Unterschiedliche Nachhaltigkeitsthematiken rücken verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit und sind somit von besonderem Interesse für verschiedenste Anspruchsgruppen, insbesondere auch für die Verbraucher von Lebensmitteln. Die Berichterstattung in den öffentlichkeitswirksamen Medien, bezüglich des Klimawandels und verschiedenen Lebensmittelskandalen, führt zu einer zunehmenden Verunsicherung vieler Verbraucher. Ein Beispiel dafür aus der Vergangenheit ist der erhöhte Dioxinwert in Schweinefleisch und Eiern, welcher im Jahr 2011 in den Medien thematisiert wurde. Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Lebensmitteln, welche weder eine Gefahr für die Umwelt, noch für die eigene Gesundheit darstellen, steigt. Seit mehreren Jahren sprechen Experten bereits von einer sich neu etablierenden soziokulturellen Bewegung, den sogenannten LOHAS, was für Lifestyle of Health and Sustainability steht. Die Anhänger dieser Bewegung sind insgesamt kritisch, kaufkräftig, gebildet und vor allem ökologisch orientiert. Zudem konsumieren sie überproportional und bewusst biologisch produzierte Produkte, welche durch etwaige Nachhaltigkeitssiegel verfügen. Dies ist einer der Gründe, warum in der Lebensmittelindustrie der Trend zu biologisch angebauten Produkten, mit nachhaltigen Eigenschaften, fortlaufend stärker wird, und diese schließlich zunehmend gekennzeichnet werden, durch unterschiedliche Nachhaltigkeitssiegel, welche dem Verbraucher Sicherheit und Vertrauen in das Produkt vermitteln sollen. Die unterschiedlichen Siegel, von denen sechs im Rahmen dieser Arbeit behandelt werden, orientieren sich jeweils an unterschiedlichen ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitskriterien, bezüglich des Vertriebs und des Anbaus von Lebensmitteln.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Fallstudie
2 Nachhaltigkeitsbegriff
2.1 Relevanz von Nachhaltigkeit im Bereich Ernährung
3 Nachhaltigkeitssiegel im Lebensmittelbereich
3.1 Arten von Nachhaltigkeitssiegeln
3.2 Ausgewählte Nachhaltigkeitssiegel im Lebensmittelbereich
3.3 Übersicht der ausgewählten Nachhaltigkeitssiegel
3.3.1 EU-Bio-Logo
3.3.2 Staatliches Bio-Siegel
3.3.3 Bioland-Siegel
3.3.4 Demeter-Siegel
3.3.5 Marine Stewardship Council Siegel
3.3.6 Fairtrade Siegel
4 Empirische Untersuchung zur Relevanz von Nachhaltigkeitssiegeln
4.1 Untersuchte (und hergeleitete) Hypothesen
4.2 Deskriptive Darstellung der Ergebnisse
4.3 Induktive Statistik zur Untersuchung der Hypothesen
5 Interpretation der Ergebnisse
6 Fazit
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Übersicht zu ausgewählten Nachhaltigkeitssiegeln
Abb. 2: Dreieck der Nachhaltigkeit
Abb. 3: Relevanz der Nachhaltigkeitssiegel
Abb. 4: Vertrauen in das Staatliche Bio-Siegel
Abb. 5: Vertrauen in das Bioland-Siegel
Abb. 6: Vertrauen in das Fairtrade-Siegel
Abb. 7: Vertrauen in das Marine Stewardship Council Siegel
Abb. 8: Vertrauen in das Demeter-Siegel
Abb. 9: Vertrauen in das EU-Bio-Siegel
Abb. 10: Die wichtigsten Siegel für die Umfrageteilnehmer
Abb. 11: Bevorzugte Einkaufsmöglichkeiten
1 Einleitung
Unterschiedliche Nachhaltigkeitsthematiken rücken verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit und sind somit von besonderem Interesse für verschiedenste Anspruchsgruppen, insbesondere auch für die Verbraucher von Lebensmitteln. Die Berichterstattung in den öffentlichkeitswirksamen Medien, bezüglich des Klimawandels und verschiedenen Lebensmittelskandalen, führt zu einer zunehmenden Verunsicherung vieler Verbraucher. Ein Beispiel dafür aus der Vergangenheit ist der erhöhte Dioxinwert in Schweinefleisch und Eiern, welcher im Jahr 2011 in den Medien thematisiert wurde.[1] Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Lebensmitteln, welche weder eine Gefahr für die Umwelt, noch für die eigene Gesundheit darstellen, steigt. Seit mehreren Jahren sprechen Experten bereits von einer sich neu etablierenden soziokulturellen Bewegung, den sogenannten LOHAS, was für Lifestyle of Health and Sustainability steht.[2] Die Anhänger dieser Bewegung sind insgesamt kritisch, kaufkräftig, gebildet und vor allem ökologisch orientiert. Zudem konsumieren sie überproportional und bewusst biologisch produzierte Produkte, welche durch etwaige Nachhaltigkeitssiegel verfügen. Dies ist einer der Gründe, warum in der Lebensmittelindustrie der Trend zu biologisch angebauten Produkten, mit nachhaltigen Eigenschaften, fortlaufend stärker wird, und diese schließlich zunehmend gekennzeichnet werden, durch unterschiedliche Nachhaltigkeitssiegel, welche dem Verbraucher Sicherheit und Vertrauen in das Produkt vermitteln sollen.[3] Die unterschiedlichen Siegel, von denen sechs im Rahmen dieser Arbeit behandelt werden, orientieren sich jeweils an unterschiedlichen ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitskriterien, bezüglich des Vertriebs und des Anbaus von Lebensmitteln.
1.1 Problemstellung
Vergangene Untersuchungen belegen, dass sich ein Großteil der Verbraucher für Lebensmittelsiegel interessiert, jedoch ist die Mehrheit dieser Konsumenten nur unzureichend über die Bedeutung der verschiedenen Nachhaltigkeitssiegel informiert, da die Vielzahl der diversen Kennzeichnungen für Verwirrung sorgt. Dieser Umstand kann zur Verunsicherung der Verbraucher führen, wobei insbesondere in der Lebensmittelindustrie eine hohe Sensibilität bezüglich der Qualität von Produkten herrscht.[4] Nachhaltigkeitssiegel auf Lebensmitteln besitzen jedoch eine wichtige Informationsfunktion bezüglich der Verarbeitung, des Anbaus und der Herkunft der einzelnen Produkte und sind somit einflussnehmend auf die Kaufentscheidung von Verbrauchern. Lebensmittel nachhaltig einzukaufen und das damit verbundene gute Gewissen, kann somit ein bedeutender Kaufanreiz sein. Um Nachhaltigkeitskriterien in Form von Kennzeichnungen, beziehungsweise Siegeln, zielfördernd kommunizieren zu können, ist es notwendig, dass die Hersteller von Lebensmitteln Kenntnis darüber haben, welche nachhaltigkeitsrelevanten Informationen bei den Konsumenten ankommen, beziehungsweise welche Informationen oder Kriterien ihnen fehlen.[5]
1.2 Zielsetzung der Fallstudie
In der vorliegenden Arbeit habe ich mich, im Rahmen einer Fallstudie, mit der Relevanz von Nachhaltigkeitssiegeln für Lebensmittel beschäftigt. Insbesondere soll einerseits ermittelt werden, wie hoch der Bekanntheitsgrad bei den behandelten Siegeln ist, und zudem wie hoch das Vertrauen in die jeweiligen Siegel, seitens der Endverbraucher ist. Im Zuge dessen soll ebenfalls herausgefunden werden, wie gut sich die Verbraucher bezüglich Nachhaltigkeitssiegeln informiert fühlen und ob Siegel mit Nachhaltigkeitskriterien Einfluss auf die Kaufentscheidung von Lebensmitteln haben. In diesem Zusammenhang ist es von besonderem Interesse, herauszufinden was die Verbraucher unter dem Begriff Nachhaltigkeit verstehen und welche Nachhaltigkeitskriterien dahingehend für sie relevant genug sind, um die Kaufentscheidung letztendlich beeinflussen zu können.
Durch die Ergebnisse, der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Verbraucherbefragung, wird somit der Kenntnisstand bezüglich der behandelten Nachhaltigkeitssiegel, sowie hinsichtlich des Begriffs Nachhaltigkeit, ermittelt. Aus diesen Erkenntnissen werden Handlungsempfehlungen an die Lebensmittelindustrie, zum Zweck einer Optimierung von Kennzeichnungen mit Nachhaltigkeitsbezug, gegeben. Durch die empirische Erhebung soll unter anderem ermittelt werden, inwiefern sich nachhaltigkeitsrelevante Thematiken durch Siegel auf Produkten kommunizieren lassen. Des Weiteren sollen durch die Befragung, die Forschungsfragen dieser Fallstudie beantwortet werden. Die lauten:
Welche Nachhaltigkeitssiegel im Lebensmittelbereich sind den Endverbrauchern bekannt?
Wie groß ist das Vertrauen der Endverbraucher in diese Nachhaltigkeitssiegel?
2 Nachhaltigkeitsbegriff
In den letzten Jahren steht das Thema Nachhaltigkeit immer stärker im Fokus der Medien und somit auch der Gesellschaft. Allgemein wird nachhaltiges Handeln so beschrieben, dass die Lebensumstände der gegenwärtigen Generation verbessert werden sollen, und zugleich die Chancen zukünftiger Generationen nicht gemindert werden sollen.[6] Nachhaltige Entwicklung, wird im Abschlussbericht der Brundtland-Kommission definiert als „eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne die Lebensgrundlagen kommender Generationen zu gefährden“[7]. Jedoch muss ebenso bedacht werden, „dass Nachhaltigkeit ein regulatives Leitbild ist, dass keinen Zustand beschreibt, sondern einen Suchprozess“[8]. Gleichbedeutend damit, wird sowohl die Definition des Nachhaltigkeitsbegriff, als auch die unterschiedlichen Strategien zur Umsetzung von Nachhaltigkeit, fortlaufend diskutiert. Der Begriff Nachhaltigkeit beschreibt eher einen statischen Zustand, im Sinne der Erhaltung von bestehenden Ressourcen, wohingegen die nachhaltige Entwicklung prinzipiell einen Prozess darstellt. Dieser Prozess ist einerseits ausgerichtet auf die Verbesserung der Lebensumstände gegenwärtiger Generationen, und andererseits beinhaltet er ebenso eine aktiv umgesetzte Übernahme von Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen.[9]
Unterschiedliche Ansätze bestanden in der Vergangenheit auch bezüglich der Gewichtung von Prioritäten, im Rahmen von Nachhaltigkeitsstrategien. In einer Studie des Wuppertal-Instituts wurde, unter anderem vom BUND, das sogenannte Ein-Säulen-Konzept befürwortet.[10] Ebenso das Umweltbundesamt befürwortete dieses Konzept noch bis in das Jahr 2002, in seiner publizierten Veröffentlichung Nachhaltige Entwicklung in Deutschland.[11] Bei diesem Ansatz liegt der Fokus alleine auf der ökologischen Komponente. Dem Ein-Säulen-Konzept zur Folge, ist die Sicherung der gegenwärtigen, sowie zukünftigen Generationen, nur möglich, indem die Natur als Lebens- und Wirtschaftsgrundlage erhalten bleibt. Sowohl ökonomische, als auch soziale Defizite, sind demnach stets Ursache oder Folge von Umweltproblemen.[12] Das sogenannte Mehr-Säulen-Konzept hingegen beinhaltet die drei Säulen Ökonomie, Ökologie und soziales. Diese drei Ebenen sind innerhalb des Konzepts als gleichwertig anzusehen. Das Modell wird auch als Magisches Dreieck nachhaltiger Entwicklung bezeichnet.[13] Die Darstellung des Konzepts als Dreieck soll dabei die Gleichberechtigung der einzelnen Ebenen verdeutlichen. Wenn eine der Ebenen im Dreieck wegfällt, bringt dies damit das ganze System zum Einstürzen. Die Ebenen bedingen sich somit gegenseitig.[14] Nachfolgend wird das Dreieck der Nachhaltigkeit nochmals grafisch dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Dreieck der Nachhaltigkeit (Quelle: Rogall [2018], S. 46)
2.1 Relevanz von Nachhaltigkeit im Bereich Ernährung
Insbesondere im Hinblick auf unsere Ernährung, nimmt das Thema Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle in unterschiedlichen Bereichen ein. Beispielsweise in der Landwirtschaft, sowie der Verarbeitung, dem Handel, dem Transport und dem Konsum von Nahrungsmitteln.[15] Aus dem Bericht The state of food and agriculture, von der Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) geht hervor, dass die Anzahl der mangel- oder unterernährten Menschen im Jahr 2010 bei 925 Millionen lag.[16] Bereits im Jahr 2002 wurde beim UN-Nachhaltigkeitsgipfel in Johannesburg das Ziel beschlossen, die Zahl der Menschen bis ins Jahr 2015 zu halbieren, welche noch keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser hatten.[17] Verschiedene Faktoren wie das Bevölkerungswachstum, politische Umstände oder ökologische Veränderungen durch den Klimawandel erschwere die Erreichung derartiger Ziele immens und sind unter anderem die Gründe für eine anhaltende Mangelernährung in den Entwicklungsländern.[18]
Durch die steigende Wahrnehmung und Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, bezüglich Thematiken wie der Umweltzerstörung und ebenso der sozialen Ungerechtigkeit, ist sowohl bei Unternehmen, als auch bei Endverbrauchern ein bewussteres und ethischeres Verhalten im Hinblick auf Lebensmittel fest zu stellen.[19] Doch was es genau beinhaltet, sich nachhaltig zu ernähren, ist schwierig zu konkretisieren. In dem Artikel Ernährung und Klima, welcher 2010 von Koerber und Kretschmer verfasst wurde, gaben diese Handlungsempfehlungen diesbezüglich ab. Zunächst einmal sollen Endverbraucher vorwiegend Produkte aus ökologischem Landbau konsumieren, da diese energieschonender sind und zudem weniger Treibhausgase produzieren. Außerdem sollen vor allem regionale Lebensmittel gekauft werden, um überflüssige Transportwege zu verhindern. Des Weiteren empfehlen die Experten, saisonale Produkte zu konsumieren, da das Haltbarmachen von Lebensmitteln, nur durch den Verbrauch großer Energiemengen zu erreichen ist. Zudem weisen sie auf die Klimaauswirkungen hin, welche durch den Fleisch- und Milchkonsum verursacht werden. Insbesondere bei der Rinderhaltung werden immense Mengen an Methan, Kohlendioxid und Lachgas freigesetzt.[20] Mit ihren Ausführungen legen die beiden Experten somit den Schwerpunkt vor allem auf die ökologische Komponente der Nachhaltigkeit. Um jedoch als Endverbraucher ebenso die ökonomischen Ziele der Nachhaltigkeit zu fördern, müssen zudem auch Überlegungen bezüglich des Anbaus und des Handels von gekauften Produkten angestrebt werden. Dies beinhaltet beispielsweise eine faire Bezahlung von Produzenten in den Entwicklungsländern. Die dritte Komponente, die soziale Nachhaltigkeit, befasst sich unter anderem mit der Einhaltung von Sozialstandards und Menschenrechten in den Produktionsländern, sowie mit einer artgerechten Tierhaltung und der Abschaffung von Kinderarbeit.[21]
In Deutschland ist in den letzten Jahren ein deutlich erhöhtes Konsumbedürfnis hinsichtlich nachhaltig produzierter Produkte zu vernehmen. Für viele Verbraucher und insgesamt eine breiter gewordene Bevölkerungsschicht, gewinnt sowohl die soziale Verantwortung, als auch ein ökologisch bewussterer Konsum zunehmend an Bedeutung.[22] Die von Nestlé im Jahr 2011 durchgeführte Studie, So is(s)t Deutschland 2011, bei welcher mehr als 10.000 Menschen erfasst wurden, hat diesen Trend, insbesondere bezüglich des Konsums von regional produzierten Lebensmitteln, bestätigt. Ebenso wurde jedoch durch die Studie festgestellt, dass der Begriff Nachhaltigkeit zu diesem Zeitpunkt noch nicht jedem Verbraucher bekannt ist. Zwar hatten etwa zwei Drittel der Umfrageteilnehmer den Begriff schon einmal gehört, jedoch konnten davon weniger als die Hälfte diesen definieren, beziehungsweise beschreiben welche Inhalte Bestandteil des Thema Nachhaltigkeit sind.[23]
Die vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durchgeführte empirische Erhebung, Umweltbewusstsein in Deutschland 2010, ergab ebenfalls, dass über die Hälfte der Befragten bevorzugt Produkte fair gehandelte Produkte kaufen und sogar über 70% bewusst Gemüse und Obst aus regionalem Anbau kaufen. Dennoch hatten mehr als 40% der Befragten noch nie den Begriff Nachhaltige Entwicklung gehört.[24] Dementsprechend ist auch hier erkennbar, dass die Mehrheit der Endverbraucher zwar nachhaltig handeln, jedoch oft nicht ausreichend informiert sind, im Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit. Demnach ist vielen Verbrauchern der Inhalt des Begriffs Nachhaltigkeit bekannter als der Begriff selber.[25]
3 Nachhaltigkeitssiegel im Lebensmittelbereich
Um Unterschiedliche Produkteigenschaften kommunizieren zu können, nutzen Lebensmittelhersteller Label oder Siegel auf Produkten als Kennzeichnung. Einerseits haben diese Kennzeichnungen eine Identifikationsfunktion, indem sie den Verbraucher über die Lebensmittelherkunft informieren, andererseits sollen sie den Konsumenten auf etwaige Qualitätsstandards hinweisen.[26] Da die Anzahl der verschiedenen Siegel jedoch weiter zunimmt, wird es für Verbraucher zunehmend schwieriger, den Überblick bezüglich der unterschiedlichen Aussagen und Kriterien der einzelnen Siegel im Lebensmittelbereich zu behalten. Neben Siegeln die ausschließlich vergeben werden, falls exakt definierte Standards im Hinblick auf den Handel, die Beschaffenheit oder die Herstellung eines Produktes vergeben werden, existieren zudem Siegel, bei denen die Vergabekriterien intransparent erscheinen.[27] Damit Verbraucher jedoch nachhaltiger einkaufen können, sind Informationen hinsichtlich sozialer, sowie ökologischer Merkmale von Produkten, eine unabdingbare Voraussetzung. Dabei handelt es sich meist um Vertrauenseigenschaften, die für den Kunden alleine nur schwer zu beurteilen sind. Somit ist es von großer Bedeutung, dass diese Verbraucherinformationen glaubwürdig sind.[28]
Insgesamt lässt sich also zusammenfassen, dass die Funktion von Siegeln darin besteht, den Verbraucher zu informieren und ihm somit die Auswahl der konsumierten Lebensmittel zu erleichtern. Eine weitere Studie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, mit dem Titel Umweltbewusstsein in Deutschland 2010, ergab damals, dass mehr als 40% der Studienteilnehmer, welche das Bio-Siegel kennen, während des Einkaufs von Lebensmitteln auch auf diese Kennzeichnung achten. Ebenso ließ sich auf Basis dieser Studie feststellen, dass 42% der Teilnehmer Produkte bevorzugen, die fair gehandelt wurden und sogar 36% der Befragten Unternehmen boykottieren, die durch ihre Produktion oder ihren Handel für eine Umweltschädigung verantwortlich sind.[29] Es wird also erkennbar, dass viele Endverbraucher, dieser Studie nach, sensibel bezüglich Nachhaltigkeitsthematiken sind und sich dementsprechend von Nachhaltigkeitssiegeln in ihrem Kaufverhalten beeinflussen lassen. Die Siegel werden nach verschiedenen Kriterien vergeben und stehen somit für jeweils bestimmte Produkteigenschaften.[30]
3.1 Arten von Nachhaltigkeitssiegeln
In Deutschland existieren unterschiedliche Arten von Siegeln. Diese lassen sich einteilen in Regionalzeichen, Gütezeichen, Sozial-und Umweltzeichen, sowie Kennzeichnungen für Eigenmarken.[31] Das Deutsche Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V. ist für die Anerkennung und Überwachung von etwa 160 verschiedenen Gütezeichen zuständig. Gütezeichen erfüllen insbesondere die Aufgabe, auf die Sicherheit und Haltbarkeit von Produkten hinzuweisen. Zwar werden Gütezeichen für verschiedene Produkte vergeben, beispielsweise auch aus dem Baubereich, jedoch haben sie ihren Platz ebenso in der Ernährungswirtschaft.[32] Beispielsweise ist das DLG-Siegel, welches von der Deutschen Landwirtschafts Gesellschaft vergeben wird, ein sogenanntes Gütezeichen und bewertet unterschiedliche sensorische Eigenschaften, wie die Verarbeitung oder die Rohstoffauswahl, von Lebensmitteln.[33] Ebenso erkennen auch Handelsketten und Lebensmittelproduzenten zunehmend, dass sich immer mehr Endverbraucher an den Kennzeichnungen orientieren und nutzen somit Siegel auf Eigenmarken. Ein Beispiel dafür ist das Rewe Bio Siegel, mit dem die Rewe-Gruppe ihre Bioprodukte der Eigenmarke kennzeichnet.[34] Aussagen der Rewe-Group nach, gehen die eigens gesetzten Ansprüche, bezüglich der Nachhaltigkeitskriterien, über die Standards des allgemeinen Bio-Siegels hinaus, womit die Erschaffung des eigenen Siegels hauptsächlich begründet wird.[35] Von Experten wird jedoch kritisiert, dass sie Siegel auf Eigenmarken lediglich Teil einer Marketingstrategie sind, da die Kennzeichnungen optisch meist an bekannte Standardsiegel angepasst werden und diese nachahmen.[36] Die Regionalzeichen haben insbesondere die Funktion, die Produkte von regional ortsansässigen Produzenten zu vermarkten und somit Auskunft über deren Herkunft zu geben. Beinahe jedes Bundesland hat ein eigenes Regionalzeichen, wobei das bayrische am weitesten verbreitet ist. Diese Siegel lassen sich als Mittel zur staatlichen Absatzförderung beschreiben und werden von den jeweiligen Landwirtschaftsministern der Landesministerien gefördert.[37] Die sogenannten Sozial- und Umweltzeichen sind in ihrer Anzahl sehr umfangreich. Diese Kennzeichnungen haben meist verschiedene Schwerpunkte und setzen sich nach unterschiedlichen Vergabekriterien zusammen. Die relevantesten Siegel, die einen Nachhaltigkeitsbezug aufweisen, werden im nachfolgenden Kapitel nochmals ausführlicher dargestellt, sowie deren Bedeutung erläutert. Die Nachhaltigkeitssiegel, die im Rahmen dieser Fallstudie Anwendung gefunden haben und Teil der empirischen Erhebung waren, enthalten alle jeweils nachhaltigkeitsbezogene Komponenten. Die Schwerpunkte bezüglich der Nachhaltigkeitskriterien können dabei abweichen und erstrecken sich beispielsweise von Umweltschutz, über ökologischen Landbau, bis hin zu fairem Handel oder auch kontrollierter Fischerei.[38]
[...]
[1] Vgl. Recktenwald [2011], S. 97 ff.
[2] Vgl. Absatzwirtschaft [2008], o.S.
[3] Vgl. Wenzel/Kirig/Rauch [2008], S. 82 f.
[4] Vgl. Bauer [2009], S. 70 f.
[5] Vgl. Weber [2011], S. 62 ff.
[6] Vgl. Grundwald/Kopfmüller [2006], S. 7.
[7] Hauff [1987], S. 46.
[8] Erdmann et al. [2003], S. 12.
[9] Vgl. Grundwald/Kopfmüller [2006], S. 7 f.
[10] Vgl. Loske/Böhmer [1996], o.S.
[11] Vgl. Umweltbundesamt [2002], o.S.
[12] Vgl. Grundwald/Kopfmüller [2006], S. 41.
[13] Vgl. Grundwald/Kopfmüller [2006], S. 46.
[14] Vgl. Kleine [2009], S. 84.
[15] Vgl. Umweltbundesamt [2002], S. 109
[16] Vgl. FAO [2011], S. 65.
[17] Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit [2002], o.S.
[18] Vgl. Grundwald/Kopfmüller [2006], S. 90 f.
[19] Vgl. Zander/Hamm [2010], S. 53.
[20] Vgl. von Koerber/Kretschmer [2010], S. 6 ff.
[21] Vgl. Müller-Röttig [2010], S. 2.
[22] Vgl. Weber [2011], S. 59.
[23] Vgl. Nestlé Deutschland AG [2011], S. 4 f.
[24] Vgl. Borgstedt/Christ/Reusswig [2010], S. 85 f.
[25] Vgl. Bergmann [2005], S. 101.
[26] Vgl. Strecker et al. [2010], S. 165.
[27] Vgl. Weber [2011], S. 67.
[28] Vgl. Schrader/Schoenheit/Hansen [2003], S. 15.
[29] Vgl. Borgstedt/Christ/Reusswig [2010], S. 86 f.
[30] Vgl. Weber [2009], S. 4
[31] Vgl. Weber [2009], S. 4
[32] Vgl. RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V. [o.J.], o.S.
[33] Vgl. DLG e.V. [2019], o.S.
[34] Vgl. Bundesverband Die Verbraucher Initiative e.V. [2011], o.S.
[35] Vgl. REWE Markt GmbH [o.J.], o.S.
[36] Vgl. Weber [2009], S. 3
[37] Vgl. Zühlsdorf/Franz [2010], S. 2.
[38] Vgl. Teufel et al. [2009], S. 11 f.
- Quote paper
- Daniel Koch (Author), 2019, Die Relevanz von Nachhaltigkeitssiegeln für Lebensmittel aus Verbrauchersicht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/510678
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