Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema der Darstellung des Nationalsozialismus in Filmen anhand der Beispiele ,,Schindlers Liste’’ von Steven Spielberg und Tim Blake Nelsons ,,die Grauzone’’, welche beide eine Gegensätzliche Darstellung des Holocaust darbieten.
Die Erinnerung an den Nationalsozialismus, welcher Ende des 19. Jahrhunderts entstand, Hitlers Theorie der Rassenhygiene und das Streben nach der Aufrechterhaltung der Reinheit der Rasse soll auch in der heutigen Gegenwart noch präsent gehalten werden. Über sechs Millionen Juden kostete diese NS-Ideologie das Leben, ganze Bevölkerungsgruppen wurden systematisch verfolgt und vernichtet. Da es aber mit den Jahren immer weniger Zeitzeugen gibt, braucht es andere Mittel um diese Erinnerung aufrecht zu erhalten um vor Wiederholungen zu schützen.
Hierbei spielt das Medium Film eine wichtige Rolle. Es wird nicht nur ein großes Publikum erreicht, Geschichten werden als wahr empfunden und die eigene Erinnerung wird beeinflusst. Durch das Kino wird eine Form der Dramaturgie hergestellt und aus ,,History wird story’’. Jedoch stellt sich an dieser Stelle nun die Frage ob der Holocaust, welcher mit einer schrecklichen Grausamkeit verbunden wird, nicht der Gefahr unterläuft ,verharmlost’ zu werden. Ein Regisseur welcher diese Meinung vertritt spricht von einer Einzigartigkeit des Holocausts, welcher sich mit einer Grenze umgibt, ,,die nicht überschritten werden darf, weil ein bestimmtes, absolutes Maß an Gräuel nicht übertragbar ist.’’ Die Fiktionalisierung ist eine Übertretung dieser Grenze. Es wird von einer ,,Undarstellbarkeit dieses Ereignisses ausgegangen, an der jeder Versuch, den Holocaust als ,,innere Erfahrung’’ und in seiner Bedeutung als ,,kulturellen Bruch’’ vorzustellen und zu verstehen, unangemessen ist und scheitern muss.’’
1. Einleitung
Die Erinnerung an den Nationalsozialismus, welcher Ende des 19. Jahrhunderts entstand, Hitlers Theorie der Rassenhygiene und das Streben nach der Aufrechterhaltung der Reinheit der Rasse soll auch in der heutigen Gegenwart noch präsent gehalten werden. Über sechs Millionen Juden kostete diese NS-Ideolo- gie das Leben, ganze Bevölkerungsgruppen wurden systematisch verfolgt und vernichtet. Da es aber mit den Jahren immer weniger Zeitzeugen gibt, braucht es andere Mittel um diese Erinnerung aufrecht zu erhalten um vor Wiederholungen zu schützen. ,,Das Medium Film hat sich als sehr wirkmächtig erwiesen, was die Vermittlung, die Deutung und letztlich Gestaltung von Geschichte be- trifft.”[1] Es wird nicht nur ein großes Publikum erreicht, Geschichten werden als wahr empfunden und die eigene Erinnerung wird beeinflusst. Durch das Kino wird eine Form der Dramaturgie hergestellt und aus „History wird story’’.[2] [3] Jedoch stellt sich an dieser Stelle nun die Frage ob der Holocaust, welcher mit einer schrecklichen Grausamkeit verbunden wird, nicht der Gefahr unterläuft ,verharmlost’ zu werden. Ein Regisseur welcher diese Meinung vertritt spricht von einer Einzigartigkeit des Holocausts, welcher sich mit einer Grenze umgibt, ,,die nicht überschritten werden darf, weil ein bestimmtes, absolutes Maß an Gräuel nicht übertragbar ist.’’3 Die Fiktionalisierung ist eine Übertretung dieser Grenze. Es wird von einer ,,Undarstellbarkeit dieses Ereignisses ausgegangen, an der jeder Versuch, den Holocaust als „innere Erfahrung’’ und in seiner Bedeutung als „kulturellen Bruch’’ vorzustellen und zu verstehen, unangemessen ist und scheitern muss.’’[4]
Jedoch bleibt trotzdem die Forderung bestehen das Geschehen über dieses historische Ereignis präsent zu halten und genau diese Schwierigkeiten der Dar- stellbarkeit des Holocausts verweisen auf Grenzen des Darstellbaren. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema der Darstellung des Nationalsozialismus in Filmen anhand der Beispiele „Schindlers Liste’’ von Steven Spielberg und Tim Blake Nelsons ,,die Grauzone'', welche beide eine Gegensätzliche Darstellung des Holocaust darbieten. Die Arbeit gliedert sich in drei Teile. Zunächst untersuche ich die verschiedenen visuellen Zugänge zur Ikonografie des Grauens in Schindler's Liste anhand einzelner Sequenzen. Als nächstes gehe ich auf die verschiedenen Darstellungen des Holocaust in dem Film ,,die Grauzone” ein. Abschließend werde ich beide Filme anhand von einzelnen Szenen und Motiven vergleichen, um in meinem Fazit auf die Frage einzugehen, ob es denn eine richtige oder falsche Darstellung des Holocaust gibt.
2. Steven Spielbergs „Schindler’s Liste’’
Nationalsozialistische Filme ziehen oft publizistische Kontroversen nach sich. Auch Steven Spielbergs Film „Schindlers Liste’’, erschienen 1993, war ein Medienereignis, das eine Debatte auslöste, die sich um die Darstellungen des Holocaust bezog.5 Zeugen dieser Massenvernichtung, ,,die wenig Überlebenden, die noch das Grauen bezeugen können’’, nehmen aufgrund des hohen Alters immer mehr ab und ,,nur Bilder [sind] imstande (...), ihre Erinnerungen wenigstens in Bruchstücken einer fernsehsüchtigen Nachwelt zu überliefern.’’[5] [6] Steven Spielberg folgt bei seinem Film „Schindler’s Liste’’ „beinahe vollständig einer Ästhetik von Nachbildungen (...) und [verdichtet] Bildzitate zu stereotypen Formen der Holocausterzählung.’’[7] Der Verweis auf historische Vorbilder gelingt Spielberg unter anderem durch die Verwendung von Nachbildungen des Holocaust.[8] Des Weitern bezieht er sich auch auf „filmische Hypotexte, auf die sich Schindler’s List als Hypertext bezieht.’’[9] Schindlers Liste wird einem neuen Genre des Films zugeordnet, dem ,,Holocaust-Film’’[10], zusammengefügt aus ,,intertextuel- len Anspielungen und Verweisen auf kinematografische Genres’’[11]. Er entstand aus historischem Bildmaterial, das überliefert wurde und im Film auf die Novelle von Thomas Keneally ausgerichtet wird, diese basiert auf Erinnerungen der Schindler Juden, die den Holocaust überlebt haben.[12] Inhaltlich erzählt Schindlers Liste die wahre Geschichte von Oscar Schindler, einem Deutschen NSDAP- Mitglied mit viel Einfluss, der circa 1.200 jüdische Zwangsarbeiter vor der Deportation rettete und sie für seine Emaillewaren-Fabrik anwarb. Anfangs geht es Schindler rein um den Profit, da die Juden billige Arbeitskräfte sind. Jedoch ändert sich dies, nachdem er selbst Zeuge der Räumung des Krakauer Ghettos wird. Mithilfe seines Buchhalters Itzhak Stern, kommt die Liste zustande in der alle jüdischen Arbeiter aufgelistet sind, die für ihn arbeiten dürfen und somit nicht in ein Konzentrationslager deportiert werden können und demzufolge überleben. Am Ende des Films muss Oscar Schindler selbst fliehen. Er verabschiedet sich von seinen Arbeitern, von denen er einen Ring als Abschiedsgeschenk bekam, mit der Aufschrift ,,Wer nur ein Leben rettet, rettet die ganze Welt“. Nach dem Abschied ziehen die überlebenden Zwangsarbeiter ins ,gelobte Land’ nach Israel.«
2.1 Ikonen des Holocaust in „Schindlers Liste’’
Der Holocaust ist der rote Faden und das zentrale Thema in Schindlers Liste und ,,in semiotischer und dramaturgischer Zuspitzung verwendet Schindlers Liste zahlreiche Ikonen des Holocaust und flicht sie geschickt in die Spielhandlung ein.’’« Eine dieser Ikonen des Holocaust, die Gaskammer, wird in einer wichtigen Szene in Steven Spielbergs Film gezeigt, in der es zu einer irrtümlichen Deportation von jüdischen Arbeiterinnen von Schindler, in das Konzentrationslager Auschwitz kommt. Obwohl sie vehement protestieren, dass sie nicht hierher gehören, da Schindlerjuden sind, werden sie in einen Duschraum getrieben. Dort werden ihnen die Haare abgeschnitten und sie müssen sich ausziehen. Sowohl die Arbeiterinnen als auch die Zuschauer müssen davon ausgehen, dass es nun zur Vergasung kommt.« Als sich die Metalltüre schließt, erlebt der Zuschauer eine Schlüssellochperspektive oder auch einen „Schlüssellochblick auf das kommende Sterben’’[13] [14] [15] [16], durch ein Guckloch, das sich in der Türe befindet. Als es dunkel wird, hört man Schreie und Wimmern der Frauen. Nahaufnahmen vom Inneren der Gaskammer sowie von den angsterfüllten Gesichtern der Arbeiterinnen steigern noch einmal die Spannung erheblich. Als das Licht wieder angeht, fließt aus den Duschvorrichtungen kein Zyklon-B, sondern Wasser.[17] Dies stellt den Höhepunkt dieser Szene dar und die Frauen sind überglücklich, „strecken ihre Arme nach oben und empfangen die erlösenden Tropfen wie einen Segen.’’[18]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Screenshot 1: Schindlers Liste, Duschraum Szene (02:36:56).
Auch wenn man sich als Zuschauer darauf einstellt, den schonungslosen Einblick in das Sterben in einer Gaskammer zu erleben, respektiert Steven Spielberg diese Grenze ,,die das Schreckliche, das wir noch begreifen können, vom unvorstellbaren Grauen trennt’’.[19] Aus der Furcht, der Angst und auch dem Mitleid, das der Zuschauer empfindet[20], wird eine „reinigende Katharsis’’[21]. Diese ,Duschraum-Szene’ führt zu einer starken Emotionalisierung bei den Zuschauern, der man sich auch in anderen Szenen von „Schindler’s Liste’’ schwer entziehen kann.[22] Manuel Köppen untersuchte die Darstellung der Grausamkeit in seiner Studie „Bilder des Holocaust’’. Er „spricht von ,einer terminologischen Verschiebung des Betroffenheits-Diskurses’’[23]. Durch den Einblick in die vermeintliche Gaskammer und einen wirkungsvollen Ausdruck der Schmerzerfahrung bei den Arbeiterinnen wird Authentizität erreicht.[24] Dadurch wird den Zuschauem ,,das Gefühl vermittelt, die Bilder zu sehen, die das Archiv- Material verweigert.’’[25]
Der „souveräne Einsatz aller filmkünstlerische[r] Mittel (...) [und der damit verbundenen] Mechanik der Emotionserzeugung”[26], macht es schwer sich dieser zu entziehen, vor allem bei Szenen, die Angst und Gewalt verkörpern. Bevor die Schindlerjuden in die vermeintliche Gaskammer gedrängt werden, zeigt der Film ,,die etablierten Signifikanten der Vernichtungslager, wie Baracken, Wachtürme, das Lagertor von Ausschwitz, ein[en] rauchende[n] Schornstein, aber auch Asche, die an einem schönen Tag in Flocken vom Himmel regnet.’’[27]
3. Tim Blake Nelson ,,die Grauzone’’
Der Film ,,die Grauzone’’ von Tim Blake Nelson, erzählt von zwei Handlungsebenen, zum einen von dem i2.-ten inhaftierten Sonderkommando, das einen heimlichen Aufstand im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau plant. In der benachbarten Munitionsfabrik „Union” sind Frauen zur Zwangsarbeit eingeteilt, denen es gelingt Schießpulver dem Sonderkommando zu liefern. Einige von ihnen werden jedoch erwischt und durch Folterung von den nationalsozialistischen Aufsehern gezwungen, zu erzählen für wen das Schießpulver bestimmt war.
Die zweite Handlungsebene handelt von einem Mädchen, das die Gaskammer überlebt hat und vom Sonderkommando gefunden wird. Sie bringen das Mädchen zu dem ungarisch-jüdischen Arzt Miklos Nyiszli, der in engem Kontakt zu dem Oberscharführer Muhsfeldt steht, der gerüchteweise von der Rebellion erfahren hat. Als der Oberscharführer das Mädchen entdeckt, erzählt der ungarische Arzt ihm von dem Aufstand, um sie zu beschützen.[28],,Beide Handlungsebenen werden durch zwei ungeheuerliche Ereignisse verbunden, zwei unglaubliche Ausnahmen.’’[29] Auf der einen Seite das Überleben des Mädchens, auf der anderen Seite ein weiteres Ausnahmeereignis, der Aufstand des Sonderkommandos.
[...]
[1] Schultz, Sonja M. (2012, S. 12).
[2] Ebd. S. 12.
[3] Wermke, Michael (1996).
[4] Paech, Joachim. (2003, S. 13).
[5] Vgl. Schultz, Sonja M. (2012, S. 242).
[6] Kilb, Andreas (1994).
[7] Ebbrecht, Tobias. (2011, S. 184).
[8] vgl. Ebd. S.185
[9] Ebd. S.185.
[10] vgl. Ebd.
[11] Ebd.
[12] vgl. Ebd.
[13] Vgl. Schindlers Liste (D 1993).
[14] Schultz, Sonja M. (2012, S. 240).
[15] vgl. Ebd. S.238.
[16] Schultz, Sonja M. (2012, S. 239).
[17] vgl. Schultz, Sonja M. (2012, S. 239).
[18] Ebd.
[19] Kilb, Andreas (1994).
[20] vgl. Schultz, Sonja M. (2012, S. 239).
[21] Ebd.
[22] vgl. Ebd. S.238.
[23] Ebd. S.239.
[24] vgl. Ebd.
[25] Ebd. S. 239.
[26] Ebd.
[27] Schultz, Sonja M. (2012, S. 240).
[28] vgl. Die Grauzone (Us 2001).
[29] Erbrecht, Tobias. (2011, S. 220).
- Arbeit zitieren
- Nicole Kramer (Autor:in), 2018, Wie wird der Nationalsozialismus in Filmen dargestellt?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/508882
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