng miteinander verbunden. Beide Definitionen überschneiden sich spezifisch in Hinblick auf die zentralen Elemente der Vertreibung und den Bezugnahmen zum Heimatort (vgl. ebenda). So lässt sich in verschiedenen wissenschaftlichen Literarien eine mögliche Differenzierung in der individuellen und kollektiven Erfahrung machen. Der Begriff der Exilierten laut Kuhlmann, lasse sich tendenziell auf die individuelle Erfahrung zuordnen, wogegen der Begriff der Diaspora per Definition auf eine gemeinschaftliche Lebenssituation einer Gruppe von Menschen beschrieben werden könnte (vgl. ebenda). Demnach sind bei Diasporagruppen und Exilierte n die Emigrationsgründe primär durch Umstände ihrer Heimatländer verursacht worden, die nicht mit dem Wunsch eines neuen Lebens in der globalen Fremde aufzubauen in Korrelation stehen (vgl. Kuhlmann 2014, S. 11). Weiterhin würde der Aspekt der Zwangsauswanderung durch Gewaltaussetzung, bei beiden Konzepten in Bezug auf Ursachen und Emigrationsprozessen herausgestellt werden. In der Bezugnahme auf dem Status Quo, dem Leben im Exil oder auch in der Diaspora, findet der Aspekt der Unfreiwilligkeit einer Person oder eines Kollektives eine stärkere Gewichtung im Begriff des Exils. In der Analogie zur Diaspora, handelt es sich beim Exil generell um eine langfristige Trennung vom Heimatland infolge von Vertreibung, Ausbürgerung oder auch Verbannung (vgl. ebenda). Weitere Gründe können auch die politische und religiöse Verfolgung durch eine Staatsgewalt, oder auch die untragbaren politischen Verhältnisse in der Gesellschaft des Heimatortes darstellen. Wenngleich, das sich im Resultat folgende Leben in der Diaspora durchaus auf Freiwilligkeit beruhend betrachtet werden kann, trifft dies für das Leben im Exil grundsätzlich nicht zu (vgl. ebenda).
Ein weiterer grundlegender Aspekt der Differenzierung beschreibt die Frage der Vorstellung von „Heimat“ und „Zugehörigkeit“. Mitglieder_innen einer Diaspora haben zwar eine enge emotionale Bindung zu ihrem Ursprungsland, welches als „wahres Zuhause“ mit der eigenen kulturellen Identität in Verbindung gebracht wird, jedoch sind sie in der Lage sich im Leben in der globalen Fremde außerhalb ihres Heimatlandes soziale und symbolische Verbindungen zum Aufenthaltsort zu arrangieren. Hierbei wird der neue Aufenthaltsort in einem gewissen Grad zur „Heimat in der Fremde“ (Kuhlmann 2014) konstruiert (vgl. Kuhlmann 2014, S. 12). Im Vergleich zu Exilierten, werden die Lebensverhältnisse im neuen Gastland mit provisorischer und vorübergehender Aufenthaltssituation von der Gruppe in Betracht gezogen. Der Literaturtheoretiker und -kritiker Edward Said beschreibt den Aufenthalt in der Fremde von Exilierten als always out of place (immer fehl am Platz) und outside habitual order (außerhalb der gewohnten Umgebung ), welches das Gastund Aufenthaltsland selbst als territory of non-belongig (nicht zugehöriges Territorium) aufzeigt (Said 1944, S. 137-149, zitiert nach Kuhlmann 2014, S.12). In der Differenzierung zu Diasporagruppen, welche in der Fähigkeit bereit sind neue Wurzeln zu schlagen bzw. auch die Opportunität haben Wurzel schlagen zu können, wird der Hauptbezugspunkt und die Loyalität von Exilierten zu ihrem Heimatland stets aufrecht gehalten (vgl. Kuhlmann 2014, S.12). In Anbetracht der Begriffshistorie beider Termini, stehen die Begriffe Exil und Diaspora eng mit der Geschichte des Judentums zusammen. Kuhlmann beschreibt, dass die „Entwurzelung“ (Kuhlmann 2014) und die Zerstreuung eines „Volkes“ (ebenda) als Resultat eines historischen traumatischen Ereignisses sei, der auch eine Signifikanz des Exils darstellen würde, um die Erfahrungen und Erlebnisse der jüdischen Diaspora veranschaulichen zu können (vgl. ebenda).
2.1.3. Historischer Rückblick
Der Begriff der Diaspora verwies historisch betrachtet im sechsten Jahrhundert n. Chr. in den Erfahrungen der Vertreibung und Versklavung von Juden nach der Destruktion des Tempels in Jerusalem. Dieser zeigt einen signifikanten historischen Bezugspunkt im Bedeutungskern der jüdischen Diaspora und ihrer Identität auf (vgl. Nieswand 2018, o.S.). Laut Nieswand, greift der Begriff der Diaspora in der modernen Perspektive, die historische Bedeutung der jüdischen Diasporanarration in der semantischen Öffnung auf, womit auch traumatische Erfahrungen und Erlebnisse anderer Ethnizitäten mit dem Begriff ihre Anwendung finden würden (vgl. ebenda). Hierbei stand als Motiv und Beweggrund der jüdischen Diasporanarration die Historie der traumatischen Fluchtund Vertreibungserfahrung in den 1960er und 1970er Jahren im Vordergrund, welche laut Nieswand auch in Relation zu den Erfahrungen der Versklavung und Zwangsemigration von Menschen aus Afrika, der Massenauswanderung der irischen Diaspora während der großen Hungersnot zwischen 1845-1852 und der Vertreibung der Armenier_innen in den Jahren 1915-1916 durch die osmanische Armee, herangezogen werden kann. Eine weitere Diasporanarration, stellt die Fluchtbewegung zwischen 1946 und 1948 der Palästinenser_innen im Palästinakrieg dar (vgl. ebenda). Nieswand beschreibt weiterhin, dass die Signifikanz des modernen Diasporabegriffs mit der Erschütterung der Hegemonie „weißer“ Europäer_innen und Amerikaner_innen zusammenhängen würden (vgl. Nieswand 2018, o.S.). Diese führte in den 1960er und 1970er Jahren primär in den Vereinigten Staaten zu einer Entsagung vom Assimilationsparadigma, welches eine Adaption von ethnischen und religiösen „Anderen“ (Nieswand 2018) an die sogenannte „Kernkultur“ (ebenda) der weißen anglosächsischen und protestantischen Amerikaner_innen vorsah (vgl. ebenda). Unter diesen Rahmenbedingungen seien auch die gewaltsamen Assimilations-, Kolonialisierungsund Verfolgungserfahrungen von „ethnischen Minderheiten“ (ebenda), wie auch die Resilienz gegen Assimilation und Unterdrückung verstärkt thematisiert worden (vgl. ebenda). Das Engagement, die Errungenschaften und die Partizipation von Diasporagruppen in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft, wie der der jüdischen oder auch afroamerikanischen Diaspora, ermöglichte die Förderung der positiven Nutzung und Übernahme des Diasporabegriffes durch andere Gruppen (vgl. ebenda). Diese wurden auch in der Vergangenheitshistorie teilweise von jüngeren migrierten Personengruppen genutzt und angewandt (vgl. ebenda). Ein weiterer Punkt des Begriffs der Diaspora laut Nieswand, sei in der wachsende Bedeutungsdiversität aufzunehmen, welche auch eine Abgrenz-barkeit und Ordnungsrichtlinie durch den Begriff aufzeigen würde (vgl. ebenda).
Laut Kuhlmann beschreibt die Kritik am Begriff der Diaspora, die essentielle Benutzung des Begriffs hinsichtlich der Beschränkung der jüdischen und weiteren Gruppenerfahrungen in der Historiographie, die auch in den 1960er Jahren als Sammelbegriff für verschiedene Migrationsphänomene angewandt wurde (vgl. Kuhlmann 2014, S.13). Hierbei schildert Kuhlmann, dass der Sammelbegriff der Diaspora für diverse Migrationsphänomene und Migrationsformen angewendet wurde, welches seit der Hälfte des 20. Jahrhunderts zu beobachten sei (vgl. ebenda). Somit sei auch die Anwendung des Begriffs bspw. bei jüngeren Migrationsgruppen und Geflüchteten und diversen anderen Gruppen zu beobachten. So wären die Fragen nach Unfreiwilligkeit und Freiwilligkeit im Migrationsprozess entscheidende Faktoren in der Debatte um die Abkehr einer Vorstellung der Diaspora als Exilgemeinschaft anzusehen, welchen laut Kuhlmann heutigen Diasporagruppen nicht zwangsläufig eine permanente Trennung oder eine tiefgreifende „Entwurzelung“ vom Heimatland zuzuschreiben sind (vgl. ebenda). Der Sozialwissenschaftler William Safran15 formulierte dabei in den frühen 1990er Jahren eine Liste von Kriterien, welche die Identifikationsmerkmale von Diasporagruppen definieren sollte. Hierbei umfasste die Liste die Migrationsgeschichte spezifischer Gruppen mit traumatischen Bedingungen, der Herkunftsorientierung, der spezifischen Diskriminierungserfahrung, sowie die Identität und Solidarität mit den sich die Angehörigen der Diaspora ableiten (vgl. Nieswand 2018, o.S.). Die Liste der Identifikationsmerkmale wurde folgend durch den Sozialwissenschaftler Robin Cohen16 im Jahr 2008 spezifiziert und verfeinert, welche verschiedene Typologien von Diasporagruppen aufzeigten. Cohen differenzierte Diasporagruppen in „Opferdiaspora“, Arbeiter_innendiaspora, Händler_innendiaspora, imperiale Diaspora und deterritorialisierte Diasporagruppen (vgl. ebenda). Nieswand beschreibt, das Robin Cohen als Beispiele der Typologien u.a. Jüd_innen sowie Afroamerikaner_innen als „Opferdiaspora“, indische und türkische Vertragsarbeiter_innen als Arbeiter_innen-diaspora und die kolonialen britischen Siedler_innen in Südafrika als imperiale Diasporagruppen aufzeigen würde (vgl. ebenda). Der Begriff der Diaspora nach Cohen im Kontext der indischen Migrationshistorie, lässt sich dabei in differenzierte und spezifische Typologien von Diasporagruppen unterteilen. Diese beinhalten bspw. die indischen Händler_innendiaspora, welche in der frühen Emigrationsgeschichte durch verschieden geographische Routen und Seewege der afrikanischen Länder oder auch der heutigen Vereinten Arabischen Emirate nach Deutschland kamen. Die Beweggründe waren neue wirtschaftliche Handlungswege zu eröffnen und ihre Seerouten zu erweitern (vgl. Pulimoottil 2018, S. 9). Eine weitere Typologie der indischen Diasporagruppe beschreibt die imperiale indische Diaspora, die in der britischen Kolonialzeit durch das British Empire17 in den verschiedenen asiatischen und europäischen Seewegen nach Deutschland gewollt und ungewollt kamen. Diese spezifische Diaspora arbeitete in den diversen Bereichen der Montanindustrie oder Agrarwirtschaft als kostengünstige Vertragsarbeiter_innen, um ihren Dienst für die britische Kolonialmacht leisten zu können (vgl. ebenda). Hierbei kann nach Cohen auch die Diasporagruppe der indischen Vertragsarbeiter_innen sowohl als „Opferdiaspora“ als auch imperiale Diaspora betrachtet werden, da die britische Hegemonie in Indien im großen Ausmaß Versklavung, Menschenhandel und Zwangsarbeit ausübte. Die letzte und größte indische Diasporabewegung, beschreibt die späte Arbeiter_innendiaspora, welche bis zum Status Quo ihre Kontinuität beibehält und in der globalen Betrachtung die größte Diaspora der Welt darstellt (vgl. ebenda).
2.1.4. Transmigration
In Anbetracht der Begriffszuordnung der indischen Diaspora, spielen die historischen Zeitordnungen der Begriffe eine signifikante Rolle. In der Zuordnung des Begriffs der Diaspora zu der indischen Ethnizität, ist diese abhängig von den epochalen Migrationsströmungen der Menschen indischer Herkunft nach Deutschland. Wie schon in der historischen Entwicklung des Diasporabegriffs angeschaut wurde, zeigt dieser in der globalen Betrachtung eine historisch fundierte Prägung auf, welche mit dem Begriff der Transmigration für aktuelle Migrationsgruppen eher beschreibbar wäre. In der aktuellen Migrationsforschung findet der Begriff der Transmigration einen höheren Zuspruch, da er Migrationsgruppen beschreibt die differenzierte Beweggründe als der Exilierten bzw. der Diaspora aufzeigen würden. Hierbei werden Migrant_innen beschrieben, die differenzierte Assimilierungsprozesse in der Aufnahmegesellschaft machen und wirtschaftliche, soziale, kulturelle, ethnische, politische und nationale Grenzen hinweg, im transnationalen Raum zwischen dem Herkunftsund Aufnahmeort interagieren (vgl. Kuhlmann 2014, S.14). Während Diaspora vorab eine spezifische und heimatlandbezogene Identität besitzt, welche sie von der Aufnahmegesellschaft differenziert, umschließt die Identität der Transmigration vielmehr der Zugehörigkeit zu beiden Orten (vgl. ebenda). Hierbei würde laut Kuhlmann, die Transmigration nicht auf das Zugehörigkeitsgefühl mit dem Herkunftsort sich beschränken. Somit bestehe nach Kuhlmann bei Transmigrant_innen nicht die Notwendigkeit neue Wurzeln zu schlagen, da die transmigrierte Gruppe nie entwurzelt wurde. Hierbei seien sie sowohl im Kontext ihrer Identität, als auch im physischen in beiden Orten zu Hause (vgl. ebenda). In der Betrachtung der differenzierten und partiell überlappenden Konzepte der Diaspora, des Exils und der Transmigration, kann demnach in Hinblick der indischen Diaspora entnommen werden, dass unterschiedliche Positionierungen der Mitglieder_innen aus Indien in Deutschland vorzufinden sind. Hierbei ist signifikant zu erwähnen, dass die verschiedenen Positionierungen in der Begriffszuordnung bei Menschen mit indischer Herkunft, je nach gesetzlichen Status, Staatsbürgerschaft, Arbeitsstatus und Aufenthaltszweck zusammenhängen. Die „Erste Generation“ der Menschen indischer Herkunft in Deutschland, haben demnach eine neue „Heimat“ in Deutschland aufgebaut, welche auch aus Sicht der Begriffszuordnung zu Mitglieder_innen der Diaspora und Exilierten gleichkommen würde. Dies beinhaltet auch der Familienzuwachs durch Kinder und den Familiennachzug aus Indien, welche auch die „Zweite Generation“ der indischen Diaspora in Deutschland aufzeigt. In Relation zu dem Begriff der Transmigration und der Transmigrant_innen, welche als Student_innen und Arbeitnehmer_innen keinen langfristigen Aufenthaltsstatus in Deutschland bevorzugen und sich explizit eines kurzfristigen Aufenthaltes qua Studium und Beruf in Deutschland sich aufhalten, zeigen diese jüngere indische Migrationsgruppen der indischen Diaspora in Deutschland auf.
2.2. Status Quo der indischen Diaspora
Die indische Diaspora zeigt nach ihrer Populationsdimension die größte Diaspora der Welt auf. Die Statistik des „Ministry of External Affairs, Government of India“ (Ministerium für auswertige Angelegenheiten der Republik Indien), stellt in ihrer Erhebung der jährlichen „ Population of Overseas Indians “ (Population der im Übersee lebenden Inder_innen), die im globalen Ausland lebenden und sich befindenden Inder_innen dar. In der letzten statistischen Erhebung von Dezember 2018, lebten etwa 13.113.360 Non-resident Indians (NRI’s), 17.882.369 Person of Indian Origin (PIO’s) und in der Gesamtsumme der addierten Werte beider Kategorien 30.995.729 Personen indischer Herkunft außerhalb von Indien (vgl. o.V. Ministry of External Affairs, Government of India 2018, o.S.).
Im folgendem werden modifizierte Abbildungen der Datenerhebung des Ministeriums für auswertige Angelegenheiten der Republik Indien dargestellt. In der ersten modifizierten Tabelle werden die 10 größten im Ausland lebenden Diasporapopulationen veranschaulicht. In der zweiten modifizierten Tabelle werden die Diasporapopulationen im deutschsprachigem Raum, begrenzt auf Deutschland, Österreich, Schweiz und Lichtenstein, veranschaulicht.
Population der im Ausland lebenden Inder_innen
Tabelle 1: Die 10 größten globalen indischen Diasporapopulationen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: in Anlehnung an Ministry of External Affairs India, Government of India, Modifizierte Darstellung, Population of Overseas Indians, 2018
Tabelle 2: Diasporapopulationen im deutschsprachigem Raum
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: in Anlehnung an Ministry of External Affairs India, Government of India, Modifizierte Darstellung, Population of Overseas Indians, 2018
2.3. Die indische Diaspora in Deutschland
Die indische Diaspora in Deutschland und ihre Mitglieder_innen sind in den letzten Jahren in ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Struktur vorangeschritten und in ihrer Populationssumme stark gewachsen. Laut der letzten Datenerhebung im Dezember 2018 des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten der Republik Indiens, leben in Deutschland schätzungsweise 108.965 Non-Resident Indians und 37.128 Person of Indian Origin, die eine Gesamtpopulation von 146.093 Personen indischer Herkunft beschreiben (vgl. o.V. Ministry of External Affairs, Government of India 2018, o.S.). Die Populationssumme variiert je nach Status der in Deutschland lebenden Inder_innen, welche eine eindeutige Definierung der Gesamtpopulation der Personen indischer Herkunft unmöglich machen. In der Untersuchung der Bachelorarbeit des Autors der vorliegenden Arbeit, wies im Jahr 2016 die Populationssumme der Personen indischer Herkunft in Deutschland, 76.093 Non-Resident Indians und 67.029 Person of Indian Origin auf. Diese stellt dabei eine Gesamtsumme von 143.122 Personen indischer Herkunft in Deutschland dar. Demnach stieg in den letzten 2 Jahren die Anzahl der in Deutschland sich aufhaltenden und lebenden Inder_innen um 2.971 Personen an. Die Differenz der Erhöhung der indischen Diasporapopulation in Deutschland, fundiert im Teil aus den erneuerten Bildungsund Wirtschaftsprogrammen für Student_innen der diversen Hochschulen und Universitäten aus Indien. In der Datenerhebung im Jahr 2018 des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) wurde aufgezeigt, dass die Zahl der indischen Studierenden in Deutschland im Laufe der letzten drei Jahre sich mehr als verdoppelt haben (vgl. o.V., DAAD 2018, S. 3). Demnach waren laut der Datenerhebung im Studienjahr 2016/17 circa 15.529 indische Studierende an deutschen Hochund Fachhochschulen und Universitäten eingeschrieben (vgl. ebenda). Hierbei stellen die indischen Studierenden nach der Volksrepublik China, die zweitgrößte Gruppe unter den Studierenden der Bildungsländer dar (vgl. ebenda). Die Student_innen kommen vorwiegend für die lukrativen und kooperativen Masterund Promotionsprogramme der deutschen Hochschulen, welche auch laut der DAAD durch die kontinuierliche Nachfrage von mehr Studierenden aus Indien in den nächsten Jahren sich erhöhen würde (vgl. ebenda). Eine weitere Datenerhebung wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) aufgezeigt. Laut der Datenerhebung der Ausländischen Studierenden in Deutschland nach Hochschularten und Herkunftsstaaten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, haben sich im Wintersemester 2017/18 insgesamt 11.849 indische Studierende in Universitäten und 5.721 in Fachhochschulen eingeschrieben (vgl. o.V., BMBF 2018, o.S.). Somit studieren im Wintersemester 2017/18 insgesamt etwa 17.570 Student_innen aus Indien in deutschen Universitäten und Fachhochschulen (vgl. ebenda). In der Gesamtbetrachtung der indischen Diaspora in Deutschland ist es signifikant zu erwähnen, dass die indische Diasporapopulation je nach langoder kurzfristigen Aufenthaltsstatus stark variiert und eine präzise Populationserhebung nicht möglich macht. Die indische Diaspora in Deutschland stellt eine „ Community“ dar, welche mit verschiedenen gesellschaftlichen, sozialen, politischen und virtuellen Netzwerken verbunden ist. Die indischen Communties und ihre Netzwerke unterteilen sich in urbane, ländliche oder auch bundesweite Räume, die auch durch Verbindungen, Kooperationen und Partnerschaften verbunden sind. Demnach befinden auch regionalspezifische Subcommunities in Deutschland , die sowohl in autonomen als auch in kooperativen Netzwerken und Partnerschaften agieren und interagieren. In der Bachelorarbeit des Autors wurde die indische Diaspora in der Gesamtbetrachtung angeschaut, welche nun in der vorliegenden Masterarbeit sich auf die christlich-indische Community spezifiziert und die Themenschwerpunkte Religion, Sexualität und Identität als Fokusbereiche bearbeitet.
3. Religion, Sexualität und Identität in der Diaspora
Im Hauptteil der vorliegenden Masterarbeit wird im Kontext der christlich-indischen Community die Themenschwerpunkte Religion, Sexualität und Identität kritisch untersucht und in drei sich aufbauenden Unterkapiteln herausgearbeitet. Im ersten Unterkapitel werden die Themenbereiche der christlich-indischen Community im Kontext des Themenschwerpunkts Religion untersucht. Hierbei werden unter anderem das Fundament des Christentums in Indien kritisch hinterfragt, welche aufbauend auf die biblischen Auslegungen der katholischen Kirche in Hinblick auf die traditionellen Geschlechterrollen herangezogen wird. Die Betrachtung der biblischen Auslegung der traditionellen Geschlechterrollen, der Ehe und der Familie wird mit der hinduistisch-indischen Auslegung gegenübergestellt. Im zweiten Unterkapitel werden die Untersuchungen und Ergebnisse des ersten Unterkapitels der Religion im Kontext der biblischen und kirchlichen Auslegungen im Themenfeld der Sexualität, der Sexualmoral und der Tabuisierung auf die christlich-indische Gemeinschaft in Deutschland zusammengeführt und in Kausalität gesetzt. Hierbei wird die römisch-katholische Kirche als Fokus gesetzt und die Auslegungen der Bibel in Hinblick der traditionellen Geschlechterrollen aufgezeigt, die im späteren für die Bildung der Glaubensätze, Normen, Traditionen und Werte der christlich-indischen Identität im letzten Unterkapitel herangezogen werden. Im letzten Unterkapitel des Hauptteils werden die herausgearbeiteten Themenfelder für die Bildung der christlich-indischen Identität herangezogen und mögliche Widersprüche und Differenzen aufgezeigt.
3.1. Religion
„No evidence, a matter of faith“ 18 (Issac 2014, S. 14)
Die Wahrheit, das Erbe und die Tradition in zivilisierten Gesellschaften zu beanspruchen ist seit der Geburtsstunde der Menschheitsgeschichte und der historischen Periode ein universeller Charakter, welche bis zur heutigen Zeit ihren Zuspruch und ihre Anerkennung in verschiedenen Gesellschaften und Kulturen findet (vgl. Issac 2014, S. 8). Mythologien, Folklore, Märchen, Sagen und Legenden werden von Gesellschaften und Zivilisationen zur Etablierung von Status, Macht und den „Wahren Glauben“ als Konstruktionsmedium instrumentalisiert (vgl. ebenda). Überlieferungen, Texte, Sagen und Mythen die mit Theismus in Relation gebracht werden, beinhalten analoge und minimal differenzierbare Ideologien, Glaubensätze, Traditionen und Regeln, die bis zur heutigen Zeit in der Gesellschaft verwoben sind und ihre Gültigkeit bei ihren Anhänger_innen findet. Laut dem indischen Geschichtsprofessor Prof. Dr. I.C. Issac und seiner Forschung über die Evolution der christlichen Kirchen in Indien, sei die Bildung von sozialen Formationen und Anordnungen von Mythen, Sagen, Legenden und Überlieferungen zu einer Manifestation ein natürlich stattfindender Prozess innerhalb von religiösen Gemeinschaften. Dieser biete nach Issac nur ein geringes historisches Milieu für Fakten und Verifikationen an (vgl. ebenda). In Anbetracht zur Historie des Christentums und der Kirchen in Indien, haben Mythen, Sagen, Legenden und andere Formen von Überlieferungen desaströse Implikationen hervorgerufen, die bis zur heutigen Zeit noch in den Ansichten und Überzeugungen von Individuen und Gemeinschaften ihre Legitimation findet. In der Betrachtung dieser Mythen, Sagen, Legenden und anderen Formen der Überlieferungen, finden sich verschiedene Perspektiven, Theorien, Ansätze und Auffassungen, die in der Majorität von ihren Anhänger_innen gelebt und weitergegeben werden ohne diese in ihrem Fundament und ihrer Herkunft kritisch zu hinterfragen und zu reflektieren. Hierbei werden die Glaubenssätze von Religion und Religiosität der eigenen Konfession von Generation zu Generation fragmentarisch unreflektiert und unhinterfragt weitergegeben und neu ausgelegt, welche neu aufgefasste und lückenhafte Formen der religiösen „Wahrheit“ aufzeigen und diese dann als den „wahren Glauben“ instrumentalisieren. Um die christlich-indische Gemeinschaft in Deutschland in ihrem Fundament und Konstrukt zu betrachten und ihre Glaubenssätze und Ideologien zu veranschaulichen, werden im folgendem Unterkapitel der Religion die Ursprünge des christlich-indischen Glaubens und die Entstehung und Verbreitung des Christentums in Indien kritisch untersucht und dargestellt. Da die Gesamtbetrachtung aller christlich-indischen Ideologien, Glaubens-sätze und Traditionen den Rahmen der vorliegenden Arbeit überschreiten würde, wird der Fokus am Beispiel der traditionellen Geschlechterrollen der biblischen Auslegung und der katholischen Kirche gesetzt und das Themenfeld der Religion in ihrer Kausalität untersucht und veranschaulicht.
3.1.1. Definition Religion und Religiosität
Der Begriff Religion kommt in der etymologischen Betrachtung vom lateinischen Begriff „religio “, welcher in der wörtlichen Übersetzung, „gewissenhafte Berücksichtigung“ oder „Sorgfalt“ und „Achtgeben“ beschreibt (vgl. Könemann 2015, o.S.). Im Verbum des Begriffs „religere“ und „religare“ schließen sich auch Begriffe des „wieder lesen“, „genau beachten“ und „rückbinden“ an (vgl. ebenda). In der Fülle der Definition von unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen, lässt sich der Begriff der Religion sehr schwer definieren (vgl. Pollack et al. 2018, S. 17–18). Pollack beschreibt, dass die Frage der Definition des Religionsbegriffes eine langanhaltende Dimension bis zum heutigen Tag aufzeigen würde, womit auch unteranderem durch die Differenzierung der funktionalen, substantiellen und kombinierenden Möglichkeiten der Ansätze der Religion und Religiosität betrachtet werden müsse (vgl. ebenda). Hierbei werden im Umkreis des Begriffes der Religion nicht selten essentialistische, existenziale und anthropologische Grundkonstante theoretisch konstruiert, um auf diese Weise dem Wesentlichen der Religion und ihrer spezifischen Qualität Ausdruck verschaffen zu können (vgl. ebenda). So lassen sich Religionsdefinitionen danach unterscheiden, ob sie darauf abzielen würden Religion in ihrer Differenz zu anderen sozialen Phänomenen zu bestimmen, oder ob sie den Wert auf die Vergleichbarkeit zwischen Religion und anderen Gesellschafts-bereichen darstellen (vgl. ebenda). In der Religionssoziologie beschäftigte sich u.a. der französische Soziologe und Ethnologe Émile Durkheim19, der die Religion schilderte als
„[…] ein solidarisches System von Überzeugungen und Praktiken, die sich auf heilige, d.h. abgesonderte und verbotene Dinge […] beziehen, die in einer und derselben moralischen Gemeinschaft […] alle vereinen, die ihr angehören.“ (vgl. Durkheim 1981, zitiert in Pollack 2018, S.17).
Religion ist nach Durkheim, erstens durch die Differenzierung von „Heiligem“ und „Profanem“ gekennzeichnet, zweitens qua ihres gemeinschaftlichen und kollektiven Charakters, der sie von der auf die individualistischen Konsumenten zugeschnittenen „Magie“ (ebenda) unterscheiden würde (vgl. Pollack 2018, S. 17). Drittens setzt Durkheim nicht nur auf Glaubensvorstellungen den Fokus an, sondern zielt auch auf Praktiken als Konstituens von Religion ab und weist dem Kult und den religiösen Riten eine zentrale Bedeutung zu (vgl. ebenda). Pollack schildert weiterhin, dass auch die Ansätze, die auf die Spezifik von Religion abstellen würden, philosophischen, substantiellen und handlungstheoretischen Herangehensweisen angehören (vgl. Pollack 2018, S.179). Eine weitere Betrachtung legt die Theolog_in und Religions-pädagog_in Prof. Dr. Judith Könemann aus. Laut Könemann beschreibt der Begriff der Religion auch somit ein Sammelbegriff und System von unterschiedlichen Glaubenssätzenund lehren, deren fundamentalistische Grundlage die Religiosität zu spezifischen transzendenten oder metaphysischen Kräften, Subjekten, Objekten und Wesen aufzeigt (vgl. Könemann 2015, o.S.). Das Transzendente und Metaphysische stellt dabei keine verifizierbaren Sachverhalte im Kontext der Wissenschaftstheorien dar, sondern basiert auf den Faktoren des Glaubens, der Empfindungen, den intuitiven Erfahrungen und Überzeugungen von Mitteilungen bestimmter Kräfte, Vermittler_innen und Botschafter_innen. Die verschiedenen Botschafter_innen stellen bspw. Prophet_innen, Schaman_innen oder auch aktive und passive Religionsstifter_innen dar (vgl. ebenda). Laut Könemann beschreibe der Begriff der Religion in der religionspädagogischen Betrachtung die „gelehrte Religion“ (ebenda), währenddessen die Religiosität die subjektive Aneignung dieses Systems der Religion darstellen würde (vgl. ebenda). Diese wird auch als „gelebte Religion“ (ebenda) verstanden (vgl. ebenda). In Anbetracht auf das Verständnis der Religion des Christentums, beschreibt der Begriff weniger einer Rolle in der inneren Haltung des Menschen in der Beziehung zu Gott, sondern eher durch den italienischen Begriff der „pietàs“ 20 in der Pflicht der Religiosität einer signifikanteren Bedeutung zugeschrieben werden würde (vgl. ebenda). Diese dient vielmehr als Funktion und Isolation der Religion des Christentums als die „wahre“ Religion, die auch „religio vera“ genannt wird und gegenüber anderen religiösen Traditionen und Kulten, welche als falsch markiert und gekennzeichnet werden, ihre Anwendung findet (vgl. ebenda). Im Kontext der Religion charakterisiert die Religiosität laut Könemann, eine aus tiefer Ehrfurcht vor der Weltordnung und der Diversität in der Welt entstehenden universellen menschlichen Empfindung und Wahrnehmung, dass alles Omnipräsente auf einer allumfassenden transzendenten und metaphysischen Realität basiert (vgl. Könemann 2015, o.S.). Hierbei stellt die Religiosität auch die Fähigkeit oder das Attribut von menschlichen Wesen dar, die das Denken, Erleben, Fühlen und Handeln auf die transzendente Ebene in Bezug setzen zu können (vgl. ebenda). Die Fähigkeiten werden meist in Relation in der Hinwendung mit dem innigen Wunsch nach „Erleuchtung“, „Befreiung“ oder auch „Erlösung“ zu einer spezifischeren Religion und Glaubensgemeinschaft gesetzt (vgl. ebenda). Der Religionsbegriff und dessen Verständnis sei laut Könemann in der Bestimmung im historischen Kontext recht jung, da bis zum Status Quo keine allgemeine anerkannte universelle Bestimmung und Definition von Religion existiert (vgl. ebenda). Dies beruht auf zwei Grundproblematiken, die einerseits zu der engen und zu weiten Religionsverständnisses inne liegen würden und anderseits in der Reichweite der universellen Bestimmung beruhe (vgl. ebenda).
3.1.2. Religionen in Indien
In der letzten Populationserhebung nach religiösen Konfessionen des Census 2011, des „ Register General and Census Commissioner of India“ (RGCCI)21, gehören in Indien 79,8% dem Hinduismus, 14,2% dem Islam, 2,3% dem Christentum und 1,7% der Religion des Sikhismus an. Die Anteile der Anhänger_innen der Buddhistischen und der Religionsgemeinschaft der Jains beschreiben jeweils 0,7% und 0,4%. Andere marginale Glaubensgemeinschaften in Indien bilden einen prozentualen Anteil von 0,7%. Die in der Datenerfassung nicht erfassten Religionsgemeinschaften in Indien bilden etwa 0,2% (vgl. o.V., Register General and Census Commissioner of India 2015, o.S.).
Abbildung 1: in Anlehnung an Register General and Census Commissioner of India, Modifizierte Darstellung, 2015.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der offiziellen Populationszählung der Republik Indien wird aufgezeigt, dass es seit dem Census 2001 keine Informationen zur religiösen Zusammensetzung der indischen Population erhoben wurde und nur abgeänderte Schätzungen im letzten Census 2011 auffindbar sind (vgl. o.V., Register General and Census Commissioner of India 2015, o.S.). Demnach wird auch die spezifische Zusammensetzung und Populationsgröße der christlich-indischen Kirchen und deren aktueller Anhänger_innenstand in Indien nicht möglich gemacht, da diese auf Schätzungen und Prognosen verschiedener Quellen aufgebaut sind. Der Hintergrund der Vermeidung einer neuen Datenerhebung beruht darauf, dass von der indischen Regierung befürchtet wird, das die Publizierung der Daten zu Konflikten zwischen den verschiedenen Religionsgemeinschaften entlang der Glaubensgrenzen führen könnte. Laut dem indischen Zeitungsredakteur John Dayal im Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), würde durch die Veröffentlichung der aktuellen Daten der Datenerhebung die schon aktuell angespannte und gespaltene stark religiöse Gesellschaft in Indien, noch mehr provoziert werden (vgl. Dayal 2014, o.S.). Laut Dayal habe sich in den letzten Jahren in Teilen der hinduistischen Mehrheits-gesellschaft in Indien die Angst erhöht, dass durch Muslim_innen und Christ_innen hegemoniale hinduistische Religionsgemeinschaften wohlmöglich in den Rand gedrängt werden könnten (vgl. ebenda). Die angespannte Situation und „Paranoia“ (Dayal 2014, o.S.) in regionalen Orten in Indien begründet sich einerseits dabei am Populations-wachstum der indischen Muslim_innen zwischen 1991 und 2001 bei 36%, im Vergleich zu 30% im Jahrzehnt davor und anderseits durch die geringere Rate der Hindus im gleichen Zeitraum von 20% zu 23% (vgl. ebenda). Ein weiterer Aspekt spiele auch die Teilung Britisch-Indiens im Jahr 1947, die laut Dayal bis zum Status Quo anhaltende Konflikte erzeugen würden und zwischen den Religionsgemeinschaften stets zu Konfrontationen und Spannungen geführt haben. Dayal legt weiterhin aus, dass in Indien seit der Unabhängigkeit mehr als 30.000 Fälle religiös motivierter Gewalt ausgelöst wurden und in indischen Registern verzeichnet waren (vgl. ebenda). In Anbetracht auf die christlich-indischen Religionsgemeinschaften in Indien, wird der Anteil der Christ_innen laut dem Census im Jahr 2001 bei nur 2,3% aufgelistet (vgl. o.V., Register General and Census Commissioner of India 2015, o.S.). Die Datenerhebung werden laut Dayal durch Seiten diverser christlichen Kirchen angezweifelt und die im Census angegebene Population der Anhänger_innen zwei bis drei Mal so hoch geschätzt (vgl. Dayal 2014, o.S.). Somit ist der aktuelle Forschungsstand in der Populationsentwicklung der christlich-indischen Gemeinschaft nicht definierbar und beruht auf der letzten Datenerhebung im Jahr des Census 2001, welcher durch den Census 2011 aktualisiert wurde (vgl. o.V., Register General and Census Commissioner of India 2015, o.S.).
3.1.3. Die christlich-indischen Religionsgemeinschaften in Indien
Im folgendem wird eine modifizierte Tabelle der 20 größten christlich-indischen Religionsgemeinschaften in Indien nach dem aktualisierten Census 2011 aufgezeigt. Die christlich-indischen Gemeinschaften in Indien richten sich nach Populationsgröße und Bundesstaat (vgl. o.V., Register General and Census Commissioner of India 2015, o.S.).
Tabelle 3: Die 20 größten christlichen Gemeinschaften in Indien
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3: in Anlehnung an Register General and Census Commissioner of the Republic India, Modifizierte Darstellung, 2015.
In der Betrachtung der demographischen Verteilung und der Datenerhebung des Census 2011, leben in Indien etwa 27,8 Millionen Christ_innen22. Dies entspricht im Jahr 2011 einen Populationsanteil von 2,3% (27.819.588 Personen), welche im Verhältnis der Gesamtpopulation von 1.210.854.977 Menschen in Indien eine marginale Gruppe aufzeigt (vgl. o.V., Register General and Census Commissioner of India 2015, o.S.). Die christlich-indische Gemeinschaft in Indien zeigt demnach die drittgrößte Religions-gemeinschaft nach dem Hinduismus und dem Islam auf, die in den verschiedenen Bundesstaaten und Territorien Indiens auffindbar sind (vgl. ebenda). In der Daten-erhebung zu entnehmen sind, dass christliche Konzentrationen sich vor allem in Südindien und in den nordöstlichen Bereichen Indiens sich wiederfinden. Die Bundestaaten Kerala (18,38%), Goa (25.10%) und Tamil Nadu (6,12%) bilden bspw. im Verhältnis der einzelnen Bundestaatenpopulation eine zahlenmäßig starke christliche Minorität ab. Die nordöstlichen Bundesstaaten Nagaland (87,93%), Mizoram (87,16%), Meghalaya (74,59%), Manipur (41,29%) und Arunachal Pradesh (30,3%) weisen in der Gegenüberstellung eine nennenswerte Majorität der Bundestaatenpopulation auf (vgl. ebenda). Dabei leben die nummerisch meisten Christ_innen nach Anzahl in den beiden südindischen Bundesstaaten Kerala und Tamil Nadu und im Verhältnis des christlich-indischen Populationsanteils nach Bundesstaaten in Nagaland, Mizoram, Meghalaya, Manipur und Arunachal Pradesh. Minimale Konzentrationen von Christ_innen finden sich auch in den Adivasi- Gebieten der ostindischen Bundesstaaten Jharkhand, Orissa und Chhattisgarh (vgl. ebenda). In Anbetracht der populationsreichen Bundesstaaten Nordwestindiens ist das Christentum im Vergleich nur minimal auffindbar. Demzufolge zeigt bspw. im einwohner_innenstärksten Bundesstaat Indiens Uttar Pradesh (199.812.341 Personen), etwa nur 0,18% (356.448 Personen) der Bundestaatpopulation christliche Anhänger_innen auf (vgl. ebenda). Die Verteilung und Verbreitung der christlich-indischen Populationsgruppe unterliegt den historischen Einflüssen und den Entwicklungen in der indischen Historiographie, welche im Folgendem mit der historischen Betrachtung der Christianisierung in Indien untersucht und veranschaulicht wird.
[...]
1 Die Loccumer Richtlinien dienen zur Vereinheitlichung der verschiedenen Schreibweisen von Eigennamen zwischen den evangelischen und katholischen Kirchen, welche zur Vereinfachung dienen (vgl. Katholisches Bibelwerk 1981, o.S.).
2 Paul Henri Thiry d’Holbach , war ein deutsch-französischer Philosoph der französischen Aufklärung, der vor allem für seine religionskritischen und atheistischen Thesen populär war.
3 In der vorliegenden Arbeit wird für die einheitliche Schreibweise, fremdsprachige Wörter, Neologismen und Literaturtitel kursiv verfasst. Weiterhin werden Zitate, Direkte Reden, Sprichwörter, Betonungen, Anspielungen und ironisch gebrauchte Wörter in doppelte „Anführungszeichen“ gesetzt.
4 Die Leerstelle des Gender_Gaps soll die schriftsprachliche Darstellung derjenigen Personen-gruppen ermöglichen, die sich den binären Geschlechtergruppen von „Mann“ oder „Frau“ nicht zuordnen lassen. In der vorliegenden Arbeit dient die Leerstelle als Freiraum für alle Identitäts-konstruktionen jenseits der herkömmlichen Zweigeschlechtlichkeit.
5 Die folgende Zitierweise der biblischen Versangaben, wird nach der Einheitsübersetzung der Bibel und den Loccoumer Richtlinien angewandt.
6 Duden-Online 2019, Community, im deutschen Gemeinschaft oder Gemeinde, beschreibt eine Gruppe von Menschen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen, gemeinsame Interessen pflegen und sich gemeinsamen Wertvorstellungen verpflichtet fühlen. Eine Community beschreibt weiterhin das Zusammensein, und -leben in gegenseitiger Verbundenheit, beispielsweise zur Verfolgung gemeinsamer Ideologien und Interessen eines wirtschaftlichen, sozialen, politischen, oder kulturellen Ziels. In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe Community und Gemeinschaft gleichermaßen in der Sinnbedeutung benutzt und für die christlich-indische Community in Deutschland angewandt.
7 Duden-Online 2019, Die veraltete Form des Begriffs der Bevölkerung wird in der vorliegenden Arbeit durch den neuen fachsprachlichen und neuen Begriff der Population ersetzt. Wenn dennoch der Begriff der Bevölkerung durch den Autor verwendet wird, ist diese die bewusste und wortwörtliche Wahl der Auslegungen bzw. der Autor_innen.
8 Duden-Online 2019, Subcommunity, innerhalb einer Community oder Kulturbereichs, einer Gesellschaft bestehende, von einer bestimmten gesellschaftlichen, ethnischen o. ä. Gruppe getragene Kultur mit eigenen Normen und Werten.
9 Der Autor der vorliegenden Arbeit ist in Indien geboren und in Deutschland sozialisiert.
10 Zweite Generation, der Begriff beinhaltet sowohl die Kinder der Ersten Generation der Mitglieder_innen der indischen Diaspora in Deutschland, als auch alle nachgezogenen Mitglieder_innen indischer Herkunft (vgl. Pulimoottil 2018, S.26).
11 Mit dem Begriff „Bachelorthesis“, wird der langverfasste Titel der Bachelorthesis des Autors zur vereinfachten Bearbeitung in den folgenden Seiten verkürzt. Die Themenschwerpunkte der indischen Diaspora in Deutschland werden mit neuen statistischen Erkenntnissen ergänzt und auf dem aktuellen Forschungsstand gebracht.
12 Duden-Online 2019, Heimat, beschreibt ein Land, Landesteil oder Ort, in dem man geboren und/oder aufgewachsen ist, oder sich durch ständigen Aufenthalt zu Hause fühlt. Oft als gefühlsbetonter Ausdruck enger Verbundenheit gegenüber einer bestimmten Gegend.
13 Duden-Online 2019, Kultur, beschreibt die Gesamtheit der geistigen, künstlerischen und gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als Ausdruck menschlicher Höherentwicklung. Weiterhin beschreibt der Begriff der Kultur die Gesamtheit der von einer bestimmten Gemeinschaft auf einem bestimmten Gebiet während einer bestimmten Epoche geschaffenen, charakteristischen geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen.
14 Hybridität: Zugehörigkeit zu mehreren kulturellen Räumen (Kuhlmann 2014, S. 9)
15 Safran, William (1991): Diaspora in modernen Gesellschaften: Mythos von Heimat und Diaspora 1 (1), S. 83-99.
16 Cohen, Robin (2008): Globale Diaspora: Eine Einführung: London und New York: Routledge.
17 Das Britische Empire umfasste die Herrschaften, Kolonien, Protektorate, Mandate und andere Gebiete, die vom Vereinigten Königreich und seinen Vorgängerstaaten regiert oder verwaltet wurden. Es entstand aus den überseeischen Besitztümern und Handelsposten, die England zwischen dem späten 16. und frühen 18. Jahrhundert errichtete.
18 “Keine Beweise, eine Frage des Glaubens”, Übersetzung aus dem englischen: The Evolution of Christian church in India. A deconstructive approach to the traditional Indian Christian historiography. First edition. Kochi: Sooryagatha (Publishers) (vgl. Issac 2014, S.14).
19 Vgl. Durkheim, Émile (1981): Die elementaren Formen des religiösen Lebens. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1912 (Pollack 2018, S. 45).
20 Pietà, ital. für „Frömmigkeit“, „Mitleid“ und im lat. „ domina nostra de pietate „unsere Herrin vom Mitleid“, auch Vesperbild genannt, ist in der bildenden Kunst die Darstellung Marias als Mater Dolorosa (Schmerzensmutter) mit dem Leichnam des vom Kreuz abgenommenen Jesus Christus.
21 Registergeneral und Populationszählungskommissar der Republik Indien.
22 Die Werte richten sich an die Datenerhebung des Register Generals and Census Commissioner, Government of India: Census of India 2011: Population by Religious Community, veröffentlicht am 25.11.2015. Die aktuelle Gesamtpopulation Indiens beträgt etwa 1.3 Milliarden Menschen (vgl. o.V., Register General and Census Commissioner of India 2015, o.S.).
- Citation du texte
- Thobias Pulimoottil (Auteur), 2019, Religion, Sexualität und Identität in der Diaspora, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/518506
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