Diese Forschungsskizze präsentiert den methodischen und zeitlichen Plan zu einem Studienprojekt bzw. Forschungsprojekt im Praxissemester. Das für diese Untersuchung entscheidende theoretische Konzept ist das der politischen Urteilsfähigkeit. Neben der Formulierung der Forschungsfrage findet sich in dieser Arbeit der theoretische Hintergrund und die Herleitung des Erkenntnisinteresses, der Plan zur methodischen Umsetzung des Forschungsprojekts, der Zeit- und Arbeitsplan sowie ein selbst erstellter vorläufiger Beobachtungsbogen.
Inhalt
1. Die Forschungsfrage zum Studienprojekt im Praxissemester
2. Theoretischer Hintergrund und Herleitung des Erkenntnisinteresses
4. Zeit- und Ablaufplan
3. Methodische Umsetzung des Forschungsprojekts
5. Anhang: Vorläufiger Beobachtungsbogen
6. Literaturverzeichnis
1. Die Forschungsfrage zum Studienprojekt im Praxissemester
Die für das Studienprojekt im Praxissemester zentrale Forschungsfrage lautet: Wie wird in dem zu beobachtenden Politikunterricht von zwei Klassen der Sekundarstufe I an der Praxissemesterschule[1] die Kompetenzdimension „politische Urteilsfähigkeit“ der Schülerinnen und Schüler gefördert?
2. Theoretischer Hintergrund und Herleitung des Erkenntnisinteresses
Das für diese Untersuchung entscheidende theoretische Konzept ist das der politischen Urteilsfähigkeit. Nach einer Definition von Krammer (2008: 6) meint politische Urteilsfähigkeit die „Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft zu einer selbstständigen, begründeten und möglichst sach- und / oder wertorientierten Beurteilung politischer Entscheidungen, Probleme und Kontroversen“. In der Fachdidaktik herrscht seit Langem Konsens darüber, dass diese Kompetenz von herausragender Bedeutung für die politische Bildung bzw. den Politikunterricht ist (vgl. z.B. Sander 2014: 119; Massing 2012: 26; Weißeno 2012_ 161-165, 170; Detjen et al. 2012: 48). Dies zeigt sich auch daran, dass die politische Urteilsfähigkeit als zentrale Kompetenzdimension in allen bekannten Politikkompetenzmodellen sowie auch im Kernlehrplan auftaucht (vgl. z.B. Detjen et al. 2012; GPJE 2004: 13, 15ff; Krammer 2008: 5f; Schulministerium NRW 2007).
Das sowohl in der Politikdidaktik als auch in der Lehrerbildung aktuell wohl einflussreichste elaborierte Modell ist das Politikkompetenzmodell nach Detjen et al. (2012)2. Die politische Urteilsfähigkeit ist darin eine von vier miteinander in enger Wechselwirkung stehenden Dimensionen der Politikkompetenz. Sie ist weiter in fünf Kompetenzfacetten bzw. in fünf Urteiltypen, die jeweils spezifische „kognitive Tätigkeiten“ erfordern, differenziert: Feststellungsurteil, Erweiterungsurteil, Werturteile, Entscheidungsurteil, Gestaltungsurteil (vgl. Detjen et al. 2012: 52-57; Weißeno et al. 2012: 253-264; Massing 2012: 25f). Das Politikkompetenzmodell soll Lehrkräften einerseits insgesamt als praktische und theoretisch fundierte Orientierungshilfe bei der Planung, und Organisation ihres Politikunterrichts dienen, aber andererseits auch daran appellieren, dass das Fördern der politischen Urteilsfähigkeit der SuS (ebenso wie der anderen drei Kompetenzdimensionen) zentrales Anliegen von Politikunterricht sein sollte und insbesondere bei der Material- und Methodenauswahl berücksichtigt werden sollte (vgl. Massing 2012: 29).
Entgegen dieses hohen Stellenwerts der politischen Urteilsfähigkeit hat jedoch eine Studie aus dem Jahr 2008 ergeben, dass „das Prinzip ‚Politische Urteilsbildung‘ innerhalb der alltagsdidaktischen Vorstellungen von Politiklehrerinnen und –lehrern bei weitem nicht so zentral ist, wie in der fachdidaktischen Debatte. Die Kategorie habe kaum unmittelbare Bedeutung in der Planung, Durchführung und Reflexion tatsächlicher politischer Lehr- Lernpraxis entfaltet“ (Lange 2008: 8). Auch vor diesem Hintergrund erscheint es für einen (mit Blick auf eine durch „forschendes Lernen“ berufsbezogene Professionalisierung) subjektiven Erkenntnisgewinn umso interessanter, im Sinne von Praxisforschung (Aeppli et al. 2016: 79ff) durch gezielte Beobachtung von Unterrichtspraxis zu untersuchen, inwiefern sich diese Kompetenzdimension der Urteilsfähigkeit im Politikunterricht in der Sekundarstufe I offenbart bzw. wie die Urteilsfähigkeit der SuS durch die Lehrkraft konkret gefördert wird.
3. Methodische Umsetzung des Forschungsprojekts
Der Forschungsfrage soll mithilfe einer systematischen Beobachtung (vgl. Bortz/Döring 2006: 262ff) der Unterrichtspraxis der Lehrkraft im Fach Politik der Sekundarstufe I nachgegangen werden. Auch wenn eine verdeckte Beobachtung ggf. etwas aufschlussreicher sein könnte, da so nicht die Gefahr besteht, dass die beobachtete Lehrkraft unbewusst ihr Verhalten anpasst, wird die Beobachtung aus Respekt den Lehrkräften gegenüber als offene bzw. nicht-verdeckte Beobachtung (vgl. ebd.: 267f; Gniewosz 2015: 113) durchgeführt. Persönliche Daten von SuS werden nicht erfasst. Ohnehin liegt der Fokus auf das Lehrerhandeln. Die Namen der Lehrkräfte werden anonymisiert. Das Forschungsprojekt kann damit insgesamt als ethisch unbedenklich eingestuft werden. Zudem lässt es sich problemlos in den Schulalltag integrieren. Schwerwiegende Herausforderungen in Bezug auf die Umsetzung sind aktuell nicht erkennbar.
Die Methode der Beobachtung eignet sich für das forschende Lernen im Praxissemester aus folgendem Grund besonders gut. Einerseits geht es im Hinblick auf die Forschungsprojekte während des Praxissemesters darum, eine „planmäßige und zielgerichtete Suche nach neuen Erkenntnissen in einem Wissensgebiet“ (Aeppli et al. 2016: 76) eigenständig durchzuführen. Andererseits geht es darum, das fachdidaktische Handeln und Verhalten verschiedener Lehrkräfte im Berufsalltag zu beobachten, dieses zu reflektieren und daraus begründete Schlüsse zu ziehen. Es geht also um Reflexionsprozesse mit einem offenen und neugierigen Auge für den Berufsalltag einer Lehrkraft.
Der Fokus der Beobachtung liegt nicht nur allgemein auf dem fachdidaktischen Handeln der Lehrkraft im Unterricht in Bezug auf politische Urteilsfähigkeit, sondern im Besonderen auch auf die für die Planungsschritte im kompetenzorientierten Unterricht besonders interessanten Aspekte, wie die Materialien, die didaktischen Methoden, das inhaltliche Thema sowie die von den SuS zu bewältigenden Lernaufgaben (vgl. Weißeno 2012: 173; Detjen et al. 2012: 116). Subfragen, die zur zusätzlichen Orientierung und zum näheren Verständnis des Erkenntnisinteresses beitragen können lauten daher: Was tut die Lehrkraft in den Unterrichtseinheiten ganz konkret dafür die Urteilsfähigkeit der SuS zu fördern? Welche Lehr-/Lerngelegenheiten, Mittel und fachdidaktischen Methoden nutzt die Lehrkraft dafür? Inwiefern spiegeln sich die Kompetenzfacetten in den Lernaufgaben wider? Das Politikkompetenzmodell nach Detjen et al. wird als theoretischer Hintergrund der Beobachtung die leitende Orientierung geben.
Der vorläufige Plan sieht vor jeweils 10 Unterrichtsstunden des Politikunterrichts von insgesamt zwei verschiedenen Klassen (Jahrgangsstufe 8 und 9)3 mit unterschiedlichen Lehrkräften genauer zu beobachten. Ein hierfür eigens entwickelter Beobachtungsbogen findet sich im Anhang. Die Beobachtung zielt darauf ab mithilfe dieses Beobachtungsbogens Daten deskriptiver Art zu erheben. Im Zentrum der Beobachtung steht u.a. die Häufigkeit der beobachteten Vorgänge und Förderungsmaßnahmen. Im Anschluss wird das zusammengetragene Material, also die dokumentierten Beobachtungen, aufbereitet, analysiert und in Bezug auf die Forschungsfrage diskutiert. Erst dieser qualitativ-reflektierende Blick im Rahmen der Auswertung wird aussagekräftige Rückschlüsse ermöglichen (vgl. Aeppli et al. 2016: 197ff). Wichtig wird dabei sein die Analyse möglichst kategoriengeleitet und damit objektiv durchzuführen.
4. Zeit- und Ablaufplan
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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1 ein Gymnasium in Krefeld
2 Kompetenzen werden bei Detjen et al. (2012) über die ursprüngliche etymologische Bedeutung hinaus („Eignung, Vermögen, Fähigkeit“) aus kognitionspsychologischer Sicht definiert als erlernbare „kontextspezifische kognitive Leistungsdispositionen, in denen Wissen, Wollen, Handeln und Reflektieren miteinander verbunden sind“ (ebd.: 7f, 19).
3 Zwar könnte einerseits eine größere Stichprobe den Mehrwert der späteren Forschungsprojektergebnisse erhöhen. Andererseits würde eine deutlich größere Stichprobe den im Rahmen des Praxissemesters geforderten Umfang und Aufwand des Studienprojektes klar übersteigen.
- Quote paper
- Saleem Arif (Author), 2019, Politische Urteilsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern. Forschungsskizze zum Studienprojekt im Praxissemester, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/505998
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