„It is beyond question that abandonment was a familiar part of Roman life, affecting every class of person and every type of extant source, from inscriptions to novels, from laws to plays, from moral advice to imperial chronicles. Romans regarded it as remarkable that others did not expose children.” (John Boswell)
Wie dieses einleitende Zitat von Boswell zeigt, kann die Kindesaussetzung als ein tief in die römische Kultur verstrickter, alle Schichten und Regionen betreffender Bestandteil des antiken Alltagslebens betrachtet werden, gleichwohl es in der Forschung dazu Gegenmeinungen gibt . Diese Arbeit soll das Phänomen der Kindesaussetzung in der römischen Gesellschaft mit seinen rechtlichen, sozialen , ökonomischen und politischen Hintergründen und Entwicklungen der Zeit beleuchten. Mit einem in bestimmte Merkmale aufgefächerten Überblick wird versucht werden, das Phänomen zusammenzufassen und in einem Interpretationsteil aus heutiger Sicht menschlich zu begreifen, da sich bisher wohl kaum ein Forscher der Neuzeit ohne eine gewisse menschliche Abscheu diesem Thema widmete. Hauptziel der Arbeit wird die Klärung folgender Fragestellung sein: Wie ist es möglich, dass sich eine Kultur auf die Basis eines so grausamen Phänomens stützt?
Wie das Boswell-Zitat gut zusammenfasst sind aufgrund der Alltäglichkeit in jeder erdenklichen Quellenart Hinweise und Auskünfte über Kindesaussetzung und seine Begleiterscheinungen meist zufällig und nebenbei anzutreffen. Es werden also verschiedenste prominente Autoren der Antike als hinweisgebende Instanzen erscheinen, aber auch unterstützender Weise vereinzelt archäologische Funde und Inschriften von unbekannten Urhebern. Es ist außerdem anzumerken, dass bei den unterschiedlichen Quellenarten selbst nochmals mit differenzierter Vorsicht zu arbeiten ist: ein fiktives Schriftwerk lässt prinzipiell weniger Realitätsbezug erwarten als eine Gesetzesschrift, darf aber auch nicht als unrealistisch gelten . Darüber hinaus spiegelt auch ein Rechtstext nicht unbedingt die tatsächliche gesellschaftliche Praxis wider: so kann etwas durchaus legal möglich sein, wird aber aus anderen Gründen nicht praktiziert. Generell ergibt also nur die Synthese der ganzen Palette an Quellentypen ein detailliertes und realistisches Bild der Vergangenheit. Dies soll in der vorliegenden Arbeit berücksichtigt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kindesaussetzung
- die demographische Bedeutung von Kindesaussetzung
- Beweggründe für Kindesaussetzung
- der rechtliche Hintergrund
- Legalität der Kindesaussetzung
- Schicksal und Rechtsstellung der Findelkinder und der Beteiligten
- Alumni
- Faktoren für die Überlebenschance ausgesetzter Kinder
- die gesellschaftliche Haltung zur Kindesaussetzung
- individuelle Haltungen zur Kindesaussetzung
- Schluss
- Zusammenfassung
- Interpretation
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Phänomen der Kindesaussetzung in der römischen Gesellschaft und beleuchtet dessen rechtliche, soziale, ökonomische und politische Hintergründe und Entwicklungen. Ziel ist es, das Phänomen zu analysieren und aus heutiger Sicht zu verstehen, insbesondere die Frage zu klären, wie eine Kultur auf ein so grausames Phänomen aufgebaut sein kann. Die Arbeit analysiert die Quellenlage und versucht, ein möglichst realistisches Bild der Vergangenheit zu zeichnen.
- Rechtliche Aspekte der Kindesaussetzung
- Soziale und emotionale Aspekte der Kindesaussetzung
- Ökonomische Faktoren und die Rolle der Kindesaussetzung in der römischen Wirtschaft
- Demographische Auswirkungen der Kindesaussetzung
- Gesellschaftliche und individuelle Haltungen zur Kindesaussetzung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Kindesaussetzung ein und stellt fest, dass das Phänomen tief in die römische Kultur verwurzelt war, obwohl es in der Forschung dazu gegensätzliche Meinungen gibt. Die Arbeit untersucht die rechtlichen, sozialen, ökonomischen und politischen Hintergründe der Kindesaussetzung.
Das zweite Kapitel behandelt das Phänomen der Kindesaussetzung im Detail. Es beleuchtet die demographische Bedeutung der Kindesaussetzung, die Beweggründe für die Aussetzung von Kindern, den rechtlichen Hintergrund und die Rechtsstellung der Findelkinder sowie die Faktoren, die die Überlebenschance ausgesetzter Kinder beeinflussten. Das Kapitel befasst sich auch mit der gesellschaftlichen und individuellen Haltung zur Kindesaussetzung.
Schlüsselwörter
Kindesaussetzung, Römische Antike, Recht, Gesellschaft, Ökonomie, Demographie, Familie, Findelkinder, Sozialgeschichte, Moral, Kultur, Interpretation, Quellenanalyse, Historische Perspektive.
- Quote paper
- Thomas Oliver Schindler (Author), 2006, Kindesaussetzung in der römischen Antike, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51291