Diese Untersuchung befasste sich mit der Reanalyse von Daten, welche zu dem Thema Liebesstile und Beziehungsqualität erhoben wurden. Die Liebesstile nach Lee wurden mit einer Kurzskala des MEIL erfasst. Die Beziehungsqualität wurde in den Dimensionen Stabilität, Vertrauen und Zufriedenheit gemessen. Die sechsfaktorielle Struktur des MEIL konnte bestätigt werden; die dreifaktorielle Struktur der Beziehungsqualitätsskalen nicht. Für Eros zeigten sich erwartungskonform positive Zusammenhänge mit den Beziehungsskalen, während Ludus und Mania negative Zusammenhänge zur Beziehungsqualität aufwiesen. Frauen brachten mehr Mania zum Ausdruck, aber nicht mehr Storge und Pragma. Männer brachten mehr Ludus und Agape zum Ausdruck. Für keinen Liebesstil ließen sich signifikant höhere Werte im mittleren Erwachsenenalter messen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theorie
2.1 Liebesstile
2.2 Bedeutung der Theorie der Liebesstile
2.3 Messinstrumente zur Erfassung der Liebesstile
2.4 Liebesstile und Beziehungsqualität – Überblick und Hypothesen
2.4.1 Zusammenhänge der Sekundärstile mit den Primärstilen
2.4.2 Liebesstile und demographische Variablen
3 Methode
3.1 Versuchspersonen
3.2 Variablen
3.2.1 MEIL-Kurzskala
3.2.2 Variablen zur Messung der Beziehungsqualität
4 Ergebnisse
4.1 Faktorenanalyse MEIL
4.1.1 Anzahl der zu extrahierenden Faktoren
4.1.2 Faktorenextraktion
4.2 Faktorenanalyse Beziehungsqualitätsskalen
4.2.1 Anzahl der zu extrahierenden Faktoren
4.2.2 Faktorenextraktion
4.3 Liebesstile und Beziehungsqualität - Ergebnisse
4.3.1 Korrelationen
4.3.2 Multiple Regressionen
4.3.3 Geschlecht als Moderator
4.3.4 Zusammenhänge der Sekundärstile mit den Primärstilen
4.3.1 Liebesstile und demographische Variablen
4.3.2 Geschlechts- und Altersunterschiede in den Liebesstilen
4.4 Clusteranalyse
5 Gesamtdiskussion
5.1 Bewertung der Untersuchung
5.2 Fazit und Ausblick
6 Literaturverzeichnis
7 Pressemitteilung
8 Anhang
Zusammenfassung
Diese Untersuchung befasste sich mit der Reanalyse von Daten, welche zu dem Thema Liebesstile und Beziehungsqualität erhoben wurden. Die Liebes- stile nach Lee wurden mit einer Kurzskala des MEIL erfasst. Die Beziehungs- qualität wurde in den Dimensionen Stabilität, Vertrauen und Zufriedenheit ge- messen. Die sechsfaktorielle Struktur des MEIL konnte bestätigt werden; die dreifaktorielle Struktur der Beziehungsqualitätsskalen nicht. Für Eros zeigten sich erwartungskonform positive Zusammenhänge mit den Beziehungsskalen, während Ludus und Mania negative Zusammenhänge zur Beziehungsqualität aufwiesen. Frauen brachten mehr Mania zum Ausdruck, aber nicht mehr Stor- ge und Pragma. Männer brachten mehr Ludus und Agape zum Ausdruck. Für keinen Liebesstil ließen sich signifikant höhere Werte im mittleren Erwachse- nenalter messen.
Schlüsselwörter: Liebesstile, Beziehungsqualität, Reanalyse, MEIL
Abstract
This study focused on the analysis of data collected on the subject “Love styles and relationship quality”. Love styles, by Lee, were captured with a short scale of MEIL, whilst relationship quality was obtained in the dimensions of stability, trust and satisfaction. MEIL’s six-factorial structure could be con- firmed, while the three-factorial structure concerning the relationship quality scale could not. As expected Eros showed a positive connection with the rela- tionship scales, while Ludus and Mania was negatively associated with rela- tionship quality. Women expressed a stronger Mania, but kept Storge and Pragma at the same level as men. Men expressed stronger Ludus and Agape than women, whilst middle-aged adults did not show a significantly higher val- ue in any love style than young adults.
Keywords: love styles, relationship quality, reanalysis, MEIL
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Struktur der Liebesstile
Abbildung 2: Histogramm Skala Ludu
Abbildung 3: Screeplot Parallelanalyse MEIL
Abbildung 4: Screeplot Parallelanalyse Beziehungsqualität
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Internen Konsistenzen (Cronbachs alpha), Inter-Item- Korrelationen, Item-Mittelwerte
Tabelle 2: Interne Konsistenz der Beziehungsqualitätsskalen
Tabelle 3: Skalenwerte Beziehungsqualitätsskalen
Tabelle 4: Lineares Modell: Liebesstile als Prädiktor und Stabilität als Kriterium
Tabelle 5: Lineares Modell: Liebesstile als Prädiktor und Vertrauen als Kriterium
Tabelle 6: Lineares Modell: Liebesstilen als Prädiktor und Zufriedenheit als Kriterium
Tabelle 7: Zufriedenheit erklärt durch Eros; Moderator=Geschlecht
Tabelle 8: Stabilität erklärt durch Ludus; Moderator=Geschlecht
Tabelle 9: Zufriedenheit erklärt durch Agape; Moderator=Geschlecht
Tabelle 10: Mittelwerte nach „fester Partner“ getrennt
Tabelle 11: Mittelwerte nach „Langjährige Beziehung“ getrennt
Tabelle 12: Mittelwerte nach Kinderzahl getrennt
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Wissenschaftler1 verschiedenster Disziplinen haben sich in den letzten Jahrzehnten dem Thema Liebe als Forschungsgegenstand gewidmet. In einer Zeit, in der Liebe und Beziehungen immer bedeutsamer werden, nimmt auch die Forschung zu diesem Gegenstand einen wichtigen Raum ein. Während früher durch das Schließen einer Ehe wirtschaftliche Absicherung im Vorder- grund stand, versuchen heute viele Menschen ein romantisches Ideal zu ver- wirklichen, wenn sie eine Bindung eingehen (Bierhoff & Rohmann, 2005). Des Weiteren waren in früheren Zeiten in der westlichen Welt Bindung und Fami- lienleben durch Konventionen geregelt, welche sich heutzutage immer weiter auflösen und Unsicherheiten zu Tage bringen.
Dass die Thematik aktuell Relevanz hat, beweist auch ein Blick auf die Statistiken des Bundesamtes. Hier wird berichtet, dass ca. 35% aller Ehen – und damit ein Synonym für lebenslange Beziehungen - ein Ende vor dem Scheidungsrichter finden und nicht wie vorgesehen durch den Tod beendet werden (Statistisches Bundesamt, 2016). Hier nicht erfasst sind die Beziehun- gen ohne Trauschein, welche weiter zahlenmäßig im Aufwärtstrend sind und für die nur gemutmaßt werden kann wie lange sie halten. Ungezählt seien an dieser Stelle auch die Menschen genannt, die jahrelang ohne Beziehung le- ben, weil sie keinen Partner finden, obgleich doch eine glückliche und stabile Paarbeziehung oft gleichgesetzt wird mit Lebenszufriedenheit und als Grund- lage dient für psychische und physische Gesundheit (Buss, 1995).
Zu dem Thema Liebe hat John Alan Lee vor über 40 Jahren die Typo- logie der Liebesstile entwickelt, welche eine Reihe von Forschung initiiert hat. Lee teilte die Liebe in die Stile Freundschaft, Pragmatismus, Romantik, Ob- session, Verspieltheit und Altruismus auf (Lee, 1988). Seine Konzeptualisie- rung ist unabhängig von kulturellen Schemata und historischem Wandel und hat somit an Bedeutung nichts verloren (Bierhoff, Grau, & Ludwig, 1993).
Die Liebesstile von Lee lagen auch der Erhebung zugrunde, deren Da- tensatz in dieser Arbeit reanalysiert wurde. Erfasst wurden die Liebesstile durch eine Kurzskala des Marburger Einstellungs-Inventar für Liebesstile (MEIL) von Bierhoff et al. (1993). Die Beziehungsqualität wurde mit den drei Dimensionen Stabilität, Vertrauen und Zufriedenheit gemessen. Des Weiteren wurden die demografischen Daten der Teilnehmer (TN) und andere Selbst- auskünfte erhoben. Zur explorativen Vorgehensweise dieser Arbeit diente das Bilden von Hypothesen, welche aufgrund der Literaturübersicht zu dem The- ma generiert wurden. Um einen ersten Überblick über die Daten zu erhalten, wurde der Datensatz untersucht und im Anschluss daran bereinigt. Im Fol- genden wurde in explorativer Weise die Struktur der Items und im Anschluss die faktorielle Struktur der Skalen per Faktorenanalyse überprüft. Die Überprü- fung der Hypothesen erfolgte mittels multipler Regression, moderierter Re- gression, t -Tests und Clusteranalyse. Im Anschluss daran wurden die Ergeb- nisse diskutiert, ein Fazit und Ausblick verfasst.
Alle verwendeten Daten und Informationen wurden in schriftlicher und mündlicher Form - überlassene Unterlagen (ü.U.) - von Herrn Dr. Heidbrink der FernUniversität (FUH) zur Verfügung gestellt.
Alle Berechnungen erfolgten mittels Statistical Package for the Social Sciences 23 (SPSS) von IBM oder mit Hilfe des freien Statistikprogramms R Version 3.2.2 (R Development Core Team, 2016).
2 Theorie
Liebe ist kein gleichförmiges Phänomen, sondern besteht aus vielen Facetten, welche individuell unterschiedlich favorisiert werden. Diese Facetten wurden von Lee als Liebesstile bezeichnet (Helms & Bierhoff, 2001) und sol- len im Folgenden erläutert werden.
2.1 Liebesstile
Lee ging zur Erforschung der Liebe der Frage nach, wie diese in der Literatur und Philosophie verstanden und dargestellt wurde. Dazu untersuchte er Schriften von Freud und Lessing über Platon und Paulus aber auch Liebes- lieder der Beatles oder The Who (Lee, 1973). Durch diese Arbeit gelang Lee zu der Überzeugung, dass zahlreiche Autoren und Schriftsteller ebenso wie er der Meinung sind, dass es unzählige Definitionen der Liebe geben muss. Sei- ne Recherchen ergaben 4000 Aussagen zu diesem Thema, und diese ordnete er wiederum verschiedenen Oberbegriffen zu. Auf diese Weise kristallisierten sich die bis heute bekannten sechs Liebesstile heraus, welche mit lateinischen oder griechischen Namen versehen wurden. Er bestimmte drei primäre Stile, welche die Namen Eros, Ludus und Storge bekamen. Diese Stile sind rein, und aus diesen ergeben sich durch Kombination drei weitere Sekundärstile mit den Namen Pragma, Mania und Agape. Alle sechs Stile sollen im Folgen- den erläutert werden.
Romantische Liebe (Eros). Der Partner ist quasi anbetungswürdig. In- nigkeit, Nähe und Intimität sind Oberbegriffe dieses Liebesstils. Die geliebte Person ist attraktiv und löst physiologische Erregung und sexuelles Verlangen aus. Hier ist die Bereitschaft groß, sich auf den anderen einzulassen, sich in ihn hineinzuversetzen und einen persönlichen Gewinn daraus zu ziehen. Es entsteht eine hohe positive Emotionalität, eine sichere Bindung und ein positi- ves Gefühlsleben (Bierhoff et al., 1993; Hendrick & Hendrick, 2006; Lee, 1973).
Spielerische Liebe (Ludus). Die eigene Person wird als Verführer mit großem Erfolg beim anderen Geschlecht gesehen (Lee, 1977). Sexuelle Frei- heit und Abenteuer sind kennzeichnend. Hierbei scheint es weniger um Quali- tät in der Liebe zu gehen, sondern mehr um die Quantität. Wechselnde Part- nerschaften sowie parallel zu unterhaltende Liaisonen sind die Folge. Promis- kuität entsteht mit wechselnden, zahlreichen, kurzlebigen Beziehungen, die Versteckspiele und Täuschungen verlangen. Der Ludus-Liebende verfolgt die spielerische Liebe mit dem Ziel, seine sexuellen Wünsche möglichst schnell zu befriedigen. Er kann in seinen Partnern durchaus romantische Gefühle we- cken. Sein Stil ist aber eher der Vermeidende (Bierhoff & Rohmann, 2005). Die Bereitschaft für eine durch Stabilität und Langfristigkeit geprägte Partner- schaft besteht nicht, und Zukunftspläne sind unwillkommen. Sexualität findet zum ausschließlichen Vergnügen statt und dient nicht der tiefgehenden ge- fühlsmäßigen Bindung. Es wird keine Nähe zugelassen (Lasswell & Lasswell, 1976). Vom Partner wird nicht erwartet, dass er sich öffnet. Gleiches wird von der ludisch liebenden Person auch nicht erfüllt. Dies geht einher mit nicht vor- handener Eifersucht oder Rivalitäten. Vom Partner wird allerdings auch genau diese Haltung erwartet. Die physische Attraktivität des Partners steht nicht im Vordergrund, sondern Selbstgenügsamkeit und nicht klammerndes Verhalten (Lee, 1977).
Freundschaftliche Liebe (Storge). „The fire of Eros is alien to Storge“ (Hendrick & Hendrick, 2006). Storge entsteht aus Freundschaft oder langer Bekanntschaft und hat als Mittelpunkt gemeinsame Interessen oder Aktivitä- ten. Es ist die Erweiterung einer tiefen Freundschaft, und die Partner vereint weit mehr als körperliche Attraktion oder sexuelle Anziehung. Diese wird erst spät zur Kenntnis genommen und wirkt nicht selten überraschend (Bierhoff & Rohmann, 2005). Lee (1977) beschreibt den freundschaftlichen Liebesstil als eine sich allmählich entwickelnde Zuneigung mit einer schrittweisen Selbstöff- nung - gerade die freundschaftliche Basis schafft das Vertrauen dafür. Die partnerschaftliche Routine wird als angenehm empfunden, und die Sicherheit und Vorhersagbarkeit des Partners werden geachtet (Lasswell & Lasswell, 1976). Die äußerliche Attraktivität hat keine besondere Bedeutung genauso wenig wie große leidenschaftliche Gefühle (Sternberg, 2014). Toleranz, Ver- trauen und Respekt sind die stabilen Stützen dieser Verbindung, und nicht sel- ten bleiben die Partner bei einer Auflösung der Beziehung gute Freunde (Lasswell & Lasswell, 1976).
Pragmatische Liebe (Pragma). Pragma ist ein Mix aus Ludus und Storge (Lee, 1973). Sollte man diesen Liebesstil mit einem Ausdruck kenn- zeichnen, wäre „Nutzenorientierung“ oder auch „Abwägen“ das Wort der Wahl. Der pragmatisch Liebende wägt genau ab, wer zu ihm passt, wer zweckmäßig ist, und welche Vorteile eine Beziehung mit einer Person mit sich bringt (Bierhoff & Rohmann, 2005; Sternberg, 2014). In diese Kosten-Nutzen- Gegenüberstellung werden bisweilen Fragen zu demographischen Daten wie Alter, Beruf, Religion, Erziehungshintergrund einbezogen (Lasswell & Lasswell, 1976). Diese Überlegungen betreffen auch Fragen, mit welchem Partner es am sinnvollsten ist, Kinder zu bekommen, wer am besten zur Kar- riere passt, oder mit wem man eine größere Wohnung finanzieren kann. Im negativen Sinne ist dieser Liebesstil einfach mit Berechnung zu kennzeichnen. Positiv betrachtet ist ein pragmatischer Stil schlicht und einfach rational, wenn man davon ausgeht, dass nach einem passenden Partner gesucht wird, mit dem eine langfristige Beziehung gewinnbringend erscheint (Bierhoff & Rohmann, 2005). Stärken und Schwächen der eigenen Person gehen laut Lasswell & Lasswell (1976) durchaus in diese Berechnung mit ein, und unter Umständen werden Modifikationen an der eigenen Person, wie z.B. das Feilen an der Karriere oder Gewichtsreduktion, vorgenommen, um den eigenen „Marktwert“ zu erhöhen. Ist die Wahl gefallen, ist der Pragmatiker als treu zu bezeichnen. Ändert sich aber der Status der gewählten Person, kommt dies einem Vertragsbruch gleich, und der pragmatisch Liebende begibt sich unter Umständen erneut auf die Suche (Lasswell & Lasswell, 1976).
Besitzergreifende Liebe (Mania). Die obsessive Liebe ist eine Mi- schung aus Ludus und Storge (Lee, 1973). Im Denken und Handeln besitzt die vollkommen scheinende, geliebte Person Exklusivität. Der Liebende hält diesen Partner für einmalig und unersetzbar und kann sich nicht vorstellen, ohne diese andere Person zu leben. Diesem Liebesstil ist eine besitzergrei- fende Komponente zu eigen, die Eifersucht heraufbeschwören kann. Die Ver- bindung von klammerndem Verhalten mit der Angst vor Zurückweisung weist auf die Problematik dieses Liebesstils hin. Emotionale Instabilität und die scheinbare Abhängigkeit vom Partner kann zu starken – mitunter quälenden - Gefühlsschwankungen führen. Der Beziehungsstil weist Merkmale eines ängstlich-ambivalenten Bindungsstils auf. Die betreffende Person befindet sich auf der ständigen Jagd nach Bestätigung, Treue und der Liebe des Part- ners. Zusätzlich verstärkt wird dies durch ein geringes Selbstwertgefühl (Bierhoff & Rohmann, 2005; Lee, 1977; Lee, 1973). Die besitzergreifende Lie- be endet zudem oft nicht gut (Hendrick & Hendrick, 2006).
Altruistische Liebe (Agape). Dieser Liebesstil konnte von Lee selber nicht klar belegt werden (Lee, 1973), zeigte sich aber bei Hendrick & Hendrick (1986) als eigenständiger Faktor. Agape als Mischung aus Eros und Storge ist der altruistische Liebestyp (Lee, 1973). Das Wohl des Partners steht über dem Eigenen, und der Agape-Liebende ist bereit, alles dafür zu tun (Sternberg, 2014). Das Engagement reicht von Hilfsbereitschaft bis hin zu Opferbereit- schaft, und es wird keine Gegenleistung erwartet (Bierhoff & Rohmann, 2005).
Der Agape-Liebende zieht eigenes Leiden dem Leiden des Partners vor und verhält sich selbstlos. Gleichzeitig verzeiht er ein Fehlverhalten des Partners schnell (Bierhoff et al., 1993). Lee (1977) beschreibt den Agape-Liebenden als älter und emotional reifer. Liebe, so Lee, dient hier weniger dem Gefühl der Attraktion, sondern ist eher Verpflichtung, wobei jeder Mensch als grundsätz- lich liebenswert betrachtet wird, ganz unabhängig von seinem Aussehen, Ver- dienst oder anderen Qualitäten. Etwas kritischer betrachten Hendrick & Hend- rick (2006) den altruistischen Stil. Sie glauben, dass sich dieser Stil in Lang- zeitbeziehungen nur aufgrund von Gleichheits- und Gerechtigkeitsbedürfnis- sen manifestiert. Andere Autoren finden wiederum Korrelationen zwischen Agape und Verpflichtung (z.B. Aron & Westbay, 1996).
2.2 Bedeutung der Theorie der Liebesstile
Lee (1977, 1988) verwendete bei den Liebesstilen eine Analogie zu Farben: Die Kombination der Grundfarben ergeben neue Farben, welche er- neut gemischt werden können. Er verwies weiter, dass alle Liebestypen gleichwertig sind. Des Weiteren sind es die Beziehungen, die einen Stil an- nehmen und nicht die Personen. Liebende seien nicht auf einen Stil limitiert, sondern könnten verschiedene Stile annehmen, zur selben Zeit sogar mit an- deren Personen.
Lee (1973) argumentierte, dass Probleme in Beziehungen nicht durch die Präferenz des einen oder anderen Stils entstünden, sondern in der Erpro- bung irgendwelcher Stile, die vermeintlich nicht zu der betreffenden Person passen. Daher hielt er es für wichtig zu erkennen, welchen Stil man bevorzugt, welche Person dazu passt, und im letzten Schritt, wo man diese Person finden kann (Lee, 1988).
Zur Veranschaulichung bildete er die Liebesstile auf einem Diagramm ab (siehe Abbildung 1). An den Spitzen des Dreiecks befinden sich die drei Hauptliebesstile. Jeder Primärstil kann mit einem seiner beiden Nachbarstile zu dem jeweiligen Sekundärstil kombiniert werden, welche auf den Flanken des Dreiecks abgebildet sind.
Je näher sich die Liebesstile von zwei Personen sind, umso mehr pas- sen sie zueinander, wobei man davon absehen sollte, den gleichen Stil zu ha- ben wie der Partner (Lee, 1988).
Abbildung 1: Struktur der Liebesstile
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anmerkung: nach Lee (1988)
Laut Bierhoff et al. (1993) bildet diese mehrdimensionale Typologie das gesamte Spektrum von kognitiven und emotionalen Facetten der Liebe ab. Sie argumentierten weiter, dass mit der Typenlehre der Liebesstile ein Grundstein zur Erarbeitung psychometrischer Skalen gelegt worden sei, wel- che voneinander unabhängige Liebesdimensionen erfassen.
2.3 Messinstrumente zur Erfassung der Liebesstile
In einem ersten von Lee konzipierten Messinstrument mit 30 Items fanden sich zunächst allerdings keine Typen, die eindeutig die verschiedenen Cluster innerhalb der Skalen widerspiegelten. Dies veranlasste ihn dazu, an- statt einer Einstellungsskala ein Interviewinstrument zu entwickeln: den „Love Story Card Sort“ (Lee, 1977).
Hierbei sollten die Versuchspersonen ihre Partnerschaft anhand von 1500 Karten in Stapeln beurteilen. Jede Karte enthielt eine kurze Beschrei- bung eines Ereignisses, einer Idee oder einem Gefühl, welche in einer Lie- besbeziehung auftauchen können. So wurde die Beziehungshistorie vom Zeitpunkt des Kennenlernens bis zum Zeitpunkt der Ausführung erfragt und rekonstruiert. Anhand einer Faktorenanalyse kristallisierten sich die oben be- schriebenen Liebesstile heraus (Lee, 1977; Lee, 1973).
Im Jahre 1976 entwickelten Lasswell & Lasswell ein quantitatives Messinstrument mit dichotomem Antwortformat, welches 50 Items umfasste und die Grundlage für die spätere Entwicklung eines Fragebogens von Hend- rick & Hendrick (Hendrick & Hendrick, 1986) bildete. Das Gesamtergebnis wurde durch Addieren der „Wahr“-Antworten errechnet und stellte die sechs Liebesstile heraus, ohne dass konkrete Analysedetails durch die Autoren be- kannt sind. Die Validierung fand durch die Probanden statt. Sie sollten ihren Score auf den Skalen schätzen. Dies wurde anschließend mit dem tatsächli- chen Wert verglichen (Lasswell & Lasswell, 1976).
Hendrick, Hendrick, Foote & Slapion-Foote (1984) erforschten die Lie- besstile, indem sie eine Likertskala mit vier Items plus 50 Items aus Lasswells Fragebogen zusammensetzten. Eine Faktorenanalyse stellte aber nicht die sechs Dimensionen der Liebesstile heraus. Die Sekundärstile ließen sich klar erkennen, dennoch wurde die Existenz von Eros angezweifelt (Hendrick et al., 1984).
Der „Love Attitudes Scale“ von Hendrick & Hendrick aus dem Jahre 1986 hatte hingegen gute Kennwerte. Dieser bestand aus 7 Items pro Liebes- stil. Eine Hauptkomponenten-Faktorenanalyse ergab konkret sechs Faktoren. Die Skalen wiesen zufriedenstellende Retest-Reliabilitäten und sehr gute Wer- te der internen Konsistenz auf (Hendrick & Hendrick, 1986, 2006). In einer da- rauffolgenden Version erzielte das Team in einer gekürzten Version mit 24 Items sogar noch bessere Erfolge mit hervorragenden psychometrischen Kennwerten (Hendrick, Hendrick, & Dicke, 1998). Hieraus entstand das Mar- burger Einstellungs-Inventar für Liebesstile (MEIL) von Bierhoff, Grau und Ludwig (1993) mit guten internen Konsistenzen und sehr guter Retest- Reliabilität.
2.4 Liebesstile und Beziehungsqualität – Überblick und Hypothesen
Die Typologie von Lee und die anschließend konstruierten Skalen zur Erfassung der selbigen riefen Studien verschiedenster Disziplinen ins Leben. Nachfolgend werden überblicksartig einige Ergebnisse dargestellt, aus denen explorativ Hypothesen abgeleitet wurden.
Eros. Der romantische Stil darf als positiver Prädiktor für Zufriedenheit und Glück angesehen werden. Eros-Liebende berichten von großer Leiden- schaft (Bierhoff et al., 1993), Fürsorge und Intimität, welche in Zusammen- hang mit geringen Werten der Ambivalenz und des Konfliktes stehen (Hendrick & Hendrick, 2006; Meeks, Hendrick & Hendrick, 1998). Romanti- sche Personen berichteten über ihre Beziehung große Zufriedenheit (Bierhoff & Grau, 1999), und es wurden negative Zusammenhänge zwischen Untreue und dem romantischen Stil gefunden (Helms & Bierhoff, 2001). Hohe Werte für Bindung gehen mit hohen Werten für Eros einher (Heaven, Da Silva, Carey, & Holen, 2004). Zacchilli, Hendrick & Hendrick (2009) maßen zudem positive Zusammenhänge zwischen Eros und Kompromissfähigkeit und nega- tive zwischen Eros und dominierendem Verhalten. Laut einer Studie von Da Conceicao Pinto & Neto (2010) manifestiert sich dieser Stil vor allem im jünge- ren Erwachsenenalter und sinkt ab ca. 40 Jahren ab.
Aufgrund dieser Befunde wurde für die vorliegende Untersuchung an- genommen, dass hohe Werte in Eros mit hohen Werten in Stabilität, Vertrau- en und Zufriedenheit einhergehen. Weiterhin wurde postuliert, dass das Ge- schlecht kein Moderator auf Zufriedenheit ist. Eine weitere Hypothese war, dass dieser Stil im jüngeren Alter (<40) eine höhere Rolle spielt.
Ludus. Ludische Liebe kann als Prädiktor für Beziehungsunzufrieden- heit verstanden werden (Bierhoff & Grau, 1999). Auswertungen von (Helms & Bierhoff, 2001) stellten heraus, dass die spielerische Liebe hauptsächlich se- xuelle Untreue vorhersagt. Beim spielerischen Typ zeigten sich zudem negati- ve Zusammenhänge zu Intimität, welche einhergehen mit hoch ausgeprägtem Konfliktpotenzial (Bierhoff et al., 1993; Davis & Latty-Mann, 1987; Meeks u. a., 1998). In einer Studie von Swami et al. (2012) zeigten sich negative Korrelati- onen zwischen Ludus und freundschaftsbasierter und romantischer Liebe. Die Stabilität der Partnerschaft ist zudem durch das fortwährende Suchen nach anderen Partnern gefährdet, und der Investment-Faktor ist hoch negativ aus- geprägt (Bierhoff & Grau, 1999; Bierhoff & Rohmann, 2005). Zudem wurden Zusammenhänge zwischen Ludus und Narzissmus (Campbell, Foster, & Finkel, 2002; Rohmann, Neumann, Herner, & Bierhoff, 2012) sowie depressi- ver Verstimmtheit ausgemacht (Schwennen & Bierhoff, 2005). Es wurden in einer anderen Studie signifikant negative Ergebnisse zwischen Ludus und Gewissenhaftigkeit aufgezeigt (Heaven et al., 2004). Zacchilli et al. (2009) machten negative Zusammenhänge zwischen Ludus und Kompromissfähig- keit aus; sowie positive Zusammenhänge mit Dominanzverhalten. Hendrick & Hendrick (1986) konnten zudem herausstellen, dass es Geschlechterunter- schiede beim spielerischen Liebesstil gibt. Ihren Ergebnissen zufolge sind Männer ludischer als Frauen.
Aufgrund der zusammengetragenen Befunde wurde angenommen, dass Ludus negativ mit Stabilität, Zufriedenheit und Vertrauen in Zusammen- hang steht. Es wurde postuliert, dass die Stabilität bei Ludus über das Ge- schlecht moderiert wird. Zusätzlich wurde angenommen, dass Ludus-Frauen unzufriedener sind und weniger vertrauensvoll als Ludus-Männer. Prinzipiell wurde theoretisiert, dass Männer höhere Werte in Ludus berichten. Weiter wurde postuliert, dass Ludus generell eher bei jüngeren Menschen (<40) eine Rolle spielt. Es sollte außerdem überprüft werden, ob Männer ludischer sind als Frauen.
Storge. Der Aspekt Leidenschaft trifft nicht auf diesen Beziehungstyp zu (Hendrick & Hendrick, 2006; Hendrick, Hendrick, & Adler, 1988). Bierhoff et al. (1993) maßen positive Zusammenhänge zwischen dem freundschaftsba- sierten Stil und Zufriedenheit. Zacchilli et al. (2009) fanden positive Zusam- menhänge zwischen Storge und Kompromissfähigkeit. Während die einen zu- dem eine Entsprechung im sicheren Bindungsstil ausmachten (Hendrick et al., 1988), berichteten Bierhoff et al. (1993) in diesem Fall von keinen Zusam- menhängen. Dafür fanden sie eine positive Korrelation mit Vertrauen - einge- teilt in Vorhersagbarkeit, Verlässlichkeit und Treue. Schwennen und Bierhoff (2005) fanden Zusammenhänge zwischen depressiver Verstimmtheit und Storge. Davis et al. (1987) haben keine Zusammenhänge zwischen Storge und Partnerschaftserfolg jeglicher Art gefunden. Hendrick & Hendrick (1986) maßen für Frauen höhere Werte in freundschaftlicher Liebe als für Männer.
Ausgehend von diesen uneinheitlichen Befunden wurde überprüft, ob hohe Werte in Storge positiv mit Vertrauen und Zufriedenheit einhergehen. Es wurde vorliegend von einem negativen Zusammenhang mit Stabilität aufgrund der Leidenschaftslosigkeit des Stils ausgegangen. Es wurde für die vorliegen- de Stichprobe überprüft, ob Frauen höhere Werte in Storge haben.
Pragma. Der pragmatische Stil war in der Studie von Richardson et al. (1988) mit einer langen Beziehungsdauer assoziiert und korrelierte negativ mit Sensations- und Abenteuerlust. Bierhoff et al. (1993) fanden heraus, dass Pragma entweder leicht negativ oder gar nicht mit Glück korreliert und auch auf die Zufriedenheit keine Auswirkungen hat. Morrow, Clark, & Brock (1995) berichteten von höheren Kosten in der Beziehung für pragmatische Frauen und mehr Druck, welcher vom Partner auf das Beziehungsleben ausgeübt wird. Zudem sollen Frauen höhere Ausprägungen auf Pragma haben (Hendrick & Hendrick, 1986). Für pragmatisch liebende Männer berichten Morrow, Clark, & Brock (1995), dass der Liebesstil eher mit geringem Vergnü- gen und Belohnungen einhergeht. In einer Studie von Meeks u. a. (1998) zeig- ten sich zwischen diesem Liebesstil und Zufriedenheit im Grunde gar keine Korrelation. Auch in der Studie von Goodboy et al. (2010) fanden sich keine Auswirkungen auf die Beziehungsqualität aufgrund dieses Stils. In einer Stu- die zum dyadischen Coping wurde Pragma als Prädiktor für das negative dya- dische Coping (Gagliardi, Bodenmann, & Heinrichs, 2015) bestätigt.
Aufgrund dieser Befunde wurde die Hypothese aufgestellt, dass Prag- ma signifikant positiv mit Stabilität zusammenhängt. Für Vertrauen wurde kei- ne Annahme getroffen. Für Zufriedenheit wurde postuliert, dass es signifikant negativ mit Pragma in Verbindung steht. Zudem wurde überprüft, ob Frauen signifikant höhere Ausprägungen auf Pragma haben.
Mania. Eifersucht, das Ausspionieren des Partners, Zwanghaftigkeit und destruktive Konflikte provozieren die Unzufriedenheit für Mania-Liebende (Goodboy et al., 2010). Der ambivalente Charakter des Stils wurde auch in der Studie von Zacchilli et al. (2009) deutlich, die sowohl signifikant positive Werte für Dominanz als auch für Unterwerfung fanden. Dieser Liebesstil findet seine Verwandtschaft im ängstlich-ambivalenten Bindungsstil und steht inhaltlich auch laut Bierhoff et al. (1993) der Eifersucht nahe (gemessen von Bierhoff et al. als „Bedrohung der Ausschließlichkeit). Sie berichteten weiter, dass Selbstwertgefühl und „instrumentelles Selbstkonzept“ bei Mania-Liebenden hoch negativ ausgeprägt war. Auch Hendrick & Hendrick (1986) berichteten Zusammenhänge zwischen Mania und niedrigem Selbstwertgefühl. In einer anderen Studie fanden sich Zusammenhänge zwischen Mania und Neuroti- zismus (Heaven u. a., 2004). Widersprüchlich dazu entdeckten Meeks et al. (1998) positive Effekte auf die Partnerschaft aufgrund der hohen intensiven Gefühle für den Partner. Davis et al. (1987) schilderten positive Zusammen- hängen zwischen Mania und Leidenschaft, während an anderer Stelle zu le- sen ist, dass Zusammenhänge zwischen Mania und Unzufriedenheit in der Partnerschaft eher an der Tagesordnung sind (Richardson u. a., 1988). Hend- rick & Hendrick (1984) konnten herausstellen, dass Frauen höhere Werte in Mania berichteten.
Aufgrund der in der Literatur genannten Befunde wurde für diese Arbeit theoretisiert, dass Mania mit allen drei Dimensionen der Beziehungsqualität negativ in Zusammenhang steht. Es wurde angenommen, dass Frauen signi- fikant höhere Werte für den obsessiven Stil berichten als Männer.
Agape. In der Studie von Meeks et al. (1998) korrelierte Agape mit Zu- friedenheit, auch wenn Agape-Männer höhere Zufriedenheitswerte hatten als Frauen. Gagliardi et al. (2015) konnten herausstellen, dass sich dieser Lie- besstil bei den altruistischen Männern als prädiktiv erwies für das positive dyadische Coping. Bierhoff et al. (1993) fanden signifikante Korrelationen zwi- schen Agape und Vorhersagbarkeit, Treue und Verlässlichkeit. Ebenso stell- ten sie fest, dass die Bereitschaft zur Selbstöffnung vermehrt in Beziehungen auftritt, in denen die Befragten hohe Werte in Agape hatten. Dieser Liebesstil ist weiterhin hoch mit Bindung, Investment und mit positiven Emotionen korre- liert. Agape geht des Weiteren mit starker partnerschaftlicher Gemeinsamkeit einher (Bierhoff et al., 1993). (Schwarz & Hassebrauck, 2007) verbanden die- sen Liebesstil mit einer Langzeitorientierung. Woll (1989) berichtete, dass Personen, die hohe Werte auf Agape haben, auch hohe Werte in Fürsorge und emotionaler Sensitivität angeben. Lee (1977) nahm aufgrund seiner Re- cherchen an, dass Agape-Liebende generell älter sind. In einer Studie von Da Conceicao Pinto & Neto (2010) spielte der altruistische Stil aber vor allem bei den Dreißigjährigen eine große Rolle.
Aufgrund der gesichteten Literatur wird vermutet, dass hohe Werte in Agape mit Stabilität, Vertrauen und Zufriedenheit signifikant positiv einherge- hen. Des Weiteren wurde davon ausgegangen, dass die Zufriedenheit bei Agape-Liebenden durch das Geschlecht moderiert wird; dies sollte untersucht werden. Es wurde angenommen, dass Menschen ab 40 Jahren höhere Aus- prägungen in Agape haben als Jüngere.
Außerdem wurde geprüft, ob Agape-Liebende ab 40 Jahren höhere Werte in Stabilität, Vertrauen und Zufriedenheit haben als Jüngere; überdies wurde gemessen, ob Männer signifikant höhere Werte in Agape haben.
2.4.1 Zusammenhänge der Sekundärstile mit den Primärstilen.
In frühen Studien zu den Liebesstilen wurden Zusammenhänge zwi- schen diesen und der Bindungstheorie gefunden und unter anderem dahinge- hend Kritik geübt, dass die Liebesstile von sechs auf drei Typen reduziert werden könnten (Feeney & Noller, 1990; Levy & Davis, 1988; Shaver, Hazan, & Bradshaw, 1988). Diese Kritik sollte in der vorliegenden Untersuchung noch einmal aufgegriffen werden, und es sollten speziell die Sekundärstile geprüft werden. Es sollte untersucht werden ob Pragma, Mania und Agape, welche sich laut der Theorie von Lee (1973) aus der Kombination von Primärstilen er- geben, wirklich mit diesen zusammenhängen.
Es wurde postuliert, dass Pragma, als Kombination aus Storge und Ludus, positive Zusammenhänge mit diesen beiden Primärstile aufweist.
Es wurde weiter vorausgesetzt, dass Mania, als Kombination aus Eros und Ludus, positive Zusammenhänge mit diesen beiden Primärstile aufweist.
Es wurde postuliert, dass Agape, als Kombination aus Eros und Stor- ge, positive Zusammenhänge mit diesen beiden Primärstile aufweist.
2.4.2 Liebesstile und demographische Variablen.
Aufgrund diverser Befunde von Bierhoff et al. (1993) zu den Liebessti- len und demographischen Variablen, wurden weitere Zusammenhänge über- prüft. Es wurden Zusammenhänge der Liebesstile mit den Variablen „Fester Partner“, „lange Beziehungsdauer“ und „Kinder“, untersucht.
Bierhoff et al. (1993) fanden einige Liebesstile bei Personen mit festem Partner unterschiedlich ausgeprägt als bei Ledigen. Sie fanden für Eros höhe- re Werte und für Ludus niedrigere. Bierhoff & Grau (1999) fanden bei Verhei- rateten hohe Werte in Storge, Pragma und Agape. In der vorliegenden Unter- suchung wurde vermutet, dass die Werte von Pragma, Eros und Agape bei Personen mit festem Partner höher sind als bei ledigen Personen. Für Ludus und Mania wurde postuliert, dass die Werte bei Ledigen höher sind als bei Verheirateten.
Da es üblich ist, dass Beziehungen heutzutage lange Bestand haben ohne dass geheiratet wird, wurde die gleiche Annahme für langjährige Bezie- hungen ab vier Jahren Dauer getroffen. Der cut-off in dieser vorliegenden Un- tersuchung wurde für Beziehungen >=4 Jahren Dauer gewählt, da dies als langjährig, also stabil, angenommen wurde. Es wurde vermutet, dass die Wer- te von Pragma, Eros und Agape bei Personen mit langjährigen Beziehungen höher sind als bei Personen mit kurzen Beziehungen (das geht konform mit den Hypothesen die für Stabilität getroffen wurden). Für Ludus und Mania wurde postuliert, dass die Werte bei Personen mit kurzen Beziehungen höher sind als bei Personen mit langen Beziehungen.
Bierhoff et al. (1993) verglichen Personen, die Kinder hatten, bezüglich der Liebesstile mit denen, die keine Kinder hatten. Verschiedene Liebesstile zeichneten sich dadurch aus, dass Personen mit Kindern höhere Mittelwerte in diesen Liebesstilen hatten als Personen ohne Kinder. Für die vorliegende Stichprobe sollte generell untersucht werden, ob es Liebesstile gibt, die bei Personen mit Kindern höher ausgeprägt sind.
Es wurde in der vorliegenden Arbeit die Hypothese aufgestellt, dass die Stichprobe nicht in homogene Cluster aufgeteilt werden kann.
3 Methode
Laut schriftlichen und mündlichen Informationen (ü.U.) wurden die Da- ten des zur Verfügung gestellten Datensatzes mittels eines Online- Fragebogens im virtuellen Labor des Instituts für Psychologie der FernUniver- sität (FUH) im Zuge eines Empirisch-Experimentellen-Praktikums (Modul 6) erhoben. Es sind keine Angaben zum Jahr der Durchführung oder zur Rekru- tierung bekannt.
3.1 Versuchspersonen
Die überlassene SPSS-Datei enthielt die Daten von 422 Probanden. Es wurden die Daten von 25 TN aufgrund von umfangreichen Analysen ent- fernt.
Sieben Probanden, die je weniger als fünf Minuten benötigt haben, wurden entfernt, da angenommen wurde, dass zur gewissenhaften Bearbei- tung des Fragebogens mehr Zeit benötigt wird. Die Zeitangabe anderer TN war hingegen sehr hoch, trotzdem wurden sie im Datensatz belassen, da die Information vorlag, dass während der Bearbeitung pausiert werden durfte. Fünf Teilnehmer mit der Zeitangabe -1 wurden aus dem Datensatz gelöscht. Die benötigte Zeit zur Bearbeitung des kompletten Fragebogens lag zwischen 307 und 10102 Sekunden (M=1126 s und SD=1045 s).
Angelehnt an die Beschreibungen von Leonhart (2011) wurde im nächsten Schritt durch Setzen des Filters „Fälle Auswählen” versucht, die TN, die im Extrembereich oder ungewöhnlich angekreuzt haben, zu identifizieren. Dies führte allerdings zu keinem weiteren Ausschluss.
Durch erneutes Absuchen des Datensatzes wurde eine Versuchsper- son entfernt, die nur Einsen angekreuzt hatte.
Da es für die Überprüfung der Hypothesen wichtig war, eine Beziehung gehabt zu haben oder in einer bestehenden Beziehung zu leben, wurden die Daten der 10 TN gelöscht, welche angaben, weder je eine Beziehung geführt zu haben noch in einer bestehenden Beziehung zu leben. Weitere 27 Proban- den hatten zwar keinen Wert bei Beziehungsstatus, es wurde aber angege- ben, schon eine oder mehrere Beziehungen geführt zu haben, und somit wur- den diese Daten nicht entfernt. Gelöscht wurden aber die Daten zweier weite- rer Probanden, bei denen die Items „Beziehungsdauer“, „Familienstand“ und „Beziehungsdauer allgemein“ als fehlende Werte (-77) ausgegeben wurden.
Ein TN hatte bei der Altersangabe einen fehlenden Wert, repräsentiert durch eine Null. Es wurde beschlossen, die Angaben dieser Person im Datensatz zu behalten. Stattdessen wurde die Altersangabe Null als fehlender Wert für SPSS definiert.
Diverse andere Einzelfallüberprüfungen führten zu keinem weiteren Ausschluss.
Die Daten der verbleibenden 397 Personen teilten sich in eine studen- tische Stichprobe und externe TN auf. Der Anteil der Fernstudierenden lag bei 221 Personen, von denen 187 weiblich und 34 männlich waren. Die externen 176 TN teilten sich in 120 Frauen und 56 Männer auf. Somit enthielt der Da- tensatz die Daten von insgesamt 307 weiblichen und 90 männlichen Proban- den. Die externen TN wurden durch die Praktikanten rekrutiert (ü.U.).
Das durchschnittliche Alter der TN lag bei 30.22 Jahren (N =396, Spannweite=16 bis 75, SD= 9.34 ).
Der Familienstand wurde von 121 Personen als ledig und von 261 Probanden als „in einer festen Beziehung lebend“ angegeben. Sechs TN leb- ten getrennt und acht waren geschieden. Der älteste Proband mit 75 Jahren gab an, verwitwet zu sein. Die meisten TN (N =307) waren kinderlos, und nur 90 gaben an, Kinder zu haben.
Von den TN waren 145 vollzeitbeschäftigt, 117 teilzeitbeschäftigt und 135 nicht berufstätig. Als höchster Bildungsabschluss wurde von 226 TN das Abitur angegeben, und 131 TN hatten einen Hochschulabschluss. Vier TN hatten eine Hauptschule absolviert, und 28 Probanden gaben an, die mittlere Reife zu haben.
Die vollständigen Daten befinden sich im Anhang in Tabelle Nr.1.
3.2 Variablen
Im Nachfolgenden werden die verwendeten Variablen vorgestellt, so wie es den mündlichen Informationen und schriftlichen Unterlagen (ü.U.) zu entnehmen war.
Zu jeder Likert-Skala wird zur Veranschaulichung beispielhaft ein Item genannt, und Erklärungen zum Skalenniveau und ggf. andere wesentliche Punkte werden erläutert. Für die vollständige Aufstellung der Items aller ein- gesetzten Instrumente wird auf den Anhang verwiesen.
3.2.1 MEIL-Kurzskala.
Zur Erfassung der Liebesstile wurden 30 aus insgesamt 60 Items des Original-MEIL von Bierhoff et al.(1993) eingesetzt. Trotz eingehender Recher- che wurde eine Kurzskala des MEIL nicht gefunden. Welche inhaltlichen und methodischen Überlegungen zur Itemselektion führten ist nicht bekannt (ü.U.). Aus dem MEIL wurden fünf Items je Skala ohne Umformulierung entnommen. Im Original enthält der Fragebogen je eine Version für Männer und Frauen (Bierhoff et al., 1993), worauf hier verzichtet wurde. Zur Beurteilung ihrer Ein- stellung gaben die TN Einschätzungen zu Aussagen im Wertebereich 1 = „ab- solut falsch“ bis 9 = „absolut richtig“ an (z.B. Storge 1: „Die beste Art von Liebe entsteht aus einer engen Freundschaft“).
Für alle Skalen wurden der Mittelwert und die Standardabweichung be- rechnet. Diese können aus der Tabelle 1 abgelesen werden. Hier finden sich auch die internen Konsistenzen (Cronbachs alpha) und Inter-Item- Korrelationen. Die Ergebnisse können zudem mit den Resultaten des MEIL (Bierhoff et al., 1993) verglichen werden. Die Tabelle 2 des Anhangs zeigt die Kennwerte aller Items.
Tabelle 1: Internen Konsistenzen (Cronbachs alpha), Inter-Item-Korrelationen, Item- Mittelwerte
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
1 Zur besseren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit die männliche Form verwendet. Zwei- fellos sind damit beide Geschlechter gemeint.
- Arbeit zitieren
- Nicole Tanculski (Autor:in), 2016, Liebesstile und Beziehungsqualität. Reanalyse einer empirischen Befragung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/505831
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