Jede kritische Analyse des Begriffs eines gerechten Krieges muss sich darüber klar sein, dass die theoretischen Grundlagen und seine historischen Umsetzungen immer eng an die jeweilige Zeitgeschichte sowie konkrete kirchliche, politische und juristische Gegebenheiten gebunden waren , sind und sein werden. Kurzum, jedes Reden über den Gerechten Krieg wurde und wird immer von diesen Einflüssen konditioniert und ist als dynamisch anzusehen.
Interessant ist die Tatsache, dass sich die Idee eines gerechten Krieges in allen drei monotheistischen Religionen findet, besonders aber in Christentum und Islam. Beide Religionen neigen dazu, das Adjektiv gerecht mit heilig auszutauschen. Man führt Krieg gegen Andersdenkende und -gläubige, um den eigenen Glauben zu rechtfertigen, ein erster Hinweis auf die These, dass der Monotheismus strukturell den Kriegsgedanken in sich trägt, da nur eine Religion die wahre sein kann.
Die Idee, dass Kriege gerecht sein können, entstammt jedoch nicht der christlichen Tradition, sondern hat griechische und römische Vordenker. Seit 1990 wird der Begriff immer wieder im Zusammenhang mit humanistischen Hilfsleistungen neu akzentuiert und diskutiert. Gerade in der Auseinandersetzung mit dem Islam seit den Jahren 1979 und 2001 erhielt er eine neuerliche Aktualität sowie eine neue Vermischung von politischen und religiösen Ansätzen und Motiven.
Per Definition ist die Lehre vom gerechten Krieg eine in der abendländischen Rechtsgeschichte entwickelte Auffassung, derzufolge ein Krieg oder ein bewaffneter Konflikt zwischen Kollektiven (meist Staaten) nur dann ethisch und moralisch legitim sein kann, wenn er bestimmte Auflagen erfüllt.
Das Recht zum Krieg (ius ad bellum) ist einer legitimen Autorität vorbehalten. Diese muss den Krieg aus einem gerechten Grund sowie aus ethisch richtigen Absichten und Zielen führen. Das Recht im Krieg (ius in bello), das die Einhaltung bestimmter Kriegsregeln einfordert (z.B. den Schutz der Zivilbevölkerung sowie den humanitären Umgang mit Kriegsgefangenen), bildet eine zweite logische Entwicklung des ius ad bellum.
Schon hier wird deutlich, wie die Ideen eines gerechten Krieges oder seine Varianten der Kreuzzüge oder eines Heiligen Kriegs im Islam, des Jihad, aus genau dieser Mischung von Politik (ge-recht ) und Theologie (heilig) besteht, die ihre Sprengkraft bis heute behalten hat.
GLIEDERUNG
ABSTRAKT
I. DER FUNDAMENTALISMUS DER MODERNE ALS QUELLE VON GEWALT
I.1 Vorwort Fundamentalismus
I.2 Der moderne Fundamentalismus
I.3 Fazit: Moderner Fundamentalismus
II. DIE REDE VOM GERECHTEN KRIEG IN DER CHRISTLICHEN TRADITION
III. HINTERGRUND DER KATHOLISCHEN LEHRE VOM GERECHTEN KRIEG
III.1 Eschatologischer Vorbehalt
III.2 Sünde
III.3 Ekklesiologie
III.4 Theologische Ethik
III.5 Die katholische Soziallehre
III.6 Zusammenfassende Beurteilung der Tradition
IV. DER KRIEG UND DAS RECHT LEGITIMER VERTEIDIGUNG
IV.1 Ideologien und Realität des Krieges
IV.2 Was tun?
V. DAS ERBE DER GEWALT IN ISLAM UND CHRISTENTUM
V.1 Das Erbe der Gewalt
V.2 Politische Ebene
V.3 Theologische Ebene
V.4 Der Anspruch der Moderne
V.5 Stärkung der Autorität
V.6 Grenzen der Autorität
VI. DIE FUNKTION DES JIHAD
VII. DER 11.SEPTEMBER 2001
VIII. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
IX. BIBLIOGRAFIE
We will not eradicate violent conflict in or lifetimes. There will be times when nations – acting individually or in concert – will find the use of force not only necessary but morally justified.
Ex President Barack Obama (10.12.2009)
anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises
ABSTRAKT
Hintergrund der vorliegenden Untersuchung über den Begriff des 'Gerechten Krieges' bildete die Tagung über die 1569 stattgefundene Northern Uprising 45oth Anniversary Conference mit dem Titel 'From Rebellion to Reconciliation: Anglican - Catholic Relations from 1569 to the Present - Regional, National and International Perspectives'.
Jede kritische Analyse des Begriffs eines gerechten Krieges muss sich darüber klar sein, dass die theoretischen Grundlagen und seine historischen Umsetzungen immer eng an die jeweilige Zeitgeschichte sowie konkrete kirchliche, politische und juristische Gegebenheiten gebunden waren , sind und sein werden. Kurzum, jedes Reden über den Gerechten Krieg wurde und wird immer von diesen Einflüssen konditioniert und ist als dynamisch anzusehen.
Interessant ist die Tatsache, dass sich die Idee eines gerechten Krieges in allen drei monotheistischen Religionen findet, besonders aber in Christentum und Islam. Beide Religionen neigen dazu, das Adjektiv „gerecht“ mit „heilig“ auszutauschen. Man führt Krieg gegen Andersdenkende und -gläubige, um den eigenen Glauben zu rechtfertigen, ein erster Hinweis auf die These, dass der Monotheismus strukturell den Kriegsgedanken in sich trägt, da nur eine Religion die wahre sein kann.
Die Idee, dass Kriege gerecht sein können, entstammt jedoch nicht der christlichen Tradition, sondern hat griechische und römische Vordenker (s. Cicero).
Die frühen Gemeinden übernahmen diesen Gedanken in der Auseinandersetzung mit Andersgläubigen oder Häretikern und so konnte sich diese Idee zu einer kirchlichen Tradition Mitte des 4. Jahrhunderts nach Christus entfalten.
Um 1140 wurde sie Teil des Kanonischen Rechts und in das Decretum Gratiani aufgenommen. Seit dem 16. Jahrhundert entwickelte sich dieser Ansatz in Abgrenzung zu dieser philosophisch / theologischen Denkweise immer mehr in Richtung neuzeitliches Völkerrecht. Während die klassische Lehre über ein Recht zum Krieg zwingend aus einem gerechten Grund (causa iusta) auffordert (auf die sich eine Seite berufen kann), so setzte sich in der Neuzeit die Auffassung durch, dass ein Krieg zwischen zwei (oder mehreren) souveränen Staaten als rechtmäßig gelten kann.
Seit 1990 wird der Begriff immer wieder im Zusammenhang mit humanistischen Hilfsleitungen neu akzentuiert und diskutiert. Gerade in der Auseinandersetzung mit dem Islam seit den Jahren 1979 und 200l erhielt er eine neuerliche Aktualität sowie eine neue Vermischung von politischen und religiösen Ansätzen und Motiven.
Per Definition ist die Lehre vom gerechten Krieg eine in der abendländischen Rechtsgeschichte entwickelte Auffassung, derzufolge ein Krieg oder ein bewaffneter Konflikt zwischen Kollektiven (meist Staaten) nur dann ethisch und moralisch legitim sein kann, wenn er bestimmte Auflagen erfüllt.
Das Recht zum Krieg (ius ad bellum) ist einer legitimen Autorität vorbehalten. Diese muss den Krieg aus einem gerechten Grund sowie aus ethisch richtigen Absichten und Zielen führen. Das Recht im Krieg (ius in bello), das die Einhaltung bestimmter Kriegsregeln einfordert (z.B. den Schutz der Zivilbevölkerung sowie den humanitären Umgang mit Kriegsgefangenen), bildet eine zweite logische Entwicklung des ius ad bellum.
Schon hier wird deutlich, wie die Ideen eines gerechten Krieges oder seine Varianten der Kreuzzüge oder eines heiligen Kriegs im Islam, des Jihad, aus genau dieser Mischung von Politik (ge-recht ) und Theologie (heilig) besteht, die ihre Sprengkraft bis heute behalten hat.
I. DER FUNDAMENTALISMUS DER MODERNE ALS QUELLE VON GEWALT
I.1 Vorwort Fundamentalismus
Die andauernden Diskussionen um die Begriffe Fundamentalismus[1] und fundamentalistisch sorgen für Unruhe in allen Bereichen des politischen, wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Lebens. Dies um so mehr, da weder die islamische noch die westlich-christliche Welt zur Ruhe kommen und militärische Konflikte in (fast) allen islamischen Ländern zu finden sind.[2] Eine besondere Gefahr geht dabei von den Ländern Iran, Irak und dem Raum AFPAK (Afghanistan und Pakistan) aus, da diese Länder als Aufmarsch- und Rückzugsgebiete von Islamisten anzusehen sind (Scholl-Latour, 2009, S. 431). Gerade die fundamentalistischen Veränderungen in Judentum, Christentum und Islam als Reaktion auf die Moderne als Rückbesinnung auf den Ursprung oder als Gegenströmung zu politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Veränderungen verdeutlichen die Dimension dieser Entwicklung und sie zeigen, dass Glaubensausbreitung in allen drei monotheistischen Religionen inzwischen eine Domäne von Fundamentalisten geworden ist. Im Folgenden wird nun der Versuch gestartet, über eine Klärung des Begriffes Fundamentalismus zu einer aktuellen Bestandsaufnahme zu kommen.
I.2 Der moderne Fundamentalismus
„Fundamentalismus ist einer der am meisten gebrauchten Begriffe auf dem Feld der Religion, der Kultur und Gesellschaft, unabhängig ob es sich dabei um Moslems, Hindus, Juden oder Christen handelt“ (Maas, 2006, S. 147). Die Renaissance fundamentalistischer Strömungen in allen monotheistischen Religionen zeigt nicht nur eine erstaunliche Parallelität, darf aber nicht als Erfindung der Neuzeit angesehen werden.[3]
Dennoch stellt die Forschung zunehmend fest, dass sich der islamische Fundamentalismus vom christlichen dahingehend unterscheidet, dass er in einem völlig anderen Kontext gesehen werden muss und an andere zeittypische Probleme wie etwa die koloniale, wirtschaftliche und wissenschaftliche Dominanz gekoppelt ist.[4] In allen fundamentalistischen Ansätzen lassen sich mehrere Grundprinzipien festmachen. Basis ist ein allgemeines religiöses Grundprinzip. Dieses versteht Religion als eine Art Fluchtburg, die in einer konkurrierenden atheistischen Welt Antworten und Orientierung gibt. Schon hier wird deutlich, dass alle fundamentalistischen Strömungen selektiv denken und argumentieren, werden doch bestimmte Quellen der Theologie, sei es Thora, Bibel oder Koran, zum Maßstab jeglicher Diskussion erhoben. Damit werden wichtige Charakteristika des Fundamentalismus deutlich. Zunächst selektiert er einzelne oder wenige Elemente. In einem zweiten Schritt betont er diese ausgesuchten Teile und versieht sie mit einer logischen Schlussfolgerung. Der letzte Schritt ist schließlich die Ausformulierung einer kompletten Weltsicht (Davie, 1994, S. 200). Ziel der Fundamentalisten ist ein Aufbrechen der Vormachtstellung des Säkularen. Fundamentalisten versuchen Gott ins politische Leben zurückzuholen, aus dem er vom Menschen vertrieben wurde.[5] Diese Konzentration auf das vermeintlich Wesentliche einer Religion instrumentalisiert Religion als bewusstes Protestinstrument gegen herrschende religiöse, wirtschaftliche oder politische Gegebenheiten.[6]
Dass die ideologische und religiöse Stoßrichtung der demokratisch ausgerichtete Westen ist, wird allgemein vorausgesetzt (Höhling, 1992, S. 183).[7] Schon hier wird der Heilscharakter des Fundamentalismus deutlich, der sich nicht nur als eine Art Fluchtweg aus der Postmoderne, sondern auch als Heilsangebot aus der Krise der Moderne sieht (Maas, 2006, S. 208).[8] Diese Mischung – hier Heilsangebot und da bewusste Abgrenzung vom Westen – hat sowohl historische Wurzeln, die vor allem in der Kolonialpolitik des Westens zu suchen sind, als auch gegenwärtige Ursachen (Vertigans, 2009, S. 162). Fundamentalismus modernster Prägung ist immer noch Protest gegen die koloniale, wirtschaftliche und militärische Dominanz des Westens im Zuge einer imperialen Politik durch Länder wie England, Frankreich oder (in neuerer Zeit) die Vereinigten Staaten von Amerika. Die sich hieraus ergebende technische und wissenschaftliche Überlegenheit des Westens, gekoppelt an eine (für Moslems) dekadente Moral, brachten in der islamischen Welt drei wichtige Reaktionen mit sich, die miteinander konkurrierten. Diese waren und sind:
1. Eine Übernahme des westlichen Modells.[9]
2. Eine bewusste Abschottung vom Westen bei einer gleichseitigen Betonung der eigenen Kultur.
3. Ein islamischer Modernismus, aus dem sich der islamische Fundamentalismus entwickelt hat.
Islamische Fundamentalisten, arabische Intellektuelle und radikale Prediger benutzen für ihre Propaganda nicht nur moderne Kommunikationsformen wie das Internet, sondern sie greifen zusehends zu Propagandatricks, Lügen und Diffamierungskampagnen. Eine besondere Bedeutung kommt hierbei einer Art Konglomerat von Halbwahrheiten und Lügen zu, die unter dem Schlagwort The Narrative subsumiert wird.[10] Es handelt sich hierbei um einen Cocktail von Halbwahrheiten, Propaganda und gezielten Lügen über Amerika. Das Hauptargument sieht Amerika als diejenige Nation, die dem Islam den Krieg erklärt hat. Diese Kriegserklärung ist Teil einer „American-Crusader-Zionist conspiracy“ (Friedman 1.03.2010), die auf den 11. September zurückgeht, der im Gegensatz zum weltweiten Krieg gegen den Islam ein Betrug sei. Diese Protesthaltung und der entstehende Fanatismus sind auch Gründe und Ursachen für extreme Reaktionen von Fundamentalisten wie der des Märtyrertodes.[11] Aber selbst der Tod wird positiv gewendet und übt eine starke Anziehungskraft auf junge Freiwillige aus, zumal deren Familien durch ihre Opfer einen höheren gesellschaftlichen Status erhalten und der Selbstmord eine visionäre Kraft zu haben scheint, etwas, was diese Fundamentalisten von anderen Moslems und Juden und Christen unterscheidet:
„Es gibt im 21. Jahrhundert keine selbstverständlichen Glaubensvorstellungen mehr. Keine Religion ist unhinterfragt, aber auch keine Aufklärung, kein gesunder Menschenverstand, ja nicht einmal die bei uns so verbreitete Heilssuche in einer zum Glücken verurteilten Biographie. Das Fehlen von Visionen im öffentlichen Diskursraum lässt sich tatsächlich nur mit der Vermutung erklären, dass die meisten von uns immer noch leidlich zufrieden sind. Auch die Entscheidungen unserer Politik zielen offenbar vor allem darauf ab, den gegenwärtigen Zustand beizubehalten. Zufriedenheit ist ein hohes Gut, aber ein Blick über den Tellerrand lehrt, dass sie trügerisch ist. Übrigens: Wenige gesellschaftliche Visionen scheinen unattraktiver als die des politischen Islams heute, aber darin, dass sie eine Vision haben, sind seine Anhänger weltzeit-gemäßer als die meisten von uns.“
(Weidner, 15.03.2009)
Diese hier angesprochene visionäre Kraft des Islam ist sicherlich auch für die Re-Islamisierung vieler arabischer Länder verantwortlich und es lassen sich vier Tendenzen feststellen:
1. Die Renaissance des Islam und damit das Auftreten des Fundamentalismus stellen keinen Rückfall ins Mittelalter dar, sondern sind ein Produkt der Moderne. Beide Entwicklungen sind Reaktionen auf die Behandlung islamischer Staaten durch Imperialstaaten und Kolonialmächte.
2. Die starke politische Aktivierung des Islam in Ländern wie Afghanistan, Iran, Irak, Sudan oder Pakistan hat als Ziel die Errichtung des islamischen Gottesstaates auf der Basis der traditionellen Rechtsordnung, der Sharia.
3. Die Wiederbelebung und traditionelle Auslegung der Sharia bedeutet eine (gewünschte) Rückkehr zu den religiösen Quellen, dem Koran und der islamischen Tradition (Sunna).
4. Ziel ist eine religiöse Ordnung des gesamten politischen, sozialen und individuellen Lebens durch die Verwirklichung der Ideale des Islam, basierend auf seinen Fundamenten.[12]
Nun lassen sich aber bei diesen Tendenzen durchaus Schwächen feststellen. Ein Grundproblem ist die Durchsetzung einer Rechtsgrundlage, die nur begrenzt in die Moderne passt. Zu Zeiten des Propheten war sie bereits verwirklicht, sie muss nur wieder hergestellt werden. Hier wird eines der Grundprobleme islamischer Fundamentalisten aufgeworfen. Sie beziehen ihre Ansprüche auf die Grundlage eines Gesetzes aus dem 10. Jahrhundert, dem Allgemeingültigkeit konstatiert wird und in dem eine Überlegenheit gegenüber allen anderen politischen Systemen und Religionen quasi integriert ist. Fundamentalisten verstehen sich als Angehörige der wahren, letzten und damit endgültigen Offenbarung Gottes. Nur dem Islam wird einmal die ganze Welt gehören, nur er ist die einzige und wahre der drei Offenbarungsreligionen. Aufgrund dieser postulierten religiösen und moralischen Überlegenheit wird die eigene militärische, wirtschaftliche und technische Unterlegenheit als Erniedrigung empfunden. Dies vorausgesetzt zeigt die Unfähigkeit zur Selbstreflexion und die sich daraus ergebende Grundhaltung, Fehler nicht bei sich selbst, sondern bei den anderen zu suchen.[13] Somit wird ein ursprünglich berechtigter religiöser Ansatz ideologisiert und auf eine politische Ebene reduziert. Dies wird bewusst in Kauf genommen, weil den westlichen Ideologien nur so die Stirn geboten werden kann, auch wenn man damit in direkter Opposition zu den legitimen religiösen Vertretern des Islam steht. In islamischen Ländern ist auffallend, dass die Anhänger fundamentalistischer Gruppen – im Gegensatz zu ihren europäischen Sympathisanten – teilweise aus gesellschaftlichen Verlierern bestehen, die ihre negativen Erfahrungen ideologisch reflektieren können.
Das Spektrum besteht aus armen Slumbewohnern, die kein Wasser und keinen Strom in ihren Baracken haben, Arbeitern, die moderne Arbeitsorganisationen ablehnen, jungen Studentinnen/Studenten, die trotz guter Universitätsabschlüsse keinen Arbeitsplatz finden, bis hin zu Menschen, die ein Problem mit der neuen Sexualmoral haben. Der politische Islam gibt ihnen Orientierung und Hoffnung sowie Identität und Selbstwertgefühl.
Letztlich geht es aber im islamischen Fundamentalismus nicht nur um die Entscheidung zwischen Gut und Böse, sondern um Macht und politische Einflussnahme (Minaty, 2009, S. 3) mit dem Ziel, den Nationalstaat durch einen Gottesstaat zu ersetzen (Biel, 2004, S. 11). Es handelt sich hier um die Versuchung eine utopische Welt mit perfekten und vollkommenen Menschen zu erschaffen, ein Ansatz, der den Faust Goethes in die Hölle bringt, da es sich hierbei um die höchste spirituelle Versuchung des Menschen handelt, die sich in allen totalitären Gesellschaftsentwürfen findet (Rohr, 2005, S. 163).
I.3 Fazit: Moderner Fundamentalismus
Die rasante Entwicklung des modernen islamisch geprägten Fundamentalismus lässt sich auf fünf Gründe zurückführen. Zum einen gab es seit der Zeit der Kreuzzüge innerhalb der arabischen Welt eine Art Sehnsucht nach der alten Stärke des Islams (historische Komponente). Dieses Gefühl wurde im 19., 20. und 21. Jahrhundert durch den Widerstand gegen lokale Autoritäten (vgl. die Aufstände in Tunesien, Libyen, Jemen, Syrien, Ägypten in den Jahren 2010/2011/2012) und einen aggressiv auftretenden westlichen Imperialismus flankiert (politische Komponente)[14]. Die Folgen der wirtschaftlichen und militärischen Präsenz des Westens waren Ausbeutung und Verarmung, auf die der islamische Fundamentalismus eine Antwort gab (wirtschaftliche Komponente). Dieser religiöse Fundamentalismus beinhaltet eine reaktionäre und totalitäre Weltsicht (ideologische Komponente), die den Islam als aggressiv, intolerant und anti-westlich erscheinen lässt (kulturelle Komponente). Diese fünf Eigenschaften des modernen Fundamentalismus dürfen nicht streng getrennt werden, sondern vermischen sich mitunter, was eine gefährliche politische und religiöse Sprengkraft beinhaltet.[15]
Moslems fühlen sich in der Welt des 21. Jahrhunderts gegenüber dem Westen in einer Opferrolle und in ihrem Leben haben sie oft das Gefühl eines „perceived clash of civilisations“ (Hardy, 2010, S. 5), der in eine Dämonisierung gegenüber allem Westlichen münden kann. Für den Westen wurde der moderne Fundamentalismus nach dem Zusammenbruch des Kommunismus der ideologische und religiöse Hauptgegner. Es handelt sich aber dabei um einen für den Westen unbekannten Gegner, der falsch eingeschätzt und behandelt wurde und wird, auch weil er – im Gegensatz zum Kommunismus – nicht der eigenen intellektuellen Tradition entstammt (Scholl-Latour, 2012, S.11/12). Die Analyse des islamischen Fundamentalismus zielt auf die zentrale Frage ab, ob er Spiritualität oder Identität bietet. Die Antwort geht eindeutig in Richtung Identität, auch weil Religionen insgesamt (und das betrifft sowohl das Christentum als auch den Islam) ihre führende Position als „identity providers“ (Skibitzki, 2008, S. 12) verloren haben. Die Religionen als Hauptlieferanten für immaterielle Kultur, Werte, Normen, ethische Entwürfe oder Symbole haben diese Funktion verloren. In dieses religiöse Vakuum traten fundamentalistische Strömungen, auch weil sie ein Identifikationsmuster anbieten konnten, das unter anderem über eine „resistence identity“ verfügt (Skibitzki, 2008, S. 6). Gemeint ist hier die Reaktion von frustrierten und gesellschaftlich ausgeschlossenen Gruppierungen gegenüber der Mehrheitsgesellschaft – der ideale Nährboden für eine radikale Form von Religion.[16] Kritisch anzumerken bleibt in diesem Zusammenhang, dass diese Radikalität des islamischen Fundamentalismus die Möglichkeit beinhaltet, den Namen Gottes für den Namen Terror einzutauschen (Caputo, 2001a, S. 107).
Es lässt sich festhalten, dass fundamentalistische Strömungen mehr als andere dazu beitragen, neue Identifikationsmuster zu etablieren. Im Zeitalter von Migration, Globalisierung und politischen Umwälzungen erlangt diese Form einen besonderen Stellenwert als Lieferant für Identifikationsmuster, auch weil er absolute und klar wirkende Normen vermittelt, etwas, was der Mensch als Leitlinien für sein Leben in der Moderne benötigt (Eagleton, 2005, S. 46).
II. DIE REDE VOM GERECHTEN KRIEG IN DER CHRISTLICHEN TRADITION
Traditionen enthalten alle möglichen Theorien für ihre Legitimation. So wie es in der christlichen Tradition viele Erlösungs- und Inspirationstheorien oder Theorien der apostolischen Sukzession gegeben hat, so gab es auch viele Theorien vom gerechten Krieg. Einige von ihnen waren ausgesprochen theologischer, andere philosophischer Natur und wieder andere vermischten in ihrer Betrachtungsweise religiöse und weltliche Perspektiven miteinander.
Jahrhunderte hindurch diente die Tradition vom gerechten Krieg vielfachen Zwecken: Sie legitimierte den von politischen Führern autorisierten Aufbau bewaffneter Streitkräfte; sie sollte die von Kampftruppen und Staaten ausgeübte Gewalt eindämmen; man benutzte sie als eine Form der Kritik an militärischen Strategien und Waffen; sie gab Normen vor, an denen sich der Kampf in einer gespaltenen Welt auszurichten hatte; sie bot sich als Grundlage an, aus der man Argumente für eine selektive Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen ableitete und schließlich entnahm man ihr auch die Maßstäbe für die Bewertung von Regierungspolitiken und Militärdoktrinen.
Um sich bei der Erörterung der Tradition vom gerechten Krieg ein möglichst klares Bild zu verschaffen, muss man das Verbindende all dieser Theorien und Zwecke sehen und verstehen. Die Tradition vom gerechten Krieg stellt im Wesentlichen zwei Forderungen auf:
1. Ein Krieg müsse mit Blick auf die Werte, die er zu schützen sucht, und die verursachten Übel aufwiegen, sittlich gerechtfertigt sein.
2. Im Krieg ausgeübte Macht unterliege Regeln; sie sei Gewalt, die einer sittlichen Beurteilung und Kontrolle zu unterwerfen sei. Um es mit Michael Walze auszudrücken: Krieg müsse auf zweifache Weise bewertet werden: Es muss um eine gerechte Sache gehen, und die Methoden der Kriegführung müssen gerecht sein.[17]
Die Idee eines heiligen und gerechten Krieges ist tief in der Antike verankert und wurde vom frühen Christentum in den Auseinandersetzungen mit Andersgläubigen (Angehörigen anderer Religionen sowie innerkirchlichen Häretikern) relativ früh aufgegriffen und weiterentwickelt.
Im Lauf der Jahrhunderte verlagerten sich gerechte Kriege innerkirchlich und sie erhielten durch Reformation und Gegenreformation einen enormen Aufschub, bevor sie im 19. und 20. Jahrhundert ihre Bedeutung verloren hatten.
Eine neue Diskussion erlangte dieser Begriff aber in der Auseinandersetzung mit dem Islam und den Ereignissen um den 11. September 2001, da hier sowohl Christentum als auch Islam neue Kräfte für den jeweils eigenen gerechten und heiligen Krieg freimachten, eine Entwicklung, die das Weltgeschehen bis heute in Atem hält und Theologen sowie Politiker herausfordert.
Schon hier wird ein Grundprinzip der Idee eines heiligen und gerechten Krieges deutlich, der immer auch in der Vermischung religiöser und politischer Elemente liegt, da nicht nur Religionen, sondern auch Regierungen Kriege führen, um Gerechtigkeit walten zu lassen. Dies verweist auf eine weitere wichtige Eigenschaft eines gerechten Krieges, da dieser immer die religiöse mit der moralischen und politischen Ebene vermischt, was die enorme Sprengkraft dieser Idee verdeutlicht.
Die Liste der Denker eines gerechten Krieges ist lang und reicht von Sunzi, Platon, Aristoteles, Cicero, Augustinus von Hippo, Thomas von Aquin, Machiavelli, Luther, Zwingli, Calvin, Hobbes bis Clausewitz und erlangt durch radikale Prediger gerade im Islam einen neuen Antrieb.
Für Augustinus muss das Ziel des (unvermeidlichen) Krieges immer der Friede sein. In seinem Hauptwerk De civitate Dei betont er in Anlehnung an das Gebot der Nächstenliebe radikal dessen Bedeutung ,, ... das bekanntlich bis zur Feindesliebe reichen soll" (Günzel, 2015: 49).
1. Kreuzzüge
Die Kreuzzüge können als Variation und Weiterentwicklung des klassischen gerechten Krieges angesehen werden, erfüllen sie doch wesentliche Prinzipien des traditionellen Ansatzes. So basieren sie auf gerechten Gründen (Kampf gegen Ungläubige), gerechtfertigten Absichten (Schutz für verfolgte Christen) sowie einer Wiederherstellung der gerechten (göttlichen) Ordnung. Ferner werden sie durch Gottes Willen legitimiert (der Papst ist Sendbote, Christus befiehlt Deus vult Gedanke) und es gibt einen zusätzlichen Anreiz, den Ablass. Neu ist hierbei aber die Idee, dass der (menschliche) gerechte Krieg durch den göttlichen Willen, den der Papst kraft seiner apostolischen Würde verkündet, weit überboten wird. Der Krieg wird jetzt als zu Gott gehörig angesehen und mit dem Attribut „heilig“ versehen, ein Gedanke, der sich bis heute gehalten hat (vgl. hierzu bes. Erbstösser 1977, Zöllner 1978).
2. Augustinus
Frieden ist für Augustinus auf der Erde erreichbar und wird (deshalb) in die Reich- Gottes-Lehre integriert. Ursachen für Kriege sind politische Systeme, die zu Quellen von Unrecht werden können. Gerechte Kriege sind bedauernswert und Frieden ist oberstes Kriegsziel. Wahren Frieden findet man aber nur bei Gott.
[...]
[1] Der Begriff Fundamentalismus beinhaltet zunächst, wie der Begriff es selbst impliziert, die Betonung eines Fundamentes von Religion, das Hervorheben einer oder einiger weniger theologischer Schwerpunkte wie eine Apokalyptik, einen Messianismus und einen Milleniarismus (Minaty, 2009, S. 5). Daneben kennzeichnet ihn ein starres Festhalten an einer heiligen Schrift (vgl. Schubert/ Klein, 2006). Als neues Phänomen von Religionen muss diese selektive Akzentuierung von einzelnen theologischen Elementen als wesentlicher Teil der Rückkehr des Religiösen insgesamt gesehen werden. Das „globale Comeback“ der Religion und der „religious turn“ sind dabei Bestandteile der säkularisierten Moderne und fallen zeitlich mit dem Zusammenbruch des Kommunismus zusammen (Hoff, 2009, S. 152). Für den modernen fundamentalistischen Islam muss der Ursprung im Zusammenfall des Schah-Regimes im Iran gesehen werden. Fundamentalismus ist nicht mit Islamismus zu verwechseln. Islamismus wird hier verstanden als politische Ideologisierung des Islam nach dem Vorbild der großen politischen Ideen des 20. Jahrhunderts wie des Marxismus oder Faschismus. Der Fundamentalismus kennt weder Staat noch Nation, sondern nur die Transformation des Menschen in einem rigiden, religiösen Rahmen, den die Sharia (islamisches Recht) bestimmt. Der Fundamentalismus kennt in den islamischen Ländern zwei Entwicklungen. Eine eher als konservativ einzustufende Richtung ist offen für Multikulturalismus. Die zweite, dschihadistische Richtung (Idee des Heiligen Krieges) nimmt das Erbe der antiimperialistischen Gewalt auf, bewegt sich aber in keinem nationalen Rahmen. Zur Terminologie von Fundamentalismus und Islamismus vergleiche auch: Abu (1996), Krämer (1999), Juenemann (2000), Berman (2003), Burgat (2003), Milton/ Edwards (2005), Gemein/Redmer (2005), Huhnholz (2010).Fundamentalismus wird in diesem Zusammenhang als Begriff verstanden, der einen religiösen Ansatz beinhaltet, während Islamismus einen politischen Zugang hat. Damit wird auch ein grundsätzliches Problem des Islam aufgezeigt, der drei Zugänge aufweist, einen spirituellen, einen politischen und einen rechtlichen. Somit erweist sich die Terminologie ِۭ islamischer Fundamentalismus' als Überbegriff für ein breites Spektrum von Diskussionen und Aktivitäten innerhalb des Islam selbst, die von einem modernen Realismus bis zum extremen Radikalismus reichen. Kurzum: „Whatever it is called, modern islamism is a complex and multifaceted phenomenon“ (Stepanova, 2008, S. 61). Auffallend ist in der Forschung die Veränderung des Begriffs Fundamentalismus vor und nach dem 11. September 2001. So weist die Literatur vor diesem Datum eine mehr theologische Richtung auf, während nach dieser Zeit eine Verschiebung zur politischen Ebene zu erkennen ist (Lücke, 1993, S. 194-214). Dabei wurde seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts Amerika immer mehr als Hauptfeind des Islam ausgemacht: „This picture of total confrontation and non-conciliation between Islam and the West is now being strongly positioned in Washington, D.C.“ (Mousalli, 1998, S. 5). Vgl. hier auch Meier (1994); Bosworth at al (1995); Abu (1996); Marty/Appleby (1996); Kepel (2002a/b); Burgat (2003); Marin-Guzman (2003); Ruf (2005); Milton/Edwards (2005); Armstrong (2007);Tibi (2008a/b); Ruf (2009); (Scholl-Latour 2012).
[2] Dazu muss man auch die Auseinandersetzungen zwischen Regierungen und Bevölkerung in den Jahren 2010/ 2011/2012 in Tunesien, Ägypten, Lybien, dem Jemen oder Syrien zählen, da Islamisten hier in ein politisches Vakuum stoßen können.
[3] Das Schlagwort des Fundamentalismus tauchte erstmals 1920 in der Baptisten-Zeitung Watchman – Examiner auf. Er diente hier als Beschreibung einer Sammelbewegung im nordamerikanischen Protestantismus und wird mit dem Namen Curtis Lee Laws assoziiert (Barr 1981, S. 26). Die terminologische Verbindung zwischen islamischem Fundamentalismus und christlichem Protestantismus sieht auch Watt (2002), wenn er sagt: „... ´Fundamentalismus` bezeichnet in erster Linie bestimmte Formen des christlichen Protestantismus. Eine ähnliche Tendenz im römischen Katholizismus wird im Französischen intégratism genannt. Keiner dieser Begriffe passt jedoch für die islamische Bewegung. Besser wäre es, von Traditionalismus zu sprechen. Er umfasst viele unterschiedliche Gruppen, von denen einige hoffen, dass eine Rückkehr zum frühen Islam mit friedlichen Methoden zu erreichen sei, andere jedoch setzen auf militante politische Programme. Und dann gibt es noch weitere Gruppen, für die keiner dieser Begriffe angemessen ist“ (ebd., S. 127). Einen differenzierten Ansatz verfolgt hier Roy (2010a) . Für ihn gibt es keine Rückkehr des Religiösen, sondern eine durch „Deterritorialisierung“ und „Dekulturation“ bedingte „Veränderung des Religiösen“ (ebd., S. 26). In dieser Konstellation ist der Fundamentalismus die religiös-militante Neuformulierung in einem weltlichen Raum, die dem Religiösen seine Autonomie gegeben hat. Religiöse Systeme, Glaubensgemeinschaften und alle großen Religionen finden sich im Zuge der Globalisierung nicht nur in einer Konkurrenzsituation, sondern in einer neuen Ausgangslage. Globalisierung und Migration haben eine Dimension eröffnet, nämlich die dauerhafte Loslösung von Religionen, Territorien, Gesellschaften und Staaten. In diesem Vakuum konnten Religionen mehr Autonomie erlangen, was besonders fundamentalistischen Gruppierungen zugute kam. Fundamentalismus als charismatische Religiosität ignoriert gesellschaftliche und politische Zwänge und trennt das Religiöse von der Kultur: „Somit ist der Fundamentalismus zugleich ein Faktor und ein Produkt der Globalisierung“ (ebd., S. 226). Diese Vorstellung des Fundamentalismus als Produkt der Moderne sieht auch Berger (2010). Für ihn ist Fundamentalismus neben Relativismus einer der beiden Hauptkräfte der aktuellen Kulturdebatte und im Zuge der weltweiten Migration „a modern phenomenon“ (ebd. S. 7). Die eigentliche Gefahr im Zuge von Migration und Globalisierung besteht in der Verstädterung, die höchst unterschiedliche Bevölkerungsgruppen intensiv und eng zusammenleben lässt, was unter religiösen Gesichtspunkten gefährlich werden kann. Die heutige Welt, so Berger, ist deshalb „the scene of enormous explosions of religious passion“ (ebd. S. 3). Der religiöse Fundamentalismus erweist sich somit als kein einheitliches oder klar zu definierendes Phänomen (Allesch, 2011, S. 27). Er steht aber allgemein für eine Revialisierung von Religion(-en), die einen kulturellen, intellektuellen und einen politischen Fundamentalismus nach sich zieht. Der Autor der vorliegenden Arbeit versieht den Begriff Fundamentalismus mit drei Prämissen, die einander bedingen und beeinflussen. Fundamentalismus ist gekennzeichnet durch: 1. ein Absolut-Setzen religiöser Überzeugungen verbunden mit der Bildung von Identitätsstrukturen 2. der Ausbildung von sich aus eins ergebenden Dominanzstrategien, die die religiöse Ebene der privaten und gesellschaftlichen überordnet 3. der Schaffung des Kontextes von eins und zwei durch eine grundlegende Politisierung aller Lebensumstände. Fundamentalisten gehören damit zu einer Art sozialer Bewegungen, die neben dem Westen auch das Leben in der Moderne als feindlich ansehen.
[4] Vgl. bes. Kienzler (2007). Hourani (1991/92) bindet diesen Gedanken an ein mangelndes Selbstbewusstsein der arabischen Welt. Die arabischen Völker haben „den Glauben an sich verloren“ (ebd., S. 369), weil sie einen kulturellen, moralischen, politischen und ökonomischen Niedergang erlebt haben. Loomba (2005) nennt als Gründe für den modernen Fundamentalismus die Globalisierung, den US-Nationalismus und die damit verbundenen Wirtschaftsinteressen. Konkret: „Religious, linguistic or ethnic nationalism, as we have already discussed in this book, have also escalated in the last decades. They can also fuel resistance movements against multinationals, as well as movements which may be anti-US but are politically, socially and ideologically retrogressive, such as those spearheaded by Islamic fundamentalists“ (ebd., S. 224-225).
[5] Armstrong (2007) spricht zurecht davon, dass Fundamentalisten die Grenzziehung der Moderne (Trennung von Moschee und Staat oder Heiligem und Profanen) aufheben wollen, um eine verlorene Ganzheit wiederherzustellen (ebd., S. 513). Dies tun sie in einem globalen, nationalen und regionalen Rahmen (Vertigans, 2009, S. 163). Vergleiche in diesem Zusammenhang auch Max Webers Konzeption von Weltflucht und Weltbeherrschung, zwei Möglichkeiten, die für den modernen Fundamentalismus typisch sind (vgl. vor allem Weber, 1988).
[6] Tibi (1979) sah diese Entwicklung schon Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts. Er konstatierte bereits damals einen Zusammenhang zwischen islamischen Ländern, die sich in einer Identitätskrise befinden und einer ansteigenden sozioökonomischen Krise, die eine wirtschaftliche ´Pauperisierung` nach sich zieht. In dieses Vakuum stößt der Fundamentalismus mit seinem attraktiven Heilscharakter (ebd., S. 69; vgl. auch Vertigans 2009, S. 169). Die Rückkehr zur Orthodoxie einer Religion ist in der Fremde nicht nur oft an wirtschaftliches Scheitern gekoppelt , sie bedeutet auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem alten Regime in der Heimat, da junge Moslems längst westlich geworden sind. Hinzu kommt die Frustration zu merken, dass man keinen gesellschaftlichen Einfluss hat. Armut und gesellschaftliche Isolation, gekoppelt an den Prozess der Globalisierung, versahen die islamische Identität in emotionaler und psychologischer Hinsicht mit einem Gefühl der Demütigung und einem Durst nach Anerkennung die der Fundamentalismus als Mischform von psychologischen, kulturellen und sozioökonomischen Faktoren ideologisch besetzen konnte (Moϊśi, 2009, S. 92-97; 105ff). Unter diesen drei Faktoren spielt die Globalisierung sicherlich eine zentrale Rolle, da sie Menschen in vielen Bereichen entwurzelt hat, diese aber Halt, innere Stärke und eine Heimat brauchen. Islamische Gruppen bieten eine Art Rundumversorgung und ein Feindbild, das im Westen allgemein und in Amerika sein konkretes Bild erfährt. Neben dem Westen, der moralisch und religiös verworfen wird, erfolgt meist eine Dreiteilung der Welt. Diese Bereiche werden als Aktions- bzw. Schlachtfelder beschrieben und terminologisch mit den Begriffen Haus des Friedens (der Platz, wo der Islam bereits herrscht), das Haus des Krieges (der Platz, wo der Islam kämpfen muss) und Haus des Vertrages (der Platz, wo der Islam toleriert wird) umschrieben (Höhling, 1992, S. 183).
[7] Diese These einer Stoßrichtung gegen den Westen ist vielfältig. Die Forschung nennt hier mehrere Ansätze, die nicht immer harmonieren, da sich Schwerpunkte mit verschiedenen historischen, geographischen, politischen oder religiösen oder wirtschaftlichen Hintergründen festmachen lassen. Gemein/Redmer (2005) gelingt eine gute Übersicht über diese Fragestellung. Ihre Hauptthesen sind: - In seiner Historie ist der Fundamentalismus Reaktion auf die Entkolonialisierung, den europäischen Imperialismus und die amerikanische Hegemonie (Huntington These). - Er ist Ausdruck des Scheiterns, westliche Wirtschaftsmodelle zu übernehmen, ohne sie auf das jeweilige Land und seine strukturellen Gegebenheiten zu modifizieren. - Er entstand als Antwort auf soziale und ethnische Probleme in islamischen Ländern. - Er ist Zeichen einer innerislamischen Krise, da kein Moslem einen anderen als heidnisch ansehen darf (Meyers Gegenthese zu Huntington). - Er entstand durch hohe Arbeitslosigkeit von Hochschulabgängern, einer einsetzenden Landflucht, fehlendem Wirtschaftswachstum, Korruption und Vetternwirtschaft. Die Kritik des Westens am Islam hat andererseits etwas damit zu tun, dass der Islam eine Konzeption der Welt einfordert, die mit Europeaness und Westerness nicht kompatibel ist. Richardson (2004) sieht den Westen als Provokation für Moslems, da er ein Symbol für verabscheuungswürdige Entwicklungen wie Naturwissenschaften, Kapitalismus, Individualität und Demokratie steht (ebd., S. 117). Der moderne Fundamentalismus ersweist sich als religiöse, kulturelle oder politische Reaktion gegenüber einem kulturellen Pluralismus westlicher Prägung dessen high-tech Welt stabile Gemeinschaften und jahrhundertealte Traditionen zerstört (Caputo, 2001a, S. 106).
[8] Zum Verhältnis Islam und westlicher Demokratie vgl. bes., Yilmaz (2002), Bahlul (2003), Filali-Ansary (2003), Turam (2004), Zakaria (2004), Merry (2004), sowie Scholl-Latour (2012). Zur besonderen Rolle der USA und ihrem kulturellen und militärischen Totalitarismus, der weltweit zu prüfen ist (Huntington, 1997, S. 258; Hardy, 2010, S. 1-9).
[9] Burns (19.09.2001) spricht im Zusammenhang mit der kulturellen, technischen und wissenschaftlichen Überlegenheit des Westens von einem ´kulturellen und militärischen Totalitarismus` der USA, der weltweit spürbar ist und der gerade für junge Moslems verführerisch und verabscheuungswürdig ist.
[10] Für Details zu dieser militärischen, kulturellen und (angeblich) religiösen Dominanz des Westens unter dem Schlagwort ´The Narrative` (Die große Erzählung) vgl. besonders Friedman 1.03.2010.
[11] Viele dieser radikalen Kräfte greifen zu extremen Maßnahmen wie etwa dem Märtyrertod. Baierle (2007) hat hierüber eine interessante Studie vorgelegt. Hierin geht sie soziologisch von Émile Durkheims Selbstmordbegriff aus und überträgt ihn auf die christliche fundamentalistische Gruppierung der Amish-Leute und der Hamas. Für die Anhänger der Hamas etwa konstatiert sie bei Selbstmordattentätern nicht nur eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz gepaart mit Intoleranz Andersdenkenden gegenüber, sondern auch einen Ehrenkodex versehen mit einem starken Glauben und einer Verachtung des irdischen Lebens: „... Die starke Beeinflussung durch die restliche Bevölkerung führt dazu, dass abweichende Meinungen nicht toleriert werden und dass die Selbstmordattentate allgemein toleriert und sogar befürwortet werden müssenDiese hohe Akzeptanz und Ehre, die Selbstmordattentätern zu Teil wird, ist ... ein bedeutender Grund dafür, dass so viele Palästinenser freiwillig Selbstmordattentate begehen Auch bei den Hamas-Selbstmordattentätern spielt der Glaube an das Jenseits und die Verachtung der Haftung am irdischen Leben eine große Rolle...“ (ebd., S. 18; vgl. auch Mackert, 2007). Zur Zeit wird die Rolle der Frau im Dschihad neu definiert. (Dschihad arabisch: Rückkehr zur reinen Lehre, zum Ursprung. Der Begriff tauchte erstmals im 7. Jahrhundert auf und erlebte im Zuge der Kreuzzüge eine erste Belebung (zum Konzept des Dschihad oder Jihad vgl. besonders Heck, 2007, S. 17-23). Frauen radikalisieren sich und werden offensiv für den bewaffneten Kampf. Das ist ein neuer Trend, der aber innerhalb des Islams selbst nicht unumstritten ist. Auffallend ist diese Radikalität unter Konvertitinnen, die durch eine mitunter als brutal einzustufenden Propaganda auffallen (Wehner 30.05.2010). Ein anderes Phänomen, das durchaus im Zusammenhang mit der Thematik des Märtyrertodes gesehen werden muss, ist die Existenz des Takir. Darunter versteht man die Übernahme des westlichen Lebensstils, das Ausleben von Sexualität, der Verzehr von Schweinefleisch und sogar der Konsum von Drogen. Potentielle Selbstmörder, die sich auf einen Anschlag vorbereiten, tarnen sich mit diesen westlichen Verhaltensformen, um nicht als Fundamentalisten aufzufallen. Takir kann deshalb als Sünde in Verkleidung verstanden werden und der Begriff muss so gedeutet werden, dass beides - das befristete Leben in Sünde und der anschließende Märtyrertod - gleichzeitig als verboten und erlaubt angesehen werden, um der Sache, resp. dem Terrorismus zu dienen..
[12] Erklärtes Ziel des Fundamentalismus ist die Hakimiyat Allah (Gottesherrschaft) und die Anwendung des Nizam Islami (Islamisches System), die ein Gegenmodell zur modernen und bürokratischen Industriegesellschaft darstellen soll. Dabei wird der Islam als vollkommenes System angesehen, das bei konsequenter Anwendung sämtliche Belange des menschlichen Lebens regelt und direkt und konkret ist. Als Beispiel dient z. B. die wörtliche Auslegung des Koran; Sure 2: 112 „Wer das Gesicht ganz zu Gott wendet und dabei recht handelt, der wird den Lohn bei seinem Herrn vorfinden“. Hier steht wird und nicht kann (Anmerkung des Verfassers).
[13] Der Islam des 21. Jahrhunderts steht in der Spannung zwischen der Bewahrung traditioneller Glaubensvorstellungen und den rapiden Veränderungen der modernen Welt im Zeitalter der Globalisierung (Watt, 2002, S. 128). Er wird sich auf Dauer nur halten können, wenn er seinen eigenen Absolutheitsanspruch hinterfragt und eine ehrliche Dialogbereitschaft erkennen lässt. Tibi (2008a) sieht diese Chance im Islam als religiösem Entwurf selbst implantiert, weist aber zu Recht auf den Unterschied zwischen Islam und Islamismus hin. Der Islam ist für ihn eine höchst spirituelle Religion, die in dieser Eigenschaft keine politische Denkweise enthält. Der Islamismus als Variante des religiösen Fundamentalismus dagegen ist für ihn eine totalitäre Ideologie, die genau diese Dialogbereitschaft negiert, auch weil er einer echten Grundlage entbehrt [ebd., S. 200; an anderer Stelle nennt Tibi dies den „Traum von der halben Moderne“ (ebd., S. 31)]. Diese Gefahr sieht auch Abdel-Samad (2010). Für ihn muss der islamische Fundamentalismus sogar als Schwäche des Islam ausgelegt werden, da durch ihn geistige Mauern zwischen Menschen und Nationen aufgebaut werden. Die Betonung des politisch-religiösen Elementes unter gleichzeitiger Negierung der spirituellen Ebene zeigt dies und verhindert einen Dialog zwischen Mensch und Mensch, weil Fundamentalisten den anderen nicht als Mensch, sondern als Ungläubigen sehen – ein fataler Ansatz. Diese Dialogbereitschaft des Islam weist auf eine andere Thematik hin, die alle monotheistischen Religionen betrifft, die in sich einen strukturellen Absolutheitsanspruch haben, der ihre Offenbarung über die anderer Religionen stellt. Es handelt sich hierbei um eine Thematik, die schon Voltaire sah, als er die Abschaffung von Göttern und Religionen forderte, wohlwissend, dass ihr Absolutsetzen Quelle für Intoleranz, Ungerechtigkeit oder Krieg sein kann.
[14] Die Aufstände der Bevölkerung gegen die Machthaber in Tunesien, , Libyen, Bahrein oder Syrien in den letzten Jahren beinhalten die Gefahr, dass die Fundamentalisten geschickt dieses Machtvakuum ausnutzen, um ihre eigenen Interessen (so wie in Ägypten) zu verfolgen (Ehrhardt/ Rößler, 28.02.2011).
[15] Diese Dynamik des modernen Fundamentalismus lässt sich wiederum an mehreren Entwicklungen festmachen: 1.Der moderne Fundamentalismus ist multikulturell konstituiert und tritt als „Diasporaislam“ (Huhnholz, 2010, S. 27) auf. Seine Zunahme beschleunigt sich durch Migrationsprozesse (Ulfkotte, 2009, S. 19). 2.Er ist transnational strukturiert und organisiert und benutzt sogenannte „Anleihen“, das heißt, er sucht sich seine Helfer/ Schwerpunkte je nach Bedarf (Münkler, 2005, S. 254). 3.Der Fundamentalismus als militante Richtung des Islam hat diesen radikalisiert. Durch sein dualistisches Weltbild hat er den Islam in eine Kriegsmaschine umfunktioniert, die dadurch nomadenhaft wird und die ganze Welt bedroht (Deleuze/Guattari, 2007, S. 286). 4.Er favourisiert eine entterritoriale Gemeinschaftsvorstellung im Sinne einer weltweiten ummah. Das entgrenzt ihn offensiv (Castells, 2001) und begünstigt die Trennung von Staat und Religion (Ulfkotte, 2009, S. 114). 5.Seine Anhänger bestehen aus einer Mischung von Reformakteuren und Totalverweigerern (Asseburg, 2008; Werenfels, 2005). 6.Eine neue Tendenz, gerade nach dem Tode Osama Bin Ladins, stellen selbstständig operierende Verbände / Gruppen dar die meist nur über das Internet kommunizieren und einen „Dschihadismus-Mythos“ kreieren (Croitoru 3.5.2011). Al Quaida als Dachorganisation des weltweit operierenden radikalen islamischen Fundamentalismus wird dadurch dezentralisiert, verfügt aber weiterhin über eine radikale Ideologie: „Die Bedrohung durch den dschihadistischen Terrorrismus scheint somit nicht gebannt zu sein. Zuletzt ist sie vor allem komplexer geworden“ (Erhardt/Herrmann 3.5.2011). Für diese Komplexität sprechen unter anderem der Einsatz von Medien wie Filmen oder Liedern (Rapsongs), die eine neue Mischung von Propagandamaterial gerade für Jihad und Märtyrertod darstellen. Hierunter fällt auch der Einsatz von Symbolik. So wird die Farbe Schwarz (Schwarz steht im Islam für Protest) genauso eingesetzt wie die Kalaschnikow als moderne Version des islamischen Schwertes oder das Pferd als das Tier, das Mohammed in den Himmel brachte. Zur Kritik am modernen Fundamentalismus vgl. Berger (2010). Berger nennt als Kritikpunkte vor allem die dualistische Konzeption (ebd. S. 8), eine fehlende wirtschaftliche Flexibilität (ebd. S. 9/10) und ein Ohnmachtsgefühl gegenüber der moderen pluralen Welt: „To be more specific, fundamentalism is a phenomenon that is rooted in the epistemic dynamics of late modernity. Whatever else fundamentalism may be -and it is a very complex and multidimensional phenomenon- it's a defensive reaction to the fragmentation pluralization of knowledge and understanding that are part and parcel of our time“ (ebd. S. 17). Zum Stichwort Islamismus/ Fundamentalismus vgl. bes. Shore (2006), Kohlberger/Six (2007), Sobolewska (2010), Lowndes/ Thorp (2010), Eatwell/ Godwin (2010).
[16] Skibitzki (2008) nennt in Anlehnung an Castells (2000; 2004) neben diesem Ansatz einer „resistence identity“ noch zwei weitere Formen von Identität. Die erste sieht sie in einer Internationalisierung des Individuums und dessen Identität durch den Staat. Diese „ligitimizing identity“ (ebenda, S. 8) sehen Horkheimer, Marcuse oder Focault als kritisch an, da es die individuelle Konzeption von Identität normiert. Die dritte Variante von Identität beschreibt sie als „project identity“ (ebenda, S. 9). Gemeint ist hier die Projektierung von Identitäten durch eine Gesellschaft, die sich verändert.
[17] Cicero ( 106-43 v. Chr.) spricht sich zwar eindeutig für die Notwendigkeit von Kriegen aus, aber er sieht in ihnen auch nur ein Mittel zum Zweck um das eigentliche Ziel menschlicher Existenz, ein friedliches Zusammenleben ohne Gewalt und ohne Unrecht zu erreichen (Bellum ita suscipiatur, ut nihil aliud nisi pax quaesita videatur; vgl. seine Werke . De officiis De republica) . Zur Terminologie vgl. Schirok, 2015, 3ff.; Demandt, 1993; Giese, 2010; Kleemeier, 2002; Keller, 2012. Für die Römer bedeutet Krieg nicht nur Umsetzung von Gewalt und Willkür, sondern er beruht auf einer Rechtsnorm (s. Dahlheim, 1968, Albert, 1980, Keller, 2012). Krieg ist für Cicero dann gerecht, wenn alle Kriterien in ihrer Gesamtheit erfüllt sind . Diese sind: Das ius ad bellum, das Recht / die Rechtfertigung für einen Angriff müssen gegeben sein. Das ius in bello, das korrekte, durch Gesetze festgelegte Verhalten während des Krieges muss gewährleistet werden. Das ius post bellum, also die Frage wie für die Verlierer des Krieges ein gerechter Frieden zu gestalten ist, muss beantwortet werden.
- Citation du texte
- Dr. Matthias Dickert (Auteur), 2020, Krieg für Gott? Die Rückkehr des gerechten Krieges im Fundamentalismus von Christentum und Islam, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/513547
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