„Die Geschichte der Tonträger ist zunächst eine Geschichte der Technik.“ Dieser lapidare Satz findet sich in Thomas Jaspersens sehr umfangreichen und gut recherchierten Artikel aus dem Jahr 1996. Und wirklich: Die Geschichte der Tonträger ist untrennbar an die Entwicklung der Speichermedien gekoppelt, darüber hinausgehend jedoch auch an die Innovationen in der korrespondierenden Peripherie. Jede der drei Komponenten: Tonaufnahme, Signalwiedergabe und Tonwiedergabe hat Jaspersen zufolge zu einer „Veränderung der Kultur im Rahmen der Nutzung und Verbreitung der Tonträger“ geführt. Dabei bedeuteten Neuerungen wie die Einführung der Digitalen Compact Disc (CD) im Jahr 1982/83, die die Schallplatte fast vollkommen verdrängte, oftmals eine Rettung aus einer Krisensituation und die notwendige Neubelebung des Marktes. Heute ist unser medialer Alltag von der Lasertechnologie geprägt, immer neue und leistungsfähigere Datenträger kommen auf den Markt,- und doch ist, was die verkaufte Stückzahl bei Tonträgern betrifft, in Deutschland seit 1994 eine Stagnation bzw. ein leichter Rückgang zu verzeichnen. (vgl. Jaspersen 1998: 373) Das liegt zu einem großen Teil am gebremsten Wirtschaftsaufschwung, der schleppenden Konjunktur und an der hohen Arbeitslosigkeit, was nicht ohne Folgen auf das Kaufhalten bleibt. So ergab eine Umfrage des Senders Info-Radio zum Kaufverhalten der Deutschen (gesendet Freitag, 22.11.02), dass landesweit Konsens darüber besteht, dass gespart werden muss (wobei die Bereitschaft, privat zu sparen, auch von den öffentlichen Verwaltungseinrichtungen und der Politik verlangt wird); die Leistung zusätzlicher steuerlicher Abgaben ist indes tabu (es besteht der Verdacht, das Steuergeld „verliere“ sich irgendwo auf dem Verwaltungsweg). Privat gespart wird nach Angabe der Befragten vor allem beim Möbelkauf, beim Gewand- und Schuhkauf sowie bei der Anschaffung von Stereoanlagen, Abspielgeräten und CDs. Damit ist die Stagnation auf dem Plattenmarkt, besonders auf dem Klassik-Sektor, jedoch nicht ausreichend erklärt. Die Konkurrenz in der multimedialen Landschaft, darunter fällt zu einem gewissen Prozentsatz auch das Internet mit seinen Distributionsmöglichkeiten auf unkörperlichem Wege („music on demand“), verschärft die angespannte Situation am Plattenmarkt zusätzlich.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2 . Tonträger
2.1. Zum Begriff
2.2. Wirtschaftlicher und kultureller Einfluss
2.3. Kulturanthropologische Betrachtungen
2.4. Rezeption
2.5. Produktion und Distribution
2.6. Umsatzraten
2.7. Repertoirekategorien
2.8. Buchhandel und Bibliothekspraxis
2.9. Struktur der Tonträgernutzung
3. WWW-Diskographien
4. Bibliographie
1. Einleitung
„Die Geschichte der Tonträger ist zunächst eine Geschichte der Technik.“ (1998: 368) Dieser lapidare Satz findet sich in Thomas Jaspersens sehr umfangreichen und gut recherchierten Artikel aus dem Jahr 1996. Und wirklich: Die Geschichte der Tonträger ist untrennbar an die Entwicklung der Speichermedien gekoppelt, darüber hinausgehend jedoch auch an die Innovationen in der korrespondierenden Peripherie. Jede der drei Komponenten: Tonaufnahme, Signalwiedergabe und Tonwiedergabe hat Jaspersen zufolge zu einer „Veränderung der Kultur im Rahmen der Nutzung und Verbreitung der Tonträger“ (370) geführt. Dabei bedeuteten Neuerungen wie die Einführung der Digitalen Compact Disc (CD) im Jahr 1982/83, die die Schallplatte fast vollkommen verdrängte, oftmals eine Rettung aus einer Krisensituation und die notwendige Neubelebung des Marktes. Heute ist unser medialer Alltag von der Lasertechnologie geprägt, immer neue und leistungsfähigere Datenträger kommen auf den Markt,– und doch ist, was die verkaufte Stückzahl bei Tonträgern betrifft, in Deutschland seit 1994 eine Stagnation bzw. ein leichter Rückgang zu verzeichnen. (vgl. Jaspersen 1998: 373) Das liegt zu einem großen Teil am gebremsten Wirtschaftsaufschwung, der schleppenden Konjunktur und an der hohen Arbeitslosigkeit, was nicht ohne Folgen auf das Kaufhalten bleibt. So ergab eine Umfrage des Senders Info-Radio zum Kaufverhalten der Deutschen (gesendet Freitag, 22.11.02), dass landesweit Konsens darüber besteht, dass gespart werden muss (wobei die Bereitschaft, privat zu sparen, auch von den öffentlichen Verwaltungseinrichtungen und der Politik verlangt wird); die Leistung zusätzlicher steuerlicher Abgaben ist indes tabu (es besteht der Verdacht, das Steuergeld „verliere“ sich irgendwo auf dem Verwaltungsweg). Privat gespart wird nach Angabe der Befragten vor allem beim Möbelkauf, beim Gewand- und Schuhkauf sowie bei der Anschaffung von Stereoanlagen, Abspielgeräten und CDs. Damit ist die Stagnation auf dem Plattenmarkt, besonders auf dem Klassik-Sektor, jedoch nicht ausreichend erklärt. Die Konkurrenz in der multimedialen Landschaft, darunter fällt zu einem gewissen Prozentsatz auch das Internet mit seinen Distributionsmöglichkeiten auf unkörperlichem Wege („music on demand“[1]), verschärft die angespannte Situation am Plattenmarkt zusätzlich. Insgesamt bewegte sich der Onlinemusikhandel 1997 in der bescheidenen Größe von 0,5 % des gesamten Branchenumsatzes;[2] Tendenz steigend. (vgl. Hertz 1999: 67) Der Onlinemusikhandel wird nach Hertz’ Einschätzung neben den etablierten Vertriebswegen an Bedeutung gewinnen.
Ich werde im folgenden nicht näher auf die Hardware und auf Entwicklungen im Techniksektor (Aufzeichnungs-, Bearbeitungs- und Speicherverfahren) eingehen, sondern primär die wirtschaftlichen Aspekte der Musik-Tonträgerbranche, ihre Distributionsweisen und Einflussnahmen auf das Rezeptionsverhalten der Hörerschaft beleuchten, sowie einen kleinen Einblick in zwei unterschiedliche kulturanthropologische Ansätze geben, die sich beide mit den Auswirkungen neuer Medien auf die Menschen befassen und zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen gelangen.
2. Tonträger
2.1. Zum Begriff
Erste Aufnahme- und Wiedergabeverfahren datieren im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts (Thomas Alva Edison u.a.). Demzufolge ist der Tonträgermarkt ein Markt, der noch relativ jung ist. Global gesehen ist eine Vereinheitlichung und Konzentration dieses Marktes zu beobachten.
Unter inhaltlichen Gesichtspunkten werden die Tonträger unterschieden in: Musik, Sachprogramme, Kinderprogramme, Belletristik. Unter dem Medium Tonträger versteht man sämtliche technische Formate wie Vinylschallplatte, MusiKassette, CD, MD, Digitaltonkassetten, DVD, Super-Audio-CD etc. Manche Formate halten sich über Jahr hinweg, andere haben kurzzeitig Konjunktur und werden in Folge von anderen Formaten abgelöst, wieder andere haben Erfolg nur auf regional begrenztem Gebiet.[3] Der Satz „Das Medium Tonträger umfasst die Produkte der Schallplatte, der Kassette und der CD“, mit dem Jaspersen (1998: 367) seinen Artikel beginnt, ist daher ungenau, zumindest irreführend.[4] Ungeachtet dieses Umstandes wird in Jaspersens Aufsatz etwas evident, das nicht ihm selbst anzulasten ist: Die rasante Verfallszeit von Wissen und gedruckter Information. Eine wissenschaftliche Abhandlung über Emilia Galotti mag auch nach zehn Jahren noch Erkenntnis- und Informationswert besitzen, ein wissenschaftlicher Aufsatz jedoch, der über empirische Daten zu seinen Aussagen gelangt, ist wesentlich schneller nicht mehr zu gebrauchen oder weist zumindest signifikante Alterungserscheinungen auf. Da Jaspersen mit Datenmaterial operiert, das nur bis zum Jahr 1996 reicht, stimmen z.B. manche Angaben über Preise nicht mehr und sind die neueren Entwicklungen am Tonträgermarkt naturgemäß nicht berücksichtigt. Nichtsdestotrotz stütze ich mich in meinen Ausführungen wesentlich auf Jaspersen, sowie auf Konrad Umlaufs neuere Publikation Medienkunde von 2000.
2.2. Wirtschaftlicher und kultureller Einfluss
Die Tonträgerbranche gehört zu kleinen Wirtschaftssegmenten. 1999 betrug ihr Marktvolumen in Deutschland 4,9 Mrd. DM. (vgl. Umlauf 2000: 102) Bedeutender als ihr wirtschaftlicher Beitrag ist allerdings ihr kultureller und ihr identitätsstiftender Einfluss. Am Beispiel der Spice Girls[5] wird dies besonders deutlich. Der Titel ihres Films „Spice World“ ist zugleich Schlachtruf für einen weltumfassenden Eroberungszug. Sublim werden unsere Gehirne dabei mit Botschaften der Werbewirtschaft („Product Placement“) infiltriert, subkutan wird uns die nötige Ration „spice“ verabreicht und wie nebenbei ein bestimmtes Konzept von Jugendlichkeit vermittelt. Hier wird auch ersichtlich, wie in der Musikproduktion erfolgreich Marketingstrategien zur Anwendung gelangen. Ein reger Personenkult wird um die Stars veranstaltet, eigene Stores und Produktlinien in Supermärkten versorgen die Fans mit den nötigen Devotionalien. (ausführlich Umlauf 2000: 93f.)
Das identitätsstiftende Moment ist nicht zu übersehen. Dieses Moment ist je nach Musikrichtung und -stil unterschiedlich stark ausgeprägt. Während der Konsum von Klassik nicht an eine bestimmte und genau zu umreißende Bevölkerungsgruppe gebunden ist, gibt es Richtungen in der Musik, die exakt mit einer bestimmten Gruppierung und Lebenshaltung assoziiert werden und diese Gruppierung auf ihre Weise prägen. Punkmusik kann in diesem Zusammenhang genannt werden, oder – als eine auf extreme Weise identitätsstiftende Form – die sogenannten Skinhead-Musikgruppen. Diese Musikgruppen und die rechtsextremen „Liedermacher“ verbreiten ihre Tonträger im Großen und Ganzen außerhalb des Einzelhandels durch sogenannte „Bauchladenhändler“, scheinen daher in den offiziellen Verkaufsstatistiken nicht auf.[6] In puncto Umsatz stellen sie dabei einen zu vernachlässigenden Faktor dar.
Tonträger als Wirtschaftsfaktor und die Entwicklung der Tonträgerbranche als solche sind
sehr gut erforscht. Zum einen durch einen durch eine exakte Erfassung im Handel: sämtliche Einzelverkäufe werden mit Ort und Datum registriert, zum anderen dadurch, dass bei allen öffentlichen Veranstaltungen (inklusive aller Sendungen) die gespielten Titel erfasst werden um die GEMA-Gebüren zu erheben (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und Vervielfältigungsrechte)[7]. Es existieren – so Jaspersen – jede Menge Untersuchungen unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten, kultursoziologische, kommunikationswissen-schaftliche und medienpädagogische Ansätze sind selten. Hierin ortet er mit Recht ein Desideratum und fordert eine „spezielle Theorie der Tonträger als Medium oder zumindest eine Theorie der Schallplatte“ (1998: 372).
[...]
[1] Gemeint ist hier music on demand im eigentlichen Sinne, auch als Audio on demand bezeichnet: der Download von Musikdateien via Internet als nichtkörperlicher Vertriebsweg. Teilweise wird der Ausdruck „music on demand“ auch für den Versandhandel mit körperlichen Tonträgern via Internet gebraucht, der zumeist durch den gewöhnlichen Mail-order-Vertrieb durchgeführt wird und auch als E-commerce bekannt ist. “ (cf. Herz 1999: 67)
[2] Umsätze, die durch die sogenannte Netzpiraterie gemacht werden, sind hier nicht eingerechnet.
[3] Ein Beispiel für Letzteres ist die MiniDisc (MD), die seit etwa 1990 am Markt ist. In unseren Breiten hat sie sich bis heute nicht wirklich durchzusetzen vermocht, am japanischen Markt hat sie sich dagegen erfolgreich etabliert. (cf. Hertz 1999: 64)
[4] Wahrscheinlich war es ihm darum zu tun, die dem „gemeinen“ Nutzer vertrauten Formate zu nennen, doch begeht er damit m.E. eine unzulässige Simplifizierung. Besonders dann, wenn man bedenkt, dass der Artikel für ein Sachbuch innerhalb einer wissenschaftlichen Reihe (= UTB Wissenschaft: Große Reihe) geschrieben worden ist.
[5] Genauso gut könnten hier N’SYNC, Britney Spears, Christina Aguilera[5] oder Michael Jackson genannt werden. Was dem auf den ersten Blick vielleicht belanglosen Text von Aguileras Song „Genie In A Bottle“ bei einigem guten Willen abgewonnen werden kann, siehe „Anhang“!
[6] Cf. „Antwort der Bundesregierung auf die ‚Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau und der Fraktion der PDS – Drucksache 14/2506 – Rechtsextremistische Skinhead-Musik 1999’“. Drucksache 14/2637 (01.02.2000).
[7] S. „Musikwiedergabe und Kauf von Tonträgern im Zusammenhang mit dem GEMA-
Gesamtvertrag“. In: BibliotheksInfo 1. Jg. (1991), H.2. Die Ausleihe von Musik-Tonträgern in Öffentlichen Bibliotheken ist in diesem Vertrag wie folgt geregelt: „Die Öffentlichen Bibliotheken dürfen [...] rechtmäßig erworbene Vervielfältigungsstücke (Bücher, Noten, Tonträger, Videokassetten usw.) an ihre Benutzer ausleihen, die dafür zu entrichtende Vergütung („Bibliothekstantieme“) wird aufgrund eines Vertrages vom 24. Juni 1975 zwischen Bund und Ländern einerseits und den Verwertungsgesellschaften andererseits pauschal aus den staatlichen Haushalten geleistet.“
- Citation du texte
- Kristina Werndl (Auteur), 2003, Musiktonträger, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50463
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