Das Pferd im Mittelalter hatte viele Funktionen zu erfüllen. Etwa als Streitross in Schlachten, als Turnierpferd und Lastentier oder zur Überbrückung längerer Märsche. Pferde waren kostspielig und somit ein Privileg der oberen weltlichen und geistlichen Führungsschichten.
Anhand ausgewählter Quellen über Friedrich I. Barbarossa, wird versucht, die Bedeutung des Pferdes und deren zeitgenössische Besonderheiten in den Fokus zu nehmen.
Inhalt
1. Einleitung
2. Pferde in Friedrichs Kreuzzug
3. Pferde in den Gesta Frederici I – III
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„… ouwê“, sprach er, „Puzzât,
kundestû nû geben rât,
war ich kêren möhte!
wie mir dîn kraft getöhte,
waere wir an disen stunden
gesunt und âne wunden,
wolden mich die heiden jagen,
ez möhte etsliches mâc beklagen!“1
Solcherlei Quellen stehen, wie es Frau Kompatscher et alii beschreiben, eher im Kontrast zum insgesamt weniger tierfreundlichen Mittelalter2. Möchte man diesem Zitat aus der Reimpaarerzählung „Willehalm“ des mittelhochdeutschen Dichters Wolfram von Eschenbach jedoch Glauben schenken, so verdeutlicht es durchaus das Vorhandensein von engeren Bindungen zu Tieren in dieser Zeit. Eine Beziehung zu Tieren ist, auch abseits aller Topoi, wie etwa im genannten Beispiel des Pferdes als Freund, eine logische Schlussfolgerung, die dessen größere Bedeutung betont. Dies wird deutlich, wenn man nur einmal den vielseitigen Nutzen betrachtet, welches das Pferd für den Menschen hatte. Nicht nur diente es als Streitross in Schlachten, um in Schocktruppen die Infanterie-Linien aufzureißen, sondern auch um es als Turnierpferd, Lastentier, zur Überbrückung längerer Märsche oder ganz einfach zur Nachrichtenübermittlung zu verwenden3. So sind sogar eigenständige Schriften zur Haltung von Haustieren, der Veterinärmedizin und hier besonders im Bereich der Pferdeheilkunde überliefert4. Weiterhin war der Besitz von Pferden kostspielig und somit ein Privileg der oberen weltlichen und geistlichen Führungsschichten5. Ein solches Statussymbol also, war auch gleichermaßen Voraussetzung, um überhaupt an einer Schlacht teilnehmen zu dürfen und nicht zur weniger geschätzten Infanterie zu gehören6. Die größere Bedeutung des mittelalterlichen Pferdes, besonders in militärischer und logistischer Hinsicht ist folglich nicht zu übersehen.
In Anbetracht der verschiedenen Funktionen und den daraus folgenden Strapazen, war es nicht gerade leicht ein Pferd zu sein. Ein Bischof und Zeitgenosse beschreibt in seinem „Brief über den Kreuzzug Kaiser Friedrichs I.“, wie diese in der Schlacht zahlreich zu Tode kommen und sogar mangels Vorräten und ungünstiger Umstände von den Kreuzfahrern gegessen wurden7. So war auch zu Lebzeiten des Staufers Friedrich Barbarossa das Pferd stets allgegenwärtig: Während den Lanzenturnieren auf den Mainzer Hoffesten, dem Strator- und Marschalldienst während des Zusammentreffens mit Hadrian IV. in Sutri oder während kriegerischer Auseinandersetzungen, etwa der Italienzüge. Es lohnt sich also, das Pferd einmal näher zu fokussieren. Welche Besonderheiten ergeben sich bei näherer Betrachtung der Quellen und welche Bedeutung wurde dem Pferd zuteil? Anhand ausgewählter Quellen soll im zur Verfügung stehenden Rahmen versucht werden, sich diesen Fragen zu widmen.
2. Pferde in Friedrichs Kreuzzug
Die eingangs erwähnten Leiden des Pferdes finden sich in der Epistola über Friedrichs Kreuzzug bereits zu Beginn: Hier beschreibt der Verfasser die Geschehnisse um den 27. April 1190 an dem die Kreuzfahrer im Seldschuken-Reich nahe Laodicea bei täglichen Kämpfen einen „inestimable dampnum in equis“ mangels Verpflegung erleiden8. Hierauf folgen weitere Beschreibungen über den Verlust von Saumtieren und Schlachtrössern9. Zugegebenermaßen ist der Verlust von Pferden auf einem Kreuzzug nichts Verwunderliches. Interessanter ist da die Abweichung des geplanten Weges von der königlichen Hauptstraße (gemeint ist die von Komnenos üblicherweise gewählte Landroute) mangels Pferden10. Diese ist evident für die militärische und logistische Bedeutung der Pferde. Nicht nur die langen Märsche, bis ins Heilige Land waren es immerhin ungefähr 3000 Kilometer11, machten das Pferd unentbehrlich. Die schwere Ausrüstung und die Vorräte mussten ja auch transportiert werden. Ein weiterer Grund für das Wechseln der Route ist das durch die Witterung spärlich vorhandene Gras und verdeutlicht ebenso die Relevanz des Pferdes. Außerdem konnte man ohne ausreichende Unterstützung von berittenen Kämpfern, wohl auch keine Schlacht gewinnen. Leiverkus beispielsweise, betont hier auch die kampftechnische Bedeutung und auch die wesentliche Transportfunktion, allein wegen der schweren Rüstung des staufischen Ritters12. Schließlich entwickelte sich durch das Aufkommen des Steigbügels die Technik der angelegten Lanze und des Schockangriffs, der sich etwa im 12. Jahrhundert herausbildete und von da an das Schlachtfeld maßgeblich bestimmte13.
Dies wird in einer weiteren Passage deutlich, die die Schlacht gegen Kutbeddin14 nahe Iconium am 14. Mai 1190 beschreibt: Dort betont der Schreiber, wie das Kreuzfahrerheer mit kaum „sexcenti in equis“ gegen eine Übermacht von „quadringenta milia equitum“ kämpfte und diese durch die Kraft ihres Glaubens den Sieg davongetragen hätten15. Vorrangig wird hier von Reitern gesprochen, die Infanterie wird gar nicht erst erwähnt. Zudem werden die Kreuzfahrer, wenn man der Schrift Glauben schenken möchte, Zeuge einer Wundererscheinung16. Der heilige Georg erscheint in den vorderen Schlachtreihen im weißen Gewand und mit ihm auch weiße Pferde, die laut des Verfassers sogar von den Türken selbst gesehen worden wären. Knut Görich betont an dieser Stelle, das große Verlangen nach göttlichen Zeichen, da man ja an erheblichem Mangel an Nahrung und Wasser litt und in der Nacht davor eine aufbauende Rede Gottfrieds von Würzburg erhielt, in dieser er auch den heiligen Georg um Hilfe bat17.
Die allgemeine Definition des Wunders umfasst das „übernatürliche Eingreifen einer numinosen Instanz in die bestehende Ordnung“ und ist „Beweis göttlicher Macht“18. Möglicherweise lässt sich hier auch eine Art Jenseitstopoi oder Jenseitserscheinung beschreiben19. Die Farbe Weiß ist schließlich ein Zeichen für den Himmel und untermauert die Heiligenerscheinung Georgs. Wie lassen sich aber nun die Pferde in dieses Wunder einordnen? Warum ritt er auf einem Pferd? Er hätte ja genauso gut auch in den vorderen Reihen schweben können, heilig war er ja sowieso. Schob sich etwa in der Sichtung unterbewusst die Nützlichkeit respektive Notwendigkeit des Streitrosses in die Gedanken von Ludwig von Helfenstein, der ebenjene Erscheinung unter Eid bezeugte20 ? Wirft man mit dieser Frage einen Blick auf die heilige Schrift, so stößt man in der Offenbarung des Johannes auf ein weißes Pferd, welches auszog, um zu siegen21. Der erste apokalyptische Reiter also, reitet auf einem weißen Pferd und steht für einen gerechten und siegreichen Krieg22. Hier lässt sich also auch der symbolische Charakter der weißen Pferde erklären und untermauert das, im Bewusstsein des Zeitgenossen, gottgewollte Unterfangen gegen die Ungläubigen.
[...]
1 Kompatscher: Tiere als Freunde im Mittelalter. Freiburg 2010, S. 132.
2 Ebd., S. 8.
3 Hägermann D.: Art. „Pferd“. In: Lexikon des Mittelalters. München 1993. Band VI: Lukasbilder bis Plantagenêt, S. 2029. ; o.V.: Kriege im Mittelalter: Schlachten- Taktik-Waffen. Stuttgart 2009, S. 67.
4 Sarnowsky, Jürgen: Art. „Naturkunde“. In: Enzyklopädie des Mittelalters Band I. Melville, Gert und Martial Staub (Hrsg.) Darmstadt 2008, S. 390. - Sarnowsky erwähnt hier Meister Albrants Roßarzneibuch „Von den rossen ertzney“ (~1240), welches wohl ursprünglich 36 Rezepte zur praktischen Pferdeheilkunde enthielt. Albrant war Pferdeknecht in Neapel unter Friedrich II., der die Pferdeheilkunde besonders förderte. (o.V.: Das Internet. Meister Albrant um 1240. >https://www.hs- augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/13Jh/Albrant/alb_intr.html< (19.07.2008), Hägermann D.: Art. „Pferd“. In: Lexikon des Mittelalters. München 1993. Band VI: Lukasbilder bis Plantagenêt, S. 2029. ; o.V.: Kriege im Mittelalter: Schlachten-Taktik-Waffen. Stuttgart 2009, S. 67.).
5 Laudage, Johannes: Rittertum und höfische Kultur der Stauferzeit: Eine Einführung. In: Rittertum und höfische Kultur der Stauferzeit. Hrsgg. Theo Kölzer und Marlis Stähli. Sigmaringen 1994, S. 26.
6 Oeser, Erhard: Pferd und Mensch: Die Geschichte einer Beziehung. Darmstadt 2007, S. 82.
7 o.V.: Epistola de Frederici I. Imperatoris Expeditione Sacra. In: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Hrsg. von Franz-Josef Schmale. Darmstadt 1986, S. 379. - Schmale verweist bezüglich der Identität des Verfassers auf den Schreiber einer der beiden Überlieferungen, der am Ende der Quelle behauptet, sie würde von einem Bischof des Kreuzfahrerheeres stammen. (Ebd., S.25)
8 Ebd., S. 374-75.
9 Ebd., S. 374-77.
10 Ebd., S. 374-77.
11 Von Friedrichs Aufbruchsort Regensburg am 11. Mai 1189 waren es bis zu seinem Todesort am 10. Juni 1190 nahe Seleukeia ungefähr 2600 Kilometer.
12 Leiverkus, Yvonne: Das äußere Erscheinungsbild des staufischen Ritters. In: Rittertum und höfische Kultur der Stauferzeit. Hrsgg. Theo Kölzer und Marlis Stähli. Sigmaringen 1994, S. 196.
13 o.V.: Kriege im Mittelalter: Schlachten-Taktik-Waffen. Stuttgart 2009, S.74.
14 Görich, Knut: Friedrich Barbarossa: Eine Biographie. München 2011, S. 580-81.
15 o.V.: Epistola de Frederici I. Imperatoris Expeditione Sacra. In: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Hrsg. von Franz-Josef Schmale. Darmstadt 1986, S. 378-79.
16 Ebd., S. 378-79.
17 Görich, Knut: Friedrich Barbarossa: Eine Biographie. München 2011, S. 581.
18 Breitenstein, Mirko: Art. „Wunder“. In: Enzyklopädie des Mittelalters Band I. Melville, Gert und Martial Staub (Hrsg.) Darmstadt 2008, S. 344.
19 Röckelein, Hedwig: Art. „Erscheinungen, Visionen, Träume“. In: Enzyklopädie des Mittelalters Band I. Melville, Gert und Martial Staub (Hrsg.) Darmstadt 2008, S. 400.
20 o.V.: Epistola de Frederici I. Imperatoris Expeditione Sacra. In: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Hrsg. von Franz-Josef Schmale. Darmstadt 1986, S. 378-79.
21 (Offb 6,2): Bischof von Luxemburg und Bischof von Lüttich et al. (Hrsg.): Die Bibel EÜ Altes und Neues Testament. Stuttgart 1980, S. 1390.
22 (Offb19,11): Bischof von Luxemburg und Bischof von Lüttich et al. (Hrsg.): Die Bibel EÜ Altes und Neues Testament. Stuttgart 1980, S. 1402
- Citar trabajo
- Max Blundht (Autor), 2014, Die Rolle des Pferdes im Mittelalter. Bedeutung und Funktion im Fokus von Quellen über Friedrich I. Barbarossa, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/502219
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