Diese Arbeit beschäftig sich mit rechtsextremen Jugendkulturen und untersucht die Fragestellung, ob es sich bei diesen nur um einen Modetrend handelt oder ob man bereits von einer unterschätzten Gefahr sprechen kann. Gerade seit Beginn der Flüchtlingskrise kann man zunehmend beobachten, wie rechtsextremistisches Gedankengut zunehmend auch in bürgerlichen Kreisen Zustimmung findet. Vor allem auch Jugendliche werden dabei als Nachwuchs rechtsextremer Jugendkulturen geködert.
Rechtsextremismus geht einher mit dem Herabsetzen anderer Kulturen und Ethnien. Geprägt von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus, ebenso wie von der grundsätzlichen Demokratiefeindschaft, dominiert im rechtsextremen Gedankengut die Auffassung, die Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Nation oder gar Rasse bestimme über den Wert eines Menschen. Diese Kriterien zeigen klare Indizien der Missachtung zentraler Werte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und bilden einen Gegenentwurf zu der bestehenden pluralistischen Gesellschaftsordnung.
Rehtexreme Jugendkulturen – Modetrend oder unterschätzte Gefahr?
„Ausbildung statt Überfremdung – wehrt euch! Macht den Bonzen Dampf! Globalisierung tötet!“ – so lautet der Slogan auf einem Plakat der „Jungen Nationaldemokraten“. Einerseits fordern sie bessere Lernbedingungen für deutsche Schüler und andererseits machen sie gleichzeitig die Zuwanderung verantwortlich für diese Missstände, durch welche Fachkräfte aus dem Ausland auf den deutschen Arbeitsmarkt „gespült“ wurden.
Frei zugänglich findet man diesen und noch viele weitere solch fremdenfeindliche, ultranationalistische Slogans auf der Internetseite der „Jungen Nationaldemokraten“, der offiziellen Jugendorganisation der rechtsextremen „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD).
Eigentlich sollte man meinen, wir hätten aus unserer Vergangenheit gelernt, doch solche Aussagen weisen bei weitem das Gegenteil auf. Gerade seit Beginn der Flüchtlingskrise kann man zunehmend beobachten, wie rechtsextremistisches Gedankengut zunehmend auch in bürgerlichen Kreisen Zustimmung findet. Vor allem auch Jugendliche werden dabei als Nachwuchs rechtsextremer Jugendkulturen geködert.
Anhand meines Essays möchte ich nun darlegen, ob es sich gerade bei diesen rechtsextremen Jugendkulturen nur um einen Modetrend handelt, oder ob man bereits von unterschätzter Gefahr sprechen kann.
Rechtsextremismus geht einher mit dem Herabsetzen anderer Kulturen und Ethnien, man kann auch sagen, es handle sich um eine politische Bewegung und Weltanschauung, bei welcher die Zielvorstellung einer einheitlichen Volksgemeinschaft angestrebt wird, die keinen Platz für Menschen anderer Rassen oder mit anderer Weltanschauung zulässt. Geprägt von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus, ebenso wie von der grundsätzlichen Demokratiefeindschaft, dominiert im rechtsextremen Gedankengut die Auffassung, die Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Nation oder gar Rasse bestimme über den Wert eines Menschen. Diese Kriterien zeigen klare Indizien der Missachtung zentraler Werte der freiheitlich - demokratischen Grundordnung und bilden einen Gegenentwurf zu der bestehenden pluralistischen Gesellschaftsordnung. Doch diese Ideologiefragmente sind mitnichten das einzige was Rechtsextremisten verbindet. In der Regel verfügen alle Anhänger dieser Volksgemeinschaft über ein autoritäres Staatsverständnis, welches ihrer Vorstellung nach besagt, der Staat und das ethnisch homogene Volk verschmelzen als natürliche Ordnung. Die staatlichen Führer dieser Volksgemeinschaft sollen intuitiv nach dem Willen des Volkes handeln. Somit fehlen in einem Staat, welcher geprägt ist von Rechtsextremismus, die wesentlichen Kontrollelemente einer freiheitlichen, demokratischen Grundordnung.
Wenn ich den Rechtsextremismus nun auf Jugendkulturen beziehe, erscheinen sofort Männer mit Springerstiefel, Bomberjacke und kahlem Schädel vor meinem inneren Auge. Dieses weit verbreitete Medien-Image der kahlgeschorenen „Skinheads“ ist wohl den meisten bekannt - Provokation durch rassistische Witze, T-Shirts mit „Neger“-Musikern sowie inszenierte Höflichkeit; all das nur um zu zeigen, dass sie anders sind, anders als der Mainstream der Gesellschaft, anders im Sinne von besser.
Dies beschreibt eine Ideologie rechtsextremer Lebenswelten, welche seit mehr als 20 Jahren existiert. Besonders in den 1980ern und 1990ern sind jene sehr präsent gewesen. „Skinheads“, eine jugendkulturelle Strömung mit Vertretern, stammend aus der Rechtsrockszene und die „Wiking- Jugend“, bestehend aus völkischen Jugendlichen, deren Eltern sie auf Fahrten und Lagern geschickt haben; Freizeitangebote, die doch sehr an den Hitler-Jugend-Stil erinnern.
Mittlerweile, rund 20 Jahre später, läuft einem, wenn überhaupt nur noch ab und an ein solch kahler Glatzkopf über den Weg; dennoch kann man wohl kaum von einem Wandel rechtsextremer Inhalte in ihrer ideologischen Lebenswelt sprechen. „Volksgemeinschaft“, „Männlichkeit“, „Kampf“ - drei Schlagworte, die auch heutzutage weiterhin ergänzt von nationalsozialistischer Substanz den Kern der zentralen Inszenierungsformen rechtsextremer Jugendkulturen bilden. Als geeignetes Beispiel einer solchen Gruppierung heutzutage lassen sich die sogenannten „Autonomen Nationalsozialisten“ aufführen. Sie stellen eine Gruppe besonders gewaltbereiter junger Neonazis dar. Der Großteil ihrer Mitglieder bringt sich aktiv in „Kameradschaften“ ein. Anders als z.B. bei den „Skinheads“ damals sind die Gruppenmitglieder rechtsextremer Jugendkulturen heutzutage nicht mehr so leicht als solche zu erkennen. Viel mehr haben sie sich an aktuelle jugendkulturelle Stile und Trends angepasst, nach außen hin lässig, freundlich und cool. Da kann es durchaus vorkommen, dass man mal einem „Hipster“ mit Vollbart, Piercings und Jutebeutel auf der Straße begegnet, der aber bei Lichte besehen Vertreter der braunen Ideologie ist. Auch wenn dies eigentlich genau dem Gegenteil ihrer Werte und Normen entspricht, sind solche „Nipster“ (ein zusammengesetztes Wort aus Nazi und Hipster) keine Seltenheit mehr.
Trotz des Wandels im äußeren Erscheinungsbild kann sich ihr inhaltlicher Kern weiterhin auch auf aktuelle politische Geschehnisse anwenden lassen.
Gerade seit Beginn der Flüchtlingswelle lässt sich verstärkte Stimmung der Rechtsextremen gegen Flüchtlingsunterkünfte beobachten, sowohl seitens erwachsener als auch jugendlicher Anhänger dieser zweifelhaften Ideologien. Durchaus kann man dabei leider auch positive Resonanz der Anwohner erkennen. Sei es in manchen Fällen auch nur aus Sorge und Angst, gewalttätig sind die Verbrechen immer. Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte reichen von Schmierereien, Propagandadelikten und Pöbeleien bis hin zu Brandanschlägen als Massenphänomen.
Blickt man nun zurück in die frühen 1990er Jahre, kann man Rückschau halten auf eine ähnliche Welle solch rassistischer Proteste. Rostock-Lichtenhagen, Mölln, Hoyerswerda, Solingen - alles Ortsnamen, die geprägt wurden von Ausschreitungen, Pogromen und tödlichen Brandanschlägen. Eine alltägliche Gewalt gegen Asylbewerber und Menschen ausländischer Herkunft, egal ob neu hinzugezogen oder schon lange in Deutschland lebend.
Auch wenn Springerstiefel, Bomberjacke und Glatze nicht mehr unbedingt ein oft vertretenes Merkmal rechtsextremer Gruppenzugehörigkeit ist, verfügen trotzdem beinahe alle rechtsextrem organisierten Gruppen über eigene, unverwechselbare Logos oder Embleme, die sowohl in Form von Gruppensymbolen, Grußformeln oder auch Zahlencodes zur Identifikation genutzt werden und zudem ein Gefühl der Gemeinschaft und Abgrenzung nach außen vermitteln. Gerade dies macht die Zugehörigkeit zu einer rechtsextremen Gruppe für viele Jugendliche so attraktiv. Nicht unbedingt die politische Überzeugung bildet die Motivation einer solchen Jugendkultur beizutreten, viel mehr spielen oftmals die Freundeskreise, Internetseiten, eigene Erlebnisse, aber auch Musik eine große Rolle, was die Entscheidung eines Beitritts betrifft. Gerade dies ist der rechten Szene durchaus bewusst, weshalb sie die Jugendlichen mit erfolgreichen Angeboten zwischen Politik und Kultur „locken“.
„Ob du Hip-Hop, Rapper oder sonst irgendwas [bist], ob du Glatze oder lange Haare hast: Völlig egal! – Hauptsache du bist gegen das herrschende System!“ – So heißt es in einem 2008 veröffentlichten Leitfaden der „Autonomen Nationalisten“, bezüglich der Beschreibung der rechtsextremen Szene, was die Nachwuchsgewinnung betrifft.
Aber Jugendliche von der rechten Szene zu überzeugen muss nicht mal aktiv und bewusst geschehen. Nehmen wir nur einmal das Beispiel der Echo-Verleihung diesen Jahres:
„Mein Körper definierter als von Ausschwitzinsassen“ – eine Textzeile des Raps der beiden Echo- Musikpreis-Gewinner der Kategorie Hip-Hop/Urban National: Kollegah und Farid Bang. Noch vor laufender Kamera wurden die beiden haufenweise von Buh-Rufen, Pfiffen und Kritik übersät. Es ist definitiv beschämend dadurch den Antisemitismus wieder als normal aufleben zu lassen.
Da darf man überhaupt nicht daran denken, was für eine Wirkung damit entfacht werden kann. Wenn schon diese Jugendidole sich beinahe lustig über Deutschlands braune Vergangenheit machen, ist es alles andere als verwunderlich, dass Aussagen wie „du Judenschwein“ wieder als Schimpfwörter verwendet werden. Möglicherweise führt dies bald soweit, dass Songs oder Raps nur als „cool“ empfunden werden, weil sie sich antisemitischen Materials bedienen.
Keinesfalls sind Kollegah und Farid Bang Einzelfälle, die mit ihren Liedtexten politisch besetzte Botschaften transportieren. Noch viel mehr gibt es eine ganze rechte Musikszene, die versucht Jugendliche anzuwerben, mit Liedtexten meist voller Hass auf Migranten, Juden und Homosexuelle, einfach alles was anders ist, anders als sie. Durch die Tatsache, dass die rechten Elemente mittlerweile mit allen Mode-, Musik- und Lebensstilen kombinierbar sind, erscheint die rechte Szene schnell als „normal“, „bürgerlich“ und „angepasst“. Viel eher nutzen rechtsextreme Produzenten nicht selten Symbole und Grafiken anderer Subkulturen, um ohne den Rahmen der Legalität zu verlassen, ihrer Klientel zur Bekenntnis der nationalsozialistischen Ideologie zu verhelfen. So wird zum Beispiel auf dem berühmten T-Shirt- Motiv „I LOVE NY“ das „NY“ für New York durch „NS“ für Nationalsozialismus ausgetauscht.
Um nun nochmals auf meine anfangs gestellte Frage zurückzukommen, ob rechtsextreme Jugendkulturen nur ein Modetrend oder bereits eine unterschätzte Gefahr darstellen, möchte ich gerne noch einmal genauer ein Ereignis aufgreifen, welches ich oben schon kurz erwähnte, und zwar den Brandanschlag in Solingen.
In der Nacht von 28. auf den 29. Mai 1993 hat sich der bis zu diesem Tag folgenschwerste rassistische Anschlag der deutschen Geschichte seit Entstehung der Bundesrepublik ereignet. Fünf türkischstämmige Frauen und Mädchen wurden bei einem Brandanschlag ermordet. Vier junge Männer aus der Nachbarschaft und Angehörige der rechten Szene waren die Brandstifter, die das Haus der Familie Genc in Flammen setzten. 25 Jahre nach dem Brand bringt es Merkel bei einer Gedenkfeier auf den Punkt. Mit den Worten „Rechtsextremismus gehör[e] keineswegs der Vergangenheit an“ warnt die amtierende Kanzlerin vor Rechtsextremismus und Rechtspopulismus.
Heute ist es weiterhin Gang und Gebe, dass andere Menschen angegriffen und angefeindet werden nur aufgrund der Tatsache, dass sie Asylbewerber oder Flüchtlinge sind. Da braucht man bloß in unsere Schulen schauen: Zwar kommt es eher selten vor, dass man auf Schüler und Schülerinnen mit geschlossenem rechtsextremen Weltbild trifft, dennoch begegnet man häufig Zustimmung der Schüler und Schülerinnen zu vereinzelten rechtsextremen Aussagen und Elementen ihrer Ideologie. Auffallend sind dabei zunächst vor allem fremdenfeindliche, pronazistische, sowie andere Äußerungen, die in irgendeiner Weise diskriminierende Inhalte aufweisen. Darüber hinaus ist es durchaus immer wieder der Fall, auf rechtsextreme Unterrichtsbeiträge zu stoßen, die sich z.B. in NPD – befürwortenden Referaten, zuwanderungs- und demokratieablehnenden Äußerungen bis hin zu holocaustleugnerischen Kommentaren äußern; besonders vor einer anstehenden Wahl. In solchen Fällen ist es wichtig, gerade als Lehrer, diese Äußerungen nicht einfach zu ignorieren, sondern selbst die klare Position im Sinne der Menschenrechte zu beziehen. Wichtig ist dabei noch anzumerken, den Schülern zu verdeutlichen, dass dies keine Ablehnung ihrer Persönlichkeit, sondern viel eher eine Ablehnung ihrer geäußerten Meinung ist.
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- Citation du texte
- Verena Kuhn (Auteur), 2018, Rechtsextreme Jugendkulturen. Modeerscheinung oder unterschätzte Gefahr?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/501585
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