Mein Ziel in der vorliegenden Facharbeit ist es, herauszufinden, was die Bedeutung von Träumen in Ingeborg Bachmanns Hörspiel ist. Dazu werde ich eine Textanalyse schreiben, bei der ich zunächst auf die Charaktere und die reale Situation dessen eingehe und im Anschluss auf die Träume und deren Wirkung.
Träume sind mysteriös, wir wissen nicht wo sie herkommen und ob und was sie zu bedeuten haben. Mit dieser Frage werde ich mich in meiner folgenden Facharbeit auseinander setzen und sie in der Interpretation des Hörspiels "Ein Geschäft mit Träumen" von Ingeborg Bachmann wieder aufgreifen. Ich habe mir dieses Thema ausgesucht, da ich Träume sehr interessant finde und mich schon des Öfteren mit Traumdeutungen beschäftigt habe, weshalb ich mich nun intensiv damit auseinander setzen kann. Aus Platzgründen werde ich nur die ersten beiden Träume der Hauptfigur ausführlich analysieren und den dritten Traum nur kurz erläutern, da dieser ohnehin nicht derartig relevant für die Deutungshypothese ist. Dafür werde ich als dritte Komponente die Ergebnisse meiner Umfrage zu meinem Themenfeld präsentieren und daraus schlussfolgern.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Hauptteil
2.1. Vorstellung und Inhalt des Hörspiels
2.2 Analyse des Hörspiels
2.3. Bezug zur psychologischen Bedeutung von Träumen
3. Umfrage
4. Fazit
Quellenagaben
1. Einleitung
Träume sind mysteriös, wir wissen nicht wo sie herkommen und ob und was sie zu bedeuten haben. Mit dieser Frage werde ich mich in meiner folgenden Facharbeit auseinander setzen und sie in der Interpretation des Hörspiels „Ein Geschäft mit Träumen“ von Ingeborg Bachmann wieder aufgreifen. Ich habe mir dieses Thema ausgesucht, da ich Träume sehr interessant finde und mich schon des Öfteren mit Traumdeutungen beschäftigt habe, weshalb ich mich nun intensiv damit auseinander setzen kann. Aus Platzgründen werde ich nur die ersten beiden Träume der Hauptfigur ausführlich analysieren und den dritten Traum nur kurz erläutern, da dieser ohnehin nicht derartig relevant für die Deutungshypothese ist. Dafür werde ich als dritte Komponente die Ergebnisse meiner Umfrage zu meinem Themenfeld präsentieren und daraus schlussfolgern. Mein Ziel ist es, herauszufinden, was die Bedeutung von Träumen in Ingeborg Bachmanns Hörspiel ist. Dazu werde ich eine Textanalyse schreiben, bei der ich zunächst auf die Charaktere und die reale Situation dessen eingehe und im Anschluss auf die Träume und deren Wirkung.
2. Hauptteil
Die erste Frage, die wir uns automatisch stellen, lautet: „Was sind Träume überhaupt?“ Es gibt wohl kaum einen Wissenschaftler, der uns die eindeutige Antwort darauf geben kann. Oder? Erst spät wurde über das Thema Träume geforscht und man fand heraus, dass „das Träumen nicht weniger ist als ein eigener Bewusstseinszustand“1, ohne den wir im Wachzustand erhebliche Schwierigkeiten bekommen könnten. Dies bestätigt auch die Autorin Pamela Ball: „In der Zwischenzeit ist bewiesen, dass der Mensch Schlaf braucht, um erfolgreich zu funktionieren“2. Ein wichtiges und für meine Analyse bedeutendes Zitat kommt von Autor Willy Peter Müller und lautet: „Traum ist Wahrheit. Und Wahrheit heilt“3,. Wie das mit dem Thema meiner Facharbeit zusammen hängt, wird in meiner Textanalyse deutlich gemacht.
2.1. Vorstellung und Inhalt des Hörspiels
Das Hörspiel „Ein Geschäft mit Träumen“, 1952 von Ingeborg Bachmann vom NWDR Hannover für den Hörfunk aufgenommen und anschließend verfasst hat eine große Bedeutung für die Interpretation der Bedeutung von Träumen.
Es handelt von einem schüchternen, peniblem Angestellten namens Laurenz, dem Ich-Erzähler, der seinem Vorgesetzten immer alles recht machen möchte, ohne auf seine eigenen Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen.
Eines Tages gelangt er in ein Geschäft, in dem ihm drei Träume vorgestellt werden, welche er anschließend mit Zeit kaufen kann.
2.2 Analyse des Hörspiels
Die Träume in Ingeborg Bachmanns Hörspiel sollen anhand von Hyperbeln und paradoxen Sätzen, sowie durch Antithesen und Allegorien die insgeheimen und unterbewussten Wünsche der Hauptfigur Laurenz im Kontrast zu seinem realen Leben darstellen, mit der Wirkung, diese beiden Parallelen verknüpfen zu können und dadurch logische Zusammenhänge in Hinsicht zu Traum und Realität herstellen zu können. Diese Hypothese werde ich am Ende meiner Interpretation erneut aufgreifen. Das Hörspiel ist kurz nach dem zweiten Weltkrieg entstanden, weshalb vorausgesetzt werden kann, dass es eine appellierende Funktion für den Leser hat, da es der Trümmerliteratur zuzuordnen ist.
Zu Beginn meiner Analyse werde ich auf die verschiedenen Charaktere eingehen, die in dem Hörspiel vorgestellt werden, da dies eine notwendige Komponente für meine Interpretation darstellt. Herr Mandl, Herr Nowak und Anna sind Kollegen, welche in ihrem Büro über sehr alltägliche Dinge wie zum Beispiel das Licht sprechen: „Ja, ich habe es unlängst in der „Wochenpost“ gelesen. Ich glaube es war die „Wochenpost“. Man sollte dunkle Brillen bei diesem Licht tragen“4. Durch die Gedankenwechsel während des Gesprächs und die eigentlich sinnlosen Gesprächsthemen entsteht in dieser Szene eine sehr realistische, gewöhnliche Atmosphäre und es ist, als würde man zwei Leuten bei ihrer Unterhaltung zuhören: „Nein, das ist nicht notwendig, oder eigentlich doch, geben Sie her“5. Diese besonders alltägliche Atmosphäre wird das gesamte Hörspiel über beibehalten, was die folgenden Träume zwar umso befremdlicher wirken lässt, sie aber auch realitätsnäher gestaltet.
Als Nächstes wird der Generaldirektor charakterisiert, welcher schon zu Beginn mürrisch und unfreundlich erscheint: „Haben Sie nicht gehört, ich habe Sie zweimal angerufen, warum heben Sie das Telephon [sic] nicht ab?“6. Dieser beschwert sich anfangs, dass Herr Mandl früher gegangen ist, daraufhin jedoch bemängelt er, dass Laurenz noch immer da ist: „Ich habe es nicht gern, wenn mir Leute beweisen, dass sie „immer da“ sind. Es ist aufdringlich, „immer da“ zu sein. Damit kann man mir nicht imponieren“ (S.11). Daran zeigt sich, dass der Generaldirektor immerzu unzufrieden mit seinen Kollegen ist, ganz egal, was sie tun. Er wird somit in einer sehr mächtigen und überlegenen Position gezeigt, was für den weiteren Verlauf der Analyse äußerst wichtig ist. Den Gegencharakter dazu bildet Laurenz, er ist ein weiterer Angestellter und der Protagonist der Handlung. Durch die Aposiopese, also dass er sich immer wieder von seinen Kollegen unterbrechen lässt, wirkt er schüchtern und den anderen unterlegen: „Ja, der Chef hat mir erlaubt...“7, „Oh, ich bin schon für ein Gespräch zu...“8. Des Weiteren kann er aufgrund der Tatsache, dass er immer als Erster auf die Arbeit kommt und sie als Letzter verlässt, als stilles Arbeitstier bezeichnet werden, welches nur für seinen Job lebt. Es ist auffällig, dass Laurenz seinen Kollegen sowie seinem Chef immer alles recht machen möchte und daher immerzu bei deren Aussagen zustimmt, anstatt seine eigene Meinung zu äußern: „Oh ja, Strümpfe sind vielleicht noch besser“ (…) „Ja, Taschentücher sind sehr praktisch“[5].
Man erfährt allerdings kaum etwas über die Gefühle und Gedanken des Laurenz', was sich jedoch durch die Träume ändern wird, die er vorgestellt bekommt.
Nach der Arbeit geht Laurenz mit seinem Kollege Herr Mandl noch durch die Einkaufstraße, um ihn beim Geschenkkauf zu beraten, als Laurenz aus Langeweile in ein Geschäft gerät, welches er zuvor noch nicht gesehen hatte.
Obwohl er eigentlich auf Herr Mandl warten soll, welcher jedoch nicht erscheint, betritt er den Laden und bekommt drei verschiedene Träume vorgestellt, die jeweils in Hinsicht auf Laurenz´ aktuelle Lebenslage analysiert werden können:
Bei dem ersten Traum handelt es sich um einen Alptraum, bei dem Laurenz mit seinen Kollegen durch einen Tunnel rast und dabei großen Gefahren und Todesängsten ausgeliefert ist, weil der Generaldirektor sie aus der Luft mit Bomben angreift. Laurenz versucht, seine verängstigten und um Hilfe rufenden Kollegen zu retten, was zeigt, dass er sich insgeheim um das Wohlbefinden seiner Kollegen sorgt, auch wenn er oftmals schweigsam wirkt. Er schreit Herr Mandl sogar als „Herr Freund!“9 an, eine Enthüllung seiner Wahrnehmung von einer Freundschaft mit seinem Kollegen. In diesem Traum werden auch das erste Mal Andeutungen zu seiner Beziehung zu Anna gemacht, welche in den anderen Träumen weiter ausgeführt werden. Diese befindet sich ebenfalls in großer Gefahr und heult „Ich blute, mit zweihundert Stundenkilometern!“10 einen völlig unsinnigen Satz, welcher sich aus ihrer Verletzung und aus der Geschwindigkeit des durch den Tunnel rasenden Zuges ergibt.
Das Geräusch des Zuges im Hintergrund, welches in der Traumdeutung eine unveränderliche Zukunft bedeutet, gemischt mit dem unlogischen Gerede von Anna ergibt die Deutung, dass Laurenz sich so fühlt, als würde er Anna niemals verstehen können. Diese Interpretation wird später wichtig, um die Beziehung zwischen Anna und Laurenz besser verstehen zu können. Auch das Traummotiv des Zuges, eine Allegorie, der in einen Tunnel rast, kann unterschiedlich gedeutet werden. Grundsätzlich steht der Tunnel für die unbewussten Persönlichkeitsanteile, die erst im Traum erkennbar werden11, was bei Laurenz einerseits seine Fürsorglichkeit für seine Kollegen und andererseits seine Empfindungen für Anna sind, welche die in die Dunkelheit fahrende Bahn in Laurenz' Bewusstsein des rufen möchte. Die hohe Geschwindigkeit des Zuges, von der Anna spricht, ist ebenfalls ein Traummotiv, welches starke Gefühle verkörpert, die in der Wachwelt nicht wahrgenommen werden. Somit hängt dieses Traumotiv mit dem des Zuges zusammen und bestätigt Laurenz` unbewussten Gefühle für seine Kollegin Anna. Gleichermaßen interessant ist die spirituelle Deutung der Geschwindigkeit im Traum, da diese nämlich auf den Verlust des Zeitgefühls des Träumenden hinweist. Dieser Zeitverlust taucht gegen Ende des Hörspiels bei Laurenz auf, nachdem er alle Träume gesehen hat und sich wieder in der Realität befindet.
Außerdem soll der Traum die Position von Laurenz in der Büroanarchie zeigen und die Macht des Generaldirektors symbolisieren, da dieser von oben herab seine Angestellten angreift und diese ihm gegenüber hilflos sind.
Ein sehr auffälliges rhetorisches Mittel ist im ersten Traum die ständige Wiederholung von den selben Sätzen: „Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr“[6]. Dieses Stilmittel gestaltet die Situation im Alptraum nochmal dramatischer und hebt das Gefühl der Angst und Verzweiflung hervor.
Sehr widersprüchlich wirkt das Paradoxon in dem Traum, welches ich in meiner Deutungshypothese bereits erwähnt habe: „Da ist der Tunnel, hier, nein dort, nein, da“[10]. Dadurch wird beim Leser Verwirrung erzeugt, welche ihm verdeutlicht, dass er sich gerade in einem Traum befindet, da dieser ebenfalls oftmals unlogisch und verwirrend erscheint.
Nach diesem ersten Traum ist Laurenz sehr erschrocken und lehnt ihn ab, woraufhin ihm der Verkäufer den zweiten Traum zeigt.
In diesem Traum ist die reale Situation zwischen Laurenz und dem Generaldirektor umgekehrt und Laurenz` Verhalten in einer extremen Hyperbel dargestellt. Daraus lässt sich schließen, dass die Träume antithetisch sind. Laurenz schlüpft in die Rolle eines ausgesprochen herrschsüchtigen, faschistisch angehauchten Chefs, der sich wie ein äußerst mächtiger und erhabener König aufführt: „Lachen Sie nicht, schreiben Sie! Und wenn sie fertig sind und das Gesetz in das laurenzische bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen ist, lassen Sie der Regierung mitteilen, dass ich bereit bin, die Regierung zu übernehmen“12. Dieser Traum äußert den innersten Wunsch von Laurenz, in der Realität von den anderen bemerkt und bewundert zu werden und stellt gleichzeitig seine Verachtung des Generaldirektors dar, indem er ihn in diesem Traum in übertriebener Weise imitiert. Endlich erfährt der Leser, dass Laurenz in Wirklichkeit wütend auf seinen Kollegen Herr Mandl ist, der ihn in der Stadt im Stich gelassen hat. Diese Wut wird nämlich erst in Laurenz' zweiten Traum offenbart, als er Herr Mandl, welcher im Traum der Musikant ist, zu ihm bestellt, damit dieser ihm neue Musik schreibt13. Daraufhin beschimpft Laurenz ihn und befiehlt ihm zu gehen: „Schluss mit der Musik! (…). Hinaus! Ihre Musik lügt ja!“[13], „Ich lasse ihre Instrumente kurz und klein schlagen, wenn Sie noch einmal lügen!“[12]. Mit dem Wort „lügen“ lässt sich ein klarer Bezug zur Realität herstellen, da Herr Mandl Laurenz versprochen hatte, auf ihn zu warten, es jedoch nicht getan hat. Die Musik kann auf das freundliche Gerede des Herrn Mandl bezogen werden, als er Laurenz verspricht, wiederzukommen. Laurenz lebt also im Traum seine Gefühle aus, zu denen er im realen Leben nicht steht oder bei denen er sich nicht traut, sie in irgendeiner Form auszudrücken. Dies lässt mich eine Verbindung zu meiner Deutungshypothese aufstellen, dass sich Traum und Realität stets verknüpfen lassen, um unterdrückte Gefühle und Gedanken zu verarbeiten, da dies laut Sigmund Freud oftmals im Wachzustand nicht möglich ist. In seinem Traum als Generaldirektor stellt Anna seine Sklavin dar, die Laurenz gehorcht und ihn verehrt. Ebenfalls ein Wunsch nach der Liebe und Fürsorge von Anna, die er sich in Wirklichkeit sehnlichst erhofft. Auf dem Weg zum Mond springt diese jedoch bewusst aus der Traum-Rakete und begeht Selbstmord, da sie befürchtet, für Laurenz nicht gut genug zu sein und ihm nichts zu bedeuten, womit sie nicht leben kann: „Leben Sie wohl, machen Sie sich Erde und Himmel untertan. Meine Zeit ist um, ich konnte Ihnen nichts bedeuten“14. Möglicherweise wollte sie Laurenz aber auch nicht mehr dienen und beging den Selbstmord aus Frustration. Der Selbstmord einer geliebten Person kann als Traumsymbol bedeuten, dass Laurenz Anna mehr Aufmerksamkeit schenken sollte, um sie für sich zu gewinnen, da sie ansonsten jemand anderen kennen lernen und von der Bildfläche verschwinden könnte, was durch ihren Tod dargestellt wird. Diese Traumszene soll Laurenz also in seinem Leben weiterhelfen, indem er ihm einen Ruck gibt, Anna anzusprechen und sie von sich zu überzeugen. Generell kann dieses Traumbild den Träumenden darauf aufmerksam machen, dass es Zeit ist, im Leben etwas zu ändern15, was in Laurenz` Fall der erste Schritt zu Anna`s Herz sein könnte.
[...]
1 Hürter (2011)
2 Ball (2007), S. 9
3 Müller (2010)
4 Bachmann (1982), S.7
5 Bachmann (1982), S.8
6 “ S. 9
7 “ S.13
8 “ S.17
9 Bachmann (1982), S.23
10 “ S. 24
11 Pofalla (O.J.)
12 Bachmann (1982), S. 29
13 Bachmann (1982), S. 28
14 “ S. 32
15 Pofalla (O.J.)
- Arbeit zitieren
- Isabel Ast (Autor:in), 2019, Die Bedeutung von Traum und Träumen in Ingeborg Bachmanns "Ein Geschäft mit Träumen", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/502213
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