Die Arbeit stellt einen Unterrichtsentwurf zu Gedichten in einem Leistungskurs dar, der das Motiv der Reise und des Unterwegsseins in den Epochen Romantik und Expressionismus fokussiert. Die Schüler sollen schwerpunktorientiert das Motiv der Sehnsucht im expressionistischen Gedicht "Hart stoßen sich die Wände in den Straßen" von Ernst Wilhelm Lotz analysieren und die Ausgestaltung vom Sehnsuchtsmotiv in der romantischen Lyrik abgrenzen.
Zunächst werden die längerfristigen Unterrichtszusammenhänge dargestellt. Hierfür werden die Reihenplanung, die curriculare Legitimation und die Intention und Struktur des Vorhabens erläutert. Anschließend folgt die schriftliche Planung der Unterrichtsstunde. Der Autor führt den Verlaufsplan, die Sachanalyse und die Darstellung der didaktisch-methodischen Schwerpunkte der Stunde an und erläutert den Beitrag der Unterrichtsstunde zum intendierten Kompetenzzuwachs.
INHALTSVERZEICHNIS
1. Darstellung der längerfristigen Unterrichtszusammenhänge3
Reihenplanung
Curriculare Legitimation
Erläuterung der Intentionen und der Struktur des Vorhabens
2. Schriftliche Planung der Unterrichtsstunde
Verlaufsplan
Beitrag der Stunde zum intendierten Kompetenzzuwachs
Sachanalyse
Darstellung der didaktisch-methodischen Schwerpunkte der Stunde
3. Literatur
THEMA DES UNTERRICHTSVORHABENS:
„Unterwegs sein“ – Lyrische Texte zu dem Motiv des Reisens im historischen Längsschnitt vom Barock bis zur Gegenwart
THEMA DER UNTERRICHTSSTUNDE:
„ Wir sind nach [Süden, Frauen, Dingen] krank “ - Das Motiv der Sehnsucht in expressionistischer Lyrik im Vergleich zu der Ausgestaltung dieses Motivs in der Epoche der Romantik
STUNDENZIEL:
Die Schülerinnen und Schüler analysieren schwerpunktorientiert das Motiv der Sehnsucht im expressionistischen Gedicht „Hart stoßen sich die Wände in den Straßen“ von Ernst Wilhelm Lotz und grenzen die Ausgestaltung vom Sehnsuchtsmotiv in der romantischen Lyrik ab.
TEILLERNZIELE:
Die Schülerinnen und Schüler sollen...
- einzelne Elemente des Bildes „Die Stadt“1 von Jacob Steinhardt (1913) beschreiben und das Bild, ausgehend von ihrem Vorwissen, in die Epoche des Expressionismus einordnen.
- Parallelen zwischen der ersten Strophe des Gedichts „Hart stoßen sich die Wände in den Straßen“2 von Lotz (1913) und dem Bild von Steinhardt ziehen, indem sie Elemente der beiden Kunstformen miteinander vergleichen.
- nach der Rezeption des kompletten Gedichts das Motiv der Sehnsucht als zentral benennen und als Gruppe die Gestaltung dieses Motivs im Gedicht aspektorientiert analysieren und ihre Ergebnisse präsentieren.
- abschließend das Motiv der Sehnsucht als in den Epochen unterschiedlich ausgestaltet beurteilen, indem sie auf die Ergebnisse der Vorstunde zu dem Sehnsuchtsmotiv4 in der Epoche der Romantik zurückgreifen und diese mit den Ergebnissen der Stunde in Beziehung setzen.
1. Darstellung der längerfristigen Unterrichtszusammenhänge
Reihenplanung
Thema des Unterrichtsvorhabens:
„Unterwegs sein“ – Lyrische Texte zu dem Motiv des Reisens im historischen Längsschnitt vom Barock bis zur Gegenwar
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Curriculare Legitimation
Das Unterrichtsvorhaben „‚Unterwegs sein‘“ – Lyrische Texte zu dem Motiv des Reisens im historischen Längsschnitt vom Barock bis zur Gegenwart“ gehört zu einem der obligatorischen Themen im Fach Deutsch im Leistungskurs für das Zentralabitur 2020 und wird dem Inhaltsfeld Texte zugeordnet: „‚[U]nterwegs sein‘ Lyrik vom Barock bis zur Gegenwart“ (vgl. Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, o. J., S. 4). Dieses Inhaltsfeld wird im Kernlehrplan für die Sek II an Gymnasien und Gesamtschulen in NRW als „zentrale[r] Lerngegenstand des Deutschunterrichts“ (Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2014, S. 17) besonders hervorgehoben. Durch die Auseinandersetzung mit dem Inhaltsfeld „Texte“ erweitern die Lernenden einerseits ihr „literarhistorisches und ästhetisches Bewusstsein“ und sie erwerben anderseits produktive und rezeptive Kompetenzen (vgl. ebd., S. 11 f.), die einen Beitrag zur ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung leisten. Die übergeordneten Ziele und Aufgaben des Faches können alle an diesem Inhaltsfeld realisiert werden, denn Lernende werden durch die im Unterricht behandelten lyrischen Texte zu einem „reflektierten Verständnis[…] in Auseinandersetzung mit Literatur“ angehalten, sie erlangen durch „analysierende[…] Auseinandersetzung“ mit den Gedichten des Unterrichtsvorhabens eine ästhetische Sensibilität, ihre „ethisch fundierte Haltung“ wird durch Auseinandersetzung „mit dem kulturell Anderen in Vergangenheit und Gegenwart“, das sich im historischen Längsschnitt der fokussierten Gedichte widerspiegelt, gefördert. Im Hinblick auf die Klausur wird mit dem Unterrichtsvorhaben ebenfalls eine Förderung ihrer methodischen Fähigkeiten und Fertigkeiten intendiert (siehe Reihenplanung (1.1) und Erläuterung der Intentionen und der Struktur des Vorhabens (1.3)) (ebd.).
Erläuterung der Intentionen und der Struktur des Vorhabens
Abgesehen von den im vorangegangenen Abschnitt dargelegten curricularen Vorgaben lässt sich die Bedeutsamkeit des Unterrichtsvorhabens jedoch auch durch individuelle Faktoren begründen. Die Beschäftigung mit und Analyse von Lyrik unter der hier fokussierten Thematik kann für die Lernenden spannend und reizvoll sein, da in den Gedichten epochentypische Gefühle in Bezug auf die Thematik des Unterwegsseins zum Ausdruck kommen, die Lernende durch ihre eigenen Erfahrungen mit dem Unterwegssein reflektieren können. Denn dieses stellt einen „Aufbruch in eine Gefühlswelt“ (Bednar et al., 2016) dar. An diese Erfahrungen und Erlebnisse der Lernenden kann man anknüpfen und ihnen eine Differenzerfahrung innerhalb verschiedener Epochen ermöglichen, da das Motiv in den Epochen unterschiedliche Ausgestaltungen erfährt, beispielsweise als orientierungsloses Herumirren ohne Zweck (Bsp.: Antike und Mittelalter) oder auch als Zwang zum Verlassen der Heimat (Bsp.: Exilliteratur –gerade dieses Thema ist auch heute wieder hochaktuell), denn der Begriff des „Unterwegsseins“ besitzt innerhalb der Epochen und damit der sozialen und historischen Kontexte unterschiedliche Konnotationen. Durch diese Differenzerfahrung bietet die Thematik eine „persönliche Orientierungsmöglichkeit“ (Diekhans, 2018, S. 11) und trägt zur Identitätsbildung und zum Fremdverstehen bei. Unterwegssein in Form von Reisen wird dadurch zu einem „Gegenstand von Bildung und Lernerfahrung“ (Diekhans, 2018, S. 10), an dem nicht nur kognitive Lernziele, sondern auch solche im affektiven Bereich verfolgt werden können. Gerade dieses Thema bietet den Lernenden dadurch auch heute noch Zugänge zu Gedichten bereits vergangener Epochen. Mit Reisen verbinden die Jugendlichen intensive Erlebnisse, welche sie nicht nur aus dem familiären Kontext und Freizeitbereich, sondern auch im Zusammenhang mit Schule kennen. Das Reisen im schulischen Kontext stellt bei vielen Jugendlichen eines „ihre[r] eindruckvollsten Schulerinnerungen“ (Diekhans, 2018, S. 10) dar. Um am Ende des Vorhabens die Aktualität und Relevanz der Thematik zu verdeutlichen, die den Lernenden über das ganze Unterrichtsvorhaben präsent sein sollte, werden neue Formen der Reiselyrik aufgegriffen, die sich vor allem in modernen Songtexten wiederfinden lassen (vgl. etwa Peter Fox‘ „Haus am See“, Mark Forsters „Au Revoir“, Silbermonds „Leichtes Gepäck“).
Die Strukturierung des Unterrichtsvorhabens gestaltet sich als herausfordernd, da der Begriff „Unterwegssein“ viele Facetten hat und nicht trennscharf vorgegeben ist, wo „Unterwegssein“ anfängt und wo es aufhört. Zusätzlich werden durch die Vorgabe der zahlreichen literaturhistorischen Zeiträume große Unterschiede in Verständnis- und Deutungsmöglichkeiten gegenüber dem Unterwegssein deutlich. Diese Komplexität erlaubt diverse Möglichkeiten der Anlage einer Reihenplanung und macht Schwerpunktsetzungen nötig.
Bei der Strukturierung der Unterrichtsreihe wurde sich an Waldmann (1998) orientiert, der als eine Möglichkeit der Arbeit mit Lyrik im Unterricht die Orientierung an „Themen, Motiven und Problemfeldern“ (S. 277) empfiehlt. Bei der Anlage der Reihe wurde deshalb nicht ein strenger historischer Längsschnitt durch die deutsche Lyrik vom Barock bis in die Gegenwart zugrunde gelegt, denn diese Anordnung ist den Lernenden schon aus einem Unterrichtsvorhaben der Einführungsphase bekannt (vgl. hausinternes Curriculum: „Ein zeitloses Thema – Liebesgedichte aus verschiedenen Epochen“), in dem grundlegende Kenntnisse bezüglich literarhistorischen und historisch-gesellschaftlichen Entwicklungen vermittelt wurden. Diese fließen zwar immer wieder als Wiederholung mit ein, werden aber nur an Stellen des Unterrichtsvorhabens noch einmal explizit thematisiert, an denen Gedichte aus Epochen behandelt werden, die in der Einführungsphase nur kurz angesprochen wurden. Diese Vorgehensweise erscheint im Hinblick auf die Abiturvorbereitungen sinnvoll, um das Epochenwissen der Lernenden aufzufrischen7, durch das Hinzukommen des Themenbereichs „Unterwegssein“ zu vertiefen und neues epochenspezifisches Wissen zu vermitteln. Durch die Anlage der Reihe nach Motiven werden den Lernenden darüber hinaus epochenvergleichende Elemente präsentiert, die es ihnen erlauben, das in der Einführungsphase erlangte Wissen zu Epochen über die Motive zu vernetzen und dadurch Zusammenhänge zwischen den Epochen herzustellen und diese in Bezug zueinander zu setzen (vgl. Einecke, 2008, S. 16).
Neben dieser grundsätzlichen Struktur der Reihe sei hier auf die Fußnote bei der Reihenplanung verwiesen, die auf eine, in der Reihe angelegte, Progression verweist. Nachdem sich die Lernenden in der Einstiegsstunde nicht nur mit ihrem Vorwissen über das Unterwegssein, sondern auch vor allem mit ihren eigenen Reiseerfahrungen auseinandergesetzt haben (emotional-affektiver Bereich), sind die darauffolgenden Sequenzen so angelegt, dass in jeder Sequenz weitere Kompetenzen hinzukommen, andere Kompetenzen, die zu Beginn der Reihe gefördert wurden, aber weiterhin über die Reihe hinweg sukzessive gefördert werden. Diese Kompetenzen erreichen den Höhepunkt der Anforderungen in der letzten Motiv-Sequenz zur „Sehnsucht“, in welcher das Verfassen einer vergleichenden Analyse im Hinblick auf die Klausur verlangt wird. Hier wird nicht nur das Aufgabenformat Ib aus dem Kernlehrplan aufgegriffen, sondern auch das inhaltsübergreifende Ziel des Faches Deutsch, die Lernenden zu einem „zielgerichtete[n], selbstständige[n] und selbstorganisierte[n] Arbeiten“ (Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2014, S. 12) anzuleiten. Neben dieser stark analytisch orientierten Klausuraufgabe wurden in der Reihe analytische und produktive Methoden im Wechselspiel verwendet, die in der Literatur als sich ergänzend und gegenseitig bedingend angesehen werden (vgl. Waldmann, 1998, S. 275)8. Dabei werden den Lernenden verschiedene Möglichkeiten geboten, sich in den Unterricht einzubringen und unterschiedliche Zugänge zur Lyrik zu bekommen. Vor allem wurden dafür Methoden nach Waldmann (1998) adaptiert, der es als essentiell sieht, über den produktiven Umgang mit Lyrik „Sensibilität für Lyrik und damit lyrische Empfindungs- und Erlebnisfähigkeit zu fördern“ (S. 2). Dem im Kernlehrplan für das Fach Deutsch dargelegten Ziel einer „ästhetische[n] Sensibilität“ kann vor allem durch diese produktionsorientierten Methoden entsprochen werden (Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2014, S. 11).
2. Schriftliche Planung der Unterrichtsstunde
Verlaufsplan
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Beitrag der Stunde zum intendierten Kompetenzzuwachs
Über die Unterrichtsreihe wird das schrittweise Heranführen der Schülerinnen und Schüler an das eigenständige Verfassen einer vergleichenden Gedichtanalyse intendiert (siehe Erläuterung der Intentionen und der Struktur des Vorhabens (1.3)). Das geschieht über den Verlauf der Sequenzen, indem zu jeder Sequenz weitere Kompetenzen hinzutreten, die für das Verfassen einer Gedichtanalyse essentiell sind. Im Folgenden wird dieses schrittweise Heranführen in aller Kürze dargestellt, um darzulegen, mit welchen Voraussetzungen die Lernenden in die Besuchsstunde gehen.
Um nur einige Beispiele zu nennen, wird in der ersten Sequenz auf die Kompetenz, „aus anspruchsvollen Aufgabenstellungen angemessene Leseziele ab[zu]leiten und diese für die Textrezeption [zu] nutzen“ fokussiert (Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2014, S. 34), welche grundlegend für die Gedichtanalyse ist.
In der zweiten Sequenz tritt die Kompetenz, „sprachlich-stilistische Mittel in schriftlichen und mündlichen Texten im Hinblick auf deren Bedeutung für die Textaussage und Wirkung [zu] erläutern und diese fachlich differenziert [zu] beurteilen“ (ebd. S. 33) hinzu, die nun schon auf einen bestimmten Schritt im Verlauf einer Gedichtanalyse abzielt.
Ein weiter Zugang zur Lyrik wird den Lernenden in der dritten Sequenz geschaffen, denn dort wird die Darstellung „ihre[r] Textdeutung durch Formen produktionsorientierten Schreibens“ in den Vordergrund gestellt (ebd. S. 35). Diese Methode des produktiven Umgangs mit Gedichten wird an dieser Stelle eingeführt, um den Lernenden neben dem analytischen Umgang weitere Zugänge zu Gedichten zu schaffen.
In der vierten Sequenz, in der die Besuchsstunde eingebettet ist, verfügen die Lernenden über weitreichende (Analyse-)Kompetenzen und schreiben ihre erste vergleichende Analyse zu Goethes „Wandrers Nachtlied I und II“ (Kompetenz: „in ihren Analysetexten die Ergebnisse textimmanenter und textübergreifender Untersuchungsverfahren darstellen und in einer eigenständigen Deutung integrieren“ (ebd., S. 35)). Diese Analyse wurde als Hausaufgabe vorbereitet und in der darauffolgenden Stunde als Partnerkorrektur verglichen. Hierbei ist aufgefallen, dass die Lernenden Äußerlichkeiten und verwendete sprachliche Mittel in den Gedichten ausführlich vergleichen, jedoch oft bei dem Vergleich eines Motives in zwei Gedichten nicht die nötige Tiefe erlangen. Deshalb dienen die beiden Stunden nach der Analyse von „Wandrers Nachtlied I und II“ vor allem der Vorbereitung auf den geforderten Vergleich von Motiven innerhalb einer Gedichtanalyse, welches natürlich auch den Blick auf die Form und die Sprache einschließt. Insofern wird in der Stunde die schon bei „Wandrers Nachtlied I und II“ geförderte Kompetenz weiter vertieft und eingeübt, indem das Motiv der Sehnsucht in zwei unterschiedlichen Epochen (Expressionismus und Romantik) verglichen wird. Durch das motivfokussierte und auftragsbezogene Vorgehen findet vor allem ein Rückbezug zu den von Anfang an geförderten Kompetenzen, wie „aus anspruchsvollen Aufgabenstellungen angemessene Leseziele ab[zu]leiten und diese für die Textrezeption [zu] nutzen“, statt (Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2014, S. 34). Trotz des zeitlichen Abstandes dieser Epochen haben die Epochen neben der Motivik der Sehnsucht, bei der das Individuum im Vordergrund steht, einige Gemeinsamkeiten. So wird in beiden Epochen beispielsweise rationales Denken zurückgedrängt und es werden Gefühle nach außen getragen (vgl. Hellwig, 2013, S. 1). Es ist demnach nicht willkürlich, diese Epochen, neben dem romantisch-expressionistischen Vergleichsmoment der Sehnsucht, in einem Vergleich gegenüberzustellen. Hier wird vor allem die Kompetenz, „literarische Texte in grundlegende literarhistorische und historisch-gesellschaftliche Entwicklungen – vom Barock bis zum 21. Jahrhundert – ein[zu]ordnen“ gefördert (Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2014, S. 34). Durch den Epochenvergleich wird den Lernenden bewusst, in welchem Verhältnis die jeweiligen lyrischen Texte zur äußeren Wirklichkeit stehen. Hierbei ist vor allem hervorzuheben, dass sich das Motiv der Sehnsucht im Expressionismus durch die Bereitschaft zum Aufbruch, zu einer Revolution, ausdrückt. In der Romantik hingegen erträumt man sich zwar den Aufbruch aus der als einförmig empfundenen Alltagswelt, jedoch bleibt diese Sehnsucht „ewig ungestillt“ (Diekhans, 2004b, S. 30), da man den Aufbruch nie in die Tat umsetzen möchte und mit Blick auf das zu der Zeit zersplitterte Deutschland, das aus losen Einzelterritorien besteht, auch nicht kann.
Der Stundenverlauf ist so angelegt, dass mit dem zeitlichen Verlauf die Abstraktionsebene zunimmt. Zu Beginn geht es lediglich darum, das Bild zu beschreiben (Anforderungsbereich I). In einem weiterführenden Schritt soll das Bild Steinhardts mit der ersten Strophe des Gedichts Lotz verglichen werden (Anforderungsbereich II). Zum Schluss, nach der Erarbeitungsphase und dem gemeinsamen Erstellen des Tafelbildes, geht es darum, dass die Lernenden das Motiv der Sehnsucht und die Ausgestaltung in beiden Epochen bündeln und deuten sollen (Anforderungsbereich III).
Sachanalyse
Das Gedicht „Hart stoßen sich die Wände in den Straßen“ von Ernst Wilhelm Lotz (1913) wurde für diese Stunde ausgewählt, da die Beschäftigung mit dem Motiv der Sehnsucht im Zentrum stehen soll. Es darf davon ausgegangen werden, dass das Gedicht den Lernenden einen schnellen Zugriff auf den Inhalt und somit auch auf das Motiv der Sehnsucht erlaubt, denn es weist nicht ausgeprägte Merkmale der Verfremdung auf, die den Lernenden das Verständnis von expressionistischen Gedichten oft erschweren. Genannt seien hier beispielsweise die revolutionären Sprachexperimente der Expressionisten, die sich im Aufbrechen sprachlicher Konventionen (Satzkürzungen, keine Satzzeichen, Nichtbeachtung grammatischer Regeln, Verwendung von Neologismen) oder der Aneinanderreihung unzusammenhängender Bilder widerspiegeln9. Die Bearbeitung des Gedichts unter dem Schwerpunkt der Sehnsucht bietet sich deshalb gut für die Erarbeitung in einer Einzelstunde an, um im Anschluss noch genug Zeit für die Präsentation der einzelnen Ergebnisse mit einem Vergleich zu dem Motiv der Sehnsucht in dem Gedicht „Sehnsucht“ von Joseph von Eichendorff zu haben.
[...]
1 Bildquelle: Diekhans, 2004a, S. 36.
2 Gedichtquelle: Bode, 2019, S. 9.
3 Für die vorliegende Besuchsstunde wurde die Entscheidung getroffen, die Planung der Stunde ausführlich zu erläutern und sich damit den Anforderungen für die schriftlichen Arbeiten zu den unterrichtspraktischen Prüfungen anzunähern. Die längerfristigen Unterrichtszusammenhänge werden deshalb nur in reduzierter Form dargestellt.
4 Für die vorliegende Besuchsstunde wurde die Entscheidung getroffen, die Planung der Stunde ausführlich zu erläutern und sich damit den Anforderungen für die schriftlichen Arbeiten zu den unterrichtspraktischen Prüfungen anzunähern. Die längerfristigen Unterrichtszusammenhänge werden deshalb nur in reduzierter Form dargestellt.
5 Die Seitenangaben der Kompetenzen beziehen sich auf den Kernlehrplan des Gymnasiums im Fach Deutsch der Sekundarstufe II (vgl. Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2014), speziell in dem Leistungskurs auf das Inhaltsfeld 2 „Texte“ mit dem inhaltlichen Schwerpunkt „lyrische Texte zu einem Themenbereich im historischen Längsschnitt“ und einigen Kompetenzen aus dem Inhaltsfeld 1 „Sprache“.
6 Um eine redundante Doppelnennung der Kompetenzen in den einzelnen Sequenzen zu vermeiden, sind nur diejenigen Kompetenzen aufgeführt, die bei der jeweiligen Sequenz zu den Kompetenzen dazukommen, die in der Sequenz zuvor genannt wurden und über die Reihe hinweg sukzessive weiterentwickelt werden.
7 Ein weiteres Element der Abiturvorbereitung stellt die Anlage von „Spaces“ (einzelnen Seiten zu einem speziellen Thema) auf der schuleigenen Lernplattform „Nerdl“ dar. Hier werden alle Epochen durch eine Seite vertreten und die Lernenden, die sich interessengeleitet für eine Epoche entschieden haben, füllen diese durch Vorwissen aus vorangegangenen Schuljahren und neu erlangtem Wissen über epochenspezifischem Wissen in Bezug auf diese Reihe, um an den Aufbau des Epochenwissens aus der Einführungsphase anzuknüpfen.
8 Das Gedicht „Sehnsucht“ wurde beispielsweise durch die Phantasiereise nach Spinner (1995) erschlossen (vgl. Waldmann, 1998, S. 6 f.) und das Gedicht „Das Fräulein stand am Meere“ durch Leseverzögerung und eigenständiger Fortführung des Gedichts, welches den Lernenden eine Differenzerfahrung ermöglicht (vgl. Lindenhahn, 1981, S. 36).
9 Auch im Gedicht von Lotz findet man einige dieser Merkmale wieder. Neologismen wie „Fieberland“ (V. 11) oder Enjambements, wie zum Beispiel zwischen Vers 3 und 4, kann man dem expressionistischen Stil der Verstöße gegen sprachliche Konventionen zuordnen. Jedoch sollten diese keine Verständnisbarriere für die Lernenden darstellen, da sich diese Verstöße nicht im Übermaß finden lassen und Wortneuschöpfungen sprachlich nah an ihrem Wortschatz liegen.
- Arbeit zitieren
- Anna Baer (Autor:in), 2019, Unterrichtsentwurf zu Gedichten (Leistungskurs Deutsch). Das Motiv der Sehnsucht in der Lyrik der Romantik und des Expressionismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/510936
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