Unternehmen müssen sich in vielfacher Hinsicht mit der Implementierung von Managementsystemen beschäftigen. Setzen sie alle Managementsysteme gemäß den ISO-Normen um, lassen sich bei der Implementierung eines integrierten Managementsystems bedeutende Synergien erzielen. Die Einführung eines ganzheitlich integrierten Managementsystems stellt hohe Anforderungen an die IT-Technologien, die Datenintegration und das Schnittstellenmanagement. Damit diesen entsprochen werden kann, ist unbedingt in der Einführungsphase ein IT-Projektmanagement sowie begleitendes Change-Management zu empfehlen. Der letzte Abschnitt beschäftigt sich mit der praktischen Veranschaulichung und daraus resultierende Lösungsansätze für die Organisation eines integrierten Managementsystems am Beispiel eines führenden Erzeugers von Wellpappe-Rohpapieren in Europa.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Methodik
1.4 Aufbau und Struktur
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Grundlegende Begriffe
2.1.1 Integriertes Management
2.1.2 Qualitätsmanagement
2.1.3 Umweltmanagement
2.1.4 FSC-Management
2.1.5 Arbeitsschutz und -sicherheitsmanagement
2.1.6 Energiemanagement
2.2 Darstellung eines integrierten Managementsystems
2.3 Implementierung eines integrierten Managementansatzes
2.3.1 Umsetzungsschritte
2.3.2 Implementierung in der Aufbauorganisation
2.3.3 Implementierung in der Ablauforganisation
2.3.4 Digitalisierung eines integrierten Prozessmanagements
2.3.5 Begleitendes IT-Projektmanagement
2.3.6 Begleitendes Change-Management
3 Empirische Darstellung anhand der Hamburger Containerboard GmbH
3.1 Unternehmensdarstellung
3.2 Statuserhebung Managementsysteme in der HCB
3.3 Statuserhebung Berichtswesen und Softwaresysteme in der HCB
3.3.1 HDMS
3.3.2 Doc Navigator
3.3.3 Orgavision
3.4 SWOT-Analyse am Beispiel der HCB
3.4.1 Stärken und Schwächen der HCB
3.4.2 Chancen und Risiken der HCB
3.4.3 Zusammenfassende Darstellung
3.5 Handlungsempfehlungen für die HCB
4 Conclusio
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Kurzzusammenfassung:
Unternehmen müssen sich in vielfacher Hinsicht mit der Implementierung von Managementsystemen beschäftigen. Setzen sie alle Managementsysteme gemäß den ISO-Normen um, lassen sich bei der Implementierung eines integrierten Managementsystems bedeutende Synergien erzielen. Die Einführung eines ganzheitlich integrierten Managementsystems stellt hohe Anforderungen an die IT-Technologien, die Datenintegration und das Schnittstellenmanagement. Damit diesen entsprochen werden kann, ist unbedingt in der Einführungsphase ein IT-Projektmanagement sowie begleitendes Change-Management zu empfehlen. Der letzte Abschnitt beschäftigt sich mit der praktischen Veranschaulichung und daraus resultierende Lösungsansätze für die Organisation eines integrierten Managementsystems in der Hamburger Containerboard GmbH, einem führenden Erzeuger von Wellpappe-Rohpapieren in Europa.
Schlagworte:
Managementsysteme, Integriertes Management, Digitalisierung, Verbesserungsprozess
Abstract:
Companies must deal with the implementation of several management systems in many ways. By implementing all management systems in accordance with ISO standards, significant synergies can be achieved in the implementation of an integrated management system. The introduction of a holistic integrated management system places high demands on IT technologies, data integration and interface management. For this to be complied with, it is essential to recommend IT project management and accompanying change management in the introductory phase. The last section deals with the practical viewpoint and resulting solution approaches for the organisation of an integrated management system in the Hamburger Containerboard GmbH, a leading producer of containerboard in Europe.
Keywords:
management systems, integrated management, digitalisation, process of improvement
1 Einleitung
Zahlreiche Unternehmen befinden sich in einer tiefgreifenden digitalen Transformation, die auch unter dem Schlagwort „Industrie 4.0“ beschrieben wird, und die sich auf alle Arbeitsbereiche und über alle Branchen hinweg erstreckt. Unternehmen stehen in der heutigen Zeit vor erhöhten oder veränderten Komplexitäts-, Abstraktions- und Problemlösungsanforderungen, die sie mit digitalen Hilfsmitteln bewältigen müssen.1 Gleichzeitig werden Lösungsansätze gesucht, die mit Hilfe eines ganzheitlichen Managementansatzes zu einer gemeinsamen Vernetzung und Steuerung sämtlicher Managementprozesse in einem Unternehmen führen. Ein solches „Ganzheitliches Management“, welches sich auch als „Integrierte Unternehmungsführung“ beschreiben lässt, steht für das Ergebnis von einzelnen Handlungssequenzen und Umsetzungsprozessen im Sinne eines stimmigen unternehmens- oder konzernweiten Gesamtkonzepts im Managementkontext.2 Auch die Integration des Qualitäts-, Umwelt- und Arbeitsschutzmanagementsystems zu einer Einheit steht für ein solches integriertes Managementkonzept, welches die Nachteile parallel verlaufender Managementsysteme zu beseitigen vermag und gleichzeitig die Chance zur Verwirklichung einer schlanken Organisation in Bezug auf Synergien, Kosten und Aufwand bietet.3
Integrierte Managementsysteme basieren in Zeiten der digitalen Transformation auf digitalen Anwendungs- und Steuerungssystemen. Diese dienen als Prozesssteuerung und können über ein Schnittstellenmanagement zu einem ganzheitlichen Managementsystem ausgebaut werden. Digitale Anwendungen unterstützen dabei im Wesentlichen die Gestaltung, Dokumentation und Verbesserung von Prozessen.4 Allerdings erfordert die Einführung neuer Technologien auch die Akzeptanz der Mitarbeiter, denn es kostet sie häufig Überwindung, auch wenn Softwarelösungen und digital gesteuerte Prozesse in der Regel sogar besser funktionieren und auch bei den Mitarbeitern zu Arbeitserleichterungen führen.5
1.1 Problemstellung
Neben der digitalen Transformation spielt im integrierten Management auch der Managementkreislauf eine wichtige Rolle. Das bedeutet nicht grundsätzlich eine Neuerung, denn alle gültigen ISO-Normen für Managementsysteme, wie etwa die ISO 9001, 14001, 50001 und die OHSAS 18001 unterliegen in ihrem Aufbau dem Managementkreislauf nach dem Zyklus des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses.6 In der Hamburger Containerboard GmbH, einer Teilunternehmung der Prinzhorn Holding GmbH, sind mehrere internationale Werksstandorte vertreten. In den einzelnen Werken sind unterschiedliche Managementsysteme, teilweise zertifiziert, eingeführt, welche die Interessen der jeweiligen Werke berücksichtigen. Eine Zusammenführung in ein konzernweites integriertes Managementsystem ist nicht gegeben.
1.2 Zielsetzung
Diese Arbeit soll es ermöglichen, einen Überblick über Lösungsansätze für eine konzernweite Strategie zur Organisation eines integrierten Managementsystems zu geben. Des Weiteren besteht die Zielsetzung dieser wissenschaftlichen Arbeit darin, dem Management der Hamburger Containerboard GmbH eine Entscheidungsgrundlage für eine Strategie einer konzernweiten Organisation der Managementsysteme aufzubereiten. Im Rahmen dieser Bachelorarbeit soll daher folgende Fragestellung beantwortet werden:
Was ist bei der Umsetzung eines konzernweiten integrierten Managementsystems zu beachten?
Gleichzeitig werden folgende Detailfragen behandelt:
- Warum wird ein standardisiertes, zentral gesteuertes, digital basiertes Managementsystem benötigt?
- Welche Änderungen ergeben sich aus einem solchen integrierten Managementansatz für die Ablauf- und Aufbauorganisation in Bezug auf die vorhandenen Konzernstrukturen?
- Wie sehen die einzelnen Implementierungsschritte aus und was muss auch im Hinblick auf ein IT-Projektmanagement und ein Change-Management beachtet werden?
Im empirischen Teil dieser wissenschaftlichen Untersuchung werden Handlungsempfehlungen für den Aufbau eines integrierten konzernweiten Managementsystems für die Hamburger Containerboard GmbH im Besonderen und damit auch für die Prinzhorn Holding GmbH ausgearbeitet. Aufgrund des stets größer werdenden rechtlichen Drucks sowie den wachsenden Anforderungen der Kunden wurde von Seiten der Geschäftsleitung der Auftrag erteilt, eine Prüfung der Dokumentation von den bestehenden Managementsystemen durchzuführen.
1.3 Methodik
Die methodische Vorgehensweise für den theoretischen Teil der Arbeit beruht auf einer umfassenden Literaturrecherche, um zuerst einen Überblick über die theoretische Umsetzung eines integrierten Managementsystems zu erhalten. Im Zuge dessen werden unter anderem die Aufbau- und Ablauforganisation sowie die Definition eines integrierten Managementsystems näher erläutert. Hierfür wird eine Recherche in Fachbüchern und - zeitschriften sowie renommierten Internetquellen durchgeführt.
Für den empirischen Teil der Arbeit wird mittels firmeninterner Literatur die derzeitige Organisation der Hamburger Containerboard GmbH recherchiert sowie eine SWOT- Analyse mit daraus resultierenden Handlungsempfehlungen durchgeführt, um die theoretische Implementierung eines integrierten Managementsystems in der Praxis darstellen zu können. Aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen erfolgt die Beantwortung der zentralen Fragestellung sowie der Detailfragen.
1.4 Aufbau und Struktur
Die Bachelorarbeit unterteilt sich in vier Kapitel. Zu Beginn erfolgt eine Einleitung in die Arbeit und die Problemstellung sowie die Zielsetzungen werden erläutert. Des Weiteren wird die zentrale Fragestellung einschließlich der Detailfragen angeführt und die methodische Vorgehensweise sowie der Aufbau der Arbeit dargestellt.
Im zweiten Kapitel werden im Rahmen des theoretischen Grundlagenteils Ausführungen zu einem integrierten Managementsystem sowie einzelner Managementsysteme näher erläutert. Das Kapitel widmet sich weiters der Implementierung eines integrierten Managementsystems sowie den dadurch auftretenden Herausforderungen für Unternehmen in den Bereichen Digitalisierung, IT-Projektmanagement und ChangeManagement.
Das dritte Kapitel befasst sich mit der empirischen Darstellung eines solch integrierten Managementansatzes am Beispiel der Hamburger Containerboard GmbH. Zunächst erfolgt eine Unternehmensdarstellung sowie Statuserhebungen der Managementsysteme, dem Berichtswesen und der Softwareunterstützung an den einzelnen Standorten der Hamburger Containerboard GmbH. Auf Basis der Statuserhebungen wird eine SWOT-Analyse erstellt. Hierbei sollen die Stärken und Schwächen, gleichzeitig aber auch die mit der Implementierung eines integrierten Managementsystems verbundenen Chancen und Risiken, ausgearbeitet werden. Daraus werden Handlungsempfehlungen für die Implementierungsphase eines integrierten Managementsystems abgeleitet.
Im letzten Kapitel werden die wesentlichen Erkenntnisse zusammenfassend dargestellt und die zentrale Fragestellung sowie die Detailfragen der Bachelorarbeit nochmals kurz und prägnant beantwortet.
2 Theoretische Grundlagen
In diesem Kapitel werden die in dieser wissenschaftlichen Untersuchung theoretischen Grundlagen erläutert.
2.1 Grundlegende Begriffe
Im Rahmen dieses Unterkapitels geht es zunächst um die Beschreibung der verwendeten grundlegenden Begriffe.
2.1.1 Integriertes Management
Ganz allgemein betrachtet stellt ein Managementsystem eine anwendbare Hilfestellung für alle Manager, Unternehmenslenker und für jeden Mitarbeiter in einem Unternehmen dar.7 „Um Führungskräften und Mitarbeitern aus allen Bereichen der Industrie, der Dienstleistung und der öffentlichen Verwaltung den Zugang zu Qualitätsmanagement zu erleichtern, wurde in den 90er Jahren am Institut für Technologiemanagement der Universität St. Gallen das St. Galler Konzept „Integriertes Qualitätsmanagement“ geschaffen, mit dem Qualitätsmanagement in die allgemeine Managementlehre einbezogen und in der Sprache der Betriebswirtschaftslehre behandelt wird.“8 Die Integration eines einheitlich gesteuerten Qualitäts-, Umwelt- und Arbeitsschutzmanagementsystems soll durch die Umsetzung eines solchen integrierten Managementsystems gewährleistet werden.9
Der Kernanspruch ganzheitlicher Managementkonzepte besteht in einer wissenschaftlich begründeten und praxisgerechten Antwort auf die Bewältigung zunehmender komplexer Anforderungen der Unternehmen, die über die Umwelt an diese herangetragen werden.10 Zu diesen Anforderungen gehört auch die Umsetzung komplexer Regelungswerke, wie z. B. die einzelnen ISO-Normen. Auch das Erfordernis der Nachhaltigkeit bzw. einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung zeichnet sich durch eine große Komplexität aus.11
Bei der Anwendung des Konzepts eines integrierten Managementansatzes zeigt sich auf dem Weg zu einem in der Praxis brauchbaren System die Problematik der Komplexitätsbewältigung bzw. -reduktion.12 Durch das Erfordernis der Beherrschung komplexer werdender Unternehmensstrukturen wird ein wirksames Organisationskonzept im Unternehmen immer wichtiger, wodurch die Unternehmensleitung ein Instrument zur Umsetzung ihrer Politik und Zielsetzungen erhält. Gleichzeitig lassen sich mit diesem ganzheitlichen Ansatz auch Synergien nutzen und im Betrieb bereits vorhandene Managementsysteme in den ganzheitlichen Implementierungsansatz integrieren.13
Die Verwirklichung integrierter Managementsysteme birgt auch die Chance, ein eigenes individuelles und ganzheitliches System in Übereinstimmung mit den Anforderungen der bekannten Managementsysteme zu entwickeln und in der Folge auch umzusetzen. Gleichzeitig bedarf es auch eines strategiebasierten Implementierungsansatzes, denn Strukturen und Systeme alleine stellen noch kein strategiegerechtes Handeln dar, sie bilden insoweit nur den organisatorischen Rahmen für die Arbeit der Menschen im Unternehmen ab. Auch für die Umsetzung einer Strategie bzw. für ihre Implementierung bedarf es gesonderter Implementierungsmaßnahmen und vor allem eines umfassenden Implementierungskonzepts, welches alle wesentlichen Ansatzpunkte für die erforderliche Strategieumsetzung beinhaltet.14
Die unternehmenspolitische Ausrichtung basiert auf umweltorientierten Zwecken und benötigt eine Konkretisierung über die Implementierung spezifischer Ziele und Maßnahmen, die für ihre Verwirklichung ausgewählt werden. Strategische Programme, die sich aus den Zielen und Maßnahmen des Unternehmens zusammensetzen, bilden die wesentlichen Elemente einer strategischen Unternehmensführung ab.15 Die
Implementierung eines ganzheitlichen Managementansatzes sollte nicht losgelöst von einer solchen Strategieimplementierung erfolgen. Wie wichtig die strategische Ausrichtung eines Unternehmens in Bezug auf seine Managementsysteme ist, wird auch durch folgende grundlegende Aspekte deutlich:16
- die Festlegung der Unternehmenspolitik als Leitbild der Unternehmensführung;
- die Berücksichtigung der gesellschaftlichen Verantwortung im Sinne einer nachhaltigen Unternehmensführung;
- die Umsetzung der Kundenwünsche und das Eingehen auf die Kundenbedürfnisse in den Produkten und Leistungen;
- die Einbeziehung aller Mitarbeiter des Unternehmens als neben den Kunden wichtigste Stakeholdergruppe;
- die Darlegung des in dem Unternehmen verankerten Managementsystems;
- die Dokumentation von Verantwortung und Zuständigkeiten im Sinne der Organisationsverantwortung in der Aufbau- und Ablauforganisation des Unternehmens;
- die erforderliche Auditierung des Managementsystems;
- der Prozess der kontinuierlichen Weiterentwicklung und Verbesserung.
In allen diesen zentralen Punkten spiegelt sich auch die Unternehmensstrategie wider. Insbesondere bei einem integrierten Managementsystem, welches zu einer deutlichen Komplexitätsreduktion in den Unternehmen führen kann, wenn es richtig implementiert wird, spielt die Unternehmensstrategie eine zentrale Rolle. Bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung zur Umsetzung eines solchen Systems sollte sich das Management eines Unternehmens über die damit einhergehende veränderte Unternehmensstrategie bewusst werden.17 Als Basis eines integrierten Managementmodells lässt sich das im Jahr 2003 herausgebrachte St. Galler Management Modell mit seinen sechs zentralen Grundkategorien heranziehen, die sich wie folgt untergliedern in Umweltsphären, Anspruchsgruppen, Interaktionsthemen, Ordnungsmomente, Prozesse und Entwicklungsmodi.18
2.1.2 Qualitätsmanagement
Im Rahmen des Total Quality Managements (TQM) beschäftigen sich Führungskräfte aus allen Unternehmensbereichen immer intensiver mit der Qualität der Umsetzung von Produkten und Prozessen und deren Bewirtschaftung. Einher geht eine derartige Entwicklung mit einer raschen Verbreitung der ISO-Normenreihe 9000, aus der auch der wachsende Einfluss des TQM-Konzepts und das Streben nach betrieblicher Excellence ersichtlich wird.19 Insbesondere die ISO 9001 beinhaltet den Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems und gibt die Anforderungen an ein solches vor.20 Die Norm beschreibt einen prozessorientierten Ansatz von Abläufen in Unternehmen sowie die Einbindung von Management und Kunden in den Prozess.21 Dies geschieht unter Vornahme von Schritten zur kontinuierlichen Verbesserung, wobei sich die ISO 9001 in die folgenden vier Hauptkategorien unterteilt:22
- die Zuweisungen der Verantwortung der Leitung von Prozessen;
- das Management von Ressourcen;
- die Realisierung von Produkten und Dienstleistungen unter TQM-Aspekten;
- die Messung, Analyse sowie die Verbesserung von betrieblichen Prozessen.
Auch der soeben aufgezeigte St. Galler Managementansatz einer integrierten Unternehmensführung beinhaltet ein eigenes Modell eines „Integrierten Qualitätsmanagements“.23 Alle sechs dargestellten Grundkategorien haben einen Einfluss auf die Bewirtschaftung der Qualität. Das Konzept und Modell eines integrierten Qualitätsmanagements gliedert sich darüber hinaus noch wie folgt:24
- Qualität als eine Unternehmeraufgabe;
- Qualitätsmanagement im Hinblick auf dessen Aufgaben und Gestaltung;
- Qualitätsmanagement im Hinblick auf dessen Umsetzung in der Organisation;
- Qualitätstechniken, die zum Einsatz kommen unterteilt in Werkzeuge und Methoden.
Es handelt sich dabei um einen ebenfalls prozessorientierten Modellansatz, der auch eine einfache Kombination mit anderen prozessorientierten Modellen und Systemen wie der ISO 9001 ermöglicht. Nach dem Modellansatz St. Galler Prägung geht es zudem um die Bewältigung des Wandels, die einen breiten Raum in Anspruch nimmt und durch welche in kleinen Schritten der Unternehmensveränderung eine kontinuierliche Verbesserung der qualitativen Aspekte des Unternehmens erreicht wird.25
Die EU-Kommission hat zudem 2014 sogenannte BVT-Schlussfolgerungen für die Herstellung von Zellstoff, Papier und Karton veröffentlicht, deren wichtigster Bestandteil
BVT-Merkblätter sind, die folgende Aspekte für ein Qualitäts- und Umweltmanagement enthalten:26
- Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken;
- deren Beschreibung sowie Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit;
- die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
- entsprechende dazugehörige Überwachungsmaßnahmen;
- entsprechende dazugehörige Verbrauchswerte;
- gegebenenfalls notwendige einschlägige Standortsanierungsmaßnahmen.
2.1.3 Umweltmanagement
Neben den allgemeinen Managementansätzen gibt es einzelne wichtige Bereiche, die Bestandteil eines integrierten Managementmodells sein können und nachfolgend im Einzelnen vorgestellt und erläutert werden. Begonnen wird mit dem Umweltmanagement, als eines der zentralen Managementthemen unserer Zeit. Das Vorsorgeprinzip stellt für das Umweltmanagement einen zentralen Aspekt dar, der neben dem Verursacherprinzip eine wichtige Leitlinie für die Festlegung von Zielen und Maßnahmen bildet. Im Rahmen eines effizienten Umweltschutzes werden alle möglichen Maßnahmen so kombiniert, dass die Umweltbelastungen bereits am Entstehungsort so weit wie möglich bekämpft werden.27 Umweltmanagement ist eng verknüpft mit der Entwicklung einer umweltorientierten Unternehmensführung als das zentrale Ergebnis eines zeitlich langfristigen sowie inhaltlich differenzierten Entwicklungsprozesses, der durch folgende Entwicklungstendenzen ausgelöst bzw. verstärkt werden konnte:28
- die ethisch-moralisch formulierten Anforderungen für einen Schutz der Umwelt über die verschiedenen Umweltschutzorganisationen, Bürgerinitiativen und Parteien;
- die Schaffung von staatlichen Rahmenbedingungen im Umwelt- und Energierecht;
- eine Zunahme der Verknappung und Verteuerung natürlich vorkommender Ressourcen;
- eine wachsende Nachfrage der Konsumenten nach ökologisch verträglichen Produkten, auch im Hinblick auf deren Produktionsfaktoren.
Im Rahmen der normativen Anforderungen an ein Umweltmanagement muss bereits bei der Produktentwicklung darauf Einfluss genommen werden, dass bei der Produktion keine schädlichen Substanzen anfallen. Darüber hinaus muss ein Recycling bestimmter Stoffe möglich sein, auch im Sinne eines additiven Umweltschutzes, bei dem sogenannte „End- of-the-Pipe-Lösungen“ zu vermeiden sind. Ein Beispiel hierfür wäre der Einbau von Filter oder Abwasserreinigungsanlagen am Ende des Produktionsprozesses, was in der Praxis dennoch häufig zu den Standards gehört.29 „Eine weitere Herausforderung im Umweltmanagement besteht darin, die Umweltziele und -maßnahmen nicht einzeln zu betrachten, sondern im Rahmen eines umfassenden und unternehmensspezifisch gestalteten Umweltmanagementsystems aufeinander abzustimmen.“30 Unternehmen können auf diese Herausforderungen wie folgt reagieren:31
- durch die Einführung von additiven und integrierten Umweltschutzmaßnahmen zur Beseitigung von produktionsbedingten Umweltbelastungen bzw. zu ihrer Begrenzung;
- durch die Integration ökologischer Kriterien in die Nutzenanalyse der hergestellten Produkte;
- durch die Einbeziehung umweltorientierter Entscheidungskriterien in alle betrieblichen Managementprozesse;
- durch die Umsetzung des Umweltmanagements als strategische Führungsaufgabe.
Um diese Aspekte richtig ausführen zu können bedarf es einer Leitlinie für eine ökologisch zielorientierte Produktion im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung, damit die Lebensgrundlagen nachfolgender Generationen nicht schon heute zerstört werden.32 Hierbei lassen sich jedoch folgende Probleme herauskristallisieren, die in jedem einzelnen Unternehmen zu bedenken sind:33
- wie hoch ist der tatsächliche Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen, etwa der von fossilen Energieträgern;
- kommt es zu einer Übernutzung erneuerbarer Ressourcen, auch im Hinblick auf die Beeinträchtigung von gefährdeten Pflanzen- und Tierarten;
- wie hoch ist der Einsatz von Stoffen, der zu Ablagerungen von schädlichen Substanzen in der Umwelt führt, etwa über die Freisetzung von Schwermetallen beim Produkteinsatz oder auch bei der Abfallverbrennung.
Unternehmen müssen sich diese zentralen Fragen auch im Sinne einer Kosten-NutzenAnalyse stellen. Die negativen Umweltauswirkungen sollten bei der Produktion auf der Kostenseite, im Sinne der Umsetzung von Nachhaltigkeit miteinbezogen werden.34
Im Umweltmanagement erfolgte auf internationaler Ebene die Entwicklung der beiden Umweltmanagementnormen ISO 14001 und EMAS.35 Bei beiden Ansätzen beruht auch das Umweltmanagement auf einem Prozess der kontinuierlichen Verbesserung, der auf dem PDCA-Zyklus basiert:36
- Planung (Plan): in dieser Phase geht es um die Festlegung von Zielen und Maßnahmen zur Erzielung von Ergebnissen im betrieblichen Umweltmanagement, welche in Übereinstimmung mit der definierten Umweltpolitik beschlossen werden, wobei der Phase eine erste Umweltprüfung sowie die Definition von Umweltaspekten und rechtlichen Anforderungen vorauszugehen hat;
- Ausführung (Do): in dieser Phase geht es um die Verwirklichung der Festlegungen aus der Planungsphase in der Ablauf- und Aufbauorganisation des Unternehmens, über die Bereiche Schulungen, Information/Kommunikation, Dokumentation sowie im Hinblick auf die Notfallvorsorge;
- Überprüfung (Check): diese Phase bezieht sich auf die Überwachung der Umsetzung der Anforderungen des Umweltmanagementsystems sowie der Messung der Zweckmäßigkeit von Maßnahmen unter Berücksichtigung der Festlegungen der Umweltpolitik, der definierten Ziele und im Sinne einer Umwelt- Compliance der rechtlichen Verpflichtungen;
- Verbesserung (Act): die letzte Phase bezieht sich auf das Ergreifen von Maßnahmen zur kontinuierlichen Weiterentwicklung des betrieblichen Umweltmanagementsystems.
2.1.4 FSC-Management
Unter dem Namen FSC verbirgt sich eine gemeinnützige, von Mitgliedern geführte Organisation, die sich dem Schutz der Wald- und Forstwirtschaft für die folgenden Generationen im Sinne von Nachhaltigkeit verpflichtet hat. Zu ihren Unterstützern zählen einerseits Umweltorganisationen wie z. B. Greenpeace oder der WWF, andererseits auch internationale renommierte Industrieunternehmen und Sozialverbände. Das FSC®-Label ist auf den Einsatz von Recycling-Material ausgerichtet. Mit dem sogenanntem „Post- Consumer-Waste“ hat die Organisation einen eigenen Begriff erschaffen, der Abfälle aus Altmaterial bzw. wiederverwertbare Rohstoffe von Recyclingzentren umfasst. Im Gegensatz dazu steht der Begriff „Pre-Consumer-Waste“ für Stoffe aus entstandenem Produktionsabfall. Die Verwendung von Recycling-Material, primär von „Post-Consumer- Waste“, vermag in einem präventiven Vorgehen bereits Wälder zu entlasten und leistet somit einen wichtigen Beitrag zur vernünftigen Verwendung von Holz. Zwischen dem Wald und dem letztlichen Endverbraucher durchlaufen Holzprodukte einige Stationen der Verarbeitung und Veränderung.37 Die FSC-Produktkettenzertifizierung („Chain of Custody“) stellt sicher, dass FSC-zertifiziertes Material identifiziert und von nicht zertifiziertem bzw. nicht kontrolliertem Material getrennt wird. Ein vernünftiges und nachhaltiges Umweltmanagement, insbesondere jenes von Unternehmen im Bereich Papiererzeugung, ist auf die Erreichung eines solchen Labels bzw. Zertifikats ausgerichtet.38
2.1.5 Arbeitsschutz und -Sicherheitsmanagement
Das Arbeitsschutz und -sicherheitsmanagement weist in Unternehmen eine ähnlich große Bedeutung wie das Umweltmanagement auf. Ein Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagementsystem muss als Teil eines betrieblichen Managementsystems einer Organisation verstanden werden. Dies dient dazu, die Arbeitsund Gesundheitsschutzpolitik eines Unternehmens zu entwickeln und Maßnahmen einzuleiten, die geeignet sind, um Arbeits- und Gesundheitsschutzrisiken zu beherrschen.39 Gemäß dem PDCA-Zyklus sind mit der Implementierung eines Arbeitsschutzmanagementsystems (AMS) folgende Grundprinzipien verbunden:40
[...]
1 Vgl. [Baumann u. a., 2017], Seite 4.
2 Vgl. [Ahlers/Eggers/Eichenberg, 2011], Seite 3.
3 Vgl. [Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, 2003], Seite 7.
4 Vgl. [Merz, 2016], Seite 106.
5 Vgl. [Chies, 2016], Seite 11-12.
6 Vgl. [Brauweiler/Zenker-Hoffmann, 2014], Seite 8.
7 Vgl. [Lemke/Brenner/Kirchner, 2017], Seite 300.
8 [Bleicher, 2011], Seite 167.
9 Vgl. [Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, 2003], Seite 7.
10 Vgl. [Ahlers/Eggers/Eichenberg, 2011], Seite 3.
11 Vgl. [Zimmerman, 2016], Seite 2.
12 Vgl. [Bleicher, 2011], Seite 167.
13 Vgl. [Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, 2003], Seite 11.
14 Vgl. [Hungenberg, 2014], Seite 325.
15 Vgl. [Bleicher, 2002], Seite 8.
16 Vgl. [Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, 2003], Seite 9.
17 Vgl. [Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, 2003], Seite 9.
18 Vgl. [Bleicher, 2011], Seite 167.
19 Vgl. [Bleicher, 2011], Seite 167.
20 Vgl. [Seghezzi, 2007], Seite 159.
21 Vgl. [Wagner, 2007], Seite 183.
22 Vgl. [Wagner, 2007], Seite 183.
23 Vgl. [Bleicher, 2011], Seite 167.
24 Vgl. [Bleicher, 2011], Seite 167.
25 Vgl. [Bleicher, 2011], Seite 167.
26 Vgl. [Wagner, o. J.], https://www.karlsruhe.ihk.de/innovation/umwelt/Immissionen/Umsetzung der EU Industrieemissionsrichtlinie IED in deutsches /BVT-Schlussfolgerungen fuer die Herstellung von Zellstoff Papie/2466392, Stand vom 23.11.2017.
27 Vgl. [Thommen u. a., 2017], Seite 170.
28 Vgl. [Brauweiler/Zenker-Hoffmann/Will, 2015], Seite 1.
29 Vgl. [Thommen u. a., 2017], Seite 170.
30 [Thommen u. a., 2017], Seite 170.
31 Vgl. [Brauweiler/Zenker-Hoffmann/Will, 2015], Seite 1.
32 Vgl. [Thommen u. a., 2017], Seite 170.
33 Vgl. [Thommen u. a., 2017], Seite 170.
34 Vgl. [Thommen u. a., 2017], Seite 170.
35 Vgl. [Brauweiler/Zenker-Hoffmann/Will, 2015], Seite 2.
36 Vgl. [DIN EN ISO 14001:2009], Seite 7.
37 Vgl. [FSC, o. J.], https://us.fsc.org/en-us/what-we-do, Stand vom 30.11.2017.
38 Vgl. [FSC, o. J.], https://us.fsc.org/en-us/certification, Stand vom 30.11.2017.
39 Vgl. [BS OHSAS 18001:2007], Seite 3.
40 Vgl. [Brauweiler/Zenker-Hoffmann, 2014], Seite 4.
- Quote paper
- Patrick Sinabel (Author), 2018, Ausarbeitung von Lösungsansätzen für eine konzernweite Strategie zur Organisation eines integrierten Managementsystems, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/505190
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