Das den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung betreffende Regime der neuen ProspVO ist das Ergebnis der Überarbeitung der novellierten ProspRL und gilt als das „Herzstück der Kapitalmarktunion“. Die Initiative der EU-Kommission zur Errichtung einer Kapitalmarktunion besteht aus einem „Bündel an Maßnahmen“ und bezweckt einen erleichterten Zugang zu diversifizierter Finanzierung für Unternehmen in der gesamten EU sowie eine verbesserte Allokation von Kapital, um so Wachstum und Beschäftigung zu fördern.
Da kapitalsuchende Unternehmen den Weg zu den öffentlichen Märkten nur nach der Veröffentlichung eines Prospekts beschreiten dürfen, wurde mit der Überarbeitung der ProspRL intendiert, „maßgeschneiderte Offenlegungspflichten“ für alle Emittentengruppen auszuarbeiten und den Prospekt als „wesentliche Informationsquelle für potenzielle Anleger“ zu konzipieren. Die damit einhergehenden Prospekterleichterungen, insb. für KMU, geben Anlass dazu, die Ziele kapitalmarktrechtlicher EU-Gesetzgebung am Anwendungsfall des EU-Prospektrechts zu hinterfragen.
Es ist wichtig, dass eine institutionelle Balance zwischen den sich gegenseitig ergänzenden Zielen des Anleger- und Funktionsschutzes sowie dem neuen Regelungsziel des „Unternehmensschutzes“ gewahrt wird. Denn sonst droht dem Anleger eine neue Gefahr: Der information underload.
Die ProspVO ist gemäß ihrem Art. 49 Abs. 1 am 20.7.2017 in Kraft getreten und wird grds. ab dem 21.7.2019 unmittelbare Geltung in den Mitgliedstaaten erlangen (vgl. Art. 49 Abs. 2 ProspVO ). Ab diesem Zeitpunkt begründet sie für Wertpapiere eine Prospektpflicht im Rahmen eines öffentlichen Angebots (Art. 3 Abs. 1) sowie für die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt (Art. 3 Abs. 3) und statuiert Regelungen hinsichtlich der Erstel-lung, Billigung und Verbreitung des Prospekts (vgl. Art. 1 Abs. 1). Das BMF hat bereits einen Referentenentwurf zur Ausübung von Optionen der ProspVO und zur Anpassung weiterer Finanzmarktgesetze veröffentlicht.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- I. Einführung in den Untersuchungsgegenstand
- II. Gang der Darstellung
- B. Hintergrund, Entstehung und Konzeption
- I. Rechtspolitischer Hintergrund
- II. Genese der ProspVO
- III. Ziele der ProspV
- IV. Regelungskonzept nach dem Lamfalussy-II-Verfahren
- V. Wechsel des Harmonisierungskonzeptes
- C. Der Regelungsgrund des EU-Prospektrechts
- I. Das Informationsmodell
- II. Die ECMH als ökonomischer Hintergrund
- III. Konzeptionelle Herausforderungen der ECMH
- D. Autonome und einheitliche Auslegung
- I. Anwendungsbereich
- II. Prospektpflicht
- III. Anforderungen an den Prospekt
- IV. Billigung und Veröffentlichung des Prospekts
- V. Werbung
- VI. Gültigkeitsdauer
- VII. Europäischer Pass
- VIII. Sprachenregelung
- IX. Emittenten aus Drittstaaten
- X. Aufsichtsbehörden
- XI. Sanktionen
- E. Bewertung des Regimes der neuen ProspVO und Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der neuen Prospektverordnung (ProspVO), die am 21. Juli 2017 in Kraft getreten ist. Sie analysiert die Hintergründe, Ziele und wesentlichen Inhalte der Verordnung und liefert eine kritische Würdigung der Neuregelungen im EU-Prospektrecht.
- Rechtspolitische Hintergründe und Genese der ProspVO
- Ziele der ProspVO, insbesondere Anlegerschutz, Unternehmensschutz und Finanzstabilität
- Das Informationsmodell und die ökonomischen Grundlagen des EU-Prospektrechts
- Anwendungsbereich und Auslegung der ProspVO
- Bewertung des neuen Regulierungsregimes und Schlussfolgerungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Untersuchungsgegenstand und den Gang der Darstellung definiert. Im zweiten Kapitel werden die rechtlichen und ökonomischen Hintergründe der ProspVO erläutert. Es wird die Genese der Verordnung, ihre Ziele und das zugrundeliegende Regelungskonzept dargestellt. Kapitel 3 beleuchtet den Regelungsgrund des EU-Prospektrechts, insbesondere das Informationsmodell und die ökonomische Theorie der Kapitalmarkt-Effizienz. Im vierten Kapitel wird die autonome und einheitliche Auslegung der ProspVO analysiert, wobei insbesondere der Anwendungsbereich, die Prospektpflicht und die Anforderungen an den Prospekt im Fokus stehen.
Schlüsselwörter
Prospektverordnung, EU-Prospektrecht, Anlegerschutz, Unternehmensschutz, Finanzstabilität, Informationsmodell, Kapitalmarkt-Effizienz, Adverse Selektion, Verhaltensökonomie, Harmonisierung, Lamfalussy-Verfahren, Aufsichtsbehörden, Sanktionen
- Quote paper
- Florian Lehrieder (Author), 2018, Hintergründe, Ziele und wesentliche Inhalte der neuen Prospekt-VO. Eine kritische Würdigung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/501842