Diese Bachelorarbeit widmet sich dem Thema Mediation, einer Form der Konfliktbewältigung, und untersucht, inwiefern sich Mediation auch in betriebswirtschaftliche Abläufe integrieren lässt. Unter der Themenstellung "Über den Einsatz von Mediation zur Lösung innerbetrieblicher Konflikte aus einer unternehmensstrukturellen Sicht und daraus resultierender Implementierungsvorschläge" wird erörtert, welchen Nutzen innerbetriebliche Mediation stiften kann. Darüber hinaus steht die Frage im Raum, was bei der Einführung von Mediation als Tool des Konfliktmanagementsystems zu beachten ist. Diese Untersuchung ist daher in zwei Abschnitte unterteilt. Zunächst wird sich eingehend mit den theoretischen Bestandteilen von Konflikten, Mediation und Konfliktmanagementsystemen beschäftigt, um einen geeigneten Zugang zu diesem Themenbereich zu schaffen und ein einheitliches Verständnis zu entwickeln. Darauf folgend werden die theoretischen Erkenntnisse mit den Erfahrungen aus der Praxis abgeglichen. Als Vergleichsgrundlage dienen dabei Experteninterviews mit Mediatoren und Personalmanagern verschiedener Unternehmensformen und Branchen. Die Expertise dieser Personen wird genutzt, um mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen einen Implementierungsvorschlag zu unterbreiten. Dabei stehen auch Fragen nach Stärken, Schwächen, Vor- und Nachteilen von Mediation als innerbetriebliches Konfliktmanagementsystem im Vordergrund.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Der Konflikt
2.1.1 Definition
2.1.2 Konfliktarten und -dimensionen
2.1.3 Die neun Eskalationsstufen
2.1.4 Konflikte in der Praxis: Unternehmenstypische Konflikte
2.1.5 Psychologische Aspekte von Konflikten und ihre Folgen
2.2 Mediation
2.2.1 Definition und Wortherkunft
2.2.2 Geschichtliche Herkunft der Mediation
2.2.3 Prinzipien und Methodik der Mediation
2.2.4 Verlauf und Phasen der Mediation
2.2.5 Methoden und Techniken der Mediation
2.2.6 Vorteile durch Mediation
2.3 Betriebliches Konfliktmanagement
3 Theorie-Praxis-Transfer
3.1 Marktanalyse für Mediationsdienstleistungen
3.2 Untersuchungsmethode und Herangehensweise: Experteninterviews
3.2.1 Suche und Auswahl der Experten
3.2.2 Interviewform und –struktur
3.3 Auswertung der Experteninterviews
3.4 Conclusio
3.4.1 SWOT-Analyse
3.4.2 Zielgerichtete Empfehlungen zur Implementierung von Mediation
4 Schlussbetrachtung
4.1 Fazit und Ausblick
4.2 Persönliche Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
Abstract
Diese Bachelorarbeit widmet sich dem Thema Mediation, einer Form der Konfliktbewältigung, und untersucht, inwiefern sich Mediation auch in betriebswirtschaftliche Abläufe integrieren lässt. Unter der Themenstellung „Über den Einsatz von Mediation zur Lösung innerbetrieblicher Konflikte aus einer unternehmens- strukturellen Sicht und daraus resultierender Implementierungsvorschläge“ wird erörtert, welchen Nutzen innerbetriebliche Mediation stiften kann. Darüber hinaus steht die Frage im Raum, was bei der Einführung von Mediation als Tool des Konfliktmanagementsystem zu beachten ist. Diese Untersuchung ist daher in zwei Abschnitte unterteilt. Zunächst wird sich eingehend mit den theoretischen Bestandteilen von Konflikten, Mediation und Konfliktmanagementsystemen beschäftigt, um einen geeigneten Zugang zu diesem Themenbereich zu schaffen und ein einheitliches Verständnis zu entwickeln. Darauf folgend werden die theoretischen Erkenntnisse mit den Erfahrungen aus der Praxis abgeglichen. Als Vergleichsgrundlage dienen dabei Experteninterviews mit Mediatoren und Personalmanagern verschiedener Unternehmensformen und Branchen. Die Expertise dieser Personen wird genutzt, um mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen einen Implementierungsvorschlag zu unterbreiten. Dabei stehen auch Fragen nach Stärken, Schwächen, Vor- und Nachteilen von Mediation als innerbetriebliches Konflikt- managementsystem im Vordergrund.
This bachelor thesis illustrates the topic mediation, a type of dispute resolution, and examines the implementation of mediation in business processes. Within the title „About the use of mediation for solving in-firm conflicts out of an organisational framework and a proposal for an implemenation of mediation processes“ the advantages and benefits of mediation will be discussed. Furthermore, the implementation of mediation as a tool of a conflict management system is a central aspect in this thesis. According to this, this survey is splitted in two paragraphs. First, the scientific theory of conflicts, mediation and conflict management systems will be argued with the objective of getting access to this theoretical subject and of establishing an unique understanding. Then, the theoretical information will be checked against the operating and practical knowledge. The basic for the comparison are interviews with practical fellows consisting of mediators and human resource managers out of divers corporate organizations and niches. The operating know how is used to make a proposal for implementing mediation. Also strength, weakness, opportunities and threats of mediation will be presented.
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Stufen der Konflikteskalation nach Glasl
Abb. 2: Das Eisberg-Modell nach Besemer
Abb. 3: Bedürfnispyramide nach Maslow
Abb. 4: Verhaltensmuster in Konfliktsituationen
Abb. 5: Fünf-Phasen-Modell der Mediation
Abb. 6: Das optimale Konfliktniveau
Abb. 7: Der Konfliktwürfel
Abb. 8: Komponenten und Elemente im Konfliktmanagement
Abb. 9: Übersicht der angesprochenen Experten
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Anfang dieses Jahres haben die Technologieunternehmen Samsung und Apple ein Mediationsverfahren begonnen, um Rechtsstreitigkeiten wegen möglicher Patentverletzungen außergerichtlich zu lösen (Süddeutsche Zeitung, 2014). Mediation ist dabei in aller Munde und erfreut sich als Form der alternativen Streitbeilegung größter Beliebtheit. Dabei ist das Einsatzspektrum weitgefasst. Beginnend bei Nachbarschaftsstreitigkeiten bis hin zu Konflikten zwischen Unternehmen und Bürgern wie beispielsweise dem Mediationsverfahren zwischen einem Übertragungs- netzbetreiber und einer Bürgerbewegung bei Fragen zum Stromnetzausbau in Hagen (Blog.mediation.de, 2014). Oder eben auch bei Streitigkeiten zwischen Konzernen wie Apple und Samsung. Die Popularität von Mediation belegt auch eine Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Roland Rechtsschutzversicherung. Demnach ist nicht nur allein die Bekanntheit von Mediation in Deutschland gestiegen, sondern auch das Vertrauen und die Akzeptanz in diese Form der Streitbewältigung. Mittlerweile sind 48 Prozent der Deutschen „der Meinung, dass sich durch die Mediation viele Streitigkeiten beilegen lassen“ (Roland Rechtsschutz-Versicherungs- AG, 2014, S.9). Neben den bereits erwähnten Einsatzmöglichkeiten nimmt die Beliebtheit von Mediation natürlich auch in Unternehmen immer mehr zu. Diese Bachelorarbeit widmet sich daher dem Thema Mediation und untersucht, inwiefern sie sich auch in betriebswirtschaftliche Abläufe integrieren lässt. Unter der Themenstellung „Über den Einsatz von Mediation zur Lösung innerbetrieblicher Konflikte aus einer unternehmensstrukturellen Sicht und daraus resultierender Implementierungs- vorschläge“ wird erörtert, welchen Nutzen innerbetriebliche Mediation bringen kann.
Ein steigender Wettbewerb und Kostendruck zwingt Unternehmen zu immer mehr Effizienz. Auftretende innerbetriebliche Konflikte sind wiederum kostenintensiv und binden Kapazitäten, die für den wirtschaftlichen Betrieb notwendig sind und behindern damit den betrieblichen Ablauf. Mediation, als alternative Form der Streit- und Konfliktbewältigung, kann dabei die Lösung im Spannungsfeld zwischen betriebswirtschaftlicher Effizienz und innerbetrieblichen Konflikten darstellen. Dabei weist Mediation als Konfliktlösungsmethode eine erstaunliche Erfolgsquote auf: Zwischen 70 und 80 Prozent aller weltweit geführten Mediationsverfahren haben einen positiven Ausgang (Kleinhans, 2014a). Mediation ist dabei insgesamt betrachtet günstiger als zeit-, ressourcen- und kostenintensive Gerichtsverfahren.
In welcher Form also Mediation in innerbetriebliche Abläufe integriert werden kann und was die theoretischen Zusammenhänge zwischen den Termini Mediation, Konflikt und Konfliktmanagementsystem sind, wird in der folgenden Bachelorarbeit untersucht. Schlussendlich werden konkrete Implementierungsvorschläge für Mediation unter- breitet.
2 Theoretische Grundlagen
Zu Beginn dieser Untersuchung wird sich eingehend mit theoretischen Fragestellungen in Bezug auf Konflikte, Mediation und dem betrieblichen Konfliktmanagement auseinandergesetzt. Dieses Kapitel dient dazu, Grundlagen für den Zugang und das Verständnis zum späteren Theorie-Praxis-Transfer zu ermöglichen und einen fundierten Implementierungsvorschlag für betriebliche Mediation zu unterbreiten. Die einzelnen Abschnitte folgen einer deduktiven Logik, sodass zunächst eine globale Sicht auf den Terminus erfolgt, ehe wichtige weitere Aspekte dieses Kontextes untersucht werden.
2.1 Der Konflikt
Ausgangspunkt und Anlass für Mediation sind Konflikte. Aus diesem Grund soll sich in diesem Kapitel zunächst mit den theoretischen Grundlagen des Themas Konflikt auseinandergesetzt werden. Zu Beginn wird eine definitorische Annäherung an den Begriff erfolgen, ehe verschiedene Konfliktarten und Eskalationsstufen vorgestellt werden. Anschließend wird auf unternehmenstypische Konflikte eingegangen. Zuletzt werden psychologische Implikationen durch Konflikte erörtert.
2.1.1 Definition
Ziel dieses Abschnitts ist es, eine zielführende Begriffserklärung für Konflikte zu liefern und dabei eine Unterscheidung zwischen Konflikten und Nicht-Konflikten möglich zu machen. Eingangs ist erwähnenswert, dass der Konfliktbegriff in mehreren Wissenschaftsdisziplinen von Interesse ist. Sowohl die Psychologie, als auch Soziologie, Politikwissenschaften, Pädagogik, Biologie bis hin zu Wirtschafts- wissenschaften, Ökonomie und der Theologie beschäftigen sich mit Konflikten. Jede Disziplin hat aufgrund verschiedener Perspektiven und Ansätzen ein unterschiedliches Verständnis des Konfliktbegriffs. So stellt eine psychologische Begriffsklärung mehr intrapsychische Aspekte in den Vordergrund, während ein wirtschafts- wissenschaftlicher Konfliktbegriff eher auf Anreize und spieltheoretische Implikationen abzielt (Baranova, 2009). Deshalb existiert bisweilen keine einheitliche Konflikt- definition. Grundsätzlich handelt es sich bei einem Konflikt um eine Situation, in der Gegensätze aufeinander treffen. Dies spiegelt sich auch in der Wortherkunft wider. Der Begriff Konflikt hat sich etymologisch aus dem Lateinischen „conflictus“ entwickelt und bedeutet so viel wie Zusammenstoß und Kampf (Wenzel, 2008). Aber eine Situation mit differenzierten Meinungen und Positionen alleine, erzeugt noch keinen Konflikt. Vielmehr kommt es auf die Art und Weise an, wie die Konfliktparteien mit diesen Differenzen umgehen (Rabe & Wode, 2014). Aus einer weiter gefassten psycho- logischen Herangehensweise können Konflikte verstanden werden als
„das Aufeinandertreffen von zwei miteinander unvereinbaren Handlungstendenzen. Bestehen diese innerhalb einer Person, spricht man von einem inneren (intrapersonalen) Konflikt, bestehen sie zwischen verschiedenen Personen, von einem sozialen (interpersonalen, interindividuellen oder zwischenmenschlichen) Konflikt“ (Nolting, 1990, S. 552).
Ein sozialer Konflikt liegt dann vor, wenn „das Erleben einer Unvereinbarkeit der Überzeugungen oder Interessen mindestens zweier Parteien (Personen oder Gruppen) und die Aktivitäten dieser Parteien die erlebte Unvereinbarkeit – wie und womit auch immer – zu überwinden“ (Nerdinger, Blickle & Schaper, 2011, S. 112). Aus einer sozio- logischen Perspektive heraus ist ein Konflikt „jede Beziehung zwischen Elementen (…), die sich durch objektive (latente) und subjektive (manifeste) Gegensätzlichkeiten kennzeichnen lässt“ (Dahrendorf, 1961, S. 201f.). Und die Wirtschaftswissenschaften sehen einen Konflikt, „wenn zwei oder mehr Entscheidungsträger nicht gleichzeitig die in ihrem Sinne optimale oder befriedigende Alternative realisieren können, wobei ein interindividueller Konflikt eine Teilmenge von Entscheidungsinterdependenzen ist“ (Kirsch, 1977, S. 71).
Da im Rahmen dieser Untersuchung soziale Konflikte in Organisationsformen im Vordergrund stehen, soll dieser Aspekt detaillierter betrachtet werden. Friedrich Glasl sieht soziale Konflikte als
„eine Interaktion zwischen Aktoren (Individuen, Gruppen, Organisationen usw.), wobei mindestens ein Aktor Unvereinbarkeiten im Wahrnehmen, Denken, Vorstellen und/ oder Fühlen und/ oder Wollen mit einem anderen Aktor in der Art erlebt, dass im Realisieren seiner Ziele eine Beeinträchtigung durch den anderen Aktor (Aktoren) erfolgt“ (Glasl, 1990, S. 14f.)
Allen Definitionen gemein ist die Existenz eines Interessensgegensatzes. Die schwache Abgrenzung zu Begriffen wie Verhandlung, Konkurrenz, Wettbewerb und Aggression führt zu einem inflationären Gebrauch des Wortes Konflikt. Aus diesem Grund soll an dieser Stelle eine Abgrenzung zu den gerade aufgeführten Begrifflichkeiten stattfinden. Sowohl Verhandlungen als auch Konflikten wohnt ein Interessenskonflikt inne. Das Unterscheidungskriterium liegt in der Verfolgung gemeinsamer Ziele. Bei Verhandlungen verfolgen die Parteien ein gleiches Ziel. Allerdings kann eine Verhandlung bei negativem Verlauf in einen Konflikt münden (Regnet, 2000). Auch ein ausgeprägter Konkurrenzkampf bzw. Wettbewerb ist per se kein Konflikt und darf daher nicht stellvertretend verwendet werden. Aber auch eine Wettbewerbssituation kann sich zu einem Konflikt entwickeln. Schwierig ist eine Unterscheidung zu dem Begriff der Aggression, da Konflikte oftmals in einem erhöhten Aggressionsniveau auftreten. Aggressionen sind aber dabei vielmehr Begleit- phänomene von Konflikte und auch ohne Konflikte auftreten können (Baranova, 2009).
Zusammenfassend lässt sich ein Konflikt anhand von drei Komponenten erkennen: Es müssen erstens Interessensgegensätze und/ oder divergierende Handlungspläne von Parteien vorliegen. Dies muss zweitens von den Beteiligten subjektiv als Streitpunkt wahrgenommen werden. In Summe führt dies zur dritten Komponente, der Verhaltensänderung aufgrund subjektiv wahrgenommener Interessenskollision (Baranova, 2009). Konflikte sind unbeliebt, da sie, wie erwähnt, mit Begleit- erscheinungen wie Aggressionen auftreten. Konflikte können aber auch eine „Möglichkeit der Veränderung, Verbesserung, des Fortschritts, der Meinungsvielfalt und der Lösung von Problemen“ (Disselkamp, Eyer, Rohde & Stoppkotte, 2004, S. 18) sein. In diesem Sinne können Konflikte auch als Chance zur positiven Veränderung wahrgenommen werden. Folgend wird sich nun mit den verschiedenen Konfliktarten auseinandergesetzt.
2.1.2 Konfliktarten und –dimensionen
Wie gerade gezeigt, ist ein Kriterium für Konflikte die Existenz eines Interessensgegensatzes oder unvereinbarer Bedürfnisse. Diese können naturgemäß unterschiedlich geartet sein und je nach Art der Auseinandersetzung differenziert werden. An dieser Stelle werden deshalb verschiedene Konfliktarten und Dimensionen vorgestellt, welche eine Typologisierung ermöglichen sollen. Altmann, Fiebiger und Müller liefern eine übergeordnete Klassifizierung nach dem Gegenstand von Konflikten (Altmann, Fiebiger & Müller, 1999).
Der sogenannte Zielkonflikt entsteht, wenn Personen, Gruppen oder Institutionen verschiedene Ziele und Werte verfolgen und verschiedene Zielauffassungen hinsichtlich ihrer Interessen und ihrer Motive besitzen. Diese verschiedenen Beweg- gründe führen wiederum zu einseitiger oder gegenseitiger Behinderung (Tries, Reinhardt, 2008).
Beim Mittel- oder auch Wegekonflikt herrscht zwar Übereinstimmung hinsichtlich der gemeinsamen Ziele, allerdings weicht die Vorstellung darüber, wie dieses Ziel erreicht wird, voneinander ab. Die Wege zum gleichen Ziel werden also von den Parteien unterschiedlich bewertet. Der Konflikt an sich beeinflusst dabei die Zielerreichung negativ: „Der bestehende Mittelkonflikt behindert (…) die Qualität des sozialen Systems bzw. die zwischen den sozialen Systemen“ (Tries, Reinhardt, 2008, S. 70).
Verteilungskonflikte, als dritte Konfliktart, treten auf, wenn soziale Gruppen „unterschiedlich an erstrebenswerten Gütern partizipieren und dadurch Neid und Benachteiligungen hervorgerufen werden“ (Altmann, Fiebiger & Müller, 1999, S. 31). Die Konfliktparteien streiten also über Ressourcen und Güterverteilung.
Ein Rollenkonflikt liegt vor, wenn an eine Person von verschiedenen Seiten und Anspruchsgruppen verschiedene Erwartungen gerichtet werden und „in bestimmten Funktionen in ein Feld gegensätzlicher Rollenerwartungen eingespannt ist“ (Altmann, Fiebiger & Müller, 1999, S. 32).
Eine ebenfalls auf die Konfliktgegenstände abzielende Abgrenzung von Konfliktarten hat Moore vorgenommen. Demnach lassen sich Konflikte nach Informationskonflikte, Interessenskonflikte, Beziehungskonflikte, Werte- und abschließend Strukturkonflikte unterscheiden (Moore, 1986).
Nach der Art des Auslebens kann man Auseinandersetzungen ebenfalls unterscheiden. Diese Einteilung nach Erscheinungsform macht eine Unterteilung in latente, manifeste, heiße und kalte Konflikte möglich. Latente Konflikte liegen dann vor, wenn „in den objektiven Positionen sowie in den Zielen der Konfliktbeteiligten Gegensätze bereits vorhanden sind, diese aber noch nicht zum feindseligen Verhalten geführt haben“ (Baranova, 2009, S. 27). Ist diese Schwelle überschritten, treten manifeste Konflikte auf. Diese sind von einem äußerst aggressiven Verhältnis geprägt. Sind die Konfliktparteien übermäßig von ihrer Position und ihren Interessen überzeugt und versuchen sie die eigenen Ideale im Gegenüber zu manifestieren, liegen heiße Konflikte vor: „Dabei scheuen sie nicht das Aufeinanderprallen, sondern suchen meist die Begegnung mit der Konfliktpartei“ (Schmidt, 2008, S. 21). Darüber hinaus kommt es zu emotionalen Ausbrüchen der Beteiligten wodurch aufgestaute Energie entladen wird. Im Wesentlichen geht es bei heißen Konflikte um Glaubenssätze, „die realisiert werden sollen und von denen die anderen Beteiligten überzeugt werden müssen (Baranova, 2009, S. 27). Demgegenüber stehen kalte Konflikte. „Sie zeichnen sich durch tiefe Enttäuschung, Desillusionierung und Frustration aus“ (Schmidt, 2008, S. 21). In dieser Konfliktsituation gibt es keine verbindenden Ideen mehr und die Beteiligten reagieren sarkastisch, zynisch und werden von keinerlei moralischen oder ethischen Bedenken über ihr eigenes Verhalten bedrückt (Baranova, 2009).
Unterscheidet man Konflikte nach den Eigenschaften der Konfliktparteien lassen sich zwei weitere Arten identifizieren: Intrapersonale sowie Interpersonale/ intergruppale Konflikte. Intrapersonale Konflikte tauchen bei Einzelpersonen auf und sind eine Art innerer Konflikt, der auftritt, sobald die Person aus Alternativen entscheiden muss. Sie sind insbesondere in der Psychologie von Interesse, stellen aber keinen sozialen Konflikt dar, der in dieser Untersuchung maßgeblich ist. Die vom Konflikt ausgelösten Implikationen sind allerdings auch hier interessant: „Blockaden innerhalb sozialer Konflikte können unter Umständen dadurch aufgelöst werden, dass die inneren Konflikte den Konfliktparteien bewusst gemacht werden“ (Baranova, 2009, S. 28). Interpersonale Konflikte bzw. intergruppale Konflikte entstehen durch Persönlichkeits- merkmale wie Leistungsmotivation, Machtstreben und Misstrauen. Sie können sowohl Auslöser und Ursache des Konfliktes sein, aber auch zur Lösung des Konfliktes beitragen (Baranova, 2009).
Konflikte können aber nicht nur ihrer Art nach unterschieden werden. Sie sind Artefakte, die auf verschiedenen Wirkungsebenen auftreten. Dabei kann man Konflikte auch nach ihrer Dimension untergliedern und sie in Sach- und Beziehungsebenen ordnen. Es können dabei Konflikte hinsichtlich Ziele, Ressourcen und Bewertungen der Sachebene und hinsichtlich Einstellungen, Sympathien und Antipathien der Beziehungsebene zugeteilt werden. Die jeweiligen Ebenen wirken aber auch wechselseitig: „Wenn einem Konflikt eine negative Beziehungsebene zugrunde liegt, kann davon ausgegangen werden, dass Entscheidungen auf der Sachebene darunter leiden“ (Eckhart, 2003, S. 21). Um diese Wechselwirkungen und Zuordnungen besser zu verstehen, können drei Dimensionen eingeführt werden: die sachlich- intellektuelle Dimension (bspw. Konflikte über Ziele, Mittel und Wege und Bewertungs- und Beurteilungskonflikte), die sozio-emotionelle Dimension (Beziehungskonflikte) und schließlich der wertmäßig- kulturelle Dimension wie zum Beispiel Wertekonflikte (Eckhart, 2003).
2.1.3 Die neun Eskalationsstufen
In diesem Abschnitt soll der Konfliktverlauf untersucht werden. Ein Konflikt kann sich in zweierlei Hinsicht entwickeln. Ein zwar vorliegender Konflikt führt nicht zwangsläufig zu einer problematischen Situation. Dies ist vor allem im betrieblichen Kontext denkbar, wenn Abmahnungen oder Kündigungen ein gewisses Maß an Selbstbeherrschung bzw. Einschränkungen verlangen. Wird er allerdings offen ausgetragen, hängt der Konfliktverlauf wesentlich von den Persönlichkeitsdispositionen, der Leistungs- und Anreizstruktur, dem vorherrschenden sozialen Druck sowie den existierenden Normen ab (Baranova, 2008).
Innerhalb der Konfliktforschung hat sich ein Neun-Phasen-Modell durchgesetzt, das einen Konflikt zeitlich einteilt. Friedrich Glasl prägte dabei den Terminus „Neun Eskalationsstufen eines Konfliktes“. Dabei wird ein Konflikt als dynamischer und neunstufiger Prozess betrachtet. Für jede Eskalationsstufe wird die Intensität der Aus- einandersetzung und Möglichkeiten zur Konfliktlösung beschrieben. Der Eskalations- prozess ist dabei eine Abwärtsbewegung, in deren Verlauf sich der Konflikt sukzessive zuspitzt (Glasl, 1990).
„Die jeweilige Eskalationsstufe kann an den verbalen Äußerungen, der Körpersprache, den Strategien und Verhaltensweisen sowie an der gesamten Gesprächsatmosphäre der Konfliktparteien identifiziert werden. Die Zuordnung zu einer Eskalationsstufe ist wiederum stark von der Wahrnehmung der betrachtenden Person abhängig“ (Wenzel, 2008, S. 64).
Die neun Eskalationsstufen sind dabei Verhärtung (1), Debatte und Polemik (2), Taten statt Worte (3), Images und Koalitionen (4), Gesichtsverlust (5), Drohstrategien (6), Begrenzte Vernichtungsschläge (7), Zersplitterung (8) und Gemeinsam in den Abgrund (9). Während dieser Stufen und Phasen spitzt sich der Konflikt zunehmend und schneller zu. Die Streitparteien verändern währenddessen auch ihr Verhalten und überschreiten sogenannte Regressionsschwellen: „Sie fallen zunehmend in wenig reflektierte, irrationale Reaktionsmuster zurück. Die eigenen Handlungsmöglichkeiten werden immer stärker eingeengt, weil Handlungsalternativen zunehmend ausgeschlossen werden“ (Kals & Ittner, 2008, S. 31).
Stufe 1 – Verhärtung. In dieser ersten Phase der Konflikteskalation treffen die jeweiligen differierenden Positionen aufeinander, erste Spannungen treten auf. Die Standpunkte der Konfliktparteien verhärten sich und eine rasche Einigung wird unmöglich, dies erkennen auch die beteiligten Parteien. Allerdings finden weiterhin Gespräche und Kooperationsbemühungen statt (Glasl, 1990).
Stufe 2 – Debatte und Polemik. In der zweiten Stufe polarisieren Denken, Fühlen und Wollen und die Haltung der Konfliktparteien wird unnachgiebig (Oboth & Weckert, 2014). Die Parteien verfolgen die Absicht, das Gegenüber mit der eigenen Argumentation und vom eigenen Standpunkt zu überzeugen. Verbale Konfrontationen häufen sich daher zunehmend. Die Verhärtung der Diskussion führt dazu, dass sich die Konfliktparteien nicht mehr als gleichwertig betrachten, „sie streben in ihren Beziehungen nach Vorrangstellung, d.h. kompetitives Verhalten tritt auf“ (Baranova, 2008, S. 32). Darüber hinaus kommt es zur Stereotypisierung des Streitgegners und erste manipulative Techniken werden eingesetzt. Es kommt schließlich zur Polarisierung, zu Misstrauen und dem Streben nach Überlegenheit, auch durch Bestätigung eines Dritten (Wittschier, 2002).
Stufe 3 – Taten statt Worte. Bei den ersten beiden Eskalationsstufen war das gesprochene Wort Mittel der Wahl. In der nun folgenden Phase werden Worte durch Taten als Mittel der Auseinandersetzung ersetzt. Mehr und mehr verschwindet die Empathie für die Position des Streitgegners. Die Parteien „beginnen, einander vor vollendete Tatsachen zu stellen. Indem Fakten geschaffen werden, beschleunigen sich die Ereignisse“ (Oboth & Weckert, 2014, S. 83). Außerdem nimmt die Emotionalität des Disputes zu, sodass die Parteien auch Persönliches zum Gegenstand der Auseinandersetzung machen. In dieser Eskalationsstufe wird die Beziehung zwischen den Beteiligten zum Hauptproblem der Diskussion. Die ursprünglich sachliche Meinungsverschiedenheit tritt zurück, der Tonfall wird aggressiv bis polemisch und psychologische Machtspiele werden häufiger (Kals & Ittner, 2008).
Stufe 4 – Image und Koalitionen. Ab dieser Stufe verlagert sich der Konflikt nun von einer Sach- auf eine Beziehungsebene. Abwehrmechanismen der Streitparteien treten auf und es geht darum, „sich vom anderen nicht ‚unterkriegen‘ zu lassen“ (Kals & Ittner, 2008, S. 32). Die Selbstwahrnehmung und Reflexion des eigenen Verhaltens verändert sich in dieser Phase. Während man von sich selbst ein durchweg positives Bild hat, bilden sich starke, negative Stereotypen. Darüber hinaus wird der Versuch unternommen, Unterstützung von Dritten zu erhalten und dadurch die eigene Position durchsetzen zu können. Hier werden auch Unbeteiligte in die Konfliktsituation mit einbezogen.
Stufe 5 – Gesichtsverlust. In Phase fünf der Konflikteskalation bringt eine Partei die andere Partei dazu, ihr Gesicht zu verlieren, indem sie die Gegenpartei in der Öffentlichkeit bloß stellt und ihr moralische Schwächen vorwirft (Oboth & Weckert, 2014). In diesem Sinne wird das eigene Image stilisiert, somit liegen keine Bedenken vor, sich gegen- und wechselseitig zu schaden. Die Mittel der Wahl sind dabei Diskriminierungen, Diskreditierungen und Diffamierungen mit dem Ziel, den Counterpart zu „entlarven“ und sozial auszuschließen (Wittschier, 2002). Von nun an scheinen Kompromisse auch nicht mehr möglich.
Stufe 6 – Drohstrategien. In der sechsten Entwicklungsstufe dominiert eine Situation von Drohung und Gegendrohung, mit der Absicht, Kontrolle über den Konflikt zu erhalten: „Machtdemonstrationen wie etwa erpresserische Forderungen führen zu Handlungszwängen, um nicht schwach zu erscheinen und Glaubwürdigkeit zu bewahren“ (Oboth & Weckert, 2014, S. 85). Allerdings liegt in den Drohungen noch die Hoffnung, diese nicht umsetzen zu müssen. Wenn die gegnerische Partei mit einer Gegendrohung reagiert, kommt es zu einer Drohungsspirale, die den Konflikt weiter eskalieren und ein unkontrollierbares Aggressionsniveau erreichen lässt: „Somit führen die Drohstrategien nicht zur Eindämmung des Konfliktes, sondern zu einer weiteren Radikalisierung und einem explosiven Anwachsen der Gewalt“ (Baranova, 2008, S. 33).
Stufe 7 – Begrenzte Vernichtungsschläge. Von nun an bemerken die Konfliktparteien, dass „gewinnen“ nicht mehr möglich ist. Zu sehr haben sich die Gegner mürbe gemacht. Im Vordergrund steht daher in der siebten Stufe der Eskalation das eigene Überleben (Glasl, 1990). Neben der eigenen Existenzsicherung soll aber auch weiterhin die Existenz des Gegners erschüttert werden. Taktierungen, psychologische Spiele, Lügen und Täuschungen werden immer häufiger, bei gleichzeitig immer einseitiger werdender Kommunikation. Dies führt dazu, dass „Signale zum Deeskalieren oder Beenden des Konflikts übersehen bzw. missverstanden [werden]“ (Baranova, 2009, S. 33). Ab dieser Eskalationsstufe kann der Konflikt nur noch autoritär entschieden werden.
Stufe 8 – Zersplitterung. Die gegenseitigen Vernichtungsaktionen nehmen zu. Handelt es sich um einen Gruppenkonflikt ist es das Ziel, die Gruppe zu zersplittern, indem einzelne Mitglieder ausgespielt werden. Aber auch bei Individualkonflikten soll der Gegner von seinen Unterstützern auseinander dividiert werden (Oboth & Weckert, 2014).
Stufe 9 – Gemeinsam in den Abgrund. In dieser Situation kann der Konflikt nicht mehr gelöst werden. Eine gemeinsame Selbstvernichtung wird in Kauf genommen, die Situation gleicht kriegsähnlichen Zuständen und das Handeln ist für Außenstehende nicht mehr nachvollziehbar. Eine Chance, auf Umkehr ist ebenfalls nicht mehr denkbar bzw. machbar (Glasl, 1990).
Glasl sieht in diesen neun Phasen auch drei übergeordnete Stadien. Die Stufen eins bis drei bilden dabei die sogenannte Win-Win-Phase, in der alle Konfliktparteien noch Aussicht auf ein positives Ende haben und den Konflikt selbst regeln können. In den beiden darauffolgenden Stufen, der Win-Lose-Phase, ist nur noch eine Null-Lösung möglich, „bei dem eine Konfliktpartei zwar in ihren Augen gewinnen kann – aber nur auf Kosten der anderen Partei“ (Kals & Ittner, 2008, S. 33). Eine Deeskalation des Konflikts ist hier aber aus eigener Kraft nicht mehr möglich. Die Lose-Lose-Phase zeichnet sich in der siebten bis neunten Eskalationsstufe ab. Im Vordergrund steht nun die Zerstörung des Gegenübers und der Konflikt hat eine unkontrollierbare Eigendynamik entwickelt (Kals & Ittner, 2008). Folgende Abbildung soll die Phasen und Stadien noch einmal darstellen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Stufen der Konflikteskalation nach Glasl
(Eigene Darstellung in Anlehnung an Kals & Ittner, 2008, S. 34).
Hinter diesen Eskalationsstufen, die die Dynamik eines Konfliktverlaufes beschreiben, liegen auch Verhaltensmuster und Eskalationsmechanismen, „die unterschiedliche Spannungsfelder im Konflikt beschreiben“ (Kals & Ittner, 2008, S. 35). Es können an dieser Stelle fünf Mechanismen ausgemacht werden: Generalisierung, Interpunktion, Projektion, Feindbilder und Sich-selbst-erfüllende Prophezeiungen. In der Ge- neralisierung neigen die Konfliktparteien dazu, anscheinend relevante Themen auszuweiten und den Streitgegenstand damit künstlich zu vergrößern. Außerdem wird das Handeln des Gegenübers selektiv wahrgenommen, was zur Bildung von Vorurteilen und Stereotypen führt. Der Mechanismus Interpunktion meint hingegen die Neigung von Konfliktparteien, das eigene Handeln als Reaktion auf das Handeln des Anderen zu bestimmen. Ein Teufelskreis zwischen Aktion und Reaktion verstärkt den Konflikt und verhindert die gemeinsame Suche nach Lösungen. Im Zuge eines Konfliktes werden eigene Schwächen und negative Eigenschaften nicht mehr wahrgenommen. Dafür werden aber ähnliche Eigenschaften bei der Gegenseite umso stärker wahrgenommen und gleichzeitig aufgegriffen. Durch Projektion auf den Streitgegner wird die eigene Unzulänglichkeit kompensiert. Der Mechanismus Feindbilder zielt auf die wechselseitige Wirkung zwischen Sach-, Beziehungs- und Personenebene ab. Der Konflikt wird dynamischer und verlagert sich sukzessive von der Sach- auf eine Personenebene. Es wird nicht mehr um Themen gestritten, sondern um Personen. Auch Sich-selbst-erfüllende Prophezeiungen spielen als Mechanismus für Konflikteskalation eine Rolle: „Grundlagen für diesen Mechanismus sind die Subjektivität unserer Wahrnehmungen verbunden mit einem ‚Naiven Realismus‘“ (Kals & Ittner, 2008, S. 36). Das meint, dass die eigene Sicht auf die Welt einer objektiven Wirklichkeit entspricht und andere Personen dies ebenso wahrnehmen. In eine Konfliktsituation übertragen bedeutet dies, dass man selbst nicht mehr das eigene Handeln hinterfragt (Kals & Ittner, 2008).
2.1.4 Konflikte in der Praxis: Unternehmenstypische Konflikte
Nachdem der Konfliktbegriff nun schon eingehend erörtert wurde, soll an dieser Stelle noch eine Schärfung des Themas stattfinden. Im Fokus dieser Untersuchung stehen Konflikte, die in Unternehmen auftreten.
Wie eingangs beschrieben, werden soziale Konflikte als Interaktion zwischen Akteuren definiert, in der eine Beeinträchtigung der eigenen Zielvorstellung und –erreichung wahrgenommen wird. Diese sozialen Konflikte sind natürlich auch im betriebs- wirtschaftlichen Umfeld denkbar, da in diesem sozialen Artefakt, abweichende Interessen von Individuen, Gruppen oder Organisationen aufeinander treffen. Sie können sich von unternehmensinternen Konflikten bis hin zu externen Konflikten wie mit Kunden oder anderen Stakeholdern erstrecken und vielfältige Ursachen haben. Grundsätzlich lassen sich Inhouse-Konflikte (unternehmensinterne Konflikte) von Business-to-Business-Konflikte wie Konflikte zwischen Unternehmung und relevanten Stakeholdern (inkl. Kunden, Zulieferern, Partnern, etc.) unterscheiden. Im Vordergrund dieser Untersuchung stehen jedoch Inhouse-Konflikte, da organisationsstrukturelle Aspekte fokussiert werden und sowohl die juristische Komponente als auch die Betrachtung weiterer wirtschaftsdynamischer Prozesse, aufgrund des Umfangs dieser Arbeit, außer Acht gelassen werden.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass selbstverständlich sämtliche zuvor vorgestellten Konfliktarten auch in Unternehmungen auftreten können. So lassen sich bestimmte Kriterien und Einordnungen auch in diesem speziellen sozialen System anwenden. Verfolgen einzelne Mitarbeiter oder Führungskräfte divergierende Ziele als die Organisation liegt zum einen Zielkonflikt vor, zum anderen handelt es sich dann um Konflikte zwischen Individuen und der Organisation: „Die Individuen entwickeln durch aufgrund individueller Motive und Bedürfnisse eine Vielzahl von Zielen. Diese decken sich jedoch nicht zwangsläufig mit den Zielen der Unternehmung“ (Jehle, 2007, S. 117). Diese Einzelinteressen können sich natürlich auch in Gruppen bündeln und so als soziale Einheit im Betrieb auftreten. Das Verhalten eines Einzelnen beeinflusst das Verhalten von Anderen und Wechselwirkungen treten ein. In diesem Fall spricht man von Konflikten von Gruppen in Organisationen. Mögliche Erscheinungsformen dieser Konfliktart sind Zielkonflikte, Führungskonflikte, Wahrnehmungs- und Frustrationskonflikte (Jehle, 2007). Ob ein solcher Konflikt vorliegt lässt sich dabei anhand der Gruppenmerkmale erkennen wie beispielsweise der Gruppengröße, - homogenität und dem Grad der Distanz zu neuen Mitarbeitern.
Wie sind die Konflikte von Gruppen in der Organisation allerdings geartet? Zielkonflikte liegen dann vor, wenn ein Einzelziel nicht mit den Zielen der Organisation übereinstimmt. Werden Ziele oder Wünsche Einzelner oder von Gruppen innerhalb des Unternehmens nicht hinreichend umgesetzt, wertgeschätzt oder gar beachtet, kann es zu Frustrationskonflikten kommen. Ist der Austausch von Informationen in Unternehmen beeinträchtigt und wissen einzelne Fachabteilungen mehr als andere oder halten gar Informationen vor, liegen sogenannte Kommunikationskonflikte im Unternehmen vor.
Eine weitere Konfliktform sind Wahrnehmungskonflikte. „Sie entstehen, wenn die Wahrnehmung eines Individuums verzerrt ist. Diese Wahrnehmung ist geprägt von den Erlebnissen, Erfahrungen und der Sozialisation des Individuums“ (Jehle, 2007, S. 117). Die Gründe dafür liegen meist in mangelnden Informationen und dem daraus resultierenden unterschiedlichem Kenntnisstand, unterschiedlichen Einstellungen oder einem zu gering ausgeprägtem Empathievermögen Einzelner.
Abschließend tauchen auch Führungskonflikte auf. Die Ursache hierfür liegt in der Ausgestaltung von Führungsaufgaben in Unternehmen, da Führen auch als Prozess der Beeinflussung verstanden werden kann: „Beeinflussung zielt auf die Veränderung des Verhaltens von Individuen. Jemand hat die Macht, wenn es ihm gelingt, andere dazu zu veranlassen, etwas zu tun, was diese nicht wollen. Wenn ein Einflussversuch eines Gruppenmitglieds durch Widerstand eines anderen Gruppenmitglieds beantwortet wird, impliziert Beeinflussung immer auch Konflikt“ (Naase, 1978, S. 137). Naturgemäß kommt es aber auch zu Konflikten zwischen Gruppen in der Organisation. Diese sind beispielsweise Anpassungskonflikte zwischen neuen und alten Mitarbeitern im Unternehmen: „Diese Probleme treten insbesondere bei Berufsanfängern/innen auf, die zusätzlich durch eine neue Umwelt und neue Rollen belastet werden“ (Jehle, 2007, S. 118).
Betrachtet man die Organisationsform ergeben sich ebenfalls Möglichkeiten, Konflikte einzuordnen. Wie bereits angesprochen, führen Informationsniveau, Zielvorstellungen und Einfluss zu Konflikten, welche unmittelbar von der Unternehmensorganisation und dem Aufbau beeinflusst werden können. Typische Konflikte hierfür sind zum Beispiel hierarchische Konflikte, Stab- Linien- Konflikte, Konflikte in Matrixorganisationen und Konflikte in Arbeitsgruppen (Pöpping, 2008, S. 4). In Betrieben gibt es zumeist mehrere Führungsebenen. Die dadurch entstehenden Unterschiede in Macht, Vergütung und Arbeitsinhalt lösen Konflikte aus (hierarchische Konflikte), die vor allem als Informationskonflikte, Wert- oder Loyalitätskonflikte auftreten (Jehle, 2007). In Stab- Linien-Organisationen hingegen tauchen vor allem Kompetenzkonflikte auf. Stab- Linien-Organisationen sind auch dadurch gekennzeichnet, dass betriebliche Funktionen und Planungsaufgaben in zwei Abteilungen getrennt werden. Das Konfliktpotential liegt vor, „da die Linienstellen regelmäßig für die Entscheidungen zuständig sind, während die Stabstellen über das spezielle Fachwissen verfügen, jedoch nicht über Entscheidungs- und Weisungskompetenzen verfügen“ (Jehle, 2007, S. 118). Bei Matrixorganisationen wiederum handelt es sich um ein mehr- dimensionales Organisationsmuster, bei denen Funktion (Bsp.: Beschaffung) und Objekt (bspw. Produkte oder Projekte) getrennt sind. Beispielsweise haben Mitarbeiter in Matrixorganisationen zwei Vorgesetzte, an die sie berichten. Konflikte entstehen hier durch unklare Loyalitäten und Zuständigkeiten, nicht eingehaltener Kommunikations- richtlinien und durch „Uneinigkeit in Zielen zwischen dem Projektteam und Fachbereichen, Unklarheiten in den Projektaufgaben und dem Kampf um knappe Ressourcen“ (Zülsdorf, 2008, S. 12). Konflikte in Arbeitsgruppen sind der Organisationseben zuzuordnen. Sie treten in Form von Beziehungskonflikten zum Vorschein und resultieren aus persönlichen Antipathien.
An dieser Stelle sollen mit Hilfe der Einführung des Begriffes struktureller Konflikte einige praxisnahe Konfliktbeispiele gegeben werden. Strukturelle Konflikte haben dabei ihre Ursache nicht im zwischenmenschlichen Bereich, sondern sind vielmehr „hausgemacht“ und der Organisationsstruktur geschuldet. „Bei strukturellen Konflikten sind es konkurrierende oder sich widersprechende Systeme, die aufeinanderstoßen. Strukturelle Konflikte sind im Vergleich zu zwischenmenschlichen Konflikten komplexer und oft nicht sofort zu erkennen“ (Zülsdorf, 2008, S. 15). Konflikte, die durch die Organisationsstrukturen und Arbeitsprozesse entstehen, können als strukturelle Konflikte bezeichnet werden. Ursachen hierfür sind rigide Arbeitsabläufe, Unklarheiten in Bezug auf Verfahren, Prozesse und Verantwortlichkeiten oder auch Überforderung (Zülsdorf, 2008). Konflikte durch unklare Schnittstellen zwischen Abteilungen sind ebenso strukturelle Konflikte. Sie treten dann auf, sobald „Aufgaben und Kompetenzen zwischen Abteilungen nicht eindeutig definiert sind“ (Zülsdorf, 2008, S. 12). Strukturelle Konflikte liegen aber auch dann vor, wenn verschiedene Denkstile aufeinandertreffen. Sie können sich in Kontinuität (Bewahren) und Diskontinuität (Innovation) äußern, aber auch in der Zuordnung verschiedener Disziplinen (Mitarbeiter Kommunikation vs. Mitarbeiter Marketing, „Typisch Juristen…“).
Strukturelle Konflikte haben ihre Ursache in der Infrastruktur, in die das Unternehmen eingebettet ist. Das schwerwiegendste Problem liegt aber in der Verlagerung des Konflikts auf die zwischenmenschliche Ebene, sodass Kollegen auch persönlich nicht mehr miteinander auskommen können und höhere Eskalationsstufen eintreten.
2.1.5 Psychologische Aspekte von Konflikten und ihre Folgen
Anlass und Ursache von Konflikten sind grundsätzlich analytisch zu unterscheiden, obwohl sie im Sprachgebrauch häufig als Synonym verwendet werden. Vielmehr gilt, dass die Konfliktursache den Ursprung des Konflikts darstellt, während sich der Anlass auf den Zeitpunkt der Konfliktphase bezieht (Zeichhardt, 2009). Dies kann zwar zeitlich übereinstimmen, eine Gleichsetzung der Begriffe ist allerdings nicht richtig. Wichtig ist diese Unterscheidung, „da dadurch Differenzen zwischen ‚sichtbarem‘ Sachkonflikt auf der Verhaltensebene und den wirklichen Konfliktursachen“ (Zeichhardt, 2009, S. 27) deutlich werden. Darauf macht auch das sogenannte Eisberg-Modell nach Besemer aufmerksam. Hinter einem Konflikt können sich verschiedene Interessen, gestörte Beziehungen, Probleme oder kulturelle Unterschiede, etc. verbergen, die allerdings nicht zum Vorschein kommen. Im Vordergrund stehen Sachkonflikte. Nach Besemer haben Konflikte und Eisberge eine Übereinstimmung, indem „ihre bestimmenden Wesensmerkmale nicht auf den ersten Blick sichtbar sind und erst erschlossen werden müssen“ (Wenzel, 2008. S. 35). Lediglich zehn Prozent eines schwimmenden Eis- berges sind sichtbar, der Rest und damit die kritische Masse, von der auch die Gefahren einer Kollision ausgeht, schwimmt unterhalb der Wasseroberfläche. Konflikte sind ähnlich konstruiert: „Wie bei einem Eisberg befindet sich der größere Teil der Hintergründe unsichtbar darunter. Zur Klärung des Konflikts ist es jedoch hilfreich oder notwendig, an diese verborgenen Ursachen heranzukommen“ (Besemer, 2013, S. 32), schließlich verbergen sich dort die relevanten Informationen (Isler, 2014).
Wie angedeutet, unterscheidet Besemer Konflikte also in zwei Ebenen. Zum einen die Ebene des sichtbaren Konflikts und zum anderen die Ebene der Konflikthintergründe. Während Positionen, Forderungen, Vorwürfe, Schuldzuweisungen und Du-Botschaften den sichtbaren Konflikt (Sachebene) kennzeichnen, sind die Ursachen hierfür vielfältig. Folgende Abbildung bringt zum Ausdruck, dass die Ursachen von Missverständnissen, einer belasteten Vorgeschichte, gestörte Beziehungen und verletzten Gefühlen wie ein nicht entsprochener Wunsch nach Anerkennung, bis hin zu kulturellen Unterschieden, Bedürfnissen und divergierende Werten, intrapersonalen Konflikte (bspw. Ängste) reichen können. Oder sie haben ihren Grund in geschlechtsspezifischen Unterschieden. Oftmals haben Konflikte aber auch ihre Ursache in einer unklaren Kommunikation, die die Sichtweise auf Dinge und Menschen verändert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Das Eisberg-Modell nach Besemer
(Eigene Darstellung in Anlehnung an Besemer, 2013, S. 33).
Die in der Abbildung aufgelisteten Ursachen erheben keinen Anspruch auf Voll- ständigkeit. Natürlich können Konflikte vielfältige Hintergründe besitzen. Ferner ist es wichtig zu sagen, dass sich die Ursachen in der nicht sichtbaren Ebene wechselseitig beeinflussen und zum Teil kombiniert auftreten. Außerdem kann jeder einzelne Bereich davon als aktueller Konflikt zum Vorschein kommen.
Neben der Unterscheidung zwischen Ursache und Anlass des Konflikts ist bei einer Besprechung psychologischer Konfliktaspekte auch die Betrachtung von motivationalen Aspekten wichtig, Schließlich haben Konflikte ihre Ursache in unbefriedigten Bedürfnissen, die somit ein bestimmtes Verhalten auslösen.
Nach Abraham Maslow wird das menschliche Handeln durch fünf grundlegende und hierarchisch angelegte Bedürfnisse bestimmt (Maslow, 1987). In unten stehender Abbildung kommt diese Struktur zum Ausdruck. Die Grundlage bilden sogenannte physiologische Bedürfnisse, die alle existenzerhaltenden Grundbedürfnisse beinhalten wie zum Beispiel Nahrung, Wasser, Sauerstoff, Sexualität und Entspannung. Sie stellen dabei die dominantesten Bedürfnisse des menschlichen Lebens dar (Wenzel, 2008). Darauf folgen Sicherheitsbedürfnisse wie das Bedürfnis nach Sicherheit, Behaglichkeit und Ruhe. Die dritte Stufe stellen Sozialbedürfnisse dar und beziehen sich auf das Bedürfnis nach Zusammengehörigkeit, Bindung und Liebe (Gerrig & Zimbardo, 2008). Ist dieses Bedürfnis erfüllt, gilt es, Geltungsbedürfnisse zu befriedigen. Diese „streben einerseits nach Anerkennung durch andere, wie Aussehen, Einfluss, Ruf und Status, andererseits können sie auch den Wunsch nach eigener Selbstbestätigung beinhalten“ (Wenzel, 2008, S. 37). An oberster Stelle steht dann das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung und Selbstentfaltung und meint das Bedürfnis, das eigene Potential vollständig auszuschöpfen und sinnvolle Ziele zu setzen. Menschen in dieser Bedürfnisspitze „haben sich in ihrem Streben nach der vollen Entfaltung ihres Potenzials oder ihrer Selbstverwirklichung über die grundlegenden menschlichen Bedürfnisse hinaus entwickelt“ (Gerrig & Zimbardo, 2008, S. 421).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Bedürfnispyramide nach Maslow
(Eigene Darstellung in Anlehnung an Wenzel, 2008, S. 38).
Maslow unterscheidet zusätzlich das oberste Bedürfnis von den vier darunter liegenden Stufen. Physiologische, Sicherheits-, Sozial- und Geltungsbedürfnisse stellen für ihn Defizitbedürfnisse dar, während das Bedürfnis nach Selbstentfaltung ein Wachstumsbedürfnis ist. Bei der Entwicklung dieser Bedürfnisse muss zunächst immer die unterste Bedürfnisstufe erfüllt sein, um eines der darüber liegenden Bedürfnisse befriedigen zu können: „Die Motivationswirkung der Defizitbedürfnisse nimmt mit zunehmender Befriedigung im Gegensatz zu den Wachstumsbedürfnissen ab“ (Wenzel, 2008, S. 38). Das Selbstentfaltungsbedürfnis hat scheinbar keine Grenzen. Wichtig an dieser Stelle zu erwähnen ist, dass jedes Individuum dabei seine eigene Motiv- und Bedürfnisstruktur aufweist. Auch die Wahrnehmung der Motivintensität, die zwischen Sättigung und Mangelzustand schwankt, kann unterschiedlich wahrgenommen werden. Dies hängt von der individuellen Persönlichkeitsstruktur und dem jeweiligen Anspruchsniveau, das nächsthöhere Bedürfnis zu befriedigen, ab. Und genau hier kann es zu Konflikten im zwischenmenschlichen Bereich kommen:
„Treffen Menschen mit unvereinbaren oder konkurrierenden Motivstrukturen aufeinander, die sich gegenseitig in ihrer Verwirklichung blockieren und bleiben Bedürfnisse unbefriedigt, können Konflikte entstehen“ (Wenzel, 2008, S. 39).
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- Citation du texte
- Laura Kleinhans (Auteur), 2014, Wie Mediation zur Lösung innerbetrieblicher Konflikte aus unternehmensstruktureller Sicht beiträgt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/506757
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