Da ich beruflich vorwiegend Pflegekräfte aus und für stationäre Einrichtungen der Altenpflege aus- und fortbilde, habe ich mich für eine Hospitation in einer stationären Altenpflegeeinrichtung entschieden. Meine bisherigen Erfahrungen in der Versorgung chronischer Wunden beruhen auf meiner jahrelangen Tätigkeit als Pflegedienstleitung im ambulanten Pflegebereich. Üblicherweise wurde dort die Wundversorgung in Kooperation mit externen Wundexperten verschiedener Pharmafirmen eingeleitet, besprochen und nach ärztlicher Anordnung durchgeführt. Die Kommunikation mit den Hausärzten, Teile der Wunddokumentation sowie die Beschaffung von Verbandmaterialien wurden überwiegend durch die jeweiligen Wundexperten übernommen. Sie waren die Schnittstelle zwischen ärztlicher Anordnung und pflegerischer Durchführung. Hier unterscheidet sich der stationäre Bereich von der mir bekannten ambulanten Versorgung. Es war meine Intention, neben den Kernaufgaben der Wundversorgung auch die konkrete Situation in stationären Altenpflegeeinrichtungen besser kennen und verstehen zu lernen.
1. Beschreibung der Hospitationsstelle
Ich absolvierte die Hospitation vom 12.07. bis 13.07.2012 in einer Senioreneinrichtung in Köln. Insgesamt stehen dieser Einrichtung 137 Pflegeplätze zur Verfügung. Die Anteile der Bewohner mit einem festgestellten Grad an Pflegebedürftigkeit der Pflegestufen 1, 2 und 3 sind nahezu ausgeglichen. Auch die Anzahl demenziell erkrankter Menschen ist im Verhältnis zu nicht an Demenz erkrankten relativ ausgewogen. Das Auftreten von chronischen Wunden konnte seit der Einführung eines professionellen Wundmanagements im Jahre 2010 auf wenige Fälle reduziert werden. Genaue Zahlen darüber, in welcher Größenordnung sich diese Quote verringert hat, liegen nicht vor. Derzeit werden drei Bewohner mit gangränösen Veränderungen an Vorfuß und Zehen, sowie eine Bewohnerin mit Dekubitus Kategorie 3 an der Ferse durch das Wundmanagement betreut. Die Zusammenarbeit mit den Hausärzten in diesem Bereich verläuft partnerschaftlich und professionell. Eine Ausnahme bildet die von mir nachfolgend beschriebene Versorgung eines Bewohners mit Diabetischem Fußsyndrom plus Phlegmone an beiden Unterschenkeln. Das Therapieregime wird ausschließlich durch den Hausarzt in Zusammenarbeit mit einer externen Wundexpertin einer Pharmafirma festgelegt. Es finden keine Besprechungen mit dem hauseigenen Wundmanagement oder den Bezugspflegekräften statt. Die Verbandwechsel wurden schriftlich durch die Praxis beschrieben und die Durchführung an die Pflegekräfte der Einrichtung delegiert.
Da ich beruflich vorwiegend Pflegekräfte aus und für stationäre Einrichtungen der Altenpflege aus- und fortbilde, habe ich mich für eine Hospitation in einer stationären Altenpflegeeinrichtung entschieden. Meine bisherigen Erfahrungen in der Versorgung chronischer Wunden beruhen auf meiner jahrelangen Tätigkeit als Pflegedienstleitung im ambulanten Pflegebereich. Üblicherweise wurde dort die Wundversorgung in Kooperation mit externen Wundexperten verschiedener Pharmafirmen eingeleitet, besprochen und nach ärztlicher Anordnung durchgeführt. Die Kommunikation mit den Hausärzten, Teile der Wunddokumentation sowie die Beschaffung von Verbandmaterialien wurden überwiegend durch die jeweiligen Wundexperten übernommen. Sie waren die Schnittstelle zwischen ärztlicher Anordnung und pflegerischer Durchführung. Hier unterscheidet sich der stationäre Bereich von der mir bekannten ambulanten Versorgung. Es war meine Intention, neben den Kernaufgaben der Wundversorgung auch die konkrete Situation in stationären Altenpflegeeinrichtungen besser kennen und verstehen zu lernen.
2. Falldarstellung
Der Bewohner, ….., ist …. Jahre alt. Er zog im März 2011 aus der häuslichen Umgebung in die Einrichtung. Er bewohnt ein Einzelzimmer.
Herr ….. ist seit vielen Jahren an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II erkrankt. Der Zeitpunkt der Erstdiagnose lässt sich weder aus den vorliegenden Unterlagen noch vom Bewohner selbst eruieren. Die unregelmäßig ein bis drei Mal täglich gemessenen Blutzuckerwerte befinden sich in Bereichen von 105 – 350 mg%. Ein ärztlich verordnetes Insulin-Therapieschema zur individuellen Insulindosierung liegt vor.
Herr ….. leidet an einem Diabetischen Fußsyndrom beidseits. Es liegen keine weiterführenden ärztlichen Berichte oder Befunde zur Gefäß- und Durchblutungssituation oder eine nähere Klassifizierung nach Fontaine, bzw. Wagner/Armstrong vor. Diagnostiziert wurde eine Neuropathie. Befunde der neurologischen Untersuchung liegen nicht vor und lassen so keinen Schluss auf die Qualität und Quantität der Störung zu. Die Füße weisen äußerlich keine Formveränderungen, Ödeme (Stemmerzeichen negativ) oder Temperaturveränderungen auf. Auch die Unterschenkel sind diesbezüglich unauffällig. Optische und strukturelle Hautveränderungen hingegen finden sich im gesamten Fuß- und Unterschenkelbereich. Beide Füße und Unterschenkel erscheinen optisch seitengleich.
Im Kopfbereich findet sich zudem ein Ekzem, welches als Psoriasis diagnostiziert wurde.
Nach einem Krankenhausaufenthalt im April 2012 sind mehrere Wunden beschrieben und dokumentiert:
Der rechte Großzeh weist an seiner Spitze eine 1 cm lange, 0,5 cm breite und 0,3 cm tiefe Wunde auf. Der Wundrand erscheint trocken mit leichter Hyperkeratose. Die Wundumgebung ist leicht gerötet und leicht ödematös. Der Wundgrund ist zu etwa 95% fibrinbelegt mit einer kleinen, kreisrunden, im Durchmesser 0,2 cm messenden Stelle Granulationsgewebe auf 3 Uhr. Im weiteren Befund finden sich keine Taschen, Unterminierung, Geruchsbildung, Überwärmung oder Schmerzen. Das Exsudat ist mäßig viel und serös/blutig. Das Nagelbett ist nach einer stationären Zehnagelentfernung im April 2012 jetzt wieder mit, allerdings wachstumsverändertem, Nagel gefüllt.
Der linke Großzeh weist an seiner Spitze eine 0,2 cm lange, 0,2 cm breite und 0,2 cm tiefe Wunde auf. Der Wundgrund ist fibrinbelegt. Die Wundränder sind trocken und recht stark hyperkeratös verändert. Die Wundumgebung ist unauffällig. Soweit beurteilbar finden sich keine Taschen und keine Unterminierung. Es besteht keine Geruchsbildung, keine Überwärmung, und Herr …. hat keine Schmerzen. Exsudat ist fast nicht vorhanden.
Die Zehennägel sind auffällig in ihrem Wachstum verändert. Es finden sich weitere Druckstellen im Bereich des 4. und 5. Zehs. Die Haut im restlichen Bereich der Füße und Unterschenkel ist trocken und schuppig. Die Hauttemperatur ist gleich der an anderen Körperstellen. Im Bereich der Zehenzwischenräume finden sich keine Hautdefekte oder weitere Hautveränderungen. Die Haut ist trocken und die Schweißproduktion ist reduziert.
Der rechte Fußrücken weist ein Erythem auf.
An beiden Unterschenkeln findet sich an ihrem distalen Ende ein jeweils durchschnittlich 5 cm breites, fast zirkulär geschlossenes, juckendes Erythem mit diffus angelegten, multiplen kleinen, oberflächlichen, überwiegend gelb belegten und serös sezernierenden Hautdefekten. Im hinteren Bereich und den Seiten der Unterschenkel ist der Befund massiv wobei im vorderen Bereich kaum offene Stellen zu finden sind. In der Dokumentation wird diese Hautveränderung an beiden Unterschenkeln als Phlegmone bezeichnet. Auch hier liegen keine weiterführenden Befunde, wie beispielsweise ein Erregernachweis oder Stellungnahme eines Dermatologen, vor. Pflegerisch wird beschrieben, dass diese Stellen „immer mal wieder abgeheilt sind und nach einiger Zeit wieder aufbrachen“. Die Umgebungshaut ist trocken.
Herrn …..‘s Mobilität war aufgrund eines allgemeinen Kraftverlustes und seines Diabetischen Fußsyndroms im häuslichen Umfeld erheblich eingeschränkt. Dies trug maßgeblich zu der Notwendigkeit seines Heimeinzugs bei. Die Wundsituation und die Maßnahmen zur Wundbehandlung nehmen derzeit keinen Einfluss auf die Mobilität von Herrn …...
Die häusliche Versorgung und das Selbstmanagement bzgl. seiner Erkrankung konnte weder durch ihn selbst noch durch seine Angehörigen sicher gestellt werden. Die kausalen Zusammenhänge zwischen therapeutischen Interventionen und Heilungschancen sind ihm bewusst. Aufgrund eingeschränkter Alltagskompetenzen ist jedoch eine aktive Mitarbeit nicht zu erreichen. Auch werden Details zur Therapie immer wieder vergessen. Angehörige nehmen nicht an seinem Alltagsleben teil.
Schmerzen treten bei Herrn ….. lediglich für Augenblicke und auch nur manchmal mit einer Intensität von < 3/10 VAS und als „gut erträglich“ beschrieben bei Verbandwechseln auf. Er selbst misst diesen Erlebnissen keine Bedeutung bei und fühlt sich dadurch weder in seinen Alltagsaktivitäten eingeschränkt noch in seiner Lebensqualität beeinträchtigt. Ein Schmerzprotokoll wird nicht geführt.
Im Allgemeinen beschreibt Herr seine Lebenssituation als eher positiv, welches maßgeblich durch den Heimeinzug und das damit gewonnene Sicherheitsgefühl gefördert wurde. Er gibt an, nicht unter seinen Einschränkungen, seiner Erkrankung oder den Wunden zu leiden. Er akzeptiert die Situation und hat sie für sich angenommen. Er selbst geht davon aus, dass die Wundversorgung zwar gut durchgeführt wird, aber die Wunden „wohl nicht mehr abheilen“ werden. Die Dauer der Behandlung und die Rezidive an den Unterschenkeln haben ihn zu diesem Schluss kommen lassen. Insgesamt erscheinen diese Äußerungen aber im Kontext einer optimistischen Grundhaltung. Ein sekundärer Krankheitsgewinn kann nicht ausgeschlossen werden.
Die Nahrung schmeckt ihm und er vermisst in dieser Beziehung nichts. Bei einer Größe von 1,72 und einem Gewicht von 82 kg hat er einen BMI von 27,7 und ist somit leicht übergewichtig. Es gibt keinen äußeren Anhalt für eine Mangelernährung. Blutuntersuchungen zur Beurteilung der Nähstoffversorgung (Albumine, Spurenelemente) liegen nicht vor. Herr wird vom Pflegepersonal als mangelnd adhärent bezüglich seiner diätetischen Disziplin beschrieben. Er nimmt „hier und da ein Likörchen“ zu sich. Von weiteren Diätfehlern ist nichts bekannt.
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- Quote paper
- Petra Schörfke (Author), 2012, Hospitationsbericht aus einem Seniorenheim. Wundexpert ICW, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/506303
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