Durch die schnelle Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts in der Automobilindustrie und damit einhergehende Veränderungen im Design entstehen neue Technologien, Anwendungen und Interaktionsmethoden. Es braucht Zeit, bis diese die Prinzipien des guten Designs vollständig übernommen haben. Experimente und Studien werden benötigt, um diese zu verfeinern. Die Automobilindustrie muss Nutzer dabei ins Zentrum ihrer Entwicklungen stellen und sich von alten, analogen Denkweisen lösen. Repräsentativ wurde das erst letztes Jahr vorgestellte Infotainmentsystem von Mercedes-Benz ausgewählt, um zu zeigen, wie man früh entstandene Fehler mithilfe von Nutzerzentriertheit beheben und die Interaktion mit der voranschreitenden und immer komplexer werdenden Technologie erleichtern kann. Besonders an diesem Infotainmentsystem soll das Bedienkonzept mit Touchscreen, Touchpad in der Mittelkonsole und Touch-Control Buttons im Lenkrad sein. Das Ziel in dieser Arbeit ist es, das bestehende Design und dessen Bedienung in zwei Anwendungsfällen effizient und zielführend zu optimieren. Dabei soll die User Experience mit Hilfe des User Centered Designs verbessert werden. Zunächst werden grafische und theoretische Grundlagen zum Thema Mensch-Computer Interaktion erklärt. Nachfolgend wird das bestehende Infotainmentsystem, welches grafisch nachgebaut und interaktiv in einem High-Fidelity Prototyp animiert wurde, evaluiert. Die durch die Evaluation gewonnenen Ergebnisse helfen, zusammen mit der darauffolgenden Nutzungskontextanalyse, die Anforderungen der Nutzer an das System zu stellen und zu verstehen. Für eine effiziente Optimierung des Systems werden die Anforderungen in Prioritätskategorien eingeteilt und nach Wichtigkeit abgearbeitet. Die darauf basierende Gestaltungslösung wird im Anschluss ebenfalls von Probanden getestet und bewertet. Dadurch wird festgestellt, ob die Optimierung erfolgreich war. Außerdem werden auf Basis der Beobachtungen und der Verbesserungsvorschläge Optimierungsmöglichkeiten für weitere iterative Veränderungen vorgeschlagen. Mit dem vorliegenden Ergebnis soll die Daimler AG näher an ihr Ziel gebracht werden, den Nutzer in den Vordergrund ihrer Produkte zu stellen und damit konkurrenzfähig zu bleiben.
Inhaltsverzeichnis
Ehrenwörtliche Erklärung
Kurzfassung
Abstract
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einführung
2 Mensch-Computer Interaktion und Methodik
2.1 Usability
2.2 User Interface Design
2.3 Graphical User Interface Design
2.4 User Experience Design
2.5 User Centered Design
3 Infotainment
3.1 Infotainmentsysteme im Automobilbereich
4 Evaluation des MBUX
4.1 High-Fidelity Prototyp
4.2 Versuchsplanung
4.3 Evaluationstechniken
4.3.1 Psychologische Bedürfnisse
4.3.2 Qualitativer Benutzertest
4.3.3 Think Aloud
4.3.4 Benutzerbefragung
4.3.5 AttrakDiff 2
4.4 Nutzerschaft
4.5 Evaluationsergebnisse
4.5.1 Qualitativer Benutzertest und Benutzerbefragung
4.5.2 AttrakDiff 2 (Vorher)
5 Nutzungskontextanalyse
5.1 Domainanalyse
5.1.1 Wettbewerbsanalyse
5.2 SWOT
5.3 Psychologische Bedürfnisse der Nutzerschaft
5.4 Personas & Szenarien
5.5 Persona 1
5.6 Persona 2
6 Anforderungsanalyse
6.1 Funktionale Anforderung
6.2 Qualitative Anforderung
7 Gestaltungslösung
7.1 Erfüllte und unerfüllte Anforderungen
8 Evaluation
8.1 Versuchsplanung
8.2 Evaluationstechniken
8.3 Nutzerschaft
8.4 Evaluationsergebnisse
8.4.1 Qualitativer Benutzertest und Benutzerbefragung
8.4.2 AttrakDiff 2 (Nacher)
8.5 Verbesserungsvorschläge
9 Fazit und Ausblick
Anhang A
A.1 High-Fidelity Prototyp
A.2 Leitfaden: Vorher-Evaluation
A.3 Ergebnis: Vorher-Evaluation
A.4 Einverständniserklärung
Anhang B
B.1 High-Fidelity Prototyp
B.2 Leitfaden: Nacher-Evaluation
B.3 Ergebnis: Vorher-Nacher Evaluation
B.4 Einverständniserklärung
Quellenverzeichnis
Ehrenwörtliche Erklärung
„Hiermit versichere ich, Christian Müller, ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Bachelorarbeit mit dem Titel: „Steigerung der User Experience eines bestehenden Infotainmentsystems (MBUX) anhand eines User Centered Design Ansatzes“ selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Die Stellen der Arbeit, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen Werken entnommen wurden, sind in jedem Fall unter Angabe der Quelle kenntlich gemacht. Die Arbeit ist noch nicht veröffentlicht oder in anderer Form als Prüfungsleistung vorgelegt worden.
Ich habe die Bedeutung der ehrenwörtlichen Versicherung und die prüfungsrechtlichen Folgen (§ 26 Abs. 2 Bachelor-SPO (6 Semester), § 24 Abs. 2 Bachelor-SPO (7 Semester), § 23 Abs. 2 Master-SPO (3 Semester) bzw. § 19 Abs. 2 Master-SPO (4 Semester und berufsbegleitend) der HdM) einer unrichtigen oder unvollständigen ehrenwörtlichen Versicherung zur Kenntnis genommen.“
Stuttgart, 07.10.2019
Kurzfassung
Die Automobilindustrie wächst (PwC, 2019) und ist gerade im Umbruch. Themen wie Digitalisierung, Urbanisierung, Nachhaltigkeit und Individualisierung halten Einzug. Den Automobilherstellern wird nach und nach klar, dass ihre Zukunft in Software und Services liegt und sie den Benutzer in den Mittelpunkt stellen müssen (Holland, 2019). Weil die Konkurrenzfähigkeit der Automobilhersteller in Zukunft nicht mehr nur durch deren Hardware, sondern auch durch deren Software beeinflusst wird, müssen sich auch etablierte Hersteller verstärkt dieser widmen. Deshalb wird das bestehende Infotainmentsystem von Daimler analysiert, getestet und in einem iterativen Prozess mit Hilfe von potenziellen Nutzern so optimiert, dass ein gesteigertes Nutzererlebnis entsteht.
Grundlegend für die Optimierung, basierend auf Nutzeranforderungen, ist die Methodik des User Centered Designs. Als Basis dient ein Nachbau des Systems als klickbarer Prototyp. Die Anforderungen für die Optimierung werden durch Beobachtungen während eines Benutzertests, anschließender Befragung, Bewertung mittels eines Online-Fragebogens und der Nutzungskontextanalyse definiert. In der Nutzungskontextanalyse werden Schwächen und Stärken der Konkurrenzprodukte betrachtet, um Chancen und Risiken, des in dieser Arbeit behandelnden Produktes zu identifizieren. Die Anforderungsanalyse stellt die Anforderungen an das System, basierend auf der Auswertung der Benutzertests, welche zur Steigerung des Nutzererlebens führen und sortiert diese nach Priorität. Mit Hilfe der Prioritätenliste werden die gesammelten Informationen für den Optimierungsprozess ausgefiltert und damit die umzusetzenden Anforderungen ausgewählt. Die daraus resultierende Gestaltungslösung wird in einem wiederholten Prozess der Evaluation wieder von potenziellen Nutzern bewertet.
Mit diesen Ergebnissen lässt sich ein Vorher-Nacher Vergleich aufstellen. Es wird gezeigt, wie die pragmatische und hedonische Qualität des Produkts und somit das Nutzererlebnis, im direkten Vergleich, gesteigert werden könnte. Für zukünftige iterative Anpassungen des thematisierten Infotainmentsystems werden, basierend auf den Ergebnissen der zweiten Evaluation, weitere Verbesserungsvorschläge und Optimierungsmöglichkeiten aufgestellt. Mit dem vorliegenden Ergebnis soll die Daimler AG näher an ihr Ziel gebracht werden, den Nutzer in den Vordergrund ihrer Produkte zu stellen und damit konkurrenzfähig zu bleiben.
Abstract
The automotive industry is growing (PwC, 2019) and is currently in transition. Topics such as digitization, urbanization, sustainability and individualization are on the rise. Automobile manufacturers are beginning to realize that their future is in software and services and that they need to put the user first (Holland, 2019). Because the competitiveness of car manufacturers in the future is no longer influenced only by their hardware, but also by their software, established manufacturers must increasingly devote to this. That is why Daimler's existing infotainment system is analyzed, tested and optimized in an iterative process with the help of potential users to create an enhanced user experience.
Fundamental to the optimization, based on user requirements, is the methodology of User Centered Design. As a basis, a replica of the system serves as a clickable prototype. The requirements for optimization are defined by observations during a user test, subsequent survey, online questionnaire evaluation and an analysis of the context of use. In the analysis of the context of use, weaknesses and strengths of competing products are considered to identify opportunities and risks of the product being treated in this work. The requirements analysis makes the demands on the system based on the evaluation of the user tests, which increases the user experience and sorts them according to priority. With the help of the priority list, the collected information for the optimization process is filtered out and thus the requirements to be implemented are selected. The resulting design solution is evaluated again by potential users in a repeated process of evaluation of.
With these results, a before-after comparison can be made. It shows how the pragmatic and hedonic quality of the product and thus the user experience could be increased in a direct comparison. For future iterative adaptations of the addressed infotainment system, based on the results of the second evaluation, further suggestions for improvement and optimization possibilities will be set up. The aim of this study is to bring Daimler AG closer to its goal by foregrounding the user to its products and thus remaining competitive.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Nielsen’s Usability Modell
Abbildung 2: Das Hedonisch-Pragmatische-Modell des Nutzungserlebens
Abbildung 3: Menschzentrierter Gestaltungsprozess nach ISO 9241-210
Abbildung 4: BMW iDrive der 7er Serie von 2003
Abbildung 5: Aufgaben des Fahrers im Fahrer-Fahrzeug-Regelkreis
Abbildung 6: Übersicht der Infotainmentsegmente
Abbildung 7: Screens des MBUX Simulator
Abbildung 8: Linker Screen des MBUX Simulator
Abbildung 9: Rechter Screen des MBUX Simulator
Abbildung 10: Die zwei Dimension des Prototypings
Abbildung 11: Prototyp: Linker Bildschirm mit touchfähigen Bedienungselementen
Abbildung 12: Übersicht der zurückgelegten Kilometer unter „Ab Start" im mittleren Bereich
Abbildung 13: Übersicht der Anzahl der Zielkilometer unter „Reiseverlauf“ in der linken Tube
Abbildung 14: Anzeige der „Navigation" in der rechten Tube
Abbildung 15: Prototyp: Rechter Bildschirm mit touchfähigem Display
Abbildung 16: Prototyp: Rechter Bildschirm mit ausgewähltem Menüpunkt „Medien"
Abbildung 17: Prototyp: Rechter Bildschirm mit Titelsongs unter dem Menüpunkt „Medien"
Abbildung 18: Arbeitsmodell zur Entstehung des Eindrucks, der Attraktivität und möglich auftretender Konsequenzen des Benutzers
Abbildung 19: Beispiel: Portfoliodarstellung eines Vorher-Nacher Vergleichs
Abbildung 20: Alter der Probanden
Abbildung 21: Häufigkeit der Nutzung des Autos pro Woche der Probanden
Abbildung 22: Portfolio-Darstellung des AttrakDiff-Fragebogens
Abbildung 23: Diagramm der Mittelwerte des AttrakDiff-Fragebogens
Abbildung 24: Profil der Wortpaare des AttrakDiff-Fragebogens
Abbildung 25: Audi virtual cockpit
Abbildung 26: Bedienterminal MMI Navigation plus mit MMI touch
Abbildung 27: BMW Live Cockpit Professional mit Navigationsfunktion
Abbildung 28: Touchbedienbares BMW Control Display
Abbildung 29: VW Active Info Display
Abbildung 30: VW Discover Pro
Abbildung 31: Tesla Infotainmentsystem
Abbildung 32: Persona Julia
Abbildung 33: Persona Christopher
Abbildung 34: Gestaltungslösung: Rechter Bildschirm mit touchfähigen Bedienungselementen
Abbildung 35: Übersicht der zurückgelegten Strecke und der Zielkilometerzahl
Abbildung 36: Abstandsmessung
Abbildung 37: Navigation mit Reisefortschritt und Zielkilometerzahl
Abbildung 38: Gestaltungslösung: Rechter Bilschirm mit touchfähigem Display
Abbildung 39: Rechter Bildschirm mit Titelsongs unter dem Menüpunkt „Medien"
Abbildung 40: Alter der Probanden
Abbildung 41: Häufigkeit der Nutzung des Autos pro Woche der Probanden
Abbildung 42: Vorher-Nacher Vergleich: Portfolio-Darstellung des AttrakDiff-Fragebogens
Abbildung 43: Vorher-Nacher Vergleich: Diagramm der Mittelwerte des AttrakDiff-Fragebogens
Abbildung 44: Profil der Wortpaare des AttrakDiff-Fragebogens
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Sieben psychologische Bedürfnisse
Tabelle 2: Methoden des Human-Centered Design Prozesses
Tabelle 3: Einzelkomponenten eines Infotainmentsystems
Tabelle 4: Evaluationsstrategie Bedürfnisfächer
Tabelle 5: Evaluationsstrategie Think Aloud mit AttrakkDiff-Fragebogen
Tabelle 6: Ziele der Evaluationstechniken
Tabelle 7: Anwendungsfall Reise, linkes Display: Ergebnisse aus der Beobachtung, dem Think Aloud und der Benutzerbefragung
Tabelle 8: Anwendungsfall Musik, rechtes Display: Ergebnisse aus der Beobachtung, dem Think Aloud und der Benutzerbefragung
Tabelle 9: Stärken und Schwächen des Audi MMI
Tabelle 10: Stärken und Schwächen des BMW iDrive
Tabelle 11: Stärken und Schwächen des VW Discover Pro und Active Info Display
Tabelle 12: Stärken und Schwächen des Tesla
Tabelle 13: Stärken und Schwächen des MBUX
Tabelle 14: Chancen und Risiken des MBUX
Tabelle 15: Anwendungsfall Reise, linkes Display: Funktionale Anforderungen an das System
Tabelle 16: Anwendungsfall Musik, rechtes Display: Funktionale Anforderungen an das System
Tabelle 17: Qualitative Anforderungen an das System
Tabelle 18: Erfüllte und unerfüllte Anforderungen (linker Bildschirm)
Tabelle 19: Erfüllte und unerfüllte Anforderungen (rechter Bildschirm)
Tabelle 20: Evaluationsstrategie Think Aloud mit AttrakkDiff-Fragebogen
Tabelle 21: Ziele der Evaluationstechniken
Tabelle 22: Anwendungsfall Reise, linkes Display: Ergebnisse aus der Beobachtung, dem Think Aloud und der Benutzerbefragung
Tabelle 23: Anwendungsfall Musik, rechtes Display: Ergebnisse aus der Beobachtung, dem Think Aloud und der Benutzerbefragung
Tabelle 24: Priorisierung der sieben Bedürfnisse in Bezug auf Infotainmentsysteme im Auto
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einführung
Durch die schnelle Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts in der Automobilindustrie und damit einhergehende Veränderungen im Design, entstehen neue Technologien, Anwendungen und Interaktionsmethoden. Es braucht Zeit, bis diese die Prinzipien des guten Designs vollständig übernommen haben. Experimente und Studien werden benötigt, um diese zu verfeinern. Die Automobilindustrie muss Nutzer dabei ins Zentrum ihrer Entwicklungen stellen und sich von alten, analogen Denkweisen lösen (Norman, 2013). Repräsentativ wurde das erst letztes Jahr vorgestellte Infotainmentsystem von Mercedes-Benz ausgewählt, um zu zeigen, wie man früh entstandene Fehler mithilfe von Nutzerzentriertheit beheben und die Interaktion mit der voranschreitenden und immer komplexer werdenden Technologie erleichtern kann. Besonders an diesem Infotainmentsystem soll das Bedienkonzept mit Touchscreen, Touchpad in der Mittelkonsole und Touch-Control Buttons im Lenkrad sein. Das Ziel in dieser Arbeit ist es, das bestehende Design und dessen Bedienung in zwei Anwendungsfällen effizient und zielführend zu optimieren. Dabei soll die User Experience mit Hilfe des User Centered Designs verbessert werden. Zunächst werden grafische und theoretische Grundlagen zum Thema Mensch-Computer Interaktion erklärt. Nachfolgend wird das bestehende Infotainmentsystem, welches grafisch nachgebaut und interaktiv in einem High-Fidelity Prototyp animiert wurde, evaluiert. Die durch die Evaluation gewonnenen Ergebnisse helfen, zusammen mit der darauffolgenden Nutzungskontextanalyse, die Anforderungen der Nutzer an das System zu stellen und zu verstehen. Für eine effiziente Optimierung des Systems werden die Anforderungen in Prioritätskategorien eingeteilt und nach Wichtigkeit abgearbeitet. Die darauf basierende Gestaltungslösung wird im Anschluss ebenfalls von Probanden getestet und bewertet. Dadurch wird festgestellt, ob die Optimierung erfolgreich war. Außerdem werden auf Basis der Beobachtungen und der Verbesserungsvorschläge Optimierungsmöglichkeiten für weitere iterative Veränderungen vorgeschlagen. Mit dem vorliegenden Ergebnis soll die Daimler AG näher an ihr Ziel gebracht werden, den Nutzer in den Vordergrund ihrer Produkte zu stellen und damit konkurrenzfähig zu bleiben.
2 Mensch-Computer Interaktion und Methodik
Dieses Kapitel beschreibt die Bestandteile der Mensch-Computer Interaktion (MCI) und erläutert die in dieser Arbeit angewandte Methodik zur Steigerung der User Experience eines Infotainmentsystems im Auto.
Durch den schnellen Technologiefortschritt, wie dem Erscheinen von mobilen und taktilen Geräten, hat sich die Interaktion zwischen Mensch und Computer stark weiterentwickelt (Sakae Yamamoto & Hirohiko Mori, 2018).
Die MCI umfasst schon länger nicht mehr nur den Punkt der Usability, sondern auch den der User Experience. Ein Produkt profitiert einerseits davon, wie es aussieht und wie es sich anfühlt („look and feel“) und andererseits von der Verwendbarkeit. Diese beiden Aspekte sind eng miteinander verknüpft (Sharp et al., 2019). Außerdem werden die Disziplinen Informatik, Psychologie, Ergonomie, Ingenieurwesen, als auch das Grafikdesign in der MCI untersucht (Stone et al., 2005).
In dieser Arbeit werden in erster Linie die Themenbereiche Oberflächengestaltung (User Interface Design, Graphical User Interface Design), Benutzerfreundlichkeit (Usability) und das Design der User Experience behandelt.
Zur Erfüllung einer guten Usability unter Berücksichtigung der User Experience wird hier die Methodik des User Centered Designs angewandt. Es dient dem Verständnis der Benutzer, als auch der Involvierung dieser in den Gestaltprozess durch die Aufstellung von Nutzungsanforderungen an das Produkt.
2.1 Usability
Per Definition nach der Norm ISO 9241-11 wird der Begriff Usability als „Ausmaß, in dem ein technisches System durch bestimmte Benutzer in einem bestimmten Nutzungskontext verwendet werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen“ beschrieben (ISO 9241-11, 1998).
Für den Laien übersetzt man Usability oftmals als „Benutzerfreundlichkeit“ ins Deutsche. Das würde implizieren, dass die Bedürfnisse des Nutzers nur eindimensional durch benutzerfreundliche Systeme beschrieben werden können. Jedoch haben Nutzer unterschiedlich Bedürfnisse, was bedeutet, dass für die eine Person ein System benutzerfreundlich sein kann, aber für die andere nicht (Nielsen, 1993). Ein passenderer Begriff, der auch die offizielle deutsche Übersetzung nach der ISO 9241-11 (1998) ist, lautet „Gebrauchstauglichkeit“.
In Nielsen’s Usability Modell, das die Usability in die Gesamtheit der Systemakzeptanz einordnet, existiert neben Aspekten wie Kosten, Kompatibilität oder Zuverlässigkeit auch die Brauchbarkeit, welche wichtig ist um herauszufinden, ob ein bestimmtes Ziel erreicht werden kann. Diese Komponente kann außerdem in die beiden Kategorien Nützlichkeit und Gebrauchstauglichkeit unterteilt werden. Bei der Nützlichkeit stellt sich die Frage, ob die Funktionalität das Ergebnis liefert, welches gefordert wird, während bei der Gebrauchstauglichkeit untersucht wird wie gut der Nutzer diese Funktion nutzen kann (Nielsen, 1993).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Nielsen’s Usability Modell. (Zimmermann, 2019)
Wie schon beschrieben, sind die Bedürfnisse eines Nutzers nicht eindimensional, sondern werden oftmals durch fünf Usability Attribute definiert (Nielsen, 1993):
1. Lernförderlichkeit (Easy to Learn)
Das System ist für einen Anfänger schnell zu begreifen, um grundlegende Aufgaben zu erledigen.
2. Effizienz (Efficient to Use)
Ein Experte kann das System mit einem hohen Maß an Produktivität nutzen.
3. Einprägsamkeit (Easy to Remember)
Ein Gelegenheitsnutzer sollte in der Lage sein, das System, nachdem er es für eine längere Zeit nicht genutzt hat, bedienen zu können, ohne es erneut lernen zu müssen.
4. Fehlertoleranz (Few Errors)
Das System sollte beim Benutzen eine geringe Fehlerquote aufweisen und, falls ein Fehler auftritt, sollte es dem Anwender möglich sein, diesen auf einfachem Wege zu beheben.
5. Benutzerzufriedenheit (Subjectively Pleasing)
Das System sollte angenehm und zum Vergnügen des Benutzers bedienbar sein.
Noch heute werden die damals von Nielsen definierten zehn Heuristiken im User Interaction Design angewendet. Damit ist es möglich, einen Großteil der in einem System enthaltenen Probleme zu identifizieren, um sie dann zu beseitigen. Folgende Heuristiken werden am häufigsten verwendet (Nielsen, 1994):
1. Sichtbarkeit des Systemstatus
Das System sollte den Nutzer durch angemessenes Feedback immer auf dem Laufenden halten.
2. Übereinstimmung zwischen System und der realen Welt
Das System sollte mit dem Nutzer in einer Sprache sprechen, die ihm vertraut ist. Konventionen aus der realen Welt sollten befolgt und Informationen in natürlicher Form und logischer Reihenfolge wiedergegeben werden.
3. Benutzerkontrolle und Freiheit
Der Nutzer sollte die Möglichkeit haben, umgehend etwas rückgängig zu machen oder wiederherzustellen, um einen unerwünschten Zustand zu beenden.
4. Konsistenz und Standards
Standards stellen Konsistenz sicher (Nielsen, 1999), damit der Benutzer nicht erraten muss, ob verschiedene Wörter, Situationen oder Handlungen dieselbe Sache bedeuten.
5. Fehlervermeidung
Ein sorgfältiges Design sollte das Auftreten eines Fehlers schon von Beginn an verhindern. Fehleranfällige sollten beseitigt werden. Bei Auftreten eines Fehlers sollte dem Nutzer eine geboten werden.
6. Erkennen ist besser als Erinnern
Der Nutzer sollte sich keine Informationen aus alten Dialogen für neue merken müssen. Gebrauchsanweisungen für das System sollten immer sicht- und abrufbar sein.
7. Flexibilität und Effizienz
Abkürzungen, die für Anfänger nicht erkennbar sind, können häufig für Erfahrene die Geschwindigkeit der Benutzung erhöhen. Außerdem sollte dem Nutzer ermöglicht werden, häufige Aktionen anzupassen.
8. Ästhetik und minimales Design
Dialoge sollten denn diese könnten die Sichtbarkeit des im Fokus stehenden Informationsgehalts mindern.
9. Hilfe für den Anwender beim Erkennen, Diagnostizieren und Beheben von Fehlern
Fehlermeldungen sollten im Klartext erscheinen (kein Code), das Problem identifizieren und eine Lösung anbieten.
10. Hilfe und Dokumentation
Wenn es dazu kommt, dass Hilfe und Dokumentation benötigt wird, dann sollte dies leicht zu finden sein, sich auf die Aufgabe des Nutzers konzentrieren und eine Liste mit kurzem und konkretem Lösungsweg bereitstellen.
2.2 User Interface Design
Um es einfach auszudrücken, sind Interfaces nichts anderes als die Kommunikation aus der Kombination von Hardware und Software mit dem Nutzer. User Interfaces und die Art, wie damit umgegangen wird, ist von Interface zu Interface unterschiedlich. Es hängt vom Design ab, ob der Nutzer es leicht hat oder es zu Problemen kommen kann (Stone et al., 2005).
Nach Deborah Stone „fördert ein gutes Interface Design eine einfache, natürliche und ansprechende Interaktion zwischen einem Benutzer und einem System“ (Stone et al., 2005).
Die folgenden aufgeführten Grundsätze entwickelte Ben Shneiderman aus seinen Erfahrungen und nannte sie die „acht goldenen Regeln“ (Shneiderman, 1987). Jedoch behauptet selbst er, dass es nie eine vollständige Liste von Richtlinien für das perfekte interaktive System geben wird (Shneiderman, 2016):
1. Konsistenz anstreben
2. Universelle Verwendbarkeit anstreben
3. Informatives Feedback bieten
4. Dialoge abschließbar gestalten
5. Fehler vermeiden
6. Einfache Umkehrung von Aktionen ermöglichen
7. Dem Nutzer das Gefühl der Kontrolle geben
8. Entlasten des Kurzzeitgedächtnisses des Nutzers
Diese Regeln dienen als Grundlage, welche unter anderem auch Jakob Nielsen für seine bereits thematisierten 10 Heuristiken verwendete.
Um zu einem guten Design zu gelangen, sollten zuerst die Anforderungen an das zu entwickelnde System verstanden werden, unabhängig davon, ob es sich um ein bereits existierendes System handelt oder nicht (Stone et al., 2005 Seite 26). Um den Nutzer besser kennenzulernen, wird festgestellt, wie er arbeitet und wo er arbeitet. Daran wird sich dann beim Entwickeln des User Interface Designs orientiert. Zur Orientierung dienen folgende Fragestellungen:
- Wofür wird die Anwendung entwickelt?
- Wer ist die Nutzerschaft?
- Was will die Nutzerschaft mit dem System machen?
- Wo wird es eingesetzt?
Darüber hinaus ist es wichtig herauszufinden, wie viel der Nutzer über die Benutzeroberfläche weiß (Stone et al., 2005).
Um eine Anwendung zu entwerfen, die den Nutzeransprüchen genügt, müssen die Ziele verstanden werden, die der Nutzer beim Verwenden des Systems hat. Mit einer Aufgabenanalyse versucht der Designer zu verstehen, welche Anforderungen der Nutzer an das System hat, um ihn dann bei seinen Zielen und Aufgaben zu unterstützen. Irgendwann wird der Nutzer physisch mit einem Gerät interagieren, indem er Aktionen ausführt, um Aufgaben zu erfüllen, die ihn ans Ziel bringen. Das Ziel ist das zu erreichende gewünschte Endergebnis der Nutzung. Ein Ziel kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden, indem ein bestimmter Satz an Aufgaben erfüllt wird. Eine Aufgabe ist eine Verkettung von Aktivitäten, die in einer bestimmten Reihenfolge ausgeführt werden. Eine Aktion ist ein einzelner Schritt innerhalb einer Aufgabe (Stone et al., 2005).
2.3 Graphical User Interface Design
Im Folgenden wird auf die wichtigsten Prinzipien, die zur Gestaltung des im Abschnitt „7 Gestaltungslösung“ behandelnden Prototyps eingesetzt wurden, eingegangen.
Form
Die Grundfläche definiert den Rahmen einer Oberfläche im Grafikdesign und stellt die Basis für jedes hinzukommende Gestaltungselement. Die Aufmerksamkeit, die einer Form, wie etwa einem Punkt, gegeben wird, ist von deren Größe abhängig. Außerdem bietet die Form Freiraum für Assoziationen. Bei einer kleinen Größe könnte es sich um einen Punkt handeln, wobei es sich bei einer größeren Fläche um eine Scheibe handeln könnte. Um Spannung zu erzeugen, ziehen hervorstechende Elemente den Blick auf sich, dabei können schon kleine Flächen helfen. Mehrere, gleichzeitig prägnante Elemente sollten jedoch gemieden werden, da das Auge ansonsten keinen Anhaltspunkt findet. Nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern auch die Emotionen des Betrachters, können gelenkt werden. Eine feine Linie wird beispielsweise als filigran und leicht wahrgenommen, wohingegen eine breite Linie das Gefühl von Schwere und Härte vermittelt. Außerdem ist der Mensch durch die Leserichtung so konditioniert, dass er grafische Werke auch in dieser Richtung wahrnimmt. Formen wie Linien, die von links unten nach rechts oben verlaufen, werden als aufsteigend, während Linien, die von links oben nach rechts unten verlaufen, als abfallend gedeutet werden (Wäger, 2014).
Farbe
Die Farbe ist wahrscheinlich emotionaler als jedes andere Gestaltungselement, dementsprechend muss sie sensibel eingesetzt werden. Farben können energiegeladen, auffällig und dynamisch sein, wie beispielsweise Rot. Aber auch farbpsychologisch für Männlichkeit, Seriosität, Ruhe oder auch Technik stehen, wie beispielsweise Blau. Grün lässt sich in der Mitte zwischen Blau und Rot einordnen, da es neutral und unaufgeregt wirkt. Um eine Signalwirkung zu erzeugen, wird die Farbe Gelb verwendet, womit oft Sommer, Freundlichkeit, Lebendigkeit, aber auch Unsicherheit assoziiert wird. Mischt man diese vier grundlegenden Farben, entstehen neue Farben, die der Beobachter mit neuen Assoziationen in Verbindung bringt. Mit dem Farbwert Schwarz kann unter anderem Eleganz, Glaubwürdigkeit und ebenfalls Seriosität vermittelt werden. Außerdem wird diese Farbe bei jüngeren Menschen immer beliebter, da sie sich in ihrer Garderobe universeller kombinieren lässt. Vor schwarzem Hintergrund lässt sich Weiß als ideale Leuchtkraft verwenden, welche freundlich, einladend und leicht wirkt. Das heißt, dass mit dem Nutzen der Farbe als Gestaltmittel gezielt Assoziationen hervorgerufen werden können, um beim Beobachter eine bestimmte Wirkung zu erzielen (Wäger, 2014).
Typographie
Beim Aussuchen einer Schriftart wird bestimmt, mit welcher Stimme der Text „gesprochen“ wird, ob laut oder leise, freundlich oder formal. Schriftarten unterscheiden sich ebenfalls in ihrer Form und Farbe, denn während einige Schriftarten durch die Dicke ihrer Striche und der Größe ihrer Buchstaben dicht und dunkel sind, können andere offener sein. Schriftarten mit Serifen wirken fein jedoch altmodisch, wohingegen serifenlose Schriften stumpf, stark oder teilweise grob aussehen. Große und fette Schriften ziehen den Blick auf sich, dadurch erkennt der Beobachter die Wichtigkeit dieser Information. Im Kontext mit Displays, die ein Graphical User Interface (GUI) besitzen, werden für gewöhnlich serifenlose Schriften verwendet, da Pixel nicht groß genug sind, um kleine Serifen darzustellen (Tidwell, 2010).
White Space
Die menschliche visuelle Wahrnehmung verlangt nach Ordnung. Geschaffen wird diese durch größere Formen, die aus vielen kleineren Formen bestehen wie beispielsweise Tabellen aus Zellengittern. Um Dinge voneinander zu trennen, muss genügend Raum zwischen ihnen geschaffen werden.
White Space ist einer der einfachsten Wege, Informationsblöcke zu separieren, um eine visuelle Hierarchie zu schaffen, dabei lässt das Design Raum zum Atmen (Tidwell 2010; Wäger 2014).
Gestaltungsraster
Um für Ordnung und Übersichtlichkeit zu sorgen, werden Gestaltungsraster verwendet, bei denen Elementen eine mehr oder weniger fixe Position und Größe im Layout zugewiesen wird. Gerade bei umfangreicheren Gestaltungswerken empfiehlt es sich, ein Gestaltungsraster zu entwickeln, um für einen schnelleren und effizienteren Arbeitsfluss zu sorgen. Ein Raster muss nicht immer eingehalten werden, sondern kann auch gesprengt werden, um für Abwechslung zu sorgen. Damit der Grafikdesigner genug Freiraum zum Gestalten hat, wird ein vielspaltiges Raster empfohlen. Wenn eine gerade Spaltenzahl gewählt wird, wirkt das Layout oftmals statisch, während das Layout bei ungeraden Spaltenzahlen dynamischer wahrgenommen wird (Wäger, 2014).
Gestaltgesetze der Wahrnehmung
Das Gesetz der Nähe beschreibt die Wahrnehmung nah beieinanderliegender Objekte als zusammengehörig. Diese Nähe wirkt stärker als formale oder farbliche Übereinstimmungen. Laut dem Gesetz der Kontinuität werden Elemente als zusammengehörig wahrgenommen, wenn sie entlang einer geraden oder gebogenen Linie verlaufen. Das Gesetz der Geschlossenheit beschreibt, dass der Mensch in allem was er sieht Zusammenhänge entdeckt, selbst da wo gar keine sind. Er vervollständigt durch seine Wahrnehmung Einzelelemente, die in Verbindung zueinanderstehen könnten, zu logischen Formen, die nicht wirklich existieren. Das Gesetz der Gleichheit beschreibt, dass Objekte gleicher Form oder Größe vom Betrachter zusammengehörend wahrgenommen werden. Dieses Gesetz wird bei gleicher Farbe intensiviert (Wäger 2014).
Neurobiologische Vorgänge der Wahrnehmung zeigen also, dass der Betrachter gemäß der Wahrnehmungsprinzipien aus der Kombination der Formen und Farben etwas „schafft“. Das Design dient als eine „Anregung“ sich sein eigenes Bild zu schaffen (Heimann & Schütz, 2017).
„Die effektivste Art Menschen beim Erinnern zu helfen, besteht darin es unnötig zu machen.“ (Norman, 2013)
Das macht laut Donald Norman ein gutes Graphical User Interface Design aus. Um dies zu erreichen, werden in erster Linie aussagekräftige Strukturen benötigt.
Graphical User Interface Design hat weniger mit der Verwendung von Grafiken zu tun, sondern damit, sich leichter daran erinnern zu können, welche Aktionen existieren und wie man sie aufrufen kann. Sichtbare Icons und Menüs sind wichtig, da der Benutzer durch sie das System trotz Komplexität erforschen kann (Norman, 2010). Die direkte und schnelle Manipulation solcher Systeme trägt zur Freude des Nutzers bei (Nielsen, 1993).
2.4 User Experience Design
Für eine gute User Experience eines Produktes reicht gute Usability nicht aus. Denn die User Experience umfasst die Effektivität, die Effizienz und die Qualität der Beziehung zum Unternehmen, das das Produkt geschaffen hat (Kuniavsky, 2010). Außerdem umfasst laut Norman das User Experience Design:
„Die Praxis, Produkte, Prozesse, Dienstleistungen, Ereignisse und Umgebungen so zu gestalten, dass die Qualität und der Genuss des Gesamterlebnisses im Vordergrund stehen.“ (Norman, 2013)
Die Experience entscheidet, wie sehr sich ein Mensch an seine Erfahrungen mit einem Produkt erinnert, ob sie positiv, frustrierend oder vielleicht sogar verwirrend waren. Wenn ein Produkt sich nicht interpretieren lässt, dann kann das negative Emotionen beim Nutzer auslösen. Ist es aber einfach zu verstehen, dann kann es ein Gefühl der Kontrolle, der Macht oder sogar des Stolzes bewirken (Norman, 2013).
In der Psychologie werden Bedürfnistheorien schon länger verwendet. Seit einigen Jahren finden diese ihren Einsatz auch in der User Experience und bilden eine gute Möglichkeit zum Kategorisieren, Beschreiben oder Evaluieren von Ergebnissen (Diefenbach et al., 2014). In einer Studie erforschten Hassenzahl et al. die Erfüllung von sieben universellen psychologischen Bedürfnissen, wie Kompetenz, Verbundenheit, Popularität, Stimulation, Bedeutsamkeit, Sicherheit oder Autonomie mit interaktiven Technologien. Tatsächlich kam dabei heraus, dass Erfahrungen nach dem primären Bedürfnis eingeteilt werden können, welches sie erfüllen. Das Verständnis der Gründe für bestimmte positive Erfahrungen hilft beim Gestalten einer User Experience, indem die primären Bedürfnisse des Nutzers identifiziert und versucht wird, diese zu erfüllen (Hassenzahl et al., 2011). Das Modell der sieben psychologischen Bedürfnisse stützt sich dabei auf die Aufzählung der zehn menschlichen Bedürfnisse von Sheldon (Sheldon et al., 2001). Im Folgenden wird näher auf die in der Studie aufgeführten Bedürfnisse eingegangen, die in dieser Arbeit ihre Verwendung finden:
Tabelle 1: Sieben psychologische Bedürfnisse
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Beim Modell der hedonischen und pragmatischen Qualitätswahrnehmung (Hassenzahl, 2007) geht es um die Subjektivität, da der Fokus auf Qualitätswahrnehmungen liegt und nicht auf objektiven Qualitäten. Pragmatische Qualitätswahrnehmungen beschreibt den Nutzen eines Produktes, beispielsweise zu telefonieren. Die hedonische Qualitätswahrnehmung symbolisiert einen abstrakten und nicht greifbaren Nutzen eines Produktes, wie es die oben genannten psychologischen Bedürfnisse beschreiben (Hassenzahl et al., 2008).
Das Modell beschreibt den Produktcharakter aus der Kombination von hedonischen und pragmatischen Qualitätswahrnehmungen. Es wird zwischen der Perspektive des Gestalters und die des Nutzers unterschieden. Um einen bestimmten Produktcharakter zu erzeugen, werden aus gestalterischer Sicht Elemente wie Präsentation, Funktionalität und Interaktion genutzt. Der im Zusammenspiel mit der Situation und auf seitens des Nutzers erzeugte Produktcharakter bringt Emotionen wie Freude und Zufriedenheit zum Vorschein (Diefenbach & Hassenzahl 2017).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Das Hedonisch-Pragmatische-Modell des Nutzungserlebens. (Hassenzahl, 2003)
Die User Experience ist dafür zuständig, pragmatische und hedonische Benutzerziele zu erreichen, um das gesamte Benutzererlebnis zu erfassen.
Pragmatische Benutzerziele sind dabei (Bevan, 2008):
- Effizienz
- Effektivität
- Sicherheit
Unter hedonischen Benutzerzielen versteht man (Bevan, 2008):
- Stimulation
- Identifikation
- Evokation
Hedonische Qualitätswahrnehmungen stehen in direkter Verbindung mit den universellen psychologischen Bedürfnissen des Nutzers. Pragmatische Qualitätswahrnehmungen sind von der Nutzungssituation und der jeweiligen Aufgabe abhängig (Schaik & Ling, 2008).
2.5 User Centered Design
Wie Donald Norman schon in seinem Buch „The Design of Everyday Things“ beschreibt, überholt die ständig voranschreitende Technologie, mit beispielsweise immer komplexer werdenden Instrumententafeln in Autos, das Design. Es entstehen zwar ständig neue Technologien, jedoch scheint jede neue Entwicklung die Fehler der früheren zu wiederholen (Norman, 2013).
In der damaligen Definition der DIN EN ISO 13407 (1999) wurde beschrieben, dass ein nutzerzentrierter Gestaltungsprozess ein Ansatz, ist um das Qualitätsmerkmal Usability zu erreichen (ISO 13407, 1999; Burmester et al, 2012). Dafür ist die Beteiligung des Nutzers über den gesamten Entwicklungsprozess nötig. Bei dieser Methodik wird sich, neben dem Verständnis des Nutzers, auch auf die auszuführenden Aufgaben mit dem System und die Umgebung (organisatorisch, sozial und physisch), in welcher das System ausgeführt wird, konzentriert (Stone et al., 2005).
Die bereits durch die neue DIN EN ISO 9241-210 ersetzte aktualisierte Fassung, beschreibt die Prinzipien für das Vorgehen wie folgt (ISO 9241-210, 2011):
1. Verständnis der Benutzer, Arbeitsaufgaben und Arbeitsumgebung
2. Nutzer werden in den Entwicklungs- und Gestaltungsprozess einbezogen
3. Auf Basis nutzerzentrierter Evaluierungen wird die Gestaltung verfeinert und angepasst
4. Der Prozess ist iterativ
5. Bei der Gestaltung wird die gesamte User Experience berücksichtigt
6. Das Gestaltungsteam nutzt fachübergreifende Kenntnisse und Gesichtspunkte
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Menschzentrierter Gestaltungsprozess nach ISO 9241-210. (ISO 9241-210, 2011)
Der Prozess kann in 4 Phasen aufgeteilt werden. Phase 1 umfasst das Verständnis über den Nutzungskontext. Diese besteht aus der Benutzeranalyse, Zielen, Arbeitsaufgaben und der Analyse der physischen, als auch sozialen Umgebung. Damit der Gestalter sich an der Zielgruppe orientieren kann, ist die Erstellung von Personas und Szenarien hilfreich. Außerdem wird eine Wettbewerbsanalyse vorgenommen um die Schwächen und Stärken der Konkurrenzprodukte zu identifizieren. In Phase 2 werden die Nutzungsanforderungen spezifiziert, diese lassen sich aus der Nutzungskontextanalyse ableiten. Hier werden Ziele festgelegt, die die Nutzer mit der Produktnutzung erreichen wollen. In Phase 3 werden dann Gestaltungsentwürfe erarbeitet und in unterschiedlichsten Prototypen umgesetzt, welche den Anforderungen der Nutzer an das Endprodukt so gut es geht entsprechen. Der in Phase 3 konzipierte Prototyp wird in Phase 4 evaluiert und anhand des Nutzerfeedbacks verbessert (ISO 9241-210, 2011).
Die folgende Tabelle beschreibt die in den Phasen zum Einsatz kommenden Methoden:
Tabelle 2: Methoden des Human-Centered Design Prozesses
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3 Infotainment
Der Begriff „Infotainment“ ist ein Neologismus. Er wurde durch die Kritik an das Fernsehen durch den Medienkritiker Neil Postman Ende der 1980er-Jahre populär und entwickelte sich zum Modewort. Neil Postman kritisierte, dass jedes Thema in den Medien von Showbusiness und Entertainment geprägt wurde und beschreibt eine Tendenz zur Boulevardisierung, Trivialisierung und Infantilisierung der Gesellschaft (Postman, 1985). Infotainment bezieht sich auf einen expliziten Genre-Mix aus „Information“ und „Unterhaltung“, das Medium informiert und unterhält den Konsumenten also parallel. Nach dem Oxford English Dictionary ist Infotainment „Sendematerial, das sowohl zum Unterhalten als auch zum Informieren bestimmt ist“ (Stevenson, 2010). Beim Infotainment steht die Art der Präsentation im Mittelpunkt, der Inhalt ist dabei zweitrangig. Hier wird auf visuelle Ästhetik, einschließlich rasanter visueller Aktionen in einem postmodernen Studio, computeranimierte Logos, auffällige visuelle Darstellungen und rhetorische Schlagzeilen gesetzt (Thussu, 2007). Bereits im Wochenschriftsjournalismus wurden die Darbietungsformen daran ausgerichtet, Nähe zwischen Autor und Publikum herzustellen. Bildungsinhalte sollten eingängig und unterhaltsam vermittelt werden, während die literarische Qualität dabei in den Hintergrund rückte (Maar, 1995).
3.1 Infotainmentsysteme im Automobilbereich
Durch die immer voranschreitende Technologie im Automobilbereich und die damit einhergehende Zunahme der Anzeigen und Bedienelemente, veränderte sich die Mensch-Maschine- Schnittstelle zur Informationsaufnahme und Informationsübertragung. Dieser Aspekt und der zunehmende Anspruch der Kunden an Unterhaltung führte zur Einführung der ersten Multimediasysteme, wie beispielsweise das „i-Drive“ von BMW. Das Spektrum der Funktionen reicht von Bordcomputer-Daten und Navigation bis hin zur Klimaanlage. Besonders ältere Autoinsassen hatten es nicht leicht, mit dieser neuen Art von Bedienung im Auto vertraut zu werden. Zusätzlich zu den gängigen Funktionen, wie Tachometer, Drehzahlmesser oder Tank- und Kühlwasser-Anzeige, die sich im zentralen Gesichtsfeld des Fahrers befinden, werden neuerdings auch Informationen über Einstellungen des Abstandsregeltempomats und Aktionen wie ESP-Eingriffe (Electronic Stability Program) dargestellt (Bubb et al., 2015).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: BMW iDrive der 7er Serie von 2003. (Bubb et al., 2015)
Unter dem Begriff Infotainmentsystem im Auto versteht man ein System aus Komponenten mit verschiedenen Funktionen in den Bereichen Komfort oder Sicherheit. Dazu zählen beispielsweise Multimedia und Navigation. Außerdem können Status-, Fahrzeug- und Statistikinformationen angezeigt werden (Lachmayer, 2013). Um ein Kraftfahrzeug zu fahren, stellt sich der Fahrer mehreren hierarchisch untergeordneten Teilaufgaben, welche nach Gerog Geiser als primäre, sekundäre und tertiäre Aufgaben beschrieben sind (Geiser, 1985). Nach Edmund Donges (Donges, 1982) gehören zu den primären Teilaufgaben Navigation, Führung und Stabilisierung des Fahrzeugs. Zu den sekundären Fahraufgaben der Drei-Ebenen-Hierarchie gehören Informationsabgaben an die Umgebung (z.B. Blinken oder Hupen) und Reaktionen auf die aktuelle Situation (z.B. Einschalten des Scheibenwischers oder des Fernlichts). Während tertiäre Tätigkeiten nicht in direktem Zusammenhang mit der eigentlichen Fahrzeugführung stehen, werden sie dadurch charakterisiert, dass sie der Befriedigung der Bedürfnisse Komfort, Information, Kommunikation und Unterhaltung dienen. Im folgenden Schaubild des Fahrer-Fahrzeug-Regelkreis werden die Tätigkeiten in der Drei-Ebenen-Hierarchie dargestellt (Bubb et al., 2015):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Aufgaben des Fahrers im Fahrer-Fahrzeug-Regelkreis. (Bubb, 2015)
Während Anfang der 2000-er Jahre Infotainmentsysteme aufgrund des Preises nur im Luxus- und oberen Mittelklassesegment angeboten wurden, werden sie mittlerweile durch gesunkene Preise im Niedrigpreissegment verbaut.
Bei den Systemen wird zwischen „offenen Systemen“ und „geschlossenen Systemen“ unterschieden. Während offene Systeme bei Bedarf in ihrem Funktionsumfang durch Apps erweitert werden können, wie bei einem Smartphone, ist das bei geschlossenen Systemen, welche den momentanen Standard darstellen, nicht der Fall (siehe Abbildung 6).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Übersicht der Infotainmentsegmente. (Lachmayer et al, 2013)
In der folgenden Tabelle werden die wichtigsten Funktionen bzw. Einzelkomponenten vom Infotainmentsystemen genannt (Lachmayer et al., 2013):
Tabelle 3: Einzelkomponenten eines Infotainmentsystems
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Funktionen wie Autoradio, drahtlose Telefonie, Fernsehen, Navigation bis hin zu Spielen und Informationsdiensten werden in Zukunft vermehrt in Fahrzeugen zu finden sein. Durch drahtlose Kommunikation und schnelle Datenübertragungsraten kann Kommunikation zwischen Fahrzeugen stattfinden. Dadurch wird das Fahrzeug selbst autonomer, macht beispielsweise das vordere Fahrzeug eine Vollbremsung, kann die Bremse des hinteren Fahrzeugs im selben Moment elektronisch getätigt werden. Alle Autos an einer Ampel könnten gleichzeitig Gas geben, ein Überblick der Verkehrssituation wäre trotzdem gegeben (Lachmayer et al., 2013). Die Software eines Automobils bringt heute 90% der Innovationen hervor und ist Kern moderner und vernetzter Systeme in der Automobilbranche (Burkert, 2014).
Wie das Umsatzwachstum im Segment Infotainment Services für 2019 in Höhe von 445 Mio. € aufzeigt, steigt der Bedarf an Information und Unterhaltung in der Branche. Laut Prognosen soll das Marktvolumen von Infotainment Services bis 2023 bei 1.137 Mio. € liegen, was einem jährlichen Umsatzwachstum von 26,4% entspricht. Am meisten Umsatz wird in den USA mit 174 Mio. € und in China mit 88 Mio. € generiert, Deutschland steht jedoch, mit 28 Mio. €, schon an dritter Stelle (Statista Outlook Report, 2019). Die deutschen Automobilkonzerne BMW gefolgt von VW und Daimler treiben weltweit die Spitze an (Statista Studie, 2017).
4 Evaluation des MBUX
Auf der alljährlich stattfindenden Consumer Electronics Show (CES) im Las Vegas Convention Center wurde im Januar erstmals das Multimediasystem Mercedes Benz User Experience (MBUX) der neuen A-Klasse präsentiert.
Das MBUX besteht aus zwei Displays und ist in drei Ausführungen auf dem Markt. Die erste Variante mit zwei 7-Zoll Displays, die zweite mit einem 7-Zoll und einem 10,25-Zoll Display und die größte mit zwei 10,25-Zoll Displays (26 cm) und einer Auflösung von 1920 auf 720 Pixeln (Abbildung 7 weiß eingerahmt), das entspricht einem Bildauflösungswert von 200dpi (dots per inch). Neben der Unterhaltungselektronik-Branche setzen mittlerweile auch Automobilkonzerne auf hochauflösende und flüssige Grafiken, welche beispielsweise im MBUX durch NVIDIA Grafikchips unterstützt werden. Für die Bedienung beider Bildschirme stehen Touch-Control Buttons, die auf Höhe der Daumen am Lenkrad angebracht sind (blau gekennzeichnet am Lenkrad in Abbildung 7) oder ein Touchpad mit haptischer Rückmeldung unterhalb der Mittelkonsole zur Verfügung. Das Touchpad erkennt auch Handschriften, womit beispielsweise Kontakte oder Adressen eingegeben werden können (Daimler AG, 2019a). Außerdem kann das Display in der Mittelkonsole per Toucheingabe bedient werden. Ein MBUX fähiges Fahrzeug besitzt ein Head-up-Display (Abbildung Winschutzscheibe weiß eingerahmt), welches direkt ins Sichtfeld an die Frontscheibe projiziert wird (Daimler AG, 2019b). Das System lässt sich mit dem Smartphone per Bluetooth oder über eine NFC-Schnittstelle (Near Field Communication) in der Mittelkonsole verbinden und somit über das System steuern, da hier auf viele Apps und Funktionen zugegriffen werden kann (Daimler AG, 2019c).
[...]
- Citation du texte
- Christian Müller (Auteur), 2019, Steigerung der User Experience eines bestehenden Infotainmentsystems (MBUX) anhand eines User Centered Design Ansatzes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/511430
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