„Wenn Italien jetzt nach einem Gesetz hungert, will ich, so Gott es erlaubt, es sättigen wohl mit Gesetzen.“ Diesen Satz soll der erste Salierkönig Konrad II. in Anwesenheit seines Begleiters und Biographen Wipo im Jahre 1035 ausgesprochen haben. Doch von welchen Gesetzen ist hier die Rede? Und aus welchem Grund fühlt sich Konrad veranlasst die Forderungen der Italiener nach einem Gesetz zu erfüllen? Der Kaiser spricht von dem Lehnsgesetz, das wenige Jahre später in die Geschichte des italienischen Lehnswesens eingehen sollte. Zunächst ist jedoch die Situation zu klären, in der sich der Kaiser und das Reich im 11. Jahrhundert befanden. Italien bildete einen Schwerpunkt in der Politik des Saliers. Das Rechtsdokument spiegelte hierbei die Politik wider, die Konrad südlich der Alpen verfolgte. In diesem Zusammenhang soll in dieser Arbeit verdeutlicht werden, unter welchen Voraussetzungen und Ursachen das Lehnsgesetz Konrads II. zustande kam und warum es für die Italienpolitik des Kaisers eine zentrale Rolle spielte.
Dabei sollen die Blickpunkte auf Italien gelenkt werden: Die Umstände und die Konflikte des italienischen Lehnswesens im 11. Jahrhundert, die Politik Konrads hinsichtlich der besonderen Verhältnisse Italiens und zu guter Letzt das Dokument selbst und dessen weitreichende Bedeutung.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Valvassorenaufstand (1035-1037)
1. Ursachen des Konflikts und beteiligte Parteien
2. Anlass und Verlauf der Auseinandersetzungen
III. Italienpolitik Konrads II
1. Grundpfeiler der Herrschaft in Italien
2. Auseinandersetzungen mit dem Erzbischof von Mailand
IV. Constitutio de feudis
1. Gegenstand des Dokuments
2. Bedeutung der Urkunde für das Lehnswesen in Italien
V. Schlussbetrachtung und Ausblick
VI. Quellen- und Literaturverzeichnis
I. Einleitung
„Wenn Italien jetzt nach einem Gesetz hungert, will ich, so Gott es erlaubt, es sättigen wohl mit Gesetzen.“[1] Diesen Satz soll der erste Salierkönig Konrad II. in Anwesenheit seines Begleiters und Biographen Wipo im Jahre 1035 ausgesprochen haben. Doch von welchen Gesetzen ist hier die Rede? Und aus welchem Grund fühlt sich Konrad veranlasst die Forderungen der Italiener nach einem Gesetz zu erfüllen? Der Kaiser spricht von dem Lehnsgesetz, das wenige Jahre später in die Geschichte des italienischen Lehnswesens eingehen sollte. Zunächst ist jedoch die Situation zu klären, in der sich der Kaiser und das Reich im 11. Jahrhundert befanden. Italien bildete einen Schwerpunkt in der Politik des Saliers. Das Rechtsdokument spiegelte hierbei die Politik wider, die Konrad südlich der Alpen verfolgte. In diesem Zusammenhang soll in dieser Arbeit verdeutlicht werden, unter welchen Voraussetzungen und Ursachen das Lehnsgesetz Konrads II. zustande kam und warum es für die Italienpolitik des Kaisers eine zentrale Rolle spielte.
Dabei sollen die Blickpunkte auf Italien gelenkt werden: Die Umstände und die Konflikte des italienischen Lehnswesens im 11. Jahrhundert, die Politik Konrads hinsichtlich der besonderen Verhältnisse Italiens und zu guter Letzt das Dokument selbst und dessen weitreichende Bedeutung.
Für die Erarbeitung des Themas sind die Arbeiten Hagen Kellers außerordentlich wichtig. In seinem Buch „Adelsherrschaft und städtische Gesellschaft in Oberitalien“[2] beschreibt er die Voraussetzungen im Italien des 11. Jahrhunderts und klärt die Entwicklung der Adelsgruppen. Sein Aufsatz über das Lehnsgesetz geht näher auf das Dokument ein und erläutert das Zustandekommen des Textes.[3] Die ausführlichen Biographien[4] über Konrad II., die sowohl seine Politik als auch die italienischen Umstände beleuchten, sind im Hinblick auf das Thema von großer Bedeutung. Als Quelle muss noch die zeitgenössische Biographie Wipos genannt werden, die unter den wenigen Quellen hervorsticht, die für die Arbeit interessant sind, da der Schreiber in direktem Kontakt mit dem Herrscher stand.[5] Die nicht gerade große Fülle der Literatur lässt sich vielleicht daraus erklären, dass die mittelalterliche Forschung ihren Schwerpunkt in Italien vor allem auf des Spätmittelalter gelegt hat. Die häufige Ausklammerung des italienischen Lehnswesen hat womöglich auch den Grund in der falschen Ansicht, die städtische Gesellschaft südlich der Alpen stünde im Gegensatz zur feudalen Welt des übrigen Reichs. Der Sonderstatus Italiens ist jedoch in vielerlei Hinsicht unbegründet, da sich gerade hier Strukturen finden lassen, die beispielhaft für das Lehnswesen sind.[6]
II. Valvassorenaufstand (1035-1037)
1. Ursachen des Konflikts und beteiligte Parteien
Im Jahre 1035 entwickelte sich eine Aufstandsbewegung, die die Italienpolitik Konrads II. maßgeblich beeinflussen sollte. Wie kam es zu diesen Spannungen? Um diese Frage zu klären, muss zunächst auf die einzelnen Parteien eingegangen werden, die sich bei diesem Aufstand gegenüberstanden. Es handelte sich auf der einen Seite um Bischöfe, Markgrafen und Grafen, also um Lehnsherren, die ihre Lehen direkt aus der Hand des Kaisers oder der Reichskirche empfingen. Auf der anderen Seite stand der Vasallenadel, der sich aus zwei ebenfalls konkurrierenden Gruppen zusammensetze.[7]
Die Capitane, auch maiores vasvassores genannt, waren „Burg- und Bannherren von politischem Gewicht“, die oft großen Familien- und Grundbesitz inne hatten. Sie waren Vasallen der „geistlichen oder weltlichen Großen“ und dadurch von großer politischer und territorialer Bedeutung.[8] Dieser grundherrliche Feudaladel aus der Karolingerzeit erlangte im Laufe des 11. Jahrhunderts mehr und mehr Macht und Einfluss in der Stadt und konnte sich schließlich als städtische Führungsschicht behaupten. Durch diese Entwicklung konkurrierten sie mit den bischöflichen Stadtherren, denen im Verlauf des 10. Jahrhunderts die Gerichtsbarkeit und die Verfügung über die Königsrechte, der Regalien, übertragen worden waren.[9]
Die zweite Gruppe, die Valvassoren oder minores vasvassores waren begüterte Freie aus der Karolingerzeit, die im Laufe des 11. Jahrhunderts „vollen Anteil an den Ritterrechten in Stadt und Land“ erhielten. Es waren ritterlich lebende Adlige, die stark am Wirtschaftsleben in der Stadt beteiligt waren. Im Gegensatz zu den Capitanen beschränkte sich ihre Macht auf das örtliche Umfeld. Da ihnen jedoch der Grundbesitz fehlte und ihre Lehen rechtlich nicht abgesichert waren, war ihre soziale Stellung keineswegs sicher und standen aus diesem Grunde unter starkem Behauptungsdruck gegenüber ihren Lehnsherren. Dieser unsichere rechtliche und soziale Status begünstigte die Auseinandersetzungen mit den Bischöfen und Grafen, da die Forderung nach Erblichkeit ihrer Lehen immer größer wurde.[10]
Die wachsende Unruhe dieser beiden ordines richtete sich sowohl gegen bischöfliche als auch markgräfliche Stadtherren, die oftmals „ihre Untertanen ausbeuteten statt ihren wirtschaftlichen Aufschwung [...] zu fördern“. Durch die Rechtsunsicherheit waren Willkür und Missbrauch auf Seiten der Machthaber nicht zu vermeiden. So war es auf Seiten der Bischöfe gegen Ende des 10. Jahrhunderts zum Einzug verliehener Kirchengüter und Rechte gekommen, die nach dem Zusammenbruch der karolingischen Ordnung an Laien übergeben worden waren. Der zunehmende Unmut des Vasallenadels einigte die uneinheitliche Gruppe im Kampf für ein gemeinsames Ziel: Die Herstellung einer Ordnung, die ihre gegenwärtige Stellung absichern und sie vor willkürlichem Vorgehen schützen sollte.[11]
Die Träger des Valvassorenaufstandes waren also nicht nur kleine Ritter und Aftervasallen mit geringem Grundbesitz, die gegen ihre soziale Unsicherheit ankämpften. Die Bedeutung der Bewegung lässt sich vielmehr durch die mit „Eigenherrschaft“ ausgestatteten Adligen erklären. Diese politisch nicht unbedeutenden Vasallen stellten gerade die Gefahr für die deutsche Herrschaft in Italien dar, da sie neben den Bischöfen und Markgrafen wichtige Machtpositionen inne hatten. Die zunehmende Solidarität der Aufständischen bedrohte die Reichsherrschaft, da die Konflikte zwischen den Lehnsherren und dem Vasallenadel ihre Machtgrundlage in Italien zerstörten.[12]
[...]
[1] Wipo, das Leben Kaiser Konrad II. , übers. v. W. Pflüger, 4. Aufl. New York 1970 (Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit 41), S. 73.
[2] Keller, Hagen: Adelsherrschaft und städtische Gesellschaft in Oberitalien. 9. bis 12. Jahrhundert, Tübingen 1980.
[3] Keller, Hagen: Das edictum de beneficiis Konrads II. und die Entwicklung des Lehnswesens in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts, in : Il feudalesimo nell' alto medioevo, Spoleto 2000 ( Settimane di studio del Centro Italiano di Studi sull'Alto Medioevo 47).
[4] Trillmich, Werner: Kaiser Konrad II. und seine Zeit, Bonn 1991 und Erkens, Franz- Reiner: Konrad II.(um 990- 1039). Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers, Regensburg 1998 und Wolfram, Herwig: Konrad II. 990- 1039. Kaiser dreier Reiche, München 2000.
[5] Wipo, das Leben Kaiser Konrad II.
[6] Vgl. Keller: Adelsherrschaft, S. 3f.
[7] Vgl. Keller: Das edictum de beneficiis Konrads II., S 240ff.
[8] Vgl. Hagen, Keller/Göllmann, U.: Art. „Valvassoren“ in: LMA, Bd.8, München 1997, Sp. 1401f.
[9] Vgl. Erkens: Konrad II., S. 172f.
[10] Vgl. Keller: Adelsherrschaft, S. 365f.
[11] Vgl. Trillmich: Kaiser Konrad II., S. 24.
[12] Vgl. Keller: Adelsherrschaft, S. 286, S. 291.
- Citation du texte
- Jochen Engelhorn (Auteur), 2004, Das Lenhnsgesetz Konrads II. Enstehung und Bedeutung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51153
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