Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Thema „Strategische Steuerung von Kleinunternehmen mit Profit Centern“. – Eine Fragestellung von großer wirtschaftlicher Bedeutung, die bisher in der Literatur kaum Niederschlag gefunden hat und aus diesem Grund mit dem Newway Award 2005 der FH Vorarlberg ausgezeichnet wurde.
Im Mittelpunkt der Arbeit steht das Erfolgspotential, das durch die Kombination von Kleinunternehmen und Profit Centern - als strategische Entscheidung - möglich ist. Um das Konzept umzusetzen, müssen bestimmte Voraussetzungen (wie z.B. das Vorhandensein mehrerer Geschäftsfelder) erfüllt sein. Zu den wesentlichen Stärken des Ansatzes zählen die Entlastung des Unternehmers und die gesteigerte Motivation der Mitarbeiter (Profit-Center-Leiter). Allerdings müssen auch gewisse Herausforderungen mitberücksichtigt werden. In Kleinunternehmen sind das meist die knappen Ressourcen (Personal, Zeit, usw.).
Anhand eines Praxisbeispiels wird die Vorgehensweise detailliert beschrieben. Außerdem wird ein neuer Ansatz für leistungsgerechte Entlohnung (Imaginäre-Pachtzins-Methode) entwickelt, der speziell bei der Profit-Center-Struktur Erfolg verspricht.
Inhalt
Einleitung
1 Kleinunternehmen
1.1 Allgemeines – Definition
1.1.1 Definition von kleinen und mittleren Unternehmen – EU Kommission
1.1.1.1 Anzahl der unselbständig Beschäftigten
1.1.1.2 Umsatz und Bilanzsumme
1.1.1.3 Unabhängigkeit
1.1.2 Quantitative und qualitative Unterscheidungsmerkmale
1.2 Wirtschaftliche Bedeutung von KMU
1.3 Besonderheiten von Kleinunternehmen
1.3.1 Chancen-Risiken-Analyse bei Kleinunternehmen
1.3.1.1 Marktsegmentierung und -bearbeitung
1.3.1.2 Nischenpositionierung
1.3.1.3 Produktgestaltung
1.3.1.4 Werbung / Promotion
1.3.1.5 Preisbildung
1.3.1.6 Unternehmer
1.3.1.7 Informationswege
1.3.1.8 Weiterbildung
1.3.2 Erfolgsfaktoren von Kleinunternehmen
1.3.2.1 Unternehmerpersönlichkeiten als Erfolgsfaktor für Kleinunternehmen
2 Profit Center und andere Center Konzepte
2.1 Profit Center: Idee – Ziel - Definition
2.2 Verschiedene Center-Konzepte
2.3 Voraussetzungen für die Bildung von Profit Centern
2.4 Einführung von Profit Centern
2.5 Umsetzung des Profit-Center-Konzepts
2.5.1 Externes oder internes Rechnungswesen
2.5.2 Aufbau der Profit-Center-Erfolgsrechnung
2.5.3 Cash-flow
2.6 Profit Center als unwiderrufliche Managemententscheidung
2.7 Stärken und Schwächen von Profit Centern
2.7.1 Stärken von Profit Centern
2.7.2 Schwächen von Profit Centern
2.8 Profit Center als alter und neuer Trend in der Managementlehre
2.9 Profit Center in Kleinunternehmen
2.9.1 Voraussetzungen
2.9.2 Stärken und Schwächen
2.9.3 Anwendungsbereiche bei Kleinunternehmen
3 Ansätze zur Umsetzung der strategischen Steuerung (von Kleinunternehmen mit Profit Centern)
3.1 Strategische Steuerung – Definition
3.1.1 Strategie
3.1.2 Planung / Steuerung
3.1.3 Strategische Steuerung – Von der Vision zur Umsetzung
3.1.4 Strategie als kontinuierlicher Prozess
3.2 Strategische Steuerung und ihre Anwendung bei Kleinunternehmen
3.2.1 Profit Center als strategische Entscheidung
3.3 Kennzahlen zur Steuerung von Profit Centern
3.3.1 Arten von Kennzahlen
3.4 Balanced Scorecard
3.5 Management by Objectives (MbO)
3.6 Gestaltung von Anreizsystemen in Profit Centern
3.6.1 Grundlegende Problematik von Anreizsystemen
3.6.2 Anforderungen an Anreizsysteme
3.6.3 Arten von Anreizen
3.6.4 Anreizsysteme und Kontrolle
4 Ausarbeitung eines Konzepts für die Praxis
4.1 Firma Rohrspitz Yachting Salzmann GmbH
4.1.1 Unternehmensgröße
4.1.2 Unternehmensstruktur
4.1.3 Unternehmensstrategie
4.2 Vision / Strategie für die Zukunft
4.3 Strategieumsetzung
4.3.1 Verpachtung
4.3.2 Verkauf bzw. Vergabe nach außen
4.3.3 Übertragung von mehr Verantwortung an Mitarbeiter
4.3.4 Profit Center
4.4 Profit Center als strategische Entscheidung
4.4.1 Voraussetzungen
4.4.2 Einführung von Profit Centern
4.5 Umsetzung der Profit-Center-Strategie
4.5.1 Steuerung von Profit Centern
4.5.2 Umsetzung mit Hilfe der Balanced Scorecard oder des Management by Objectives
4.6 Anreizsystem als Motivationsgenerator
4.6.1 Profit-Center-Ergebnis als Basis für leistungsgerechte Entlohnung
4.6.2 Kundenzufriedenheit als Basis für Sonderprämien
4.6.3 Weitere Anreize
4.7 Erfolgspotentiale und Herausforderungen
5 Zusammenfassung / Ausblick
6 Literaturverzeichnis
6.1 Bücher und Zeitschriften
6.2 Internet
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Zahl der unselbständig Beschäftigten als Kriterium zur Messung der Betriebsgröße
Abb. 2: Umsatz und Bilanzsumme als Kriterium zur Messung der Betriebsgröße
Abb. 3: Wirtschaftliche Bedeutung von KMU in der Europäischen Union
Abb. 4: Chancen und Risiken von Kleinunternehmen
Abb. 5: Übersicht über Center-Konzepte
Abb. 6: Voraussetzungen für die Profit-Center-Bildung
Abb. 7: Internes und externes Rechnungswesen
Abb. 8: Ermittlung des Cash-flow
Abb. 9: Stärken und Schwächen von Kleinunternehmen und Profit Centern
Abb. 10: Beispiel einer Strategy Map
Abb. 11: Balanced Scorecard
Abb. 12: Zusammenhänge der vier Balanced Scorecard Perspektiven
Abb. 13: Arten von Anreizen
Abb. 14: Unternehmensbereiche Rohrspitz Yachting Salzmann GmbH
Abb. 15: Unternehmensstruktur nach der Einführung von Profit Centern
Abb. 16: Entlohnungssystem bei einer Profit-Center-Struktur
Einleitung
Strategische Steuerung von Kleinunternehmen mit Profit Centern – ein Titel, der gleich drei Erfolgsfaktoren der heutigen Wirtschaft beinhaltet und trotzdem bei erster Betrachtung widersprüchlich scheint. Dass eine strategische Steuerung sinnvoll ist, haben die Entwicklungen der letzten Jahre bewiesen. Unternehmen mit strategischer Ausrichtung haben die Herausforderungen der Vergangenheit besser bewältigt als solche ohne. Unternehmen, die langfristig erfolgreich sein möchten, dürfen also ihren Blick nicht nur in die Vergangenheit und die nahe Zukunft richten, sondern müssen Visionen haben und sich langfristige Ziele setzen. Das gilt nicht nur für große, sondern auch für kleinere Betriebe. Auch wenn vielleicht hier schon darüber diskutiert werden könnte, ob die so geschätzte Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Kleinunternehmen nicht im Widerspruch zum Ziel der strategischen Steuerung steht.
Was aber noch viel paradoxer scheint, ist die Kombination von Kleinunternehmen und Profit Centern. Auch wenn paradox vielleicht nicht der richtige Ausdruck ist, denn beide Ansätze gehen ja in die gleiche Richtung. Doch der Leser mag sich durchaus fragen, wie sinnvoll es ist, Kleinunternehmen in noch kleinere organisatorische Einheiten aufzuteilen. Diese Sinnhaftigkeit soll in nachfolgender Arbeit untersucht werden.
Wenn die Trends der heutigen Wirtschaft betrachtet werden, könnten die hier erarbeiteten Erkenntnisse noch mehr an Bedeutung gewinnen. Schon jetzt erwirtschaften Klein- und Mittelunternehmen (KMU) mehr als die Hälfte der Bruttowertschöpfung und dieser Prozentsatz wird in Zukunft noch steigen. Pichler, Pleitner und Schmidt stellen dafür drei Thesen auf:[1]
a) Verschiebungsthese
In allen hoch entwickelten Ländern wird ein überproportionales Wachstum des Dienstleistungssektors beobachtet, in dem kleinere Betriebe vorherrschen.
b) Leistungsthese
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind KMU mindestens so effizient wie Großunternehmen.
c) Menschlichkeitsthese
Die Stärke der KMU hat auch psychologische Hintergründe: Hier zählt nicht nur Produktivität sondern auch Menschlichkeit.
Ein weiterer Punkt für die steigende Bedeutung ist die strategische Steuerung. Gerade in einer so kurzlebigen Zeit, wie wir sie heute kennen, ist es notwendig, sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Auch wenn immer mehr Flexibilität gefordert ist, sollten Unternehmen doch eine Vision der weiteren Entwicklungen vor Augen haben, was jedoch nicht ausschließt, dass genau diese Flexibilität bei der Zielsetzung mit in Betracht gezogen wird. Es kann durchaus Strategie sein, ein Unternehmen so zu gestalten, dass eine flexible Anpassung auf Kundenwünsche jederzeit möglich ist.
Und auch wenn das Konzept der Profit Center kein brandneues Thema ist, so kann es doch sinnvoll sein, genau diese Kombination zu suchen. Denn schließlich zählt im Geschäftsleben nicht unbedingt nur, was aktuell und „trendy“ ist – auch wenn das oft so scheinen mag – sondern was letztendlich zum Erfolg führt.
Genau hier setzt die vorliegende Arbeit an. Es soll aufgezeigt werden, dass gerade die Kombination „Strategische Steuerung von Kleinunternehmen mit Profit Centern“ zum Erfolg führen kann. Dabei wird folgendermaßen vorgegangen:
Kapitel 1 gibt einen Überblick über Kleinunternehmen. Die wirtschaftliche Bedeutung steht hier ebenso im Vordergrund wie eine kurze Definition. Außerdem wird auf die Besonderheiten von Kleinbetrieben sowie ihre Stärken und Schwächen eingegangen.
Im darauf folgenden Kapitel 2 geht es um verschiedene Center-Konzepte im Allgemeinen und um das Konzept der Profit Center im Besonderen. Nach detaillierten Erläuterungen zur Zielsetzung, Einführung und Umsetzung wird auch hier ein Überblick über die Vorzüge und Schwächen gegeben. Außerdem erfolgt ein Exkurs über die Sinnhaftigkeit von Profit Centern in Kleinunternehmen.
Kapitel 3 beschäftigt sich schließlich mit der strategischen Steuerung. Zu Beginn wird ein allgemeiner Überblick gegeben. Anschließend werden die Punkte strategische Steuerung, Profit Center und Kleinunternehmen miteinander verknüpft. In diesem Teil der Arbeit soll belegt werden, dass es auch für Kleinunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen Sinn macht, Profit Center einzurichten, um so das Unternehmen besser steuern zu können.
Im Kapitel 4 wird an Hand eines Praxisbeispieles gezeigt, wie die Umsetzung des theoretisch beschriebenen Konzepts aussehen kann. Die Firma Rohrspitz Yachting Salzmann GmbH ist ein Kleinunternehmen, das in mehreren Branchen tätig ist und mehrere, voneinander größtenteils unabhängige Geschäftsbereiche vereint. Durch die Einführung von Profit Centern soll die Eigenständigkeit dieser organisatorischen Einheiten verstärkt werden, ohne die möglichen Synergien ungenutzt zu lassen.
In einer kurzen Zusammenfassung werden in Kapitel 5 noch einmal die wichtigsten Punkte der Arbeit erläutert. Außerdem wird ein Blick in die Zukunft gewagt und beschrieben, welche Entwicklungen in Zusammenhang mit dieser Arbeit denkbar sind.
1 Kleinunternehmen
1.1 Allgemeines – Definition
Schon seit einiger Zeit gilt das Augenmerk der Wirtschaftswissenschaftler den Klein- und Mittelunternehmen (KMU), sind sie es doch, die nicht nur einen bedeutenden Anteil an der Bruttowertschöpfung (über 50 %) haben, sondern auch mehr als zwei Drittel der Erwerbstätigen beschäftigten.[2]
Doch bevor die Bedeutung der KMU näher betrachtet wird, soll zuerst ein kurzer Überblick über die unterschiedlichen Definitionen gegeben werden. Wie nachfolgend beschrieben, gibt es innerhalb der KMU signifikante Größenunterschiede. Und auch wenn die Ergebnisse dieser Arbeit generell auf KMU anwendbar wären, sollen doch die Besonderheiten von Kleinunternehmen herausgearbeitet werden.
1.1.1 Definition von kleinen und mittleren Unternehmen – EU Kommission
Folgende Kriterien empfiehlt die EU-Kommission für die Definition von KMU[3]:
Anzahl der unselbständig Beschäftigten
Umsatz
Bilanzsumme
Unabhängigkeit
Diese Empfehlungen finden in sämtlichen Mitgliedsländern der Europäischen Union - beispielsweise im Rahmen der staatlichen Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen - Anwendung. Im Mai 2003 wurde von der EU-Kommission eine etwas adaptierte Empfehlung veröffentlicht, die seit 1. Januar 2005 in Kraft ist.[4]
1.1.1.1 Anzahl der unselbständig Beschäftigten
Das wichtigste Unterscheidungskriterium zur Abgrenzung von KMU ist zweifelsohne die Anzahl der unselbständig Beschäftigten. Die Grenze zwischen KMU und Großunternehmen liegt bei 250 unselbständig Beschäftigten. Innerhalb der KMU gibt es weitere Unterteilungen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Zahl der unselbständig Beschäftigten als Kriterium zur Messung der Betriebsgröße[5]
1.1.1.2 Umsatz und Bilanzsumme
Zum zweiten Kriterium der EU-Kommission gehören der Umsatz und die Bilanzsumme, um die Leistung des Unternehmens mit zu berücksichtigen. Die EU-Kommission wählte eine Kombination dieser beiden Werte, um die Unterschiede von Handels- und Produktionsbetrieben auszugleichen. Die alleinige Berücksichtigung des Umsatzes als Bewertungsmerkmal wäre nicht sinnvoll, da in Unternehmen des Handels und des Vertriebes der Umsatz naturgemäß viel höher ist als im Bereich der Produktion.
Dabei gelten folgende Richtwerte, wobei jeweils ein Kriterium erfüllt sein muss:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Umsatz und Bilanzsumme als Kriterium zur Messung der Betriebsgröße[6]
1.1.1.3 Unabhängigkeit
Neben den quantitativen Unterscheidungsmerkmalen hat sich die EU-Kommission in ihren Empfehlungen auch für ein qualitatives Kriterium entschieden – die Unabhängigkeit. Diese wird gemessen am Anteil des Kapitals bzw. an den Stammanteilen, die in Fremdbesitz sind. Laut EU-Kommission dürfen nicht mehr als 25 % der Gesellschaftsanteile eines KMUs in Besitz eines bzw. mehrerer Großunternehmen sein. In zwei Fällen ist es möglich, dass diese Grenze von KMU überschritten wird. Eine Möglichkeit ist, dass das Unternehmen im Besitz von öffentlichen Beteiligungsgesellschaften, Risikokapital-gesellschaften oder institutionellen Anlegern ist und diese weder einzeln noch gemeinsam Kontrolle über das Unternehmen ausüben. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass das Unternehmen aufgrund der Kapitalstreuung berechtigterweise annehmen kann, dass es nicht zu 25 % im Besitz eines oder mehrerer Großunternehmen ist.
Idealerweise sollten alle Kriterien - Anzahl der unselbständig Beschäftigten, Umsatz u. Bilanzsumme sowie Unabhängigkeit - zugleich erfüllt sein, auch wenn es laut EU-Kommission erlaubt ist, dass der Grenzwert eines Kriteriums überschritten wird. Die Anzahl der Beschäftigten gilt aber nach wie vor als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal bei der Abgrenzung von Unternehmen nach Größengruppen.[7]
1.1.2 Quantitative und qualitative Unterscheidungsmerkmale
Während einige Autoren immer noch von rein quantitativen Unterscheidungsmerkmalen ausgehen (z. B. Kleinunternehmen – bis 50 Mitarbeiter[8] ), zeichnet sich immer mehr der Trend ab, auch qualitative Merkmale mit in Betracht zu ziehen. Selbstverständlich lässt sich durch Beschäftigungszahlen, Umsatzhöhe oder Betriebsvermögen eine grobe Abgrenzung machen. Um aber genau bestimmen zu können, in welche Kategorie ein Unternehmen fällt, sollte z.B. auch die Branche mit berücksichtigt werden.
Ein Beispiel dafür ist das Gastgewerbe. Gemessen an der Beschäftigtenzahl ergibt sich laut EU-Definition die folgende Verteilung:
0,2 % der Betriebe 50 bis 499 Beschäftigte (= Mittelbetriebe);
4,3 % der Betriebe 10 bis 49 Beschäftigte (= Kleinbetriebe);
95,5 % der Betriebe bis 9 Beschäftigte (= Kleinstbetriebe).[9]
„Innerhalb der Branche gelten aber beispielsweise bereits Betriebe mit 20 Beschäftigten durchaus als Mittelbetriebe und mit 5 Beschäftigten immer noch als Kleinbetriebe. Über 50 % der Betriebe beschäftigen keine familienfremden Arbeitskräfte.“[10]
Langer definiert die qualitativen Merkmale für KMU folgendermaßen:
Der Unternehmer prägt den Betrieb durch seine Persönlichkeit;
Er ist zugleich Eigenkapitalgeber und oberste Führungskraft;
In einem KMU stehen nur begrenzte Ressourcen und Fähigkeiten hinsichtlich Kapital, Mitarbeiter und Management zur Verfügung;
Meist ist eine Tendenz zu unsystematisches Management und einem Mangel an Bereitschaft zu strategischer Führung feststellbar;[11]
Ähnliche Ansätze finden sich auch in Pichler, Pleitner und Schmidt. Auch hier steht der Unternehmer im Mittelpunkt der qualitativen Unterscheidungsmerkmale:[12]
In „kleinen“ Betrieben ist der Unternehmer selbst überwiegend in der Produktion bzw. fachlich-technisch tätig, während die kaufmännisch-organisatorischen Aufgaben hauptsächlich von Familienmitgliedern getragen werden.
In „mittleren“ Betrieben arbeitet der Unternehmer zwar noch weitgehend, aber nicht mehr ausschließlich in der Produktion bzw. Leistungserstellung und übernimmt vermehrt andere Funktionen.
In „großen“ Betrieben ist der Unternehmer nicht mehr selbst in der Produktion tätig, sondern übernimmt hauptsächlich kaufmännisch-organisatorische und beraterische Aufgaben.
Füglistaller und Wiedmann sehen andere qualitative Merkmale: „KMU zeichnen sich typischerweise aus durch Kundennähe, Schnelligkeit und Flexibilität dank kurzen Entscheidungswegen und flachen Hierarchien. Aufgrund ihrer knappen finanziellen und personellen Ressourcen sind ihre Märkte allerdings oft lokal beschränkt.“[13]
Alles in allem kann also gesagt werden, dass zur Definition von Kleinunternehmen quantitative und qualitative Merkmale herangezogen werden sollten, auch wenn in der Praxis aus Einfachheitsgründen oftmals die quantitativen Merkmale bevorzugt werden.
Um diese Diplomarbeit international vergleichbar zu machen, werden die Unterscheidungsmerkmale der EU-Kommission herangezogen, wobei Kleinstunternehmen ebenfalls in die Kategorie der Kleinunternehmen fallen sollen. Die qualitativen Unterscheidungsmerkmale, wie Unternehmer-persönlichkeit, Kundennähe, Schnelligkeit und Flexibilität werden nicht überprüft, auch wenn bei erfolgreichen Kleinunternehmen davon ausgegangen werden kann, dass diese Merkmale gegeben sind.
1.2 Wirtschaftliche Bedeutung von KMU
Ein Blick in die Statistik zeigt, dass die europäische Wirtschaft stark durch Klein- und Mittelbetriebe geprägt ist; 99,8 % aller Unternehmen sind KMU; zwei Drittel aller Beschäftigten arbeiten in Klein- und Mittelbetrieben und nicht nur das: der Anteil an KMU an der Gesamtunternehmenszahl vergrößert sich weltweit.[14] KMU bilden also das Rückgrat der weltweiten und im Besonderen auch der österreichischen Unternehmenslandschaft. Ihr Einfluss in der Wirtschaft ist entsprechend hoch. Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht die Bedeutung der KMU in Hinblick auf Unternehmensanzahl, Beschäftigungszahlen, Wertschöpfung und Umsatz in Europa.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Wirtschaftliche Bedeutung von KMU in der Europäischen Union[15]
Eurostat beschreibt die Bedeutung der KMU folgendermaßen:
they make up 99.8% of all enterprises;
there are 18 million of them;
they account for 55% of companies’ turnover;
they employ 66% of the workforce;
they employ more women than larger firms;
they employ more part-time workers than larger firms.[16]
1.3 Besonderheiten von Kleinunternehmen
Kleinunternehmen zeichnen sich nicht nur durch ihre Größe, sondern auch durch andere Besonderheiten aus. So gibt es z.B. bei Kleinunternehmen bestimmte Erfolgsfaktoren, aber auch Chancen und Risiken, die sich von denen der Mittel- und Großunternehmen unterscheiden. Genau diese Unterscheidungsmerkmale sind in vielen Fällen verantwortlich für den großen Erfolg von Kleinunternehmen.
1.3.1 Chancen-Risiken-Analyse bei Kleinunternehmen
In diesem Kapitel soll verdeutlicht werden, welche Chancen eine geringe Betriebsgröße mit sich bringt und welche Risiken nicht außer Acht gelassen werden dürfen. In Abb. 4 wurde ein kurzer Überblick erarbeitet:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Chancen und Risiken von Kleinunternehmen
1.3.1.1 Marktsegmentierung und -bearbeitung
Wie bereits beschrieben ist die Marktsegmentierung und –bearbeitung gerade für Kleinunternehmen äußerst wichtig. Eine sinnvolle Segmentierung und eine segmentspezifische Bearbeitung des Marktes sind hauptverantwortlich für den Erfolg. Viele Unternehmen haben hier ein Defizit, weil Kleinunternehmen oft nicht die Ressourcen haben, sich intensiv mit Hintergrundinformationen zu beschäftigen.
1.3.1.2 Nischenpositionierung
Trotzdem machen viele KMU „instinktiv“ das Richtige. Sie spezialisieren sich auf Nischen und passen sich den Kundenbedürfnissen an. Allerdings erfordert das ein hohes Maß an Flexibilität. Die ständige Neuausrichtung des Betriebes auf innovative Leistungen und neue Kunden stellt hohe Anforderungen an die Organisationsstruktur der KMU, an deren Unternehmenskultur und an die Führungsfähigkeiten des KMU-Leiters.
1.3.1.3 Produktgestaltung
Das Hauptaugenmerk kleinerer Unternehmen gilt der Produktgestaltung, die direkt in Zusammenhang mit dem Unternehmenserfolg steht. Wie erwähnt, gehören flexible und innovative Problemlösungen zu den Stärken von Kleinunternehmen. Dabei dürfen aber die Wünsche des Marktes nicht außer acht gelassen werden. Ein rein ressourcenbasiertes Vorgehen könnte fehl am Platz sein. Erfolgreich sind Kleinunternehmen vor allem dann, wenn sie flexibel auf Markterfordernisse eingehen und umfassende Systemlösungen anbieten.
1.3.1.4 Werbung / Promotion
Auch wenn der Unternehmenserfolg durch die Produkte erwirtschaftet wird, müssen doch auch andere Punkte mit berücksichtigt werden. Dazu gehört unter anderem die Kommunikationspolitik. Gerade bei Kleinunternehmen besteht die Gefahr, dass zu wenig Wert auf geeignete Werbung gelegt wird. Zeit- und Kostendruck sind dafür verantwortlich, dass zwar oft punktuelle Aktionen, aber kein Gesamtkonzept ausgearbeitet wird.
Hier ist es wichtig, dass Kleinunternehmen darauf achten, eine integrierte Kommunikationskampagne mit Beschreibung der Produktfunktion und des Kundennutzens zu erarbeiten.
1.3.1.5 Preisbildung
Kleine Unternehmen stehen genauso wie größere unter Preisdruck. Das Problem der kleineren Betriebe besteht aber oft darin, dass sie die Marktpreise nicht kennen und so möglicherweise zu unnötig tiefen Preisen anbieten.
Selbst wenn Großunternehmen den Markt mit Niedrigpreisprodukten überschwemmen, sollten Kleinunternehmen diesem Preisdruck nicht nachgeben. Für Großunternehmen kann diese Strategie – zur Marktdurchdringung – sinnvoll sein, für Kleinunternehmen wird sie allerdings zur Gefahr, vor allem dann, wenn eine Kostendeckung nicht mehr gewährleistet ist.
Die Preispolitik hängt eng mit der Produktpolitik zusammen. Konzentrieren sich Kleinunternehmen auf Systemlösungen, können sie so höhere Preise verlangen. Viele Kunden sind gerne bereit, für zusätzliche Serviceleistungen zu zahlen.
1.3.1.6 Unternehmer
Neben den bereits beschriebenen Punkten gehört auch der Unternehmer selbst zu den Erfolgsfaktoren. Allerdings müssen dafür bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Der Unternehmer muss imstande sein, langfristig und strategisch zu denken und zu handeln, neue Ideen oder Lösungsansätze zu generieren und seine Mitarbeiter zu eigenständigem Arbeiten zu motivieren. Hierin besteht das größte Risiko. Der Unternehmer muss wichtige Aufgaben delegieren können, die Eigeninitiative der Mitarbeiter fördern und Entscheidungskompetenzen abgeben. Nur so ist es möglich, nicht binnen kürzester Zeit „ausgepowert“ zu sein.
1.3.1.7 Informationswege
Voraussetzung dafür ist, dass die Mitarbeiter genügend informiert sind. Gerade in diesem Punkt besteht bei Kleinunternehmen oft ein Manko. Mitarbeiter fühlen sich subjektiv oft zu wenig informiert, haben aber Hemmungen die Informationen nachzufragen. Dem kann entgegengewirkt werden, indem der Unternehmer den Informationsfluss systematisiert. Durch regelmäßige formelle oder informelle Meetings sollen die Mitarbeiter über das Leitbild und die Strategie, den aktuellen Geschäftsverlauf und die individuellen Leistungen informiert werden. Außerdem ist es sinnvoll, die informelle Kommunikation zu fördern. Dazu eignen sich z.B. gemeinsame Kaffeepausen oder Freizeitaktivitäten.
Nach Untersuchungen des Gallup Instituts, reicht aber ein guter Informationsfluss und eine gute Kommunikation alleine nicht aus, um Mitarbeiter zu motivieren. Auch hängen ein angemessener Lohn, viel Freizeit und angenehme Arbeitsbedingungen nicht direkt mit Motivation zusammen. Viel wichtiger sind eine interessante Tätigkeit, eine hohe Eigenverantwortung bei der Arbeit, das Vorhandensein von Entscheidungskompetenzen und die Wertschätzung durch den/die Vorgesetzten.[17]
1.3.1.8 Weiterbildung
Um motivierte Mitarbeiter zu generieren, ist es notwendig, ihnen laufend die Möglichkeit zur Weiterbildung zu geben. Natürlich dürfen die Kosten nicht außer Acht gelassen werden, vor allem weil das Risiko besteht, dass gut ausgebildete Mitarbeiter das Unternehmen verlassen und zu einem Konkurrenzbetrieb wechseln. Trotzdem ist laufende Weiterbildung essentiell für den Erfolg eines Unternehmens.
1.3.2 Erfolgsfaktoren von Kleinunternehmen
Folgende Erfolgsfaktoren wurden von Brodbeck im Rahmen einer Analyse von Kleinunternehmen definiert:[18]
Geringer Wettbewerbsdruck
Weniger preisempfindliche Märkte
Nischenposition
Klare Marktsegmentierung
Differenzierte Marktbearbeitung
Neue Technologien
Innovationsorientiert
Hoher Anteil an jungen Produkten (nicht älter als 5 Jahre)
Kontinuierliche Weiterbildung
Soziale Kompetenzen
Der Wettbewerbsdruck kann für Kleinunternehmen geringer sein, weil sie oft flexibler sind als größere Unternehmen. Außerdem nützen sie ihre Nischenposition und die klare Marktsegmentierung besser aus. Dadurch können sie sich dem Preisdruck entziehen.
Kleine, innovative Unternehmen können neue Technologien entwickeln, die genau auf die Kundenbedürfnisse angepasst sind. Durch die hohe Spezialisierung wird der Markt sehr differenziert bearbeitet. Kleinunternehmen können, wie bereits erwähnt, flexibler auf neue Markterfordernisse reagieren. So kommt es, dass der Anteil an jungen Produkten (nicht älter als 5 Jahre) in diesen Unternehmen besonders hoch ist.
Ein weiterer, bedeutender Erfolgsfaktor kann die soziale Kompetenz in Kleinunternehmen sein. Bei einer Größenordnung bis 50 Mitarbeiter ist es möglich, direkt auf die Bedürfnisse der einzelnen Mitarbeiter einzugehen. Hier trägt der Unternehmer eine große Verantwortung.
In erfolgreichen Kleinunternehmen findet man oft außergewöhnliche Unternehmerpersönlichkeiten, die mit viel Engagement ihre Ziele verfolgen und dadurch auch eine hohe Mitarbeitermotivation erreichen.
Folgende Faktoren tragen laut Brodbeck ebenfalls zum Erfolg von Kleinunternehmen bei:
Regionale Kontakte
Virtuelle Netze – unternehmerische Praxis
Hoher Anteil an Outsourcing
Vielseitigkeit und Flexibilität bei Kundenwünschen
Differenzierte Leistungserstellung
Überschaubarkeit des Betriebes
Kurze Informationswege und schnelle Entscheidungsprozesse
Mitarbeiter sind Generalisten
Engagierte Unternehmerpersönlichkeit[19]
Vielseitigkeit und Flexibilität bei Kundenwünschen ist ebenso wichtig wie die Verankerung in einem sozialen und wirtschaftlichen Netzwerk. Gerade für Kleinunternehmen ist es wichtig, die richtigen Kontakte zu haben, zumal es oft an einem ausgereiften Marketingkonzept mangelt. Kundenkontakte können das aufwiegen.
Kleinunternehmen konzentrieren sich meist auf ihre Kernkompetenzen und lagern andere Unternehmensbereiche aus. So können interne Ressourcen optimal genützt werden. Es macht keinen Sinn, technisch ausgebildetes Personal z.B. mit der Buchhaltung zu belasten. Die Wertschöpfung ist weit höher, wenn diese an innovativen, neuen Produkten arbeiten und das Rechnungswesen extern vergeben wird.
Eine weitere Stärke von Kleinunternehmen sind die schnellen Informationswege. In großen Unternehmen müssen oft langwierige, bürokratische Informationswege eingehalten werden, um keine Hierarchieebene zu übergehen. In kleinen Betrieben läuft dies unkomplizierter ab. Trotz oder gerade wegen der unbürokratischen Kommunikationswege kann es, wie erwähnt, vorkommen, dass Mitarbeiter sich zu wenig informiert fühlen. Aus diesem Grund sollte darauf geachtet werden, dass die Mitarbeiter regelmäßig „offiziell“ über die Geschehnisse im Unternehmen informiert werden.
Kleinunternehmen haben also ihren großen Mitbewerbern viel voraus. Sie können schneller und flexibler auf neue Markterfordernisse eingehen, können die regionalen Kontakte besser nutzen und mit Hilfe einer engagierten Unternehmerpersönlichkeit schaffen sie es oft, Mitarbeiter besser zu motivieren als Großunternehmen.
[...]
[1] vgl. Pichler; Pleitner; Schmidt, 1996, S. 17
[2] vgl. Küsters, 2003, S. 97
[3] vgl. Wirtschaftskammer Österreichs – wko.at, 2004
[4] vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften – europa.eu.int, 2005
[5] vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften – europa.eu.int, 2005
[6] vgl. Wirtschaftskammer Österreichs – wko.at, 2005
[7] vlg. Wirtschaftskammer Österreichs – wko.at, 2005
[8] vlg. Brodbeck, 1998, S. 78
[9] vlg. Langer, 1988, S. 108
[10] Langer, 1988, S. 108
[11] vgl. Langer, 1988, S. 109
[12] Pichler; Pleitner; Schmidt, 1996, S. 11-12
[13] Füglistaller; Wiedmann, 2003, S. 98
[14] vgl. Pichler; Pleitner; Schmidt, 1996, S. 14
[15] vgl. Pichler; Pleitner; Schmidt, 1996, S. 15
[16] vgl. Eurostat – erscp2004.net , 2004
[17] Gedächtnisprotokoll der Verfasserin des Vortrags von Gerald Wood, Gallup Institut beim
Vorarlberger Wirtschaftsforum, Bregenz, 11. 11. 2004
[18] vgl. Brodbeck, 1998, S. 78
[19] vgl. Brodbeck, 1998, S. 79
- Arbeit zitieren
- Mag. (FH) Sabine Sinz (Autor:in), 2005, Die strategische Steuerung von Kleinunternehmen mit Profit Centern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51461
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