Beschäftigt man sich eingehend mit der Literatur zum Thema Qualitätsmanagement in der Sozialen Arbeit ist eine Fokussierung zu erkennen, die sich auf den Einzug dieses Themengebiets in die Soziale Arbeit und den daraus resultierenden Schwierigkeiten und Konsequenzen bezieht. Vielerorts wird sich dabei mit den negativen Folgen dessen auseinandergesetzt und auf die Gefahr der Vereinnahmung einer Profession durch betriebswirtschaftliche bzw. unternehmerische Verfahren hingewiesen. Zum Teil wird sich im Rahmen wissenschaftlichen Alltags schwer damit getan, themenfremde und nicht auf eigenem Beitrag basierende Neuerungen anzuerkennen und zu integrieren. Ähnlich verhielt es sich z.B. mit dem Einzug wissenschaftlicher Forschungsmethoden in die sozialpädagogische Wissenschaftspraxis, die bis zum heutigen Tag zum unerlässlichen Bestandteil geworden sind und auch in Zukunft sein werden. Die Frage, die sich bezüglich der Unerlässlichkeit sozialpädagogischer Qualität und dem daraus resultierenden Qualitätsmanagement stellt, gilt es nun gleichsam zu beantworten. Gefordert sind dabei, im Gegensatz zur Integration der Forschungsmethoden, nicht die wissenschaftlich orientierten Berufsangehörigen sondern die in der Praxis tätigen Mitarbeiter. Dabei sollte es sich neben den gesetzlich vorgeschrieben Qualitätsvereinbarungen hauptsächlich um den eigenen Anspruch der Mitarbeiter und Führungsverantwortlichen handeln, qualitativ hochwertige Arbeit unter dem Aspekt der persönlichen Weiterentwicklung zu leisten. Der Weg zu einer befriedigenden Arbeit mit und durch Qualität kann angesichts der Abwehr gegenüber der Auseinandersetzung mit Qualitätsmanagement über die Einsicht in eine sich bietende Chance für das sozialpädagogische Arbeitsfeld verlaufen. Innerhalb dieses Prozesses ist die Schaffung einer Balance zwischen fremdgesteuerten Vorgaben und der selbstindizierten Partizipation anzustreben. Da eine Reihe von Forderungen und Erwartungen verschiedener Interessengruppen wie Politik, Gesellschaft, finanzielle Förderer und Adressaten gestellt werden, handelt es sich im Kernprozess hauptsächlich um die Erfüllung derselben und zwar im Sinne des qualitätsvollen Handelns unter selbstreflexiven Betrachtungen. Die auf diesem Weg erreichte Zufriedenheit aller Beteiligten sollte die vorangegangenen Bemühungen um Qualität rechtfertigen und zur Sicherung derselben anhalten.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Einleitung
1. Zum Stand der Qualitätsdebatte in der Sozialen Arbeit - Aktuelle An- und Einsichten
1.1 Sozialpolitische Einbindung
1.2 Sozialrechtliche Grundlagen und ihre Bedeutung
1.3 Legitimationsprobleme Sozialer Arbeit
1.4 Betriebswirtschaftliche und ökonomische Forderungen
2. Die Entwicklung des Qualitätsmanagements vom beginnenden
20. Jahrhundert bis heute
2.1 Das Erbe der Pioniere des Qualitätsmanagements
2.1.1 Frederick Winslow Taylor (1856 – 1915)
2.1.2 Henry Ford (1863 – 1947)
2.1.3 Vordenker und ihre maßgeblichen Verdienste um das Qualitätsmanagement
2.2 Entwicklung des Qualitätsmanagements in Deutschland
2.3 Einzug des Qualitätsmanagements in die Soziale Arbeit
3. Qualität aus sozialpädagogischer Sicht Qualitätsbegriff – Ursprung, Einflüsse und Dimensionen
3.1. Sprachlicher Ursprung und Definitionsauseinandersetzungen
3.2 Qualitätsbestimmende Einflussfaktoren
3.3 Struktur-, prozess- und ergebnisbezogene Dimensionen der Qualität
4. Begriffe und Definitionen des Qualitätsmanagements und Schritte zur Einführung eines Qualitätsmanagementsystems
4.1 Die Säulen des Qualitätsmanagements und ihre Bedeutung
4.2 Phasen und Abschnitte der Einführung eines Qualitätsmanagementsystems
4.2.1 Vorbereitung und einleitende Schritte
4.2.2 Bestandsaufnahme der Ausgangssituation
4.2.3 Die Arbeit im Qualitätszirkel und ihre Bedeutung für die Umsetzung
4.2.4 Erstellung des Leitbildes und Festlegung der Qualitätspolitik
4.2.5 QM-Dokumentation mithilfe des Qualitätsmanagementhandbuches
4.2.6 Umsetzung erarbeiteter Standards und anschließende Überprüfung der Wirksamkeit durch Qualitätsaudits
5. Spezielle Aufgaben und Organisation eines Qualitätsmanagementsystems
5.1 Aufgaben der Aufbauorganisation
5.1.1 Informationsfluss und Kompetenzverteilung
5.1.2 Struktureller Aufbau in Sozialen Organisationen
5.1.3 Verteilung von Aufgaben und Verantwortungen
5.1.4 Herausarbeitung der Grundlagen
5.2 Aufgaben der Ablauforganisation
5.2.1 Entwicklung betrieblicher Standards
5.2.2 Verfahrensanweisungen und Möglichkeiten der Erarbeitung
5.2.3 Reflektion von Schlüsselprozessen
5.2.4 Flussdiagramme als spezielle Form der Verfahrensan-weisung
6. Verfahren und Methoden des Qualitätsmanagements in der Sozialen Arbeit
6.1 Die Normenreihe DIN EN ISO 9000 ff. : (mit und ohne Zertifizierung)
6.1.1 Inhalte und Schwerpunkte der revidierten Fassung DIN EN ISO 9000 ff. :
6.1.2 Das Prozessmodell der DIN EN ISO 9001 : 2000 - Norm
6.1.3 Chancen und Grenzen der Zertifizierung in Handlungsfeldern Sozialer Arbeit
6.2 European Foundation for Quality Management und das EFQM – Modell für Excellence
6.2.1 Die Grundkonzepte der Excellence 67 6.2.2 Das EFQM – Modell für Excellence
6.2.3 Anwendbarkeit auf die Tätigkeitsfelder Sozialer Arbeit
6.3 Benchmarking - Learning from the best
6.3.1 Struktur und Ablauf des Benchmarking – Prozesses
6.3.2 Relevanz für das Feld der Sozialen Arbeit
6.4 Qualitätsmanagement durch Evaluation
6.4.1 Formen sozialpädagogischer Evaluation
6.4.2 Schritte zur Durchführung einer Selbstevaluation
6.4.3 Die Einbindung von Evaluation in die Soziale Arbeit
6.5 Total Quality Management – Konzept oder Philosophie?
6.6 Verfahren und Methoden des QM in einer Schlussbetrachtung
7. Entwurf eines Modells zur Darstellung der qualitätsrelevanten Faktoren und Dynamiken
8. Soziale Einrichtungen als Adressaten von Qualitätsmanagement unter dem Aspekt der Trägerstrukturen Sozialer Arbeit
8.1 Strukturen öffentlicher Träger am Beispiel des Jugendamtes
8.2 Tätigkeits- und Wirkungsbereiche Freier Träger am Beispiel der Wohlfahrtsverbände
9. Von der Theorie zur Praxis - ein Interview mit einem Qualitätsbeauftragten der AWO Rostock
10. Schlussbetrachtungen und Ausblick für die Zukunft
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Vorwort
Beschäftigt man sich eingehend mit der Literatur zum Thema Qualitätsmanagement in der Sozialen Arbeit ist eine Fokussierung zu erkennen, die sich auf den Einzug dieses Themengebiets in die Soziale Arbeit und den daraus resultierenden Schwierigkeiten und Konsequenzen bezieht. Vielerorts wird sich dabei mit den negativen Folgen dessen auseinandergesetzt und auf die Gefahr der Vereinnahmung einer Profession durch betriebswirtschaftliche bzw. unternehmerische Verfahren hingewiesen. Zum Teil wird sich im Rahmen wissenschaftlichen Alltags schwer damit getan, themenfremde und nicht auf eigenem Beitrag basierende Neuerungen anzuerkennen und zu integrieren. Ähnlich verhielt es sich z.B. mit dem Einzug wissenschaftlicher Forschungsmethoden in die sozialpädagogische Wissenschaftspraxis, die bis zum heutigen Tag zum unerlässlichen Bestandteil geworden sind und auch in Zukunft sein werden.
Die Frage, die sich bezüglich der Unerlässlichkeit sozialpädagogischer Qualität und dem daraus resultierenden Qualitätsmanagement stellt, gilt es nun gleichsam zu beantworten. Gefordert sind dabei, im Gegensatz zur Integration der Forschungsmethoden, nicht die wissenschaftlich orientierten Berufsangehörigen sondern die in der Praxis tätigen Mitarbeiter. Dabei sollte es sich neben den gesetzlich vorgeschrieben Qualitätsvereinbarungen hauptsächlich um den eigenen Anspruch der Mitarbeiter und Führungsverantwortlichen handeln, qualitativ hochwertige Arbeit unter dem Aspekt der persönlichen Weiterentwicklung zu leisten. Der Weg zu einer befriedigenden Arbeit mit und durch Qualität kann angesichts der Abwehr gegenüber der Auseinandersetzung mit Qualitätsmanagement über die Einsicht in eine sich bietende Chance für das sozialpädagogische Arbeitsfeld verlaufen. Innerhalb dieses Prozesses ist die Schaffung einer Balance zwischen fremdgesteuerten Vorgaben und der selbstindizierten Partizipation anzustreben. Da eine Reihe von Forderungen und Erwartungen verschiedener Interessengruppen wie Politik, Gesellschaft, finanzielle Förderer und Adressaten gestellt werden, handelt es sich im Kernprozess hauptsächlich um die Erfüllung derselben und zwar im Sinne des qualitätsvollen Handelns unter selbstreflexiven Betrachtungen. Die auf diesem Weg erreichte Zufriedenheit aller Beteiligten sollte die vorangegangenen Bemühungen um Qualität rechtfertigen und zur Sicherung derselben anhalten.
Einleitung
Im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem Thema Qualitätsmanagement stößt man auf vielfältige Möglichkeiten der Betrachtung und Bearbeitung, wobei keine den Anspruch auf Allgemeingültigkeit zu erheben in der Lage ist.
Die hier vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema Qualitätsmanagement in der Sozialen Arbeit. In der Folge wird versucht werden, dieses Thema in einer logischen und nachvollziehbaren Art und Weise aufzubauen.
Ein Überblick über den derzeitigen Stand der Diskussion um das Thema Qualität in der Sozialen Arbeit soll hierbei zunächst eine einleitende Funktion mit informierendem Charakter übernehmen, um dann in einer retrospektiven Aufarbeitung des Themas, die historische Entwicklung des Qualitätsmanagements darstellen zu können. Im Rahmen der historischen Betrachtung wird ein besonderes Augenmerk auf den Zeitpunkt und die Gründe für den Einzug des Qualitätsmanagements in die Soziale Arbeit gelegt.
Der dritte Abschnitt befasst sich mit dem Begriff der Qualität aus sozialpädagogischer Sicht. Die mehrdimensionale Betrachtungsweise soll eine umfassende Hinleitung zum Hauptthema bieten und gleichsam verdeutlichen, wie vielschichtig bereits grundbegriffliche Auseinandersetzungen vollzogen werden können.
Der Hauptteil beinhaltet neben den begrifflichen Auseinandersetzungen die Darstellung des Aufbaus und der Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems, wobei diese im fünften Abschnitt durch die Anführung spezieller Aufgaben im Rahmen von Qualitätsmanagement ergänzt wird.
Verschiedene Verfahren und Methoden des Qualitätsmanagements stehen im Mittelpunkt der Betrachtungen im sechsten Abschnitt und werden hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit auf die Soziale Arbeit geprüft.
Den Hauptteil abschließend werden die Abschnitte drei bis sechs in einem von mir entworfenem Modell dargestellt, welches die wesentlichen qualitätsrelevanten Faktoren und Dynamiken nochmals verdeutlichen soll .
Um eine Vorstellung davon zu bekommen, in welchem Rahmen Qualitätsmanagement in der Sozialen Arbeit seine Anwendung finden kann, enthält der achte Abschnitt Erläuterungen zu den Trägerstrukturen und ihren spezifischen Charakteristiken.
Der theoretische Teil dieser Arbeit findet im letzen Abschnitt seine Überprüfung durch ein von mir geführtes Interview mit einem Qualitätsbeauftragten der Arbeiterwohlfahrt Rostock. Diese Überprüfung wird nicht für jeden einzelnen Abschnitt des Theorieteiles durchführt werden, sondern soll ein Gradmesser für ein praktiziertes Qualitätsmanagement darstellen und zudem mögliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung verdeutlichen.
In einer abschließenden Schlussbetrachtung werden aus diesem Vergleich mögliche Ableitungen für die Zukunft des Qualitätsmanagements in der Sozialen Arbeit getroffen.
Aufgrund der besseren Lesbarkeit verwende ich in dieser Arbeit die männliche Form und bitte die Leserinnen und Leser die entsprechenden Stellen gedanklich selbst zu konvertieren.
1. Zum Stand der Qualitätsdebatte in der Sozialen Arbeit
In einer sich stetig verändernden Gesellschaft, in der der Mensch bestrebt ist bzw. angetrieben wird, neue Herausforderungen und Entwicklungen in Gang zu setzen und bestehende Prozesse und Verfahren zu verbessern, strömen eine Vielzahl von Theorien auf die Arbeitswelt ein, die eine Berechtigung von Notwendigkeit für sich beanspruchen. Nicht immer können diese Theorien in die Tat umgesetzt werden bzw., wenn der Sprung in die praktische Umsetzung gelingt, diese aufgrund mangelnden Interesses oder Nutzens wieder verworfen werden.
Im Rahmen erster Diskussionen zur Qualität in der Sozialen Arbeit verhielt es sich ähnlich. Die Qualitätsfrage wurde lange Zeit als „Modethema“ (KÖPP/ NEUMANN 2003, S. 13) behandelt und fand erst mit der veränderten Sozialgesetzgebung in den 1990er Jahren und der Einführung neuer Steuerungsmodelle Anklang und erste Einsichten in die Notwendigkeit der Strukturierung, Nachvollziehbarkeit, Absicherung aber auch Wertschätzung sozialpädagogischer Arbeit.
Die heutige Qualitätsdiskussion erstreckt sich dabei auf drei Ebenen, die von einer Reihe verschiedener Experten Beachtung finden. Zum einen seien da die Forderungen nach Bewertung der fachlichen Arbeit und nach Behebung arbeitsfeldspezifischer Mängel (vgl. MERCHEL 2004, S. 15) zu nennen, dem gingen jedoch die Verankerung von Qualitätsanforderungen in den Sozialgesetzen und aufgrund der Finanzkrise die Forderung nach Kosteneinsparungen im Sozialen Sektor voraus.
1.1 Sozialpolitische Einbindung
Verfolgt man die Qualitätsdiskussion, ist erkennbar, dass eine losgelöste Betrachtung der einzelnen Bereiche kaum möglich erscheint. Das sozialpolitische Umfeld des Qualitätsthemas schließt sowohl die Bereiche der Sozialgesetzgebung und Legitimationsanforderungen als auch der betriebswirtschaftlichen Orientierungen ein (vgl. MERCHEL 2004, S. 15). Die Soziale Arbeit befindet sich somit im Spannungsfeld sozialpolitischer Kompromittierung und muss gleichsam einsehen, dass sie dieser Bloßstellung nicht nur mit dem Entgegensetzen fachlicher und methodischer Arbeit begegnen kann. Auch reicht allein das bloße Vorhandensein sozialer Problemlagen als
Legitimationsgrundlage nicht mehr aus, vielmehr muss die Devise „Fördern und Fordern“ (KÖPP/ NEUMANN 2003, S. 44) für Träger Sozialer Arbeit lauten. Die Frage nach Qualität betrifft die Effektivitäts- und Effizienzprobleme sämtlicher staatlicher Leistungsproduktion, woraus sich ein spezifisches Anforderungsprofil an sozialpolitische Reformen ergibt. Der „aktivierende Staat“ instrumentalisiert in diesem Sinne die Einforderung eines Qualitätsmanagements zum Zwecke der Einlösung seiner Gesamtverantwortung für die effektive und effiziente Erbringung sozialstaatlicher Aufgaben (vgl. von BRANDEMER/ HILBERT 1998). In diesem Sinne dient Qualitätsmanagement der Steuerung zur Neugestaltung des Verhältnisses von öffentlichen und privaten Leistungserbringern, ist Instrument zur Effektivitäts- und Effizienzsteigerung, dient der Kontrolle entstehender Kosten und erbrachter Leistungen sowie der Mobilisierung von Rationalisierungsreserven bei der Leistungserbringung (vgl. KÖPP/ NEUMANN 2003, S. 44). In dieser Strategie, die mit weniger einsetzbaren Mitteln ein Mehr an Leistung fordert, liegt die eigentliche Gefahr für die Soziale Arbeit. Sie drohte durch aufdiktierte, von außen gesteuerte und geforderte Maßnahmen im Sumpf artfremder Disziplinen zu versinken, während gleichzeitig die aus dem eigenen Bereich entstandenen Orientierungen zur verbesserten methodischen Ausrichtung in den Hintergrund gedrängt wurden. Erst allmählich wurden und werden Vorschläge zur methodischen Qualifizierung in die Qualitätsdebatte eingebracht, so auch bei Heiner 1996 (vgl. MERCHEL 2004, S. 32). Der Weg muss eindeutig mehr in Richtung sozialpädagogische Qualität gehen und die Frage, was es heißt „Erziehung“ [im weiteren Sinne; A.B.] besser zu machen, muss gestellt werden (vgl. KÖPP/ NEUMANN 2003, S. 44). Der Gesamtwert von Maßnahmen des Qualitätsmanagements in der Sozialen Arbeit würde bei weitem unterboten, wenn nur Legitimationsnachweise in Form von Leistungsbilanzen gefordert würden und Effektivität und Effizienz die maßgeblichen Bezugsgrößen darstellten.
1.2 Sozialrechtliche Grundlagen und ihre Bedeutung
Der erste Meilenstein in der Entwicklung der Diskussion um das Thema Qualität war die Verankerung bestimmter Qualitätsanforderungen in der Sozialgesetzgebung, wobei die Novellierung der Gesetze schrittweise und mit unterschiedlichen Nuancierungen
erfolgte. Der unterschiedliche Umgang mit dem Begriff Qualität birgt demnach ganz verschiedene Potentiale und Auswirkungen in den einzelnen Gesetzen und setzt ebenso divergente Interpretationen und Reaktionen in Gang. Die gesetzlichen Neuerungen zogen anfänglich in Form von Qualitätssicherung und/ oder Qualitätsprüfung in das Krankenversicherungs-, Arbeitsförderungs- und Pflegeversicherungsgesetz ein.
1 War beim neuen Krankenversicherungsgesetz neben den Qualitätssicherungsmaßnahmen zu Behandlung, Versorgungsabläufen und Behandlungsergebnissen auch hier die starke Nähe des Qualitätsthemas zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen zu erkennen, ging die Tendenz im Arbeitsförderungsrecht hin zur Qualitätsprüfung, und dies ausschließlich auf den Erfolg z.B. einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme bezogen.
Im Rahmen des Pflegeversicherungsgesetzes erfolgte gleichsam die Verkopplung von Qualitätssicherung und Qualitätsprüfung. Die Qualitätssicherung bezog sich hierbei sowohl auf die allgemeinen Pflegeleistungen, Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung als auch auf Zusatzleistungen, während die Qualitätsprüfung auf Verlangen der Landesverbände der Pflegekassen in Form von Einzelprüfung, Stichproben oder vergleichender Prüfung die Prüfung der Qualität von Leistungen bezüglich der Pflege, Versorgungsabläufe und Pflegeergebnisse einschließen soll.
Die neuen Qualitätsregelungen im Kranken- und Pflegeversicherungsrecht stellten dann somit auch die Weichen für die Einführung von Qualitätsprüfung-(svereinbarungen) im Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Laut § 93 Abs. 2 BSHG soll der Träger einer Einrichtung mit dem Träger der Sozialhilfe eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung (Leistungsvereinbarung); über die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und über die Prüfung der Wirtschaftlichkeit im Zusammenhang mit Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) abschließen.
Es existieren jedoch Kritikpunkte, die in der Folgezeit gesetzlicher Neuerungen zu beachten sind. Durch Angaben über Qualität von Leistungen innerhalb der Leistungsvereinbarung erfolgt zum einen die Transparentmachung des Verhältnisses von Preis und Leistung, die sich wiederum nur auf die strukturqualitative Ebene bezieht
und somit kaum Raum für fachliche Orientierungen bieten kann. Und zum anderen ist abermals die Verbindung von Wirtschaftlichkeit und Qualität im Rahmen der Prüfungsvereinbarung auffällig, als wären diese beiden Begriffe ganz logisch miteinander verbunden.
Eine Trennung dieser Bereiche, wie sie in der Novellierung des Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) festgelegt worden ist, zeigt einen Ansatz des richtigen Weges auf. Im Gegensatz zu den bereits erwähnten Gesetzesneuerungen geht es hierbei im Rahmen der Qualitätsdiskussionen sowohl um Qualitätsentwicklung (- svereinbarungen) als auch um Qualitätsentwicklung als Prozess. Neben einer Leistungs- und Entgeltvereinbarung gilt es eine Qualitätsentwicklungsvereinbarung auszuhandeln und abzuschließen, in der „Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistungsangebote sowie über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung“ (§ 78 b Abs. 1 KJHG) formuliert werden. Als Folge dessen sind Einrichtungen dazu gezwungen, Ziele bewusster zu definieren und ihre Arbeit an diesen Zielen auszurichten, sowie entsprechende Verfahren der Bewertung zu implementieren.
Die Leistungs- und die Entgeltvereinbarung bezieht sich weitestgehend auf die betriebswirtschaftliche Komponente, während die Vereinbarung zur Qualitätsentwicklung vorwiegend die fachliche Ebene anspricht. Eine Verkopplung der beiden Bereiche findet durch den vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Abschluss aller drei Vereinbarungen zur Übernahme des Entgelts statt.
Auch wenn in der Umsetzung dieser Verpflichtungen einige Schwierigkeiten bestehen, ist das Potential für eine fachpolitische offensive Verarbeitung des Qualitätsthemas im KJHG gegenüber den anderen Sozialgesetzen durch das Aufgreifen und Bearbeiten der Diskrepanz zwischen betriebswirtschaftlichen und fachlichen Orientierungen am stärksten ausgeprägt (vgl. MERCHEL 2004, S. 19 ff.).
1.3 Legitimation Sozialer Arbeit
Die Autoren Christina Köpp und Sascha Neumann (2003) nähern sich dem Thema der Berechtigung Sozialer Arbeit durchaus provokativ: „Es geht also unmittelbar um die Frage, ob Sozialpädagogik bzw. sozialpädagogische Praxis leistet, was sie intendiert
und in diesem Zusammenhang vor allem darum, ob sie es wert ist, was man in sie investiert.“ (KÖPP/ NEUMANN 2003, S. 32) Ausgehend von Becks „Theorem reflexiver Modernisierung“ stellen sie folgende These auf: „Diese Legitimationsproblematik (...) tritt als Nebenfolge von Modernisierungsprozessen ein.“ (KÖPP/ NEUMANN 2003, S. 33).
Modernisierungsprozesse meint hier sich vollziehender sozialer Wandel und damit veränderte Problemlagen und Bedürfnisse der Adressaten bezüglich des Verhältnisses Individuum – Gesellschaft. Da sich Soziale Arbeit aber der Bewältigung sozialer Konfliktlagen verschrieben hat, unterliegt sie dem stetigen Druck sich auf veränderte Situationen einzustellen und adäquat reagieren zu müssen. Die Problematik ergibt sich daher aus einem ständigen Anpassungsdruck (vgl. KÖPP/NEUMANN 2003, S. 32).
Für mich stellt sich nun die Frage nach der Verschuldung sozialer Ereignisse, die einen Ruf nach Umwälzung Sozialer Arbeit laut werden lassen. Dass diese Frage nicht eindeutig sondern nur unter multifaktorieller Sicht beantwortet werden kann, ist nicht erst seit heute bekannt. Zu diesen multifaktoriellen Einflüssen zählen eine Reihe gesellschaftlicher Komponenten, die ebenfalls einen Wandel durchlaufen haben und deren Gewichtung, bei sich verändernden Umständen, mal an Gewicht gewinnen und mal verlieren. Zu den an Gewicht gewinnenden Komponenten zähle ich u.a. die rasante Entwicklung im medialen und multimedialen Bereich in den letzten Jahren.
Ziel Sozialer Arbeit muss es demnach sein, sich immer den gegenwärtigen Bedingungen und Gegebenheiten anzupassen, mit der Maßgabe im Sinne der Adressaten und Förderer unter Berücksichtigung sozialpolitischer und ökonomischer Werte zu handeln. Doch um das erfüllen zu können, bedarf es da nicht einer gewissen Legitimation?
Die Legimitation Sozialer Arbeit erfolgt sowohl von mehreren Seiten als auch in mehrere Richtungen. Merchel (2004) sieht diese Wendung der Qualitätsdebatte u.a. in Richtung ganzheitliche Betrachtung verlaufen. Wurde sich bislang lediglich auf die Strukturqualität konzentriert, da diese Elemente von Qualität eine eindeutigere Messbarkeit aufweisen und größtenteils durch politische Entscheidungen gesetzt sind, bezieht die neuere Diskussion die Prozessqualität gleichermaßen mit ein (vgl. MERCHEL 2004, S. 25). Ausgangspunkt für diese Betrachtungsweise war die drohende marginalisierende Bedeutung der Suche nach intern verursachten Qualitätsmängeln.
Diese Form der Herangehensweise rief durchaus ambivalente Einstellungen hervor, die sich von der Einsicht in die Chance der Verbesserung der eigenen Praxis, über eine verbesserte öffentliche Darstellung, bis hin zu Befürchtungen unzulässiger Übergriffe auf die sozialpädagogische Handlungsautonomie erstreckten. In Anbetracht dessen, dass sich die Qualitätsdiskussion nicht aus der Profession selbst entwickelt hat, sondern an die Sozialpädagogik heran getragen worden ist, sind diese Einstellungen und Ansichten verständlich, aber durchaus nicht neu (vgl. MERCHEL 2004, S. 25) Auch hier lautet das Stichwort der Stunde Transparenz. Nur über ausreichende Einblickmöglichkeiten, sowohl in strukturelle Rahmenbedingungen als auch in Arbeitsprozesse, besteht die Möglichkeit der internen und externen Legitimation. Die Neuerungen der Qualitätsdebatte lassen sich nach Merchel (2004) in fünf Punkten zusammen:
1. Einbeziehungen unterschiedlicher Qualitätsdimensionen
Die Ausweitung der Diskussion, über die fachlichen Standards hinaus, soll Fragen der Prozess- und auch Ergebnisqualität mit einbeziehen. Der Ansatz für diese neuerliche Form der Diskussion findet sich in den auf Qualität bezogenen Passagen der Sozialgesetzgebung und in den zum Bestandteil der Vereinbarungen gewordenen Kriterien zu Prozess- und Ergebnisqualität sowie Verfahren zu deren Überprüfung.
2. Konkretisierung und Transparenz bei Standards und Konzepten
„Die Qualitätsdiskussion fordert hier Konkretisierungen und Indikatoren, um Konzept und Handeln näher aneinander zu rücken, um das Alltagshandeln stärker konzeptionell auszurichten und um die Begründungen für strukturbildendes und sozialpädagogisches Handeln transparenter werden zu lassen.“ (MERCHEL 2004, S. 26).
3. Strukturierung und Kontinuierlichkeit der Qualitätsbewertung
Ziel soll es sein, dass einrichtungsintern aber auch trägerübergreifend Verfahren zur kontinuierlichen Qualitätsbewertung erarbeitet werden. Die Vermeidung einer beliebigen und zufälligen Bewertung von Qualität macht diese Strukturierung und Kontinuierlichkeit zum wesentlichen Bestandteil von Qualitätsentwicklungsprozessen.
4. Qualitätsentwicklung im einrichtungsübergreifenden Kontext
Verfahren der Qualitätsentwicklung beziehen sich zunächst auf die jeweilige Einrichtung, im Rahmen der Qualitätsdebatte ergeben sich dennoch Gründe für einrichtungsübergreifende Kontexte, von denen sich Experten folgendes versprechen:
1. Verankerung einzelner Einrichtungen in einen Fachkontext,
2. Qualitätsimpuls wird durch einrichtungsübergreifenden Bezug am Leben erhalten,
3. Einsetzen eines qualitätsfördernden Steuerungsmechanismus´ durch Vergleich
zwischen den Einrichtungen.
5. Verbindung zwischen fachlicher und sozialpolitischer Debatte zur Qualität
Durch die gesetzesbedingte Verbindung fachlicher und sozialpolitischer Aspekte entstehen sowohl eine politische Profilierung der Qualitätsdebatte als auch eine Dezentralisierung derselben und infolge dessen entsprechende Risiken (vgl. MERCHEL 2004, S. 27). Infolge der Novellierung des KJHGs und auch des BSHGs kann die Frage, welche Qualität erforderlich ist und welche Kosten damit verbunden sind, auf kommunalpolitischer Ebene stärker thematisiert werden. Gleichzeitig entsteht aus dieser Verbindung in Form von Leistungsverträgen eine tendenzielle Dezentralisierung. Die sich daraus ergebende Problemstellung ist die der Frage, in welcher Form übergreifende sozial- und fachpolitische Regulative markiert und aufrechterhalten werden können, wenn die gewünschte und finanzierbare Qualität vielerorts dezentral ausgehandelt wird (vgl. MERCHEL 2004, S. 26 f.)
Ausgehend vom Problem der Legitimation Sozialer Arbeit stellt Merchel (2004) somit eine Denkrichtung vor, die in umfassender Art und Weise die Hauptschwerpunkte der aktuellen Qualitätsdebatte widerspiegelt. Der eine Themenschwerpunkt kann nicht unabhängig von den anderen diskutiert werden und so sollen die in diesem ersten Abschnitt erläuterten Diskussionsansätze einen Überblick über die Gesamtheit und Komplexität der Qualitätsdebatte geben.
1.4 Betriebswirtschaftliche und ökonomische Forderungen
Ökonomie bedeutet laut Fremdwörterbuch sparsames Umgehen mit etwas bzw. rationelle Verwendung von etwas (vgl. Fremdwörterbuch 1997, S. 566).
Im Rahmen der neuen Steuerungsmodellen in der Sozialverwaltung und den damit verbundenen Sparmaßnahmen, der Verwaltungsreform, der mangelnden fachbezogenen Rücksichtnahme und der veränderten Bezüge zu freien Trägern stellt sich an die Soziale Arbeit zunehmend die Frage nach dem effizienten Einsatz finanzieller Mittel und einer bestimmten Effektivität (vgl. MERCHEL, 1999, S. 26). Einrichtungen Sozialer Arbeit geraten auch diesbezüglich verstärkt unter Legitimationsdruck hinsichtlich des Aufweisens eines angemessenen Verhältnisses zwischen Aufwand und Leistungsqualität (vgl. MERCHEL 2004, S. 17 f.).
Dabei ist in den Formulierungen eine Unterscheidung zwischen Effizienz und Effektivität zu treffen, da sie sich auf unterschiedliche Dimensionen von Qualität beziehen.
„Mit der Effektivität wird das Verhältnis zwischen den in die Vorstellung von Qualität eingegangenen Zielen und der erreichten Wirkung gekennzeichnet.“ (MERCHEL 1999, S. 31) Sie wird demnach weitestgehend am Ergebnis gemessen, während die Effizienz die Relation zwischen den Mitteln, deren Beschaffenheit als Struktur- und Prozessqualität einer Leistung beschrieben werden, und den erreichten Wirkungen im Sinne von Ergebnisqualität kennzeichnet (vgl. MERCHEL 1999, S, 17).
Es geht also im weiteren Sinne darum, einen Konsens über die Art und Weise der Verbreitung und Verwendung betriebswirtschaftlicher Kategorien des Qualitätsmanagements in sozialpädagogischen Einrichtungen zu finden. Der Dreh- und Angelpunkt dabei war anfänglich die Verbindung zwischen Konzepten des Qualitätsmanagements aus Bereichen der Industrie, Wirtschaft und allgemeinen Verwaltung und dem eigentlichen sozialpädagogischen Handeln zu schaffen. Akteure Sozialer Arbeit sahen die Gefahr der Vereinnahmung Sozialer Arbeit durch professionsferne Bereiche auf sich zukommen und traten der aufdiktierten Ökonomisierung und der entsprechenden drohenden Einbeziehung des Qualitätsmanagements entsprechend skeptisch gegenüber. Die Einsicht der Forderung, durch gezieltes Management die Einrichtungen der Sozialen Arbeit zu professionalisieren, nachzugeben, entstand u.a. durch das allmähliche Auftauchen einer Markt- und Wettbewerbssituation in der Trägerlandschaft. Diese Forderungen bezogen sich nun sowohl auf externe und interne Rahmenbedingungen, als auch auf den Kern der Einrichtungen, das sozialpädagogische Handeln (vgl. MERCHEL, 2004, S. 19).
Qualität sozialer Arbeit sieht sich demnach in einen Gesamtkontext der in diesem Abschnitt aufgezeigten Bereiche eingebunden. Vom reinen Verständnis für die eigentliche Profession ist eine Auseinandersetzung mit fachlichen und methodischen Qualitätsmaßnahmen durchaus wichtig und elementar, im Sinn eines gesamten sozialen
Dienstleistungsunternehmens aber zu eindimensional. Die Einrichtungsleitung und –verwaltung muss sich zusätzlich mit sozialrechtlichen, sozialpolitischen und den daraus resultierenden ökonomischen Vorgaben auseinandersetzen und diese in die Qualitätsbemühungen und das Qualitätsmanagement ihrer Einrichtung einfließen lassen. Das Gebot, in Zeiten der Einsparungen in vielen und gerade sozialen Bereichen, ist mithilfe der zur Verfügung stehenden Mittel, finanzielle oder materielle, eine, vom Kostenträger und Leistungsempfänger erwartete, qualitativ hochwertige Arbeit zu leisten. Dabei scheint mir die Erwartung hinsichtlich der Kostenträger wesentlich einfacher erfüllt werden zu können und man fragt sich diesbezüglich auf wessen Kosten diese Einsparungsmaßnahmen letztendlich gehen werden?
2. Die Entwicklung des Qualitätsmanagements vom beginnenden
20. Jahrhundert bis heute
Das Thema des Qualitätsmanagements steht in der Sozialen Arbeit, im Vergleich zur Gesamtdauer der historischen Entwicklung, für ein sehr neues und innovatives Betätigungsfeld. Da sich diese Disziplin nicht direkt aus der Sozialen Arbeit heraus entwickelt hat, ist es nötig, den Blick zurück in die Geschichte zu werfen. Dieser Blick bietet die Möglichkeit, eine Entwicklung mit all ihren hervorgerufenen Veränderungen und Transferprozessen beobachten und nachvollziehen zu können.
2.1 Das Erbe der Pioniere des Qualitätsmanagements
Die Anfänge der Bemühungen um Qualität im Rahmen des modernen Qualitätsmanagements gehen bis zum Beginn des 20. Jahrhundert zurück. Die sogenannten Pioniere des Qualitätsmanagements entwickelten die ersten Verfahren zur Messung und Steigerung von Qualität und diese werden zum Teil auch heute noch in bestimmten Zügen im Rahmen von Qualitätsmanagement verwendet.
Dieser Begriff, wie er in heutiger Form gebraucht wird, existierte zur damaligen Zeit jedoch noch nicht.
2.1.1 Frederick Winslow Taylor (1856 – 1915)
Zur gleichen Zeit wie der sogenannte ´Fordismus´ entstand der nach Frederick Winslow Taylor benannte ´Taylorismus´. Ausgehend von gravierenden sozio-ökonomischen Umwälzungen in den USA und der damit verbundenen Industrialisierung und Verstädterung, des Anwachsens der Produktion mit Trend zur Massenfertigung, des Auftretens großer Massen ungelernter Arbeitskräfte durch mehrere Einwanderungswellen und schwere soziale Unruhen, die zu Legitimationskrisen der bis dahin bestehenden Formen der Betriebsführung führten, entwickelte Taylor um die Jahrhundertwende seinen Ansatz der „wissenschaftlichen Betriebsführung“ (scientific management). 1913 erschien die deutsche Übersetzung seines Standardwerkes unter dem Titel „Die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung“ (vgl. BREISIG 2001, S. 1142) Das Hauptaugenmerk lag dabei auf dem Zusammenhang zwischen der Leistungserbringung des Arbeiters und den Beziehungen zwischen Unternehmensleitung und der Arbeiterschaft (vgl. TAYLOR 1977, S. 52 ff.).
Volpert (1977, XII) fasst Taylors Denkansätze wie folgt zusammen:
Taylor ging seiner Zeit davon aus, dass die Arbeiter infolge bewusster Leistungszurückhaltung wie unökonomischer Verausgabung der Arbeitkraft zu wenig leisteten. Sein Ziel war demnach darauf ausgerichtet, die Arbeitsleistung, ohne eine wesentliche Steigerung der Belastung, zu erhöhen.
Es kristallisierten sich zwei übergeordnete Prinzipien der „Wissenschaftlichen Betriebsführung“ heraus:
1. Statt gegeneinander zu arbeiten, sollen sich Arbeiter und Unternehmensleitung gemeinsam um das höchstmögliche Wohlergehen aller bemühen.
2. Gefördert wird das erste Prinzip durch das Vertrauen beider Seiten in eine neue Wissenschaft, welche die Erfordernisse und Bedingungen der Arbeitstätigkeit unparteiisch und unbezweifelbar festlegt.
Die von Taylor proklamierten Methoden und Instrumente der „Wissenschaftlichen Betriebsführung“ stellten für ihn nur eine Zweitrangigkeit dar, die über dies hinaus, das war ihm durchaus bewusst, in späterer Zeit auch durch andere ersetzt werden können. Seine Betonung, die Methoden betreffend, lag auch immer wieder auf der drohenden Isolierung der einzelnen, die seiner Meinung nach zur missbräuchlichen Verwendung führen oder gar zur Nutzlosigkeit verkommen könnten. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um:
1. die Festlegung jeder Arbeitstätigkeit hinsichtlich der Bewegungsfolge und des Zeitbedarfs als Ergebnis von Bewegungs- und Zeitstudien,
2. das sorgfältige Auslesen und Anlernen der Arbeitenden unmittelbar am
Arbeitsplatz,
3. die Herstellung von Arbeitsmotivation und –zufriedenheit durch ein bestimmtes
System der Leistungsentlohnung.
Insgesamt gesehen ging es Taylor um eine Gesamtreform der Organisation, nicht um die vereinzelte Verbesserung an der einen oder anderen Stelle. Sein entwickeltes System basiert auf klar definierten Gesetzen und Regeln, die auf alle menschlichen Tätigkeiten angewendet werden kann. Der Anspruch auf eine wirkliche Wissenschaft lässt sich durch folgende Schritte belegen:
1. Analyse des bestehenden Arbeitsprozesses durch Zeitstudien mit der Stoppuhr
2. Zerlegung desselben in einzelne Handlungs- und Griffelemente
3. Neukombination diese Tätigkeitselemente unter dem Gesichtspunkt der
Optimierung des Arbeitsprozesses (Vermeidung von Leerzeiten und
überflüssigen Handgriffen etc.)
Neben diesen Einsichten plädierte Taylor noch für die Umsetzung einer Reihe andere Neuerungen wie z.B. der Einrichtung eines zentralen Arbeitsbüros mit sogenannten Funktionsmeistern, deren Aufgabe u.a. die Organisation der täglichen Arbeitsvorbereitung in Form schriftlicher Arbeitsanweisung für jeden Arbeiter darstellte (vgl. VOLPERT 1977, XII).
In dieser Zusammenfassung lässt sich ansatzweise die Bedeutsamkeit des Taylorismus´ erkennen, die sich mit der „Neukonzeption der Arbeitsteilung“ (ZOLLONDZ 2002, S.
44) beschreiben lässt. Die eigentliche Arbeit bleibt dabei in den Händen der Arbeitenden und die zu steuernden Elemente obliegen der Organisation (Funktionsmeistern) (vgl. ZOLLONDZ 2002, S. 44). Eine uneingeschränkte Anwendung auf die heutige Form des Qualitätsmanagements in der Sozialen Arbeit ist natürlich nicht zu verwirklichen, da Taylor in seinen Betrachtungen nur den industriellen Sektor einbezogen hat und sich die gesellschaftlichen Bedingungen um die vorletzte Jahrhundertwende von den heutigen unterscheiden. Durch die entwicklungsbedingten Abwandlungen lassen sich jedoch Elemente erkennen, die für das heutige Qualitätsmanagement in sozialen Einrichtungen adaptiert worden sind. Als ein Beispiel lassen sich die Parallelen zu Aspekten der Aufbau- und Ablauforganisation nennen. Wie die in Abschnitt fünf beschriebenen Aufgaben der beiden Organisationsformen handelt es sich im Rahmen der Aufbauorganisation um die klare Abgrenzung der Tätigkeits- und Verantwortungsbereiche und bezüglich der Ablauforganisation werden notwendige Arbeitsschritte, mit denen die gestellte Aufgabe und damit das gesetzte Ziel erreicht werden können, beschrieben (vgl. RUGOR/ von STUDZINSKI 2003, S. 22). In den industriellen Betrieben zu Zeiten Taylors war dieses System ebenfalls zu erkennen, eine strikte Teilung zwischen ausführenden und lenkenden Kräften auszumachen, die in dieser rigiden Form heute allerdings nicht mehr vorzufinden sind bzw. nicht mehr vorzufinden sein sollten. Bei Taylor lassen sich neben diesem Beispiel noch eine Reihe anderer Vorgaben für das heutige Qualitätsmanagement finden und geben seinen Ansätzen somit die Berechtigung einer wegweisenden Richtung.
2.1.2 Henry Ford (1863 – 1947)
Mithilfe der Prinzipien des nicht minder innovativen ´Fordismus´ verwirklichte Hernry Ford die erste Massenproduktion durch Fliessfertigung und entwickelte die Methode der Preisfestsetzung, um darauf bezogen die Kosten kontrollieren zu können. Seine Maxime war dabei Quantität durch Standardisierung. Wie auch bei Taylor wird der Arbeiter im Fordismussystem zum Produktionsobjekt seiner ethisch-praktischen Ideale gemacht (vgl. ZOLLONDZ 2002, S. 64). Diese Haltung spiegelt sich ebenso in den von Henry Ford vorgestellten vier Grundprinzipien wider:
„ 1. Du sollst die Zukunft nicht fürchten und die Vergangenheit nicht ehren. Wer die Zukunft, den Mißerfolg, fürchtet, zieht seinem Wirkungskreis selber Grenzen.
Mißerfolge bieten nur Gelegenheit, um von neuem und klüger anzufangen. Ein ehrlicher Misserfolg ist keine Schande; Furcht vor Mißerfolgen dagegen ist eine Schande. Die Vergangenheit ist nur insofern nützlich, als sie uns Mittel und Wege der Entwicklung weist.
2. Du sollst die Konkurrenz nicht beachten. Wer eine Sache am besten macht, der soll sie verrichten. Der Versuch, jemandem Geschäfte abzujagen, ist kriminell – kriminell, da man dadurch aus Gewinnsucht die Lebensverhältnisse seiner Mitmenschen zu drücken und die Herrschaft der Gewalt an Stelle der Intelligenz zu setzen versucht.
3. Du sollst die Dienstleistung über den Gewinn stellen. Ohne Gewinn kein aufbaufähiges Geschäft. Dem Gewinn haftet von Natur aus nichts Böses an. Ein gut geleitetes Unternehmen muß und wird sogar für gute Dienste einen guten Gewinn abwerfen. Der Gewinn muß jedoch nicht die Basis, sondern das Resultat der Dienstleistung sein.
4. Produzieren heißt nicht billig einkaufen und teuer verkaufen. Es heißt vielmehr, die Rohstoffe zu angemessenen Preisen einzukaufen und sie mit möglichst geringen Mehrkosten in ein gebrauchsfähiges Produkt verwandeln und an die Konsumenten verteilen. Hasardieren, Spekulieren und unehrlich handeln heißt nur diesen Vorgang erschweren.“ (FORD 1923, S. 23f.)
Auch wenn die ersten drei Prinzipien gebotsartig formuliert sind, können sie durchaus als Vorläufer heutiger Organisationsleitbilder verstanden werden, die im modernen Qualitätsmanagement die Grundabsichten einer Organisation zum Ausdruck bringen (vgl. ZOLLONDZ 2002, S. 64).
Die Werke dieser beiden Pioniere des Qualitätsmanagements lassen sich im Rahmen dieser Ausführungen natürlich nicht in ihrer Gesamtheit und in allen Einzelheiten aufführen. Sie wurden jedoch im Lauf der Geschichte immer wieder als Ausgangspunkt für neue Überlegungen herangezogen und weiterentwickelt.
2.1.3 Vordenker und ihre maßgeblichen Verdienste um das
Qualitätsmanagement
Neben diesen beiden Vorreitern sind der Ergänzung wegen noch zahlreiche andere und wegweisende Persönlichkeiten zu nennen, die das Qualitätsmanagement in besonderer Weise geprägt haben.
3 Walter Andrew Shewhart (1881 – 1967):
- Begründer der Industriestatistik (1924) und Control Chart (Qualitätsregelkarte);
Walter Edwards Demning (1900 – 1993):
- Weiterentwicklung der Industriestatistik und Übertragung dieser Verfahren auf Bereiche außerhalb der Produktion,
- Einführung des Demning-Kreises (auch PDCA-Zyklus genannt – Modell zur Qualitätsverbesserung);
Joseph Moses Juran (1904*):
- Formulierung des Paretoprinzips und daraus Entwicklung der noch heute bekannten 80:20-Regel,
- Gründer des Juran-Institut und Publizist von über 100 Werken (darunter das grundlegende Werk zur Geschichte des Qualitätsmanagements),
- Unterstützung bei der Einführung der Qualitätssicherung in Japan;
Taiichi Ohno (1912 – 1990):
- Vater des Toyota Production Systems,
- Entwicklung des Just-in-Time-Konzepts (1950),
- Begründer des Produktionsmanagement-Konzepts (später bekannt unter dem Begriff Lean Production),
Armand Vallin Feigenbaum (1920*):
- Gründer der IAQ (International Academy for Quality),
- Publizist des Buches: Total Quality Control und damit Vorläufer des heutigen Total Quality Managements,
- Verfasser der bis heute zukunftsweisenden Grundsätze jeglichen Qualitätsmanagements:
„Qualität wird durch die Erwartungen des Verbrauchers (Kunden) wesentlich
bestimmt.“
„Jeder Mitarbeiter ist für Qualität verantwortlich, von der Basis bis zum
obersten Management.“
„Qualität wird von allen Funktionen gemacht.“ (FEIGENBAUM 1956)
Kaoru Ishikawa (1915 – 1989):
- war in den 50er Jahren mit der Entwicklung von Gruppenarbeitskonzepten beschäftigt, die später als Qualitätszirkel bekannt geworden sind,
- Entwickler des Total Quality Managements,
Yoji Akao (1928*):
- Entwicklung des QFD (Quality Function Deployment): „Frühzeitig die Qualitätsfunktionen und Eigenschaften für eine Produkt- oder Dienstleistungsentwicklung zu definieren und deren Umsetzung innerhalb eines Prozesses zu überwachen.“ (KLEIN 1999, S. 1),
Philip B. Crosby (1926 – 2001):
- Entwicklung der Null-Fehler-Theorie,
- Verfasser des weltbekannten Buches: „Quality is free“ und „The Absolutes of Quality Management“ – ein vier Punkte Programm, das inzwischen als Allgemeingut des Qualitätsmanagements angesehen werden kann:
1. Qualität bedeutet Erfüllung der Forderungen,
2. Qualität wird durch Vorbeugung, nicht durch Prüfung erreicht,
3. Qualität hat den Leistungsstandard „Null Fehler“,
Nach Aufzählung dieser Reihe der Mitbegründer des modernen Qualitätsmanagements lassen sich zwei klare lokale Entwicklungsstränge ausmachen. Die Anfänge nahmen ihren Lauf im amerikanischen Raum und die Auseinandersetzung, Übernahme bzw. Entwicklung neuer Konzepte fand anschließend im asiatischen Raum, vor allem in Japan, statt.
Es mag dem Laien aber auch denjenigen, die von Berufswegen mit Qualität beschäftigt sind, schwer fallen, diese Ansätze in den heutigen Formen des Qualitätsmanagements wieder zu finden, doch sind sie durchaus latent vorhanden und beim Herunterbrechen von modernen Qualitätsmanagementmethoden wird in vielen Fällen der kleinste gemeinsame Nenner der Ursprung dessen sein.
2.2 Entwicklung des Qualitätsmanagements in Deutschland
Die Entwicklung des Qualitätsmanagements nahm aufgrund der Qualitätsbewegung auch in Deutschland ihren Anfang. Der Zeitpunkt der weiten Verbreitung von Verfahren
der statistischen Qualitätskontrolle kann auf das Ende der 40er Jahre datiert werden (vgl. DAEVES/ BECKEL 1948). Die Verzögerung entstand durch die mangelnden Kenntnisse der Mitarbeiter zum Einsatz der Methoden. Ausgelöst durch den Besuch von Walter Edwards Demning zu Beginn der 50er Jahre wurde auf diese Problematik reagiert und erhebliche Aktivitäten in der deutschen Industrie ausgelöst (vgl. ALTENKIRCH 1972, S. 180 ff.). Zur Schwerpunktaktivität im 1952 gegründeten Ausschuss „Technische Statistik“ gehörte die statistische Qualitätskontrolle, mit der erhebliche Rationalisierungspotentiale erschlossen werden sollten.
1956 war das Jahr, in dem sowohl mit der Herausgabe der ersten Fachzeitschrift „Qualitätskontrolle“ begonnen wurde (1969 in „Qualität und Zuverlässigkeit“ umbenannt), als auch die Umbenennung des Ausschusses „Technische Statistik“ in „Deutsche Arbeitsgemeinschaft für statistische Qualitätskontrolle“ (ASQ) stattfand. Statistische Verfahren der Qualitätskontrolle blieben bis in die 60er Jahre hinein das beherrschende Thema der Experten. Die Ausweitung auf andere Themenschwerpunkte
erfolgte ab 1960 bis 1970 beständig und beinhaltete u.a. die Einbeziehung von Problemen der Organisation, der Kosten und Wirtschaftlichkeit, der Lieferanten, der Haftung und des Kundendienstes und nahm ihren weiteren Verlauf in der Ausweitung der Qualitätssicherung auf die gesamte Organisation, von den Fertigungsabteilungen bis hin zu den Unternehmensleitungen. Zudem änderte die ASQ infolge des veränderten Tätigkeitsfeldes abermals ihren Namen, und zwar in Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (DGQ) (vgl. WALGENBACH 2001, S 5 f.). „Die Entwicklung und Verbreitung der Ideen und Konzepte der Qualitätsmanagementbewegung in Deutschland sind seit Gründung der DGQ aufs engste mit dieser Organisation verknüpft.“ (ALTENKIRCH 1972, S. 180 ff.) Mit Beginn der 70er Jahre wurde die Einbeziehung umfangreicher Dokumentationspflichten zu einem weiteren wesentlichen Verantwortungsbereich der Qualitätssicherung erhoben. „Man ging von der Idee aus, dass qualitätsbezogene Tätigkeiten vorab geplant, schriftlich festgelegt und diese Planungsunterlagen geprüft werden müssten.“ (WALGENBACH 2001, S. 6) Die Richtung hin zur Verwendung von dokumentierten Qualitätssicherungssystemen wurde klar erkennbar. Da diese Forderung
seitens der deutschen Industrie auf große Ablehnung stieß, erfolgte, bedingt durch das Vorhaben der EG-Kommission ihre Politik zu ändern und auf die 1987 verabschiedete ISO 9000er Normenreihe zurückgreifen zu wollen, eine erzwungene Akzeptanz derselben (vgl. WALGENBACH 2001, S. 7). Seitdem hat sich die Anzahl der in Deutschland ausgestellten Zertifikate für Qualitätssicherungssysteme von 10 im Jahr 1988 auf inzwischen über 20.000 erhöht.
Im Lauf der Zeit haben sich zudem mehrere Zertifizierungssysteme am Markt etabliert. Zusätzlich entstand im Oktober 1990 durch die European Foundation for Quality Management (EFQM) die Idee einen Qualitätspreis für europäische Unternehmen auszuloben, die das seit jüngster Zeit in den Vordergrund tretende Konzept des Total Quality Management (TQM) am überzeugendsten umgesetzt haben. Diverse nationale und regionale Preise tragen zur Ergänzung einer weiteren und richtungsweisenden Ausweitung des Aktivitätsfeldes der Qualitätsingenieure bei (vgl. WALGENBACH, 2001, S. 4 ff.).
Die historische Entwicklung des unternehmensbezogenen Qualitätsmanagements nimmt an dieser Stelle ihr Ende. Die gegenwärtige Betrachtung des Qualitätsmanagements lässt die Wichtigkeit dieser Entstehungsgeschichte und der Vorarbeit und innovativen
Ideen ihrer Pioniere erkennen. Da Qualitätsmanagement aus der heutigen Unternehmenslandschaft nicht mehr weg zu denken ist, wird sich auch in Zukunft eine Entwicklung abzeichnen. Das Angebot an Qualitätsmanagementseminaren und –schulungen ist vielfältig und nahezu unüberschaubar. Es werden mehr und mehr neue Tendenzen und Konzepte aufgezeigt, die sich hauptsächlich an branchenspezifischen Anforderungen orientieren und somit die Soziale Arbeit nicht der letzte Adressat von Qualitätsmanagement bleiben wird.
2.3 Einzug des Qualitätsmanagements in die Soziale Arbeit
Wie schon in Abschnitt 1.2 erwähnt, lässt sich der Zeitpunkt des Einzugs von Qualitätsmanagement in die Soziale Arbeit mit der Verankerung von Qualitätsanforderungen in der Sozialgesetzgebung im Jahr 1989 festlegen. Das bedeutet nicht gleichzeitig, dass im Vorfeld keine Bemühungen hinsichtlich Qualität existierten, im Gegenteil, Anfänge z.B. von Supervision wurden in Deutschland um 1950 erstmalig mit den Begriffen Praxisberatung (für Berufstätige) bzw. Praxisanleitung (für Studierende) direkt erwähnt (vgl. BELARDI 1996, S. 34 f.). Der Begriff der Supervision setzte sich durch und wird nach Michael Galuske (1999) mit folgender Bedeutung belegt: „Mit Supervision wird die Hoffnung verbunden, daß der Sozialarbeiter, in dem er in einem geschützten und methodisch strukturierten Rahmen unter fachkundiger Anleitung über seine Arbeit reflektiert, seine berufliche Kompetenz erweitern kann und zugleich vor den Belastungen psychosozialer Arbeit durch Helfersyndrom, burn – out u.a. geschützt wird.“ (GALUSKE 1999, S. 253) Es geht nicht im engsten Sinne um den Hilfeprozess dafür mehr um die Sozialarbeiter und ihre Professionalität und damit um die Verbesserung der zu leistenden Arbeit.
Des weiteren seien z.B. auch Formen der Evaluation zu nennen, u.a. die großen Evaluationsstudien in den 70er Jahren quer über die Institutionen und Arbeitsfelder der besonders kostenträchtigen stationären Bereiche wie Heimerziehung und Psychiatrie und die gleichzeitige Untersuchung der potentiellen Alternativen (vgl. HEINER 2001, S. 487). So war es auch die allgemeine Diskussion zur stärkeren Legitimation von Leistungen und zu einer intensiveren Ausrichtung der Leistungserbringung an Effektivitäts- und Effizienzmaßstäben im Non-Profit-Bereich, die die Errichtung von
Qualitätsmaßstäben in eben diesen Einrichtungen intensivierte (vgl. MERCHEL 2004, S. 18).
Krankenversicherungsrecht (Sozialgesetzbuch V):
Die schrittweise Einführung von Qualitätsanforderungen in den sozialrechtlichen Regelungsbereich erfolgte über die Gesundheitsreform im Jahr 1989 und wurde somit durch die §§ 135-139 SGB V für die wichtigsten Gesundheitsleistungen verbindlich eingeführt: „Qualitätssicherung bei der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung, Qualitätssicherung bei ambulanten Vorsorgeleistungen und Rehabilitationsmaßnahmen, Qualitätssicherung bei der stationären Versorgung, Qualitätssicherung bei der Einführung von Heil- und Hilfsmitteln“. (WIENAND 1999, S. 31 f.) Die Gewährleistung von Qualitätsstandards soll somit bei der Behandlung, bei den Versorgungsabläufen und bei den Behandlungsergebnissen gegeben sein (vgl. MERCHEL 2004, S. 19).
Arbeitsförderungsrecht (SGB III):
Für Träger der sozialen Arbeit, die im Bereich der beruflichen Weiterbildung tätig sind ist der § 93 SGB III von Belang für ihre Arbeit. Hierbei sollen durch geeignete Maßnahmen die Durchführung einer Maßnahme zur beruflichen Weiterbildung überwacht und deren Erfolg beobachtbar sein (vgl. MERCHEL, 2004, S. 20). Im Gegensatz zum Einführungsmotiv der Kostendämpfung im Gesundheitswesen steht hierbei der Qualitätsbegriff unter dem Vorzeichen der „Qualitätsprüfung“, die sich ausschließlich auf den Erfolg der Maßnahme bezieht.
Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI):
In § 80 SGB XI werden den Pflegeeinrichtungen Maßnahmen zur Qualitätssicherung auferlegt und Möglichkeiten für qualitätsbezogene Prüfungsverfahren installiert (vgl. MERCHEL, 2004, S. 20).
„ [...]; bei stationärer Pflege erstreckt sich die Qualitätssicherung neben den allgemeinen Pflegeleistungen auch auf die Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung sowie auch auf die Zusatzleistungen. Die Pflegeeinrichtungen haben [...] die Prüfung der Qualität ihrer Leistung durch Einzelprüfungen,
Stichproben oder vergleichende Prüfungen zu ermöglichen. Die Prüfungen sind auf die Qualität der Pflege, der Versorgungsabläufe und der Pflegeergebnisse zu erstrecken“. (BECK 2004, § 80 SGB XI)
Neben der Einführung von Qualitätssicherungs- und Qualitätsprüfungsvereinbarungen im Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI) erfolgte dann auch die Aufnahme von Qualitätsregelungen in das Bundessozialhilfegesetz (BSHG), was hier nur von marginalem Interesse sein soll. Der § 93 Abs. 2 BSHG beinhaltet Vereinbarungen zwischen dem Träger einer Einrichtung und dem Träger der Sozialhilfe, die sich wie folgt zusammensetzen: 1. Leistungsvereinbarung, 2. Vergütungsvereinbarung und 3. Prüfungsvereinbarung (hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen). Kritikpunkt, trotz der Verankerung an maßgeblicher Stelle im BSHG, ist die starke Betonung des strukturqualitativen Aspektes und die Fraglichkeit der Regelung zur Prüfungsvereinbarung, die Qualität in unmittelbare Nähe zur Wirtschaftlichkeit bringt vgl. MERCHEL 2004, S. 20 f.).
Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG bzw. SGB VIII):
Mit dem KJHG wurde das bislang letzte der Sozialgesetze mit dem Qualitätsthema verbunden. Ab dem 1.1.1999 sind Neuregelungen, die Finanzierung betreffend, in den §§ 77, 78 a-g KJHG in Kraft getreten. Die Besonderheit gegenüber den Neuerungen in den anderen Sozialgesetzen ist eine vom Gesetzgeber vorgegebene Verpflichtung der Jugendämter mit den jeweiligen Trägern eine Qualitätsentwicklungsvereinbarung abzuschließen, in der Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistungsangebote sowie geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung formuliert werden (vgl. § 78 b Abs. 1 KJHG). Durch die Begriffsunterscheidung zwischen Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung kennzeichnet das KJHG damit den prozesshaften Charakter des Umgangs mit Qualität (vgl. MERCHEL 2004, S. 23).
Mit der Verankerung des Qualitätsthemas in der Sozialgesetzgebung ist der Umgang mit Qualität in der Sozialen Arbeit zu einem unausweichlichen Thema für jeden Beteiligten geworden, sollte aber gerade deswegen nicht nur als erzwungene Einsicht in die Notwendigkeit betrachtet werden.
3. Qualität aus sozialpädagogischer Sicht
Um einen Gegenstand wissenschaftlicher Bearbeitung darstellen zu können, bedarf es einer genauen Betrachtung der implizierten Komponenten und des Transfers auf das betreffende Gebiet, in diesem Fall der Sozialen Arbeit.
Dem Begriff der Qualität kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu, dem man sich auf verschiedene Art und Weise nähern kann. Qualität wird im allgemeinen Sprachgebrauch sehr vielfältig verwendet und mit unterschiedlichen Bedeutungen belegt. Häufig wird Qualität mit ´gut´ in Verbindung gesetzt: Ein Produkt oder eine Leistung sind von guter Qualität. Dabei sei erwähnt, dass eine Einheit auch von schlechter Qualität sein kann. Auch der Vergleich bzw. die Gegenüberstellung von Quantität und Qualität dient der alltäglichen Begriffsbestimmung, bleibt aber lediglich in einer Umschreibung des Begriffes stecken. Daher ist es notwendig, sich über verschiedene Facetten des Sachverhaltes klar zu werden, um ihn somit für die Praxis handhabbar zu machen. Im Zuge der Qualitätsmanagementdiskussionen bleibt es nicht aus, sich über einen Konsens bezüglich des Qualitätsbegriffes zu verständigen. Auch durch die historische Entwicklung bedingt, werden dem Begriff verschiedene Bedeutungsgehalte beigemessen, die sich nicht alle uneingeschränkt und schon gar nicht gleichzeitig auf die Qualität Sozialer Arbeit anwenden lassen.
Über den sprachlichen Ursprung hinaus sollen in diesem Abschnitt verschiedene Nuancierungen des Qualitätsbegriffs vorgestellt und auf ihre Anwendbarkeit hinsichtlich Sozialer Arbeit überprüft werden.
3.1 Sprachlicher Ursprung des Qualitätsbegriffs und Definitionsauseinander-
setzungen
Ein Versuch dem Begriff ´Qualität´ von der sprachlichen Perspektive her zu begegnen, lässt uns auf den lateinischen Ursprung ´qualis´ stoßen, was ´wie beschaffen´ bedeutet. Die Qualität beschreibt demnach die Beschaffenheit einer bestimmten Sache (vgl. ZOLLONDZ 2002, S. 141). Da die Soziale Arbeit weniger nur ein gefertigtes Produkt zum Anfassen darstellt, sich hingegen mehr als prozessuale Dienstleistung unter ergebnisorientierten Gesichtspunkten versteht, muss der Begriff der ´Beschaffenheit´
durch zusätzliche Komponenten ergänzt werden, z.B. durch die Bezugnahme der Beschaffenheit auf etwas Bestimmtes. Die International Organization for Standardization (ISO) definiert den Begriff der Qualität demnach wie folgt:
„Qualität bezeichnet die Gesamtheit von Eigenschaften und Merkmalen eines Produktes oder einer Dienstleistung, die sich auf deren Eignung zur Erfüllung festgelegter oder vorausgesetzter Erfordernisse beziehen.“ (DEUTSCHES INSTITUT FÜR NORMUNG 1995).
Qualität aus sozialpädagogischer Sicht meint nach Merchel (2004) / Harvey u. Green (2000) in dieser Definition das Konzept der Zweckmäßigkeit (vgl. HARVEY/ GREEN 2000, S. 18) zu erfüllen und wendet sich von der Idee ab, Qualität als etwas Herausgehobenes zu betrachten (vgl. MERCHEL 2004, S. 34). Diese Unterscheidung impliziert noch weitere vier unterschiedliche kommunikative Bedeutungsgehalte nach Harvey/ Green (2000), die ihrer Meinung nach in der fachlichen Auseinandersetzung mit dem Qualitätsbegriff auftauchen:
„Qualität als Ausnahme“: meint hier die Exklusivität eines Produktes bzw. einer Leistung und ihre Vortrefflichkeit im Hinblick auf Standards und Fehlerlosigkeit. Dieses Verständnis ist demnach als elitär zu kennzeichnen, weil es nur einigen herausgehobenen Institutionen gelingt, diese Exklusivität hervorzubringen.
„Qualität als Perfektion“: Hier misst sich Qualität an der Erfüllung von Standards, wobei diese mit unterschiedlichem Anspruchgrad von den Beurteilern selbst gesetzt sind.
„Qualität als adäquater Gegenwert“: Qualität definiert sich nach diesem Verständnis in einem angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis. (Qualitätskonzept nach den Marktverhältnissen)
„Qualität als Transformation“: meint hier die Bewertung interaktiver Prozesse. Das Erreichen von Qualität tritt dann ein, wenn etwas in einen neuen höheren Zustand transformiert wird, im sozialpädagogischen Sinne z.B. eine persönliche Weiterentwicklung, auch Zunahme von Fähigkeiten und Fertigkeiten erreicht wird. Auch ist hier die zunehmende Selbstbestimmung bei den Adressaten sozialer Dienstleistung gemeint (vgl. MERCHEL, 2000, S. 34).
[...]
1 Das Folgende nach MERCHEL 2004, S. 19 ff.
2 Das Folgende nach MERCHEL 2004, S. 26 f.
3 Das Folgende nach ZOLLONDZ 2002, 70 – 129
4 Qualität wird anhand des Preises der Abweichung gemessen (vgl. ZOLLONDZ 2002, S. 70 – 129).
- Citation du texte
- Antje Brachmann (Auteur), 2005, Qualitätsmanagement in der Sozialen Arbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50233
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