In der vorliegenden Facharbeit soll nach einer Inhaltsangabe zur Kurzgeschichte und einer anschließenden Biografie zum Autor erst der Übergang in die allgemeine Analyse und der letztendlichen vertiefenden Analyse unter dem Schwerpunkt Kommunikation erfolgen. Dabei soll das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun präzise angewendet werden. Der Textauszug "Lebendiger Mittagstisch" aus dem Roman "Jagd" von Martin Walser erschien im Jahre 1988 und handelt von einer Konversation am Mittagstisch einer Familie, welche sich aufgrund eines Missverständnisses zu einem Streit entwickelt. Mit dieser Kurzgeschichte spiegelt der Autor die Problematik des kommunikativen Missverstehens anhand eines gewöhnlichen, alltäglichen Familienkonflikts wider. So wird durch einen Fehler in der Kommunikation, bei dem der Empfänger eines Appells die Nachricht falsch interpretiert, ein Streit ausgelöst.
Inhaltsverzeichnis
1. Martin Walser – Biographischer Überblick
2. Allgemeine Analyse
3. Analyseschwerpunkt: Kommunikation
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
Martin Walser: Biographischer Überblick
Martin Johannes Walser wurde am 24.März 1927 in Wasserburg am Bodensee, als zweites von drei Kindern geboren.1 Er gilt als einer der einflussreichsten und bekanntesten deutschen Schriftsteller der Neuzeit. Bereits in jungen Jahren las Martin Walser viele Geschichten und neigte dazu, viel zu sprechen2. Nachdem Tod seines Vaters begann er zunehmend eigene Gedichte und Texte zu verfassen, die einen ersten Schritt zu seinem späteren, literarischen Erfolg bilden sollten. Während des zweiten Weltkriegs, geriet Walser, als Soldat der deutschen Wehrmacht in amerikanischer Kriegsgefangenschaft.3 Seine meiste Zeit dort verbrachte er mit dem Lesen. Zu seinem Glück befand sich im Keller des Eisstadions in Garmisch, in denen die Gefangenen unterbracht worden sind, eine ausgelagerte Bibliothek, an der sich Walser bediente. So zog er sich „in die Literatur „zurück 4, um die schreckliche, Ausgangslose Situation des Krieges überhaupt nicht wahrnehmen zu müssen. Nachdem Ende des zweiten Weltkriegs begannen die Lehrjahre Martin Walsers, in denen er sein Abitur nachholte und nachträglich in der theologisch-philosophischen Hochschule in Regensburg, eine der Neugründungen nach dem Krieg, sowie auch in Tübingen, Literatur, Geschichte und Philosophie studierte.5 Um sein Studium zu finanzieren, arbeitete er auch währenddessen als Reporter und Hörspielautor.Walser wurde seit dem Jahr 1953 regelmäßig zu den Tagungen der Gruppe 47 eingeladen. In weiter folgenden Jahren veröffentlichte Walser lauter diverser Romane, Theaterstücke, Novellen und Erzählungen, für die er mit zahlreichen Preisen belohnt wurde. Darunter 1957 den Hermann Hesse-Preis, 1998 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels und 2015 den Internationalen Friedrich-Nietzsche-Preis.Zu seinen berühmtesten Werken zählt „Ehen in Philippsburg“, wofür er 1957 den Hermann Hesse-Preis erhielt und welcher seinen ersten literarischen Erfolg darstellte. In Walsers Erzählungen steht oft das Scheitern des Helden im Mittelpunkt. Diese sind viel mehr als Antihelden anzusehen, da sie mit zumeist zerbrechlich, schwachem Charakter den Anforderungen, die ihre Umgebung oder sich selber stellen, nicht gewachsen sind und mit inneren Konflikten zu kämpfen haben. In „Jagd“ einem Roman, der Trilogie um Familie Zürn, werden die psychischen und psychologischen Erlebnisse des Protagonisten Gottlieb Zürn dargestellt.
Die allgemeine Analyse
Der Textauszug „Lebendiger Mittagstisch“ aus dem Roman „Jagd“ von Martin Walser, erschien im Jahre 1988 und handelt um eine Konversation am Mittagstisch einer Familie, welche sich aufgrund eines Missverständnisses zu einem Streit entwickelt. Mit dieser Kurzgeschichte spiegelt der Autor die Problematik des kommunikativen Missverstehens anhand eines gewöhnlichen, alltäglichen Familienkonflikts wieder. So wird durch ein Fehler in der Kommunikation, bei dem der Empfänger eines Appells die Nachricht falsch interpretiert, ein Streit ausgelöst.
In der Kurzgeschichte geht es um die Ansammlung der gesamten Familie Zürn an einem Mittagstisch. Dabei geraten Mutter Anna und Tochter Julia in einen Konflikt, welcher dadurch ausgelöst wird, das Julia eine Aussage ihrer Mutter missversteht. Mutter Anne versucht mit ihrer Aussage, deutlich zu machen dass sie mit der Situation nicht zufrieden ist, da eine bedrückte Stimmung im Hause Zürn herrscht. Dies nimmt die unter einer Bindehautentzündung leidenden Julia als Beleidigung dar.
Als Vater Gottlieb die erzürnte Julia zu beruhigen versucht, setzt sie ihn mit der Beendigung ihrer schulischen Laufbahn unter Druck, wodurch es zu einem weiteren Konflikt kommt. Die Situation eskaliert und Mutter Anna verlässt verzweifelt den Raum. Die beschriebene Handlung beginnt unvermittelt und plötzlich. Sie bringt den Leser unmittelbar ins Geschehen der Geschichte ein und verzichtet auf eine Einleitung. Der sofort beginnende, offenkundige Streit am Mittagstisch bildet das zentrale Ereignis der Geschichte. „Lebendiger Mittagstisch“ meint im Bezug zum Erzählten, einen alltäglich, wohlbekannten und von normalen Alltagsmenschen durchgeführten „Familienzwist“. Der Titel könnte somit andeuten, dass der sonst trübe und ruhige Mittagstisch aufgrund der vielen lauten Streitereien, lebendig wird Das Geschehen findet in einem üblichen Esszimmer statt. Trostlos und heruntergekommen, ist die Gesamte Familie in diesem Raum versammelt, so dass die Atmosphäre anfangs noch düster ist. Diese wird mit dem darauffolgenden Konflikt noch etwas „lebendiger“. Die Geschichte lässt sich aufgrund der üblichen Merkmale, in die Gattung der Kurzgeschichten einfügen. Mit dem offenen Ende wird dies nochmal deutlicher. Die Erzählperspektive der Handlung ist zu beginn, auffallend nur auf Anna fixiert. Später wird der Handlung jedoch einen auktorialer Erzähler zugrunde gelegt, der das Geschehen auf manchmal spöttischer Weise kommentiert. Die Ursache für das gegenseitige Missverstehen der Konflikt Teilhabenden beruht auf die anfängliche Aussage der Mutter Anna, in der sie ihre Familie auffordert „doch nicht mit solchen Gesichtern am Mittagstisch zu sitzen“ (Vgl. Z.1). Ursprünglich mit der Absicht, die bereits schlechte Stimmung im Hause zu bessern. Doch Tochter Julia missversteht ihre Mutter und nimmt es als Angriff auf ihr äußeres Aussehen an: „Ich habe kein anderes“ (Z.2.) Dadurch dass alle Anwesenden durch vorherige Ereignisse stark gereizt sind: „jeder war von irgendjemanden an diesem Vormittag beleidigt worden“ (Z.7-8), wird deutlich weshalb Julia die Aussage ihrer Mutter einen ganz anderen Sinn bekommen hat lassen, nämlich als persönlichen Angriff auf sich selbst. Im nächsten Abschnitt drückt Julia ihre Unzufriedenheit immer weiter aus und gibt ihren Eltern die schuld, dass sie so Aussehe: „Die Ringe unter den Augen“ (Z.11), da ihr ja etwas vererbt wird, wofür ihre Eltern schuld sind. Der Familie ist Julias sensible Persönlichkeit anscheinend bewusst und unternimmt nichts (Vgl. Z.5). Dieses Verhalten der Familie könnte Auslöser für Julias Missverstehen sein.. Julia ist einer der Hauptfiguren in der Kurzgeschichte. Sie ist ein junges, pubertierendes Mädchen mit geringem Selbstgefühl, da sie nicht mit ihrem Aussehen zufrieden ist. Sie fühlt sie sich ungerecht behandelt, weil sie Vorwürfe bekommt, für die sie ja schließlich nichts kann. Sie verhält sich mutig und ist ihren Eltern aggressiv gegenübergestellt. Außerdem grenzt sie sich von ihrer Familie ab, da sie schließlich vorhat ausziehen. Im Laufe der Geschichte wird sie immer mutiger, da sie es schafft ihren Eltern die Wahrheit, um ihr Vorhaben zu erzählen. Anna ist eine weitere Hauptfigur in der Kurzgeschichte. Sie ist das „dominierende“ Elternteil in der Familie, weil sie sofort bekanntgibt, dass sie mit der Situation nicht zufrieden ist. Sie verhält sich nichtsdestotrotz ziemlich hilflos während der Geschichte, da sie es nicht schafft, ihre Tochter zu beruhigen und die Situation zu bessern. Am Ende ist sie sehr geschockt als sie vom Vorhaben ihrer Tochter erfährt. Vater Gottlieb ist zusammen mit Tochter Regina, einer der Nebenfiguren. Diese verhalten sich nämlich die ganze Zeit über sehr zurückhaltend. Während Vater Gottlieb versucht mal vom Thema abzulenken, unternimmt Regina überhaupt nichts um den Konflikt zu beenden. Die Figuren sprechen überwiegend eine einfache, verständliche Umgangssprache. Welche vor allem mit „alte Klage- und Vorwurfsplatte“ kenntlich wird. Zudem lässt sich in der Kurzgeschichte ein Vergleich vorfinden. Beispielsweise vergleicht der Erzähler die Ansammlung der Familie, als eine mit Verdammten. Dies soll nochmal verdeutlichen, wie sehr schlecht gelaunt die Familie wirklich ist (Vgl. Z.7.).
Analyseschwerpunkt: Kommunikation
Die Kommunikation zwischen Menschen dient dem Austausch von Informationen und Gefühlen. Dieser Prozess der Übertragung findet zwischen einem Sender und einem oder mehreren Empfängern statt7. In der Kurzgeschichte teilt Mutter Anne mit ihrer Aussage den anderen mit, dass sie mit der Situation in der sie sich gerade befindet nicht zufrieden ist. Somit gilt sie als Sender der von ihr erbrachten Botschaft und der Rest der Familie als Empfänger. Mit dieser Aussage, versucht Anna ihr eigenes, persönliches Interesse durchzusetzen und erwartet somit eine Reaktion der anderen. Dieses gemeinsame Interagieren der Kommunikationsmitglieder, ist das grundlegende Bindemittel zwischenmenschlicher Kommunikation8. Julia missversteht, die eigentliche Absicht der von Anna erbrachten Botschaft und erzeugt einen großen Konflikt. Der Verlauf der Handlung, zeigt dass sich durch die nur eine Kommunikationsstörung, weitere Konflikte gebildet haben. Gottlieb, der bloß Julia von ihrem Zorn, zu beruhigen versuchte, löste den nächsten Konflikt aus. Das sogenannte „Vier-Seiten-Modell“, welches von Friedrich Schulz von Thun entwickelt wurde, versucht die menschliche Kommunikation zu veranschaulichen und die Gründe für derartige Missverständnisse zu erklären. Dabei beruht es auf die Annahme dass jede Äußerung eines Menschen auf vier verschiedene Wege interpretiert werden kann. Gleichzeitig hat die Nachricht des Senders vier Botschaften.9 Diese vier Aspekte können somit aus der Perspektive des Senders und aus der des Empfängers betrachtet werden. Die Aussage der Mutter, also der des Senders: „Wenn alle mit solchen Gesichtern am Tisch sitzen, das halt ich nicht aus“, enthält somit nach diesem Kommunikationsmodell vier verschiedene Bedeutungen. Sie könnte auf der Sachebene, einfach damit aussagen wollen, dass ihr es nicht gefalle, auf welcher Art und Weise die Familie versammelt ist. Beim äußern dieser Aussage gibt Anna etwas von ihrer Persönlichkeit heraus. Dabei ist es egal ob es gewollt ist oder nicht. Durch diese Aussage könnte man nun von Anna halten, dass sie eine sehr energiereiche Person ist, da sie mit der Aussage versucht für eine bessere Stimmung zu sorgen. Die Aussage könnte jedoch auch eine ganz andere beabsichtigte Bedeutung haben. Denn auf der Beziehungsseite möchte Anna vielleicht damit nur aussagen, dass ihr das Gesicht der anderen nicht gefalle. Also dass sie ihnen einen Hinweis auf eine negative Beziehung gibt. So als würde sie ihre
Familienmitglieder nicht gut finden und demnach auch kritisieren. Möglicherweise ist es auch nur ein beabsichtigter Appell an die Familie, ein wenig freundlicher auszuschauen und das Unglück welches sich im Vormittag abgespielt hatte zu vergessen. Letztendlich kommt es auch darauf an wie der Empfänger dieser Aussage, die Nachricht auf einer dieser Wege interpretiert. Julia schließt aus der Äußerung von Anna, eine persönliche Beleidigung heraus. Somit könnte hier das Beziehungsohr offen sein.10 Julia missversteht damit die eigentliche Botschaft der Mutter, doch mal etwas fröhlicher zu schauen. Der unbeabsichtigte, vielleicht zu laute Tonanfall der Mutter könnte für diese Interpretation auf Seitens der Tochter geführt haben. Zudem ist es nicht das erste mal, dass sich Julia persönlich angegriffen fühlt. Den Eltern ist Julias Art anscheinend bereits bewusst und dennoch versuchen sie nahe zu gar nichts um Julia aufzuklären. Dies hat zu folge dass Julia einen weiteren Konflikt mit Vater Gottlieb verursacht. Ein Missverständnis in der Kommunikation führt zur kompletten Eskalation eines Kommunikationspartners. Anna verlässt aufgrund eines Vorwurfs auf der Beziehungsseite, den sie vielleicht gar nicht erheben wollte den Raum fluchtartig. Der Störfaktor des Gesprächs ist somit erwiesen. Nämlich, die nicht Übereinstimmende Deutung von beiden Kommunikationspartner, der geäußerten Aussage.
[...]
1 Vgl. Magenau (2005), S.21
2 Vgl. Magenau (2005), S.22
3 Vgl. Magenau (2005), S.43
4 Magenau (2005), S.44
5 Vgl. Magenau (2005)
7 Vgl. (Schulz von Thun), S.27.
8 Vgl. (Schulz von Thun), S.27
9 Vgl. (Schulz von Thun), S.15
10 Vgl. (Schulz von Thun), S.30
- Quote paper
- Anonymous,, 2017, Die Kurzgeschichte "Lebendiger Mittagstisch" von Martin Walser. Analyse nach dem Kommunikationsmodell von Friedemann Schulz von Thun, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/502294
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