Mit den Umbruchjahren 1989-1991 stürzte das von der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg installierte System sozialistischer Staaten wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich in sich zusammen. Die Gesellschaften dieser abgewirtschafteten Staaten drängten nicht nur wegen der kurzfristigen Erfahrungen der Wendezeit, freiheitlich-marktwirtschaftliche Systeme westlichen Vorbildes zu verwirklichen. Von Anbeginn des Ostblockes zog sich eine Kette von Unruhen durch die Länder, so dass eine grundlegende Aversion gegen die Zugehörigkeit zum sozialistischen Lager deutlich wird. Mindestens ist dazu bemerkenswert, dass es einer vom Selbstverständnis nach im Range einer Weltmacht stehenden Hegemonialmacht Europas nicht gelang, über die Zeit von 1945 bis 1989 eine Konsolidierung des eigenen Blockes herbeizuführen.
Gebetsmühlenartig wird auf die Schwächen der Planökonomie mit Folgen wie der Unterversorgung durch Konsumgüter hingewiesen, um diese Reserviertheit gegenüber Moskau zu erklären. Dennoch könnte es sich dabei nur um ein Symptom eines insgesamt krankhaften Zustandes handeln, dessen Wurzeln in der Bündnispolitik Moskaus zu suchen sind. Drei große Säulen sowjetischer Bündnispolitik in Osteuropa sind erkennbar: 1956 war allerdings die politische Dachorganisation (KomInform) als Preis für die Wiederannäherung von Jugoslawien an die Sowjetunion gescheitert. Das Element des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe wurde ebenfalls früh fragwürdig, nahm man doch bereitwillig Länder zur Befestigung des politischen Einflusses auf, jedoch mit mangelhaftem wirtschaftlichen Nutzen.
Exemplarisch soll daher der Warschauer Pakt, als dritter, militärischer Bestandteil, darauf untersucht werden, ob die Organisation des Bündnisses sowie Art und Weise des sowjetischen Umgangs mit Bündnis, Partnern und Reformen das falsche Werkzeug für die Sicherung des Moskauer Einflusses in Europa bildeten.
Zunächst wird das historischen Umfeldes bei der Gründung des Warschauer Paktes 1955 erkundet, um auf die Stärke der sowjetischen Ausgangsituation in der Nachkriegsordnung rückzuschließen. Im nächsten Teil erfolgt eine umfassende Diskussion der Strukturen und Inhalte des Paktes in verschiedenen Phasen seines Bestehens. Zentral ist jedoch für eine Bewertung die Zäsur des Prager Aufstands von 1968. Die These dieser Arbeit ist, dass die Unaufhaltsamkeit am Niedergang des Ostblockes spätestens mit dieser Krise festgelegt war und konsequent in den Zusammenbruch der Jahre 1989/91 mündete.
Inhaltsverzeichnis
- Kommunistische Welt und Warschauer Pakt 1955-1989
- Über das Wasserschöpfen mit einem Sieb
- Die historische Lage zur Gründung des Paktes
- Strukturen, Inhalte und die Frage nach der Stärke
- Verhandlungsmasse (1955-1964)
- Krise (1964-1974)
- Zentralismus statt Reform (1974-1981)
- Partnerschaftliches Bündnis oder geordneter Rückzug?
- Fanal für den Niedergang: Prag, 21. August 1968
- Der „Prager Frühling" und seine bündnispolitische Bedeutung
- Die Paktparteien und die Intervention
- Über den Faktor des militärischen Oberbefehls der Sowjets
- Befehlsempfänger: Erstickter Ruf nach Reform
- Spätester Beginn des Niederganges?
- Weltmacht oder „weltblind"?
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Geschichte des Warschauer Paktes von 1955 bis 1989, insbesondere mit dem Prager Frühling 1968 und seinen Folgen für das Bündnis. Sie analysiert die Strukturen und Inhalte des Paktes in verschiedenen Phasen seines Bestehens und untersucht die Frage, ob die Organisation und der sowjetische Umgang mit dem Bündnis das richtige Werkzeug für die Sicherung des Moskauer Einflusses in Osteuropa waren.
- Die historische Lage zur Gründung des Warschauer Paktes
- Die Strukturen und Inhalte des Warschauer Paktes in verschiedenen Phasen seines Bestehens
- Der Prager Frühling 1968 und seine Auswirkungen auf das Bündnis
- Die Rolle des militärischen Oberbefehls der Sowjetunion im Warschauer Pakt
- Die Frage, ob die Sowjetunion tatsächlich eine Weltmacht war oder ob sie ihre Fähigkeiten überschätzte
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die historische Lage zur Gründung des Warschauer Paktes. Es wird gezeigt, dass die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg aus einer Position der Schwäche heraus agierte, und die Gründung des Paktes als Reaktion auf die wachsende Bedrohung durch den Westen interpretiert. Die Sowjetunion suchte nach einem Mittel, um ihre Interessen in Osteuropa zu sichern und ihre Hegemonie zu festigen.
Das zweite Kapitel analysiert die Strukturen und Inhalte des Warschauer Paktes in verschiedenen Phasen seines Bestehens. Es wird eine Periodisierung vorgenommen, die an den Regierungszeiten sowjetischer Führer orientiert ist. In der ersten Phase von 1955 bis 1964 wird der Pakt primär als Verhandlungsmasse betrachtet. Von 1964 bis 1974 steht der Pakt in der Krise, die durch die Ereignisse in Berlin und Kuba ausgelöst wurde. In der dritten Phase von 1974 bis 1981 wird die Reformfähigkeit des Paktes und die sowjetische Politik des Zentralismus diskutiert. Das Kapitel endet mit der Frage, ob der Warschauer Pakt ein partnerschaftliches Bündnis oder ein hegemoniales Kontroll- und Druckmittel war.
Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Prager Frühling 1968 und seinen Folgen für das Bündnis. Es wird die Bedeutung des Prager Aufstandes für die sowjetische Hegemonie und die Auswirkungen der Intervention des Warschauer Paktes auf die Paktreformen der frühen 1970er Jahre untersucht. Die These des Autors ist, dass die Niederschlagung des Prager Frühlings den Niedergang des Ostblockes einleitete.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Warschauer Pakt, die Sowjetunion, Osteuropa, der Prager Frühling 1968, die sowjetische Hegemonie, die Reformierbarkeit des Sozialismus, die Bündnispolitik, die militärische Intervention und die Frage nach der Weltmacht.
- Citation du texte
- Nico Nolden (Auteur), 2006, Kommunistische Welt und Warschauer Pakt 1955-1989. Prager Frühling 1968 - Herbst des Paktes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50699
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