Auch in der Frühen Neuzeit bildete die christliche Religion noch den Mittelpunkt des Lebens und ein hergekommenes Deutungsmuster vieler Menschen. Parallel zu den christlich religiösen Riten bewahrte sich auch ein starker Aberglaube
sowie der Glaube an die Wirksamkeit von Magie, der sich in der Frühen Neuzeit trotz der beginnenden Reformbewe
gung in der katholischen Kirche und der beginnenden lutherischen Reformation erhielt. Vielfach fällt in dieser Epoche
die Trennung zwischen religiösen und abergläubischen Kulthandlungen während der Phase der beginnenden Reforma
tion schwer, da vielfach Misch- und Parallelformen existierten.
Doch wie stellte sich der nun wichtigste auftretende Reformator Martin Luther zum Thema der Aberglauben- und Magie
vorstellungen. Er äußerte sich dazu innerhalb seines reichen Schriftwerks. Luthers Auslegung des Dekalogs gibt hier
die Möglichkeit, sowohl seine frühe Haltung zu Aberglauben und Magie sowie deren spätere Veränderung aufzuzeigen
und in Bezug zu seiner Biografie zu setzen. Zum Ende wird der Versuch gemacht, einen kurzen Ausblick auf die Möglichkeit der Umsetzung seiner postulierten Forderungen in Bezug auf angewandte superstitöse Praktiken zu geben.
I. Inhaltsverzeichnis
II. Einleitung
III. Martin Luther – Eine Einführung in sein Leben
IV. Begriffsklärung von Aberglaube und Magie
IV.I Aberglaube
IV.II Magie
V. Beispiele von Aberglaube u. Magie in ausgewählten Werken Martin Luthers
V.I Das Präzeptorium „Decem praecepta Wittenbergensi praedicata populo“
V.II Aberglauben und Magie in der weiteren Dekalogauslegung
VI. Umsetzung des lutherischen Verbots superstitiöser Praktiken
VII. Schlussbemerkung
VIII. Literaturverzeichnis
II. Einleitung
Im Rahmen eines Hauptseminars unter dem Thema „Religion und Kultur“ bildet die Behandlung der Reformation und ihre Verbindung zu Aberglauben- und Magievorstellungen einen wichtigen Bestandteil, der im Rahmen einer Hauptseminarsarbeit kaum ausreichend abgehandelt werden kann.
Gerade im Rahmen einer Arbeit, die sich mit der Religion, sei es nun Protestantismus oder Katholizismus, der frühen Neuzeit beschäftigt, können Begriffe wie Aberglaube, Magie und Zauberei nicht außer Acht gelassen werden, da sie sich immer wieder in bestimmten Handlungsausformungen feststellen lassen.
Die frühe Neuzeit erfuhr nicht nur viele, die magische Kultur betreffende Veränderungen und Neuerungen, wie Konfessionskonflikte, erste visitatorische Erfassungen und systematische Bekämpfungen der volksmagischen Kultur durch Geistliche, sowie massenhafte Hexenverfolgungen. Sie hat ebenso auch ganz andere Zeugnisse überliefert: Visitationsakten, kirchliche Korrespondenzen, Gerichts-, Hexenprozess- und Injurienakten, sowie herrschaftliche Korrespondenzen und Verhörprotokolle, die sowohl den Standpunkt der Obrigkeit als auch die Eigensicht der Bevölkerung verdeutlichen[1]. Schon an dieser Aufzählung von Quellenmaterial wird deutlich, dass eine verständliche und sinnvolle Annäherung an das Thema nur durch Eingrenzungen möglich wird.
Eine definitive Trennlinie zwischen abergläubischen und religiösen Kulthandlungen ist gerade bei der Behandlung der Reformationszeit schwer zu ziehen. Daher könnte sich für die Volkskunde an dieser Stelle eine Arbeit, die die Aberglauben- und Magievorstellungen eines so wichtigen Reformators und Predigers wie Martin Luther zum Thema hat, als sinnvoll erweisen. Sie gingen in sein reichhaltiges Schriftwerk ein, kamen über die von ihm abgefasste Laienliteratur und Predigten nicht nur Geistlichen, sondern auch der Bevölkerung zu Ohr mit dem Ziel deren Vorstellungen und Handlungsweisen zu beeinflussen. Somit wird der Sinn dieser Arbeit für das Fach Volkskunde ersichtlich, da man sich mit der Untersuchung der Schriften Martin Luthers und im weiteren ihrer Auswirkungen auf die Obrigkeit und die Bevölkerung dicht am Untersuchungsfeld des Faches bewegt.
Das Ziel dieser Arbeit soll es daher sein, anhand exemplarisch ausgewählter Teile der Schriften Martin Luthers sein Verhältnis zu Aberglauben und Magie, sowie deren Handlungsausformungen zu zeigen, woraus es sich begründet und wie es sich im Laufe seines Lebens wandelt. Zudem soll dargestellt werden, inwieweit von einer Rezeption des lutherischen Gedankenguts in der weltlichen Juridiktion, und somit in direkter Wirkung auf die Bevölkerung, die Rede sein kann. Hierfür wird zunächst eine Definition der in dieser Arbeit immer wieder auftretenden Begriffe Aberglauben und Magie nötig sein; da diese umgangssprachlich oft synonym benutzt werden ist dies als Verständnisgrundlage unumgänglich. Daran wird sich ein kurzer Lebensabriss Martin Luthers schließen, der dem Leser die Verortung der vorgestellten Werksbeispiele vereinfachen soll.
Die anschließenden Kapitel widmen sich den Vorstellungen Luthers anhand mehrerer Beispiele. Der letzte Teil der Arbeit wird sich damit beschäftigen, inwieweit Luthers Vorstellungen von den Gläubigen angenommen wurden und welche Bedeutung sie für die weltliche Obrigkeit einnahmen. Die Schlüsse sollen dem Leser in einem Fazit noch einmal komprimiert vor Augen geführt werden.
III. Martin Luther – Eine Einführung in sein Leben
Martin Luther wurde am 10.11.1483 in Eisleben geboren. 1484 zog er mit seinen Eltern Hans und Margarete Luther nach Mansfeld um, wo er seit 1488 die Kir-chenschule, danach Schulen in Magdeburg und Eisenach besuchte. 1501 begann er sein Studium an der Artistenfakultät[2] der Universität Erfurt. Anfang 1505 erhielt Luther dort seinen Magistergrad und begann ein Rechtsstudium. Auf einer Heimreise von Mansfeld an seinen Studienort Erfurt überraschte ihn im Juli 1505 ein Gewitter. Aufgrund eines Gelübdes Mönch zu werden, falls er dieses überstehe, trat Luther in das Kloster der Augustinereremiten in Erfurt ein, wo er 1507 die Priesterweihe empfing. 1510 wird Luther als Vertrauensmann in komplizierten Ordensangelegenheiten nach Rom geschickt, wo er an der augenscheinlich vorherrschenden religiösen Oberflächlichkeit der katholischen Obrigkeit ersten Anstoß nimmt. 1512 promoviert Luther in Wittenberg und übernimmt als Doktor der Theologie die biblische Professur an der Universität Wittenberg. Seinen ersten Vorlesungen 1513 – 1515 über die Psalmen, bis 1518 folgen Vorlesungen zum Römer-, Galater- und Hebräerbrief.
Im Mai 1515 wurde Luther zum Distriktsvikar von ungefähr 12 kursächsischen Klöstern[3]. Auf die Verkündigung eines Ablasses zugunsten des Neubaus der Peterskirche in Rom formulierte Luther sein Missfallen im Oktober 1517 in 95 Thesen, lud damit die Gelehrten zu einer Disputation ein und übersandte die Thesen den Erzbischöfen von Mainz und Brandenburg als Aufforderung zu einer schriftlichen Gegenäußerung. Während schon Luthers Predigten und Vorlesungen eine breite Zuhörerschaft interessiert hatten fanden seine Thesen eine geradezu massenhafte öffentliche Verbreitung, auch unter Laien, an die sie zunächst einmal nicht gerichtet waren[4]. Schon 1518 erhoben daraufhin der Mainzer Erzbischof und die Dominikaner Klage in Rom, am 7. August 1518 erhielt Luther eine Vorladung nach Rom. Aus politischen Gründen wird jedoch erreicht, dass er am 12.10.1518 durch den Kardinallegaten Cajetan de Vio in Augsburg verhört wird. Hier lehnt Luther einen Widerruf seiner Thesen ab. Auf der Leipziger Disputation widerspricht Luther der Irrtumslosigkeit der allgemeinen Konzilien und verschärft damit seine Kritik an der geistlichen Autorität in Rom. Die päpstliche Bulle „Exsurge Domine“ vom 15.6.1520 forderte seine Unterwerfung, er antwortete mit der Veröffentlichung von drei großen Programmschriften, die ebenfalls wieder große Verbreitung fanden. Die Bulle seiner Verurteilung verbrannte er am 15.12.1520 feierlich, woraufhin Luther am 3.1.1521 von Papst Leo X. exkommuniziert wird. Kaiser Karl V. ächtete Luther nachdem er im April 1521 auf dem Reichstag zu Worms seine Unterwerfung unter ein allgemeines Konzil verweigerte[5]. Luther fand, unter dem Schutz des Kurfürsten von Sachsen, Unterkunft auf der Wartburg. Hier entstand seine Übersetzung des Neuen Testaments und die Musterpredigten für theologisch ungeschulte Prediger. Nachdem es im Februar 1522 in Wittenberg zu Aufruhr und Stürmen gekommen war verließ Luther im März 1522 die Wartburg. Während seines Wartburgaufenthaltes hatten sich vielerorts lutherische Gemeinden gebildet. Auch die Bauernaufstände von 1524 beriefen sich vielfach auf Luthers Lehren; anfänglich von ihm verstanden ließ ihn die um sich greifende Gewalt die Fürsten „wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern“ aufrufen.
Am 13.6.1525 verheiratete sich Luther mit Katharina von Bora. Sechs Kinder gingen aus ihrer Ehe hervor. Am 29.10.1525 führte er in Wittenberg eine Deutsche Messe durch und berichtete in „Deutsche Messe und Ordnung des Gottesdienstes“ darüber. Für die Schaffung einer neuen Kirchenverfassung hielt Luther zunächst Visitationen für nötig, die 1527 begannen[6].
1529 verfasste Luther für die Laien den „Kleinen Katechismus“, für die Geistlichen den „Großen Katechismus“. Auf dem Reichstag von Augsburg kam es am 25.6.1530 zur Übergabe einer ersten reformatorischen Bekenntnisschrift, der Confessio Augus-tana. Luther selbst war zu diesem Zeitpunkt gesundheitlich nicht mehr auf der Höhe; schon seit 1526 mehren sich die Krankheitsmeldungen. Ein Herzleiden führte schließlich am 18.2.1546 zu seinem Tod in Eisleben[7]. Auch während seiner Krankheitszeiten arbeitete Luther beständig an seinen Schriften weiter und widmete sich sowohl seiner Universitätstätigkeit als auch seiner seelsorgerischen Tätigkeit.
„Vor dem politischen Protestantismus hatte Luther eine Scheu“[8].
IV. Begriffsklärung von Aberglaube und Magie
IV.I Aberglaube
Der griechische Ursprungsbegriff Deisidaimonia schwebt in seiner Deutung zwischen Religion und übertriebener Gottesfurcht. Im antiken Griechenland bezeichnete Aberglaube die Haltung dem Göttlichen nicht vernünftig verehrend gegenüberzutreten, sondern ihm aus Furcht übertrieben und unwürdig zu begegnen. Der Begriff superstitio lässt sich nicht eindeutig übersetzen; er entspricht in etwa einer Meinung von Gott, die jedoch mit keiner bestimmten Wertung belegt wird.
[...]
[1] Labouvier, Eva: Verbotene Künste, Volksmagie u. ländl. Aberglaube in den Dorfgemeinden des Saarraums, St. Ingbert 1992, S. 11, 12.
[2] Fakultät der sieben Künste, diese musste als eine Art Grundstudium besucht werden.
[3] Kantzenbach, Friedrich Wilhelm: Martin Luther, Der bürgerliche Reformator, Frankfurt/Göttingen/Zürich 1972, S. 17-25.
[4] Sie waren zunächst nur auf Latein verfasst, also an Gelehrte gerichtet, wurden jedoch schnell in die Volkssprache übersetzt. Luther selbst schien also zunächst keine Verbreitung in der Öffentlichkeit zu wünschen.
[5] Martin Luther, in: Bertelsmann Universallexikon in 20 Bänden, Bd. 11,Gütersloh 1992.
[6] Kantzenbach, Friedrich Wilhelm: Martin Luther, Der bürgerliche Reformator, Frankfurt/Göttingen/Zürich 1972, S. 69.
[7] Kantzenbach, Friedrich Wilhelm: Martin Luther, Der bürgerliche Reformator, Frankfurt/Göttingen/Zürich 1972, S. 62, 69 – 71, 77 – 80.
[8] Kantzenbach, Friedrich Wilhelm: Martin Luther, Der bürgerliche Reformator, Frankfurt/Göttingen/Zürich 1972, S. 76.
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