In der vorliegenden Arbeit sollen die wichtigsten Konzepte, welche die eroberten Gebiete Osteuropas in ihrer Gesamtheit betrachten, dargestellt, analysiert und verglichen werden, um einerseits die gemeinsamen Tendenzen, andererseits die Differenzen aufzuzeigen. Unter Zukunftsplänen werden hier konkrete, detaillierte und als solche klar definierte Planungen wie die Generalpläne oder die AWI-Planungen verstanden, aber auch richtungsweisende Gedanken, welche in Denkschriften oder, seltener, Reden zum Ausdruck kommen und ein Zukunftskonzept mit Anspruch auf Realisierung erkennen lassen.
Als zeitliche Begrenzung wurden der Januar 1940 (erster Generalplan der SS) und der Januar 1943 (letzte AWI-Planung) gewählt. Wichtiger als die eben angedeutete und sicher auch nicht zufällige Quellenpräsenz ist für die Wahl des Zeitraumes die Tatsache, daß zwischen dem relativ problemlos gewonnenen Polenfeldzug und der offensichtlich unabänderlichen Kriegswende durch die militärische Niederlage von Stalingrad unter der Voraussetzung eines gewonnenen Krieges oder wenigstens mit mäßigem militärischem Aufwand haltbarer Gebietsgewinne geplant wurde. Die Quellen geben somit Auskunft über die wirklichen Zielprojektionen im Nationalsozialismus, und nicht über die unter dem Zwang der Ereignisse notgedrungen ventilierten Kompromisse. Dem möglichen Einwand, daß bereits vor Stalingrad ersichtlich gewesen sei, daß die Kriegsziele nicht mehr erreichbar waren, kann nur eingeschränkt zugestimmt werden, da sich dieser vor allem durch das heutige Wissen aus der Retrospektive ergibt. Notwendig erscheint eine entsprechende Beachtung bei der Betrachtung der Äußerungen Hitlers.
Wird von nationalsozialistischen Planungen für die besetzten Gebiete Osteuropas gesprochen, so findet fast automatisch der Begriff "Generalplan Ost" Verwendung. Abgesehen davon, daß es nicht einen GPO, sondern mehrere SS-Konzepte oder Planungsstufen mit dieser oder ähnlicher Bezeichnung gab, so daß man von Generalplänen oder Neuordnungsplänen sprechen sollte, sind diese nur die bekanntesten, meistgenannten bzw. als am wichtigsten erachteten Konzeptionen. Dies hängt sicher auch mit der starken Machtposition der SS zusammen. Neben der SS plante auch das AWI der DAF. Das Ministerium Rosenberg, weitere Institutionen sowie zahlreiche Einzelpersonen, welche Denkschriften veröffentlichten, hatten ebenfalls mehr oder weniger konkrete Vorstellungen. Der Begriff Planungseuphorie scheint hier nicht fehl am Platz zu sein.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Vorgeschichte und Hintergründe
3. Zukunftsplanungen in der SS: Die Generalpläne Ost
3.1. Allgemeiner Überblick
3.2. Literatur und Quellenlage
3.3. Die einzelnen Pläne
3.3.1. Der Generalplan des RKF
3.3.2. Der Generalplan Ost des RKF
3.3.3. Der Generalplan Ost des RSHA
3.3.4. Der Gesamtplan Ost des RSHA
3.3.5. Der spätere Generalplan Ost des RKF
3.3.6. Der Generalsiedlungsplan des RKF
3.4. Offene Fragen
3.5. Zusammenfassung
4. Die Zukunftsvorstellungen im Ostministerium
4.1. Allgemeiner Überblick
4.2. Die Ansichten Dr. Wetzels
4.2.1. Kurze Übersicht
4.2.2. Kritik am Generalplan
4.2.3. Rasse- und volkstumspolitisches Konzept
4.2.4. Zusammenfassung
4.3. Die Vorstellungen Rosenbergs
4.3.1. Allgemeine Zielsetzung
4.3.2. Reichskommissariat Ukraine
4.3.3. Reichskommissariat Kaukasien
4.3.4. Reichskommissariat Rußland
4.3.5. Reichskommissariat Ostland
4.4. Zusammenfassung
5. Die Planungen des AWI der DAF
5.1. Allgemeiner Überblick
5.2. Der Inhalt der Denkschriften
5.2.1. Der Aufbau der neuen Gebiete im Osten und Westen
5.2.2. Durchdringung in Rohstoff- und Landwirtschaft
5.2.3. Nutzung der eroberten Gebiete durch das deutsche Volk
5.2.4. Raum formt Sozialpolitik
5.2.5. Erschließung der Rohstoff- und Landwirtschaft
5.3. Zusammenfassung
6. Die Vorschläge Prof. Liedeckes
Auffällig an der Denkschrift ist, daß Prof. Liedecke die Chancen der deutschen Besiedlung vergleichsweise zurückhaltend beurteilt.7. Die Vorgaben Hitlers
8. Vergleich und Zusammenfassung
9. Anmerkungen
9.1. Zu Kapitel 1. und 2
9.2. Zu Kapitel 3
9.3. Zu Kapitel 4
9.4. Zu Kapitel 5
9.5. Zu Kapitel 6. bis 8
10. Abkürzungen/Erklärungen
11. Literaturangaben
Der "Generalplan Ost". Berlin 1993
1. Einleitung
Wird von nationalsozialistischen Planungen für die besetzten Gebiete Osteuropas gesprochen, so findet fast automatisch der Begriff "Generalplan Ost" Verwendung. Abgesehen davon, daß es nicht einen GPO, sondern mehrere SS-Konzepte oder Planungsstufen mit dieser oder ähnlicher Bezeichnung gab, so daß man von Generalplänen oder Neuordnungsplänen sprechen sollte, sind diese nur die bekanntesten, meistgenannten bzw. als am wichtigsten erachteten Konzeptionen. Dies hängt sicher auch mit der starken Machtposition der SS zusammen. Seit dem Buch von Aly und Heim (Vordenker der Vernichtung) scheinen die GPO besonders in Mode gekommen zu sein.
Neben der SS plante auch das AWI der DAF. Das Ministerium Rosenberg, weitere Institutionen sowie zahlreiche Einzelpersonen, welche Denkschriften veröffentlichten, hatten ebenfalls mehr oder weniger konkrete Vorstellungen. Der Begriff Planungseuphorie scheint hier nicht fehl am Platz zu sein.
In der vorliegenden Arbeit sollen die wichtigsten Konzepte, welche die eroberten Gebiete Osteuropas in ihrer Gesamtheit betrachten, dargestellt, analysiert und verglichen werden, um einerseits die gemeinsamen Tendenzen, andererseits die Differenzen aufzuzeigen. Unter Zukunftsplänen werden hier konkrete, detaillierte und als solche klar definierte Planungen wie die Generalpläne oder die AWI-Planungen verstanden, aber auch richtungsweisende Gedanken, welche in Denkschriften oder, seltener, Reden zum Ausdruck kommen und ein Zukunftskonzept mit Anspruch auf Realisierung erkennen lassen.
Als zeitliche Begrenzung wurden der Januar 1940 (erster Generalplan der SS) und der Januar 1943 (letzte AWI-Planung) gewählt. Wichtiger als die eben angedeutete und sicher auch nicht zufällige Quellenpräsenz ist für die Wahl des Zeitraumes die Tatsache, daß zwischen dem relativ problemlos gewonnenen Polenfeldzug und der offensichtlich unabänderlichen Kriegswende durch die militärische Niederlage von Stalingrad unter der Voraussetzung eines gewonnenen Krieges oder wenigstens mit mäßigem militärischem Aufwand haltbarer Gebietsgewinne geplant wurde. Die Quellen geben somit Auskunft über die wirklichen Zielprojektionen im Nationalsozialismus, und nicht über die unter dem Zwang der Ereignisse notgedrungen ventilierten Kompromisse. Dem möglichen Einwand, daß bereits vor Stalingrad ersichtlich gewesen sei, daß die Kriegsziele nicht mehr erreichbar waren, kann nur eingeschränkt zugestimmt werden, da sich dieser vor allem durch das heutige Wissen aus der Retrospektive ergibt. Notwendig erscheint eine entsprechende Beachtung bei der Betrachtung der Äußerungen Hitlers.
Nicht behandelt werden hier die vielen Pläne, die lediglich klar regional begrenzten Charakter haben. Das würde den Rahmen dieser Arbeit bei weitem sprengen.
Nachfolgend wird oft mit einschlägigen Begriffen aus der Zeit des Nationalsozialismus gearbeitet. Auf Gänsefüßchen oder ähnliche Ergänzungen des entsprechenden Vokabulars wird verzichtet, da der Verfasser der Ansicht ist, daß diese nicht in eine wissenschaftliche Arbeit gehören. Verwendete Abkürzungen und unübliches Vokabular werden unter Punkt 10. erklärt.
2. Vorgeschichte und Hintergründe
Der deutsche Expansionsdrang Richtung Osten wurde nicht von Adolf Hitler begründet, obwohl dieser Mitte der zwanziger Jahre schrieb: "Damit ziehen wir Nationalsozialisten bewußt einen Strich unter die außenpolitische Richtung unserer Vorkriegszeit. Wir setzen dort an, wo man vor sechs Jahrhunderten endete. Wir stoppen den ewigen Germanenzug nach dem Süden und dem Westen Europas und weisen den Blick nach dem Land im Osten. Wir schließen endlich ab die Kolonial- und Handelspolitik der Vorkriegszeit und gehen über zur Bodenpolitik der Zukunft." <1> Noch deutlicher drückte sich eine zehn Jahre früher erschienene Forderung von 1347 Intellektuellen vom 8. Juli 1915 aus, die sogenannte Professorendenkschrift: "(...) Grenzwall und Grundlage zur Wahrung unseres Volkstums aber bietet Land, das Rußland abtreten muß. Es muß landwirtschaftliches Siedlungsland sein. (...) Land, das einen Teil unseres Bevölkerungszuwachses aufzunehmen vermag, (...) das dem Geburtenrückgang wehrt, die Auswanderung hemmt und die Wohnungsnot lindert, (...) Mit dem Grund und Boden ist die russische Bevölkerung nicht so wurzelfest verwachsen wie diejenige im westlichen und mittleren Europa. Im gewaltigsten Maße hat Rußland vielmehr immer wieder, bis in die Kriegszeiten hinein, große Teile seiner Bevölkerung in weit entfernte Gebiete verpflanzt. Die hier vorliegenden Möglichkeiten dürfen nicht nach bescheidenem deutschen Kulturmaßstabe bemessen werden. (...)" <2> Die Zitierung ähnlicher Äußerungen läßt sich durchaus fortsetzen. <3>
Vorausgegangen waren im Zeitalter des Imperialismus reale und geistige Entwicklungen, die in vielen europäischen Mächten Ängste aufkommen ließen: Eine starke Bevölkerungszunahme führte zu Ernährungsschwierigkeiten und zu verstärkten Auswanderungen, was die Heimatgebiete zu schwächen, die Einwanderungsgebiete zu kräftigen drohte. Das Erstarken Rußlands und der USA wurde als Bedrohung empfunden. Das Ende des Freihandels schien sich nur durch Schaffung eigener Großwirtschaftsräume kompensieren zu lassen. Sozialdarwinistische Denkweisen traten in den Vordergrund, um dann in den dreißiger Jahren nicht nur von der deutschen Wissenschaftselite in Form der Neo-Eugenik radikalisiert zu werden. Ausdruck dafür war das Genetikermanifest des Siebenten Internationalen Kongresses für Vererbungswissenschaft in Edinburgh, symbolträchtigerweise Ende August 1939 verabschiedet. Es forderte eine bewußte Selektion je nach "der genetisch festgestellten Wertigkeit" der Menschen durch freiwillige Sterilisation, Kontrazeption und künstliche Befruchtung. <4> Die in dieser Arbeit betrachteten Pläne (besonders von RKF und RSHA) lassen sich auch als Zuspitzungen und Radikalisierungen der erwähnten Entwicklungen verstehen.
Wie Müller ausführlich darstellt, verstärkte sich bereits während des Ersten Weltkrieges die Verknüpfung von militärstrategischem und siedlungspolitischem Denken. Siedlungsförderung (Militärsiedler) und Grenzschutz bildeten dann in der Weimarer Republik eine Einheit. Nach der Niederwerfung Polens 1939 plante die Wehrmacht einen Ostwall. Im Sommer/Herbst 1941 stand sie erneut vor der Frage, wie der eroberte Raum gesichert werden könne. Die Überlegungen gingen in Richtung eines Ostwalls neuen Typus: Von Militärsiedlungen aus sollten Präventivschläge durch eine bewegliche Panzerwaffe gegen die sich neu bildende feindliche Wehrkraft erfolgen. Kriegsteilnehmer sollten als Wehrbauern Siedlerstellen erhalten. Die Koordinierung übernahm ab 1941 der BW Sied, also eine wehrmachtseigene Instanz. Der BW Sied stand somit von Anfang an gegen den 1939 berufenen RKF, dessen Hoheit sich zunächst nur auf Polen beschränkte und der nur Vollmacht zur Ausschaltung von Reichsfeinden und zu Umsiedlungen hatte, dabei wiederum auf den REM stieß, dessen Sache die bäuerliche Siedlung eigentlich war. Dem RKF standen ebenfalls die Vierjahresplanbehörde mit der HTO sowie das Ostministerium entgegen, welche ihrerseits die Hauptverantwortung im Osten haben wollten, diese aber schon am 16. Juli 1941 (Besprechung bei Hitler) nicht durchsetzen konnten, obwohl die Kompetenzerweiterung auf die sowjetischen Gebiete für den RKF erst am 12. März 1942 offiziell wurde. Weitere Konkurrenz tauchte 1940 in Form des AWI der DAF auf, welches ein Kooperationsabkommen mit der RfR abschloß. Zu all dem gesellten sich noch das OKH mit eigenen Siedlungsideen sowie regionale Eigeninitiativen. <5>
Obwohl der Führungsanspruch des RKF nach Müller bis zuletzt umstritten war <6>, vor allem von Seiten der Wirtschaftsbehörden, und das AWI mit einem fundierten Vierstufenplan zur Besiedlung des Ostens bis zum Ural innerhalb von 100 Jahren aufwarten konnte, gelang es Himmler, durch die eigenen Aktivitäten in den besetzten Gebieten, mit denen machtpolitische Realitäten bei der Aufteilung der Verwaltungskompetenz geschaffen wurden, Positionsvorteile zu erlangen.
Ein deutlicher Kompetenzgewinn für den RKF dürfte die Bestellung von Prof. Meyer zum Leiter des Siedlungsauschusses im Zentralplanungsstab des Reichsministers für die besetzten Ostgebiete gewesen sein. Diese Bestellung wurde am 7. oder 8. Juli 1942 zwischen Himmler und Rosenberg vereinbart <7>, zu einem Zeitpunkt also, zu dem Prof. Meyer bereits drei GPO für den RKF ausgearbeitet hatte: "Im Zentralplanungsausschuß des Reichsministers für die besetzten Ostgebiete wird ein Siedlungs-Ausschuß gebildet. Im gegenseitigen Einvernehmen wurde als Leiter dieses Siedlungsausschusses Professor Conrad [sic] Meyer von der Dienststelle des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums bestimmt." <8> Doch schon im August 1942 reichte Himmler die Installierung von Prof. Meyer im Ostministerium nicht mehr. Jetzt beschwerte er sich bei Dr. Lammers, daß Rosenberg seinen Wunsch unberücksichtigt lasse, nicht nur die Planung, sondern auch die Durchführung der Siedlung ihm zu überlassen. <9> "Diese Entscheidung ist in erster Linie meine Angelegenheit und ich stelle das Einvernehmen mit dem Ostminister her." <10>
Ein ähnlicher Vorgang ereignete sich auch im REM. Der Nachfolger Darrés, Herbert Backe, ernannte per 14. Juli 1942 Prof. Meyer zu seinem Planungsbeauftragten für die Siedlung innerhalb des REM, um, nach Müller, seinen Aufstieg, an dem Himmler offenbar Anteil hatte, zu bezahlen. "Damit war die Landwirtschaftsverwaltung der Steuerung durch den RKF in Siedlungsfragen ausgeliefert." <11>
3. Zukunftsplanungen in der SS: Die Generalpläne Ost
3.1. Allgemeiner Überblick
In dem hier betrachteten Zeitraum errichtete die SS ein immer einflußreicher werdendes Imperium. Sie war in mehrere Hauptämter gegliedert (1944: 12 HA) <1>, welche Himmler, Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei (ab 7. Oktober 1941 auch Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums), unterstanden. Generalplanungen erfolgten durch zwei dieser Hauptämter, das RSHA sowie das HA RKF.
Das RSHA entstand am 27. September 1939 durch die organisatorische Zusammenfassung der Deutschen Polizei und der Parteinachrichtenorganisation SD des RFSS. <2> Zu diesem Zeitpunkt hatte das RSHA sechs Ämter, später sieben. Die hier interessierenden Planungen stammen aus dem Amt III des RSHA (Deutsche Lebensgebiete/ SD-Inland) unter SS-Brigadeführer Dr. Otto Ohlendorf. Die Amtsgruppe III B dieses Amtes wurde von Dr. Hans Ehlich geleitet, ihr entstammt der GPO des RSHA und mit großer Wahrscheinlichkeit ebenso der Gesamtplan Ost des RSHA.
Das HA RKF wurde als solches Mitte Juni 1941 als eigenständiges SS-Hauptamt installiert. Es war weit kleiner als das RSHA und bestand zunächst nur aus dem Stabshauptamt (Chef Ulrich Greifelt) und einigen untergeordneten Ämtern, unter anderem dem Hauptamt II (Planung und Boden) unter Prof. Konrad Meyer-Hetling (Stand vom 15. August 1941; nachfolgend wird nur der meist verwendete Name Meyer gebraucht). Bei einer Neustrukturierung wurden dem Stabshauptamt drei Amtsgruppen (A, B und C) mit jeweils drei Ämtern untergeordnet. Hier interessiert das Amt VI-Planung unter Prof. Konrad Meyer, der gleichzeitig Chef der entsprechenden Amtsgruppe C war (Stand: 1. August 1942). <3>
Diese sehr konkrete Zuordnung der Planungszuständigkeiten und Verantwortlichkeiten darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß durch andere Dienststellen der SS umfangreiche Zuarbeiten erbracht wurden.
Als Generalpläne Ost lassen sich alle Planungen von RKF und RSHA definieren, welche sich mit der Zukunft der eroberten Ostgebiete (vor allem Polen und Sowjetunion) im Sinne von Siedlungsvorhaben (Ansiedlung, Aussiedlung, Umsiedlung) sowie der Eindeutschung und Umvolkung für landwirtschaftliche, rassepolitische, bevölkerungsstrukturelle und militärische Ziele beschäftigen.
Es existieren mehrere Generalpläne bzw. mehrere Etappen einer immer wieder auch durch die Umstände veränderten Planungsabfolge, die nicht genau die Bezeichnung Generalplan Ost tragen, trotzdem dem genannten Komplex eindeutig zuzuordnen sind. Sie sollen im folgenden in einer kurzen Chronologie zum Zweck der Übersichtlichkeit dargestellt werden. Die detailliertere Betrachtung erfolgt weiter unten.
Generalplan des RKF - Prof. Konrad Meyer Dokument bei Müller, S. 130ff. bei Madajczyk 94, S. 3ff.
Rekonstruierte Karte bei Rössler/Schleiermacher, S. 64 Januar 1940
Generalplan Ost des RKF - Prof. Konrad Meyer Dokument fehlt Rekonstruierte Karte bei Rössler/Schleiermacher, S. 65 15. Juli 1941
Generalplan Ost des RSHA III B - Dr. Hans Ehlich Dokument fehlt Kommentar von Dr. Wetzel bei Heiber, S. 297ff. bei Madajczyk 94, S. 50ff.) Januar 1942
Gesamtplan Ost des RSHA Dokument fehlt April oder Mai 1942 Generalplan Ost des RKF - Prof. Konrad Meyer Dokument in Originalkurzfassung bei Müller, S. 186ff. bei Eichholtz, S. 260ff. bei Madajczyk 94, S. 86ff.
Dokument vollständig bei Madajczyk 62, S. 401ff. bei Madajczyk 94, S. 91ff. Rekonstruierte Karte bei Rössler/Schleiermacher, S. 66 28. Mai 1942
Generalsiedlungsplan des RKF (Unterlagen für) - Prof. Konrad Meyer Dokument (teilüberliefert) bei Madajczyk 94, S. 235ff. bei Rössler/Schleiermacher, S. 98ff. 23. Dezember 1942
15. Februar 1943 (Dokumente zur Modifizierung der Unterlagen)
3.2. Literatur und Quellenlage
Obwohl Anfang dieses Jahrzehntes einige Publikationen erschienen sind, die sich ganz oder teilweise mit den GPO befassen, ist die Literatursituation unbefriedigend. Dies hängt auch - aber keinesfalls allein - mit der von den meisten Autoren als unzureichend dargestellten Quellenlage zusammen: Von sechs Generalplänen fehlen drei vollständig, in einem weiteren Fall gibt es nur Fragmente. Auf der anderen Seite existiert offenbar eine Unmenge unausgewerteter Quellen, mit deren Hilfe die Forschung deutlich weiterkäme. <4> Statt dessen halten sich die Publikationen an Standardquellen wie dem Kommentar Dr. Wetzels vom 27. April 1942 fest, überhöhen deren Aussagewert enorm und leisten sich Interpretationsfehler (siehe unten).
Das 1993 erschienene Buch von Mechthild Rössler und Sabine Schleiermacher (Herausgeberin) mit dem Titel "Der `Generalplan Ost`" ändert an dieser Tatsache enttäuschend wenig, verliert sich zu sehr in der wenig hilfreichen Analyse von Spezialfällen, die nicht ernsthaft unter die Generalplanungen subsumiert werden können und bleibt beim eigentlichen Thema zu undeutlich. Der Aufsatz von Karl-Heinz Roth, der dem Leser einen Überblick vermitteln soll, wird dieser Aufgabe nicht voll gerecht und leistet sich zu viele deutliche Fehler (siehe unten). Nützlich ist der Abdruck vordem unveröffentlichter Quellen, welche allerdings oft nichts mit den GPO zu tun haben und damit unzutreffende Assoziationen provozieren können.
Ebenfalls 1993 erschien ein Buch von Bruno Wasser (Himmlers Raumplanung im Osten. Der Generalplan Ost in Polen 1940-1944), in welchem Wasser ähnlich seinem Aufsatz bei Rössler/Schleiermacher zu beweisen versucht, die GPO seien mit den in Polen erfolgten Umsiedlungen bereits in eine erste Realisierungsphase eingetreten, womit er Ursache und Wirkung vertauscht. Da es nicht Gegenstand dieser Arbeit ist, die Zusammenhänge zwischen den Umsiedlungsaktionen und den Generalplanungen richtigzustellen, wird auf die Nutzung dieses Buches weitestgehend verzichtet. Für die Betrachtung der Generalpläne ist es nicht von Nutzen; für die Analyse der im Krieg durchgeführten Umsiedlungsmaßnahmen hingegen könnte es hilfreich sein, wenn man die kritisierte Verknüpfung ausblendet.
Eine reine Quellensammlung (vom Vorwort abgesehen) ist das 1994 von Czeslaw Madajczyk herausgegebene Buch (Vom Generalplan Ost zum Generalsiedlungsplan). Der Wert des Buches liegt in der vollständigen Veröffentlichung aller Quellen, die sich auf die GPO beziehen und derzeit bekannt sind. Da die wichtigsten dieser Dokumente bereits vorher in der Literatur abgedruckt wurden, bringt der Dokumentenband zwar eine Vertiefung und gewisse Ordnung der Thematik, aber grundlegend nichts Neues. Daher wäre es sinnvoll und nützlich gewesen, die Dokumente durch eine Überblicksdarstellung zu ergänzen, sowie bei den einzelnen Quellen durch kommentierende Hinweise Zusammenhänge zu verdeutlichen. Besonders zu kritisieren ist der kommentarlose Abdruck einiger Quellen (siehe Fußnote <37>), welche geeignet sind, Mißverständnisse hervorzurufen, da es sich bei diesen um gleiche Namensgebungen in anderen Bezügen handelt.
Das 1991 von Rolf-Dieter Müller herausgegebene Buch (Hitlers Ostkrieg und die deutsche Siedlungspolitik), welches einen sehr großen Dokumententeil aufzuweisen hat, zeichnet sich unter anderem dadurch aus, Entwicklungslinien sowie machtpolitische Aspekte der Kompetenzkonflikte darzustellen. Der Blick des Rezipienten wird auch auf Planungen außerhalb der SS gelenkt und nicht eindimensional auf die GPO fixiert. Dieses Buch bleibt der vorerst einzige Titel der Sekundärliteratur, der uneingeschränkt zur Lektüre empfohlen werden kann. Müller unterläuft ein kleiner Fehler, indem er andeutet, Himmler sei bei der Besprechung bei Hitler am 16. Juli 1941 dabeigewesen. Dies war jedoch nicht der Fall. <5>
Bei Götz Aly/ Susanne Heim (Vordenker der Vernichtung) findet sich ein Kapitel zu den Generalplänen, welches zu viele unbegründete Behauptungen enthält sowie Dokumente erörtert, die nichts mit den GPO zu tun haben, wie die Denkschrift Friedrich Gollerts vom 29. 3. 1943 über die Bevölkerungspolitik im besetzten Polen. <6>
Die übrige zu den Generalplänen verwendete Literatur nutzt durch die enthaltenen Dokumente oder Verweise.
Auf Aufsätze, welche veraltet sind bzw. die Transparenz zum Thema nicht erhöhen, wurde verzichtet.
Das eingehende Studium der Dokumente ist unbedingt nötig, will man sich nicht auf die teilweise zweifelhaften Aussagen der Sekundärliteratur verlassen und damit zu ungenauen Ergebnissen kommen. Ein übersichtliches und gut strukturiertes Standardwerk zu den Generalplänen und sinnvollerweise den anderen wichtigen Nachkriegskonzepten steht offenbar noch aus.
3.3. Die einzelnen Pläne
3.3.1. Der Generalplan des RKF
Obwohl der Generalplan als Quelle vorliegt, gibt es keine sichere Datierung. Roth gibt Januar 1940 an und begründet dies mit einem "handschriftlichen Vermerk auf der Titelseite" des Papiers, auf welchen er leider nicht näher eingeht. <7> Müller nennt Ende Februar 1940 und entnimmt diese Vermutung sicher dem Zusatz "Anlage zu der Mitteilung des OKW vom 8. März 1940" <8>, welche sich bei dem Dokument bei Madajczyk aber nicht findet. Allerdings nennen Müller auf der einen und Madajczyk und Roth auf der anderen Seite zwei verschiedene Quellenangaben für das Dokument des Generalplans. Madajczyk schließlich datiert den Plan sogar auf April bis Mai 1940 <9> und begründet dies überhaupt nicht. Am sinnvollsten erscheint die von Roth gewählte Datierung und Begründung.
Ein zweites Problem ergibt sich hinsichtlich der Bezeichnung des Planes. Roth nimmt wie selbstverständlich den Begriff Generalplan <10>, obwohl er in der entsprechenden Fußnote "Planungsgrundlagen für den Aufbau der Ostgebiete" angeben muß <11>, denn so lautet die Überschrift des Dokumentes - von Generalplan steht dort nichts. Müller verwendet ebenfalls den Begriff Generalplan und zitiert dazu einen Satz aus der Quelle, nach dem zunächst in großen Umrissen ein Generalplan zu erstellen sei. <12> Ob sich diese Passage tatsächlich auf die "Planungsgrundlagen" selbst bezieht oder auf einen später zu erstellenden Plan, ist nicht sicher zu entscheiden. Madajczyk verwendet den Begriff Generalplan nicht, sondern die Bezeichnung Planungsgrundlagen. <13> Die vorliegende Arbeit schließt sich der Auffassung Müllers an und nutzt den Begriff Generalplan für das Dokument.
Dieser Plan entstand nach Müller unter dem Einfluß der Tatsache, daß auch Dienststellen außerhalb der SS an Entwürfen wirkten. Durch den daraus für die SS entstandenen Zeitdruck konnte Prof. Meyer nur bisher vorliegende Einzelplanungen zusammenfassen. Immerhin gelang ihm die Kombination von Struktur- und Ablaufplanung, was eine generalstabsmäßige Beherrschung der Thematik suggerierte. <14>
Prof. Meyer schreibt: "Es wird im folgenden vorausgesetzt, daß die gesamte jüdische Bevölkerung dieses Gebietes von rund 560000 bereits evakuiert ist bezw. noch im Laufe dieses Winters das Gebiet verläßt." <15> Der Plan empfiehlt die Abschiebung von 3,4 Millionen Polen (wohin wird nicht gesagt, vermutlich in das GG) aus den dem Reich angegliederten Gebieten, sowie die Ansiedlung der gleichen Anzahl von Deutschen dahin, was zunächst eine gleiche Anzahl von Polen und Deutschen dort ergäbe. Das Ostgebiet sollte entsprechend dem Vorbild beispielsweise der gesündesten Gebiete Bayerns als gemischt agrarisch-industrielles Gebiet aufgebaut werden. "Das entscheidende und wichtigste Element bei der Neugestaltung der Ostgebiete stellt das Bauerntum dar. Von seiner Arbeit am Boden hängt die Festigung des deutschen Volkstums und die endgültige Gewinnung des durch das Schwert gewonnenen Bodens entscheidend ab." <16> 35% der Gesamtbevölkerung müssen in der Landwirtschaft arbeiten. Der Anteil der deutschen Bevölkerung im allgemeinen Durchschnitt soll 50%, auf dem Land jedoch 70% betragen. Vordringlich zu besiedelnde Gebiete nennt Prof. Meyer "Siedlungszone 1. Ordnung". Dieser "Wall deutschen Volkstums in Gestalt eines tief gestaffelten Gürtels germanischer Bauernhöfe" <16> hat die Funktion der Trennung polnisch besiedelter Gebiete vom GG sowie die Herstellung einer Verbindung der Siedlungszone zum Altreich.
Einen großen Raum im Plan nehmen weitere landwirtschaftliche Detailbetrachtungen "zur ländlichen Besitz- und Bodenordnung in den Ostgebieten" <17> ein. Prof. Meyer entwickelt die Vision eines neuen, kämpferisch-politisch offensiven Bauerntums. An dessen Spitze stehen als volks- und wehrpolitische Führungsschicht SS-fähige, vorbildliche Beispielswirte und Pioniere mit Großhöfen (Wehrbauernhöfen), von 50 bis 200 Hektar Bodenfläche. Vorgesehen dafür sind 11700 Betriebe mit zusammen 1,8 Millionen Hektar Gesamtfläche. Weitere 3,9 Millionen Hektar Land sollen auf 155000 Bauernbetriebe von je 20 bis 30 Hektar Fläche entfallen, welche damit die Grundlage des Bauerntums ausmachen. Daneben sollen Landarbeiter und Handwerker ebenfalls mit Kleinbesitz an Boden ausgestattet sein, um damit im Siedlungsgebiet verankert zu werden. Die Mindestgröße eines Dorfes muß drei- bis vierhundert Einwohner betragen, die Allmende als Gemeindebesitz nur noch in Form von Gemeindewald bestehen. Weiterhin ist eine Veränderung der Kreisstruktur nötig.
Für die Neubildung des Bauerntums kalkuliert Prof. Meyer 200000 Familien Siedlerbedarf, für das dargelegte Siedlungswerk insgesamt nur fünf Jahre Zeit ab Kriegsende. Er nennt die Bedarfszahlen an Nutzvieh und Baumaterial.
Grundlegend wichtig ist die Verdichtung des Straßennetzes, dessen Länge weit unter dem bisherigen Reichsdurchschnitt liegt. Mit dem Neubau von etwa 4000 km muß die Straßenlänge verdoppelt werden. Als Autobahnverbindungen werden die Strecken Berlin-Posen-Lodz sowie Breslau-Posen-Bromberg-Danzig genannt. Den Ostwall legt Prof. Meyer in Nord-Süd-Richtung durch das GG an die San/ Weichsellinie.
Das Dokument unterscheidet sich von den folgenden Plänen dadurch, daß eine weitere Ostexpansion noch nicht vorgesehen oder berücksichtigt ist.
3.3.2. Der Generalplan Ost des RKF
Der Generalplan Ost vom 15. Juli 1941 ist bisher nicht aufgefunden worden. Es existiert allerdings ein Begleitschreiben von Prof. Meyer zu diesem Plan mit obiger Datierung an Himmler. <18> Nach Roth <19>, der sich außerdem auf die unveröffentlichte Autobiographie von Prof. Meyer bezieht, erfolgt eine Einteilung der zu besiedelnden Gebiete je nach bereits vorhandener Infrastruktur in Ergänzungs-, Umbau- und Neubauzonen. Das Siedlungsgebiet ist auf Ostpolen ausgeweitet und das GG somit eingekesselt. So sollen die Polen volkstumspolitisch erdrückt werden. Die Bevölkerungsdichte sinkt von 100 im vorausgegangenen Plan auf 85 bis 90 Einwohner je Quadratkilometer, es wird ein Siedlerbedarf von 4,55 Millionen Menschen für einen Zeitraum von 30 Jahren errechnet.
3.3.3. Der Generalplan Ost des RSHA
Auch dieser Plan ist nicht auffindbar. Allerdings existiert eine ausführliche Stellungnahme von Dr. Wetzel <20>, mit der die Forschung den Plan glaubt rekonstruieren zu können. Jedoch stellt der Kommentar primär eher die Gedanken und Meinungen Dr. Wetzels bzw. des Ostministeriums dar und erwähnt die Inhalte des Planes nur vereinzelt. Weiterhin fließt bereits die Überarbeitung (Gesamtplan Ost; siehe unten) in den Kommentar ein. Im folgenden daher die Fakten, die tatsächlich von Dr. Wetzel bezüglich des Generalplans erwähnt werden:
Der Realisierungszeitraum ist auf 30 Jahre angelegt. Von den 45 Millionen Fremdvölkischen, in denen 5 bis 6 Millionen Juden mitgezählt sind, sollen 31 Millionen nach Westsibirien ausgesiedelt werden. Die 14 Millionen übrigen Menschen können im Planungsraum als Bevölkerung verbleiben und umgevolkt oder eingedeutscht werden. Auszusiedeln sind 65% der Westukrainer, 75% der Weißruthenen, 80-85% der Polen und offenbar 100% der Juden. Die Russenfrage ist laut Dr. Wetzel im GPO so gut wie gar nicht erwähnt. Für eine sofortige Ansiedlung stehen 840000 Menschen zur Verfügung, als spätere Nachumsiedler gibt der Plan 1,11 Millionen Menschen an. Für den Gesamtplanungszeitraum kommen in den ersten 10 Jahren 200000, in den folgenden 20 Jahren weitere 2,4 Millionen Menschen hinzu. Damit ergibt sich eine Gesamtsiedlerzahl von 4,55 Millionen Menschen. Der Plan fordert jedoch eine Besiedlung mit 10 Millionen Deutschen, die sich auf die Gebiete Danzig- Westpreußen, Wartheland, Oberschlesien, GG, Süd-Ostpreußen, Bialystok, Baltikum, Ingermanland, Weißruthenien und einige Gebiete der Ukraine verteilen.
Unklar bleibt aber, ob sowohl das Ingermanland, wie genannt, als auch der Dneprbogen, Taurien und die Krim in diesem Plan enthalten sind und sich damit die Äußerung Dr. Wetzels, diese Gebiete seien aus dem Plan herausgenommen (siehe 3.3.4.), nur auf den Gesamtplan Ost bezieht, oder auf beide RSHA-Pläne. Wäre letzteres der Fall, müßte sich Dr. Wetzels Bemerkung auf eine Planungsvorarbeit oder eine mündliche Auskunft Dr. Ehlichs beziehen; unverständlich bliebe dann die Erwähnung des Ingermanlandes als Siedlungsgebiet an anderer Stelle. Bezöge sich jene Äußerung nur auf den Gesamtplan Ost, fragt sich, warum der Dneprbogen, Taurien und die Krim nicht auch wie das Ingermanland als Siedlungsgebiete angegeben sind. Unklarheiten bleiben hier also in jeder Interpretation bestehen.
Die übrigen Inhalte entspringen den Analysen Dr. Wetzels und stehen oft, an einigen Punkten deutlich genannt, im Gegensatz zum GPO. Direkte Schlüsse von seinen Ideen auf den Plan sind somit Spekulation. Hätte er beispielsweise auf die Bemerkung, die Russenfrage sei fast nicht erwähnt, verzichtet, würden auch seine diesbezüglichen Überlegungen als Bestandteil des Generalplans interpretiert. Hinzu kommt, daß Dr. Wetzel als Vertreter des konkurrierenden Ostministeriums natürlich eine abweichende Vorstellung zu entwickeln geneigt gewesen sein dürfte. Sein "Kommentar und Stellungnahme" sollten also eher als Differenz statt als Teil eines monolithischen Ganzen gesehen werden.
An dieser Stelle sei noch auf eine grobe Fehlinterpretation Roths hingewiesen:
Er nennt die im Generalplan festgelegte Zahl von 14 Mio zu germanisierenden Menschen und behauptet, daß von diesen ein großer Teil ebenfalls nach Sibirien abgeschoben werden sollte, denn bei einer hochgerechneten Summe von 4,55 Mio Reichs- und Volksdeutschen und einer angestrebten Zahl von 10 Mio Deutschen sei dies nicht anders zu erklären. <21> Roth kann den entsprechenden Abschnitt im Kommentar Dr. Wetzels nur quer gelesen haben, sonst wäre ihm aufgefallen, daß es sich bei den 14 Mio zu germanisierenden Menschen und den 4,55 Mio Reichs- und Volksdeutschen (bzw. künftigen 10 Mio Deutschen) um völlig verschiedene Personengruppen handelt, die in keiner Weise miteinander verrechnet werden. Die 4,55 Mio Reichs- und Volksdeutschen sind die laut GPO als Gesamtumsiedler zur Verfügung stehenden Personen auf 30 Jahre gesehen, welche, offenbar als Idealvorstellung des Planes, durch natürliche Vermehrung und eventuellen weiteren Zuzug aus germanischen Ländern auf 10 Mio Deutsche anwachsen sollen. Diesen stehen "dann nach dem Plan 45 Mio Fremdvölkische gegenüber, von denen 31 Mio ausgesiedelt werden sollen." <22> Bleiben also die genannten 14 Mio zu germanisierenden Menschen, die somit in den 10 Mio Deutschen nicht enthalten sein können, sondern zusätzlich zu diesen zu rechnen sind. Roth hat hier offenbar nicht die Deutschen, also die Reichs- und Volksdeutschen, von den erst noch zu germanisierenden Fremdvölkischen, die umgevolkt und eingedeutscht werden sollen, unterschieden.
3.3.4. Der Gesamtplan Ost des RSHA
Auf den Gesamtplan Ost kann nur indirekt geschlossen werden. Er wird in einem Schreiben Himmlers vom 12. Juni 1942 an Greifelt genannt, in welchem der RKF nach der Lektüre des GPO vom 28. Mai 1942 (siehe Abschnitt 3.3.5.) unter anderem fordert, einen Gesamtplan (später als Generalsiedlungsplan bezeichnet) in Form des Gesamtplans Ost vorzulegen und vorher einen Entwurf zu übersenden, aus dem klar die benötigten personellen und materiellen Bedarfszahlen hervorgehen. <23> Von einer Überarbeitung des GPO des RSHA ausgehend, werden auch einige Passagen im Kommentar Dr. Wetzels verständlich, in denen er mit "in der Zwischenzeit" auf Veränderungen des Planes hinweist und vermerkt, er wisse nicht, ob dieser von Seiten der SS geändert wurde <24>:
Demnach ist der nördliche und mittlere Teil der Siedlungsgrenze nach Osten verschoben und auf die Linie Ladoga-See/ Waldaihöhe/ Brjansk festgelegt. Zusätzliche Siedlungsgebiete sind nun Shitomir, Kamenez-Podolsk und teilweise Winnizia. Roth vermerkt, daß Selektionsschlüssel für die baltische und tschechische Bevölkerung angegeben und die Realisierungsfristen von 30 auf 20 Jahre gesenkt sind. Völlig unbegründet ist jedoch Roths Angabe, der Plan unterscheide "Schutzgebiete im Aufnahme-Vorfeld", "Vorbehaltsgebiete" und "Siedlungsgebiete". Er glaubt, dies belegen zu können mit der "Aufstellung der Aufgabenverteilung bei der Weiterbearbeitung des Generalplans Ost" vom 28. Juli 1942, in der diese Unterteilungen auftauchen. <25> Ganz abgesehen davon, daß in genannter Aufgabenverteilung von der Weiterbearbeitung des Generalplans Ost (wahrscheinlich vom 28. Mai 1942) und nicht der des Gesamtplans Ost die Rede ist, bezieht sich die Aufgabenverteilung natürlich auf künftige Planungen und gibt keine Aussage oder Andeutung über vorhergehende Generalpläne.
Roth unterläuft ein weiterer, bereits fundamentaler Fehler. Er schreibt, daß "als zusätzliche 'Siedlungsgebiete Ingermanland, der Dneprbogen, Taurien und die Krim ... hinzugekommen zu sein' scheinen." <26> Er verkürzt damit zwei Sätze unter Auslassung der entscheidenden Inhalte zu einem Satz, der dadurch eine völlig umgekehrte Aussage bekommt. Dr. Wetzel schreibt im Gegenteil, daß das "Ingermanland, der Dneprbogen, Taurien und die Krim in dem Plan als Siedlungsgebiete herausgenommen sind. Dies beruht offenbar darauf, daß in der Zwischenzeit diese neuen Siedlungsgebiete hinzugekommen zu sein scheinen, über die am Schluß dieser Ausführungen noch gesprochen werden soll." <27> Damit können nur die im Kommentar weiter unten aufgeführten Gebiete Shitomir, Kamenez-Podolsk und Winnizia <28> gemeint sein, welche Roth völlig ignoriert.
3.3.5. Der spätere Generalplan Ost des RKF
Die im Original mindestens 71 Seiten umfassende Version des GPO vom 28. Mai 1942 (offiziell erst auf Juni datiert) ist ein exaktes, auf 25 Jahre angelegtes Siedlungsprogramm, mit dem der RKF seine Sachkompetenz demonstrieren konnte. Einleitend geht Prof. Meyer darauf ein, daß in den bereits eingegliederten Ostgebieten sowie den vorgeschlagenen Siedlungsstützpunkten der Siedlungsaufbau dem RKF zu übertragen ist, in den weiteren geplanten Siedlungsgebieten als Marken des Reiches (Siedlungsmarken) dem RFSS - in jedem Falle also Himmler, womit die Kompetenzfrage restlos zu Gunsten der SS entschieden wäre. Künftigen Siedlern wird Grund und Boden durch Belehnung als Eigentum besonderen Rechtes verliehen. Die entsprechende Lehnsfähigkeit der Siedler, die noch im Detail geklärt werden muß, kann durch Lehensgerichte zu- und aberkannt werden. Damit bleibt dem Reich, vertreten durch den RKF, die Verfügungsgewalt erhalten.
Zur Eindeutschung der Städte schlägt Prof. Meyer die Förderung des Eigenheims vor, Fremdvölkische hingegen dürfen in den Städten nicht Grundbesitzer sein. Die für den sozialen Wohnungsbau vorgesehenen Mittel sind vornehmlich in den Siedlungsgebieten des Ostens einzusetzen. Zudem sollen finanzielle Vergünstigungen für den Osteinsatz die Anziehungskraft weiter steigern.
Bei den von Prof. Meyer für die eingegliederten Ostgebiete veranschlagten und genau aufgeteilten 45,7 Milliarden RM Aufbaukosten "handelt es sich vorerst noch um eine grobe Schätzung ... Dabei wird unterstellt, dass eine normale Vergabe der Aufträge an Unternehmen erfolgt; es können also z.B. durch den kolonnenmäßigen Einsatz von billigen Arbeitskräften Ersparnisse erzielt werden." <29> Hinzu kommen die ebenfalls detailliert gegliederten Kosten für Marken und Stützpunkte mit 20,9 Milliarden RM. Erfolgen soll die Finanzierung, im Papier genau aufgeschlüsselt, zum großen Teil durch Anleihen auf dem privaten Kapitalmarkt und durch den Reichshaushalt, zum kleineren Teil durch das Sondervermögen RKF und andere Träger. Dabei sind unter Reichshaushalt auch die anfallenden Tributleistungen der besiegten Gegner zu verstehen, in das Sondervermögen RKF fließt unter anderem "der Gegenwert aus dem Einsatz fremdvölkischer und sonstiger verfügbarer Arbeitskräfte." <30> Diese können bei Bauvorhaben im Verhältnis von etwa vier fremdvölkischen Arbeitskräften auf einen Lenker und Beaufsichtiger eingesetzt werden. Für das erste und zweite Jahrfünft werden jeweils 450000, für das dritte Jahrfünft 300000, für das vierte Jahrfünft 150000 und für das fünfte Jahrfünft 90000 Arbeitskräfte veranschlagt.
Der ebenfalls genau aufgeschlüsselte Siedlerbedarf wird mit insgesamt 4,845 Millionen Menschen beziffert. Die davon auf die einzudeutschenden, bereits in das Reich eingegliederten Ostgebiete entfallenden 1,5 Millionen Deutschen sind grob geschätzt, da der Plan den Umfang, in welchem die polnische Bevölkerung eingedeutscht werden wird, nicht abschätzen kann. Diesem Bedarf von 4,845 Mio Menschen steht ein Überangebot von wenigstens 5,65 Mio verfügbaren Siedlern entgegen, das sich aus knapp 4 Mio Deutschen aus dem Altreich, 100000 Lagerumsiedlern, 500000 Personen Streudeutschtum aus Südosteuropa, über 300000 Volksdeutschen aus Übersee und germanischen Siedlern aus Nord- und Westeuropa zuzüglich nachstehender Einzudeutschender zusammensetzt. Ein Eindeutschungsschlüssel ist für die Esten (über 50%), Letten (bis zu 50%) und die Litauer (bis zu 15%), dem entsprechen ca. 650000 bis 750000 Menschen, sowie für 80000 Goralen (Bergbewohner im polnischen Teil der Beskiden) angegeben. Die im Schlüssel Genannten sollen "von dem nichtgermanischen Volkstum durch systematische Auslese und Leistungszucht gewonnen werden" <31>, die Anzahl der Rußland-Deutschen ist nicht zu überblicken, wird also die Summe verfügbarer Siedler noch erhöhen.
Die im übrigen Ostraum zu schaffende Völkerordnung muß auf eine Befriedung der dortigen Einwohner abzielen, da auf deren Mitarbeit nicht verzichtet werden kann. Statt Evakuierungen soll die "Umsetzung der bisherigen Einwohner auf anderes Kolchose- und Sowchoseland mit gleichzeitiger Verleihung von Bodenbesitzrecht" <32> Platz für deutsche Menschen schaffen. Um die nicht ins Reichsgebiet einzugliedernden Räume mit den relativ wenigen verfügbaren deutschen Menschen in Einklang zu bringen, machen sich neue Besiedlungsformen erforderlich: Einerseits sollen drei Siedlungsmarken die Gebiete Ingermanland, Gotengau (Krim und Chersongebiet) sowie das Memel-Narewgebiet (Bezirke Bialystok und Westlitauen) umfassen. Im Gotengau sinkt dabei die Stadtbevölkerung von 790000 auf 650000 Menschen, im Ingermanland von 3,2 Millionen auf 200000. Hier war somit das gewünschte Ergebnis der Belagerung Leningrads in Zahlen ausgedrückt. <33> Andererseits sollen 36 Siedlungsstützpunkte (14 davon im GG, weitere 14 im Ostland und 8 in der Ukraine) im Abstand von ca. 100 Kilometern voneinander die Verbindung zu den Marken sichern. Diese sind dabei aus dem bisherigen staatsrechtlichen Territorialverband auszugliedern und dem RFSS durch je einen Markhauptmann direkt zu unterstellen. Die Stützpunkte "knüpfen an heute bereits vorhandene günstige Zentralpunkte an und decken sich mit SS- und Polizeistützpunkten höherer Ordnung." Sie haben die "Grösse von 1 bis 2 Landkreisen des Altreichs." <34> Innerhalb von 25 bis 30 Jahren sollen Marken und Stützpunkte eingedeutscht werden. Dies ist mit einem Anteil von 50% bzw. 25-30% erreicht und nicht erst, wie Roth meint, wenn diese Sätze des gewünschten deutschen Bevölkerungsanteiles überschritten würden. <35>
Landwirtschaftliche Großbetriebe müssen in den Marken und Stützpunkten 250 und mehr Hektar, Höfe 40-100 Hektar Bodenfläche umfassen. Die Großbetriebe erhalten je nach Bodenbeschaffenheit einen Anteil von 15-25% der landwirtschaftlichen Nutzfläche.
In dieser Fassung des GPO ist nach Roth erstmals das vom WVHA gestartete "Programm Heinrich" berücksichtigt, welches sich mit der Projektierung des Auf- und Ausbaues von SS-Stützpunkten in den Ostgebieten befaßt. <36>
Obwohl der Plan Himmler "ganz gut" gefiel, war er hinsichtlich der Planungszeit sowie des Ostlandes und des GG "falsch verstanden worden." <23> Letztere Gebiete seien total einzudeutschen, die Realisierungszeit habe nur zwanzig Jahre zu betragen. Ein neu zusammenzustellender Gesamtsiedlungsplan solle zusätzlich auf das Protektorat, die Oberkrain und Südsteiermark sowie Elsaß-Lothringen eingehen.
3.3.6. Der Generalsiedlungsplan des RKF
Die Bezeichnung Generalsiedlungsplan für die Fortschreibung der GPO taucht in den überlieferten Quellen erstmalig in einem Dokument (Generalsiedlungsplan - Dispositionen) vom 29. Oktober 1942 auf. <37> Im Vorfeld dieses Planes gibt es eine Reihe anderer Bezeichnungen, die sich aber mit einiger Sicherheit auf den Generalsiedlungsplan beziehen. So nutzte Himmler in dem bereits oben erwähnten Brief vom 12. Juni 1942 <23> einmal den Begriff Gesamt-Siedlungsplan und zweimal das Kürzel Gesamtplan. In den Vorarbeiten für den Generalsiedlungsplan, beginnend mit der Aufstellung zur Aufgabenverteilung bei der Weiterbearbeitung des GPO vom 28. Juli 1942, ist wieder von einem Generalplan Ost die Rede. <38> In Dokumenten vom 13. September 1943 und 6. Januar 1944 wird im nachhinein der Begriff Generalsiedlungsplan Ost verwendet. <39>
Einen fertiggestellten, nach Roth auf 200 Seiten konzipierten Generalsiedlungsplan <40> hat es allerdings nie gegeben. Mit Schreiben Greifelts vom 23. Dezember 1942 wurde lediglich die "befohlene Zusammenstellung von Grundzahlen und Karten als Unterlage für einen Generalsiedlungsplan vorgelegt." <41> Diese Unterlagen sind nur teilweise in Form von Kartenwerken, Tabellenübersichten mit Erläuterungen sowie Unterkapiteln zur Bevölkerungs- und Wirtschaftspolitik überliefert. Einige der erwähnten vorausgegangenen Dispositionen und Vorarbeiten vervollständigen das Bild. Hier wird das auch in der Forschung übliche Kürzel Generalsiedlungsplan genutzt, wo korrekterweise von Vorarbeiten für einen solchen die Rede sein müßte.
In dem Plan hat Prof. Meyer Himmlers Forderungen vom 12. Juli 1942 <23> weitestgehend berücksichtigt. Er definiert nun einen Volksraum mit sieben Siedlungsgebieten: Luxemburg, Lothringen, Elsaß, Oberkrain, Untersteiermark, Böhmen und Mähren sowie die eingegliederten Ostgebiete (Danzig- Westpreußen, Oberschlesien, Wartheland). Zu diesem kommt ein in nachstehende sechs künftige Gaue gegliederter Ostsiedlungsraum: Litzmannstadt, Krakau, Lemberg, Lublin, Warschau und Bialystock. Der baltische Raum ist um Pleskau und Ingermanland (im Plan Estland zugeschlagen) deutlich vergrößert, dem Ostsiedlungsraum aber nicht zugerechnet. Er ist als eigene Kategorie aufgeführt, welche selbst nicht in den Gesamtadditionen enthalten ist, sondern stets separat erscheint. Der Grund dafür ist unklar. Betrachtet man die Zahlenwerke, werden auch im Baltikum an der Germanisierung keine Abstriche gemacht.
Der Eindeutschungsschlüssel des Planes lautet: Franzosen, Esten, Slowenen und Tschechen 50%, Letten 30%, Litauer 15%, Polen 5%. In den Siedlungsgebieten des Volksraumes sowie des Ostsiedlungsraumes erstrebt der Plan für die Zukunft ca. 23,1 Mio Menschen, die sich ausschließlich aus (gesunkener) dort vorhandener deutscher Bevölkerung (5,3 Mio), aus 5,4 Mio Eindeutschungsfähigen als einzigen Fremdvölkischen sowie weiteren 12,4 Mio einwandernden Siedlern zusammensetzen sollen, also keine weiteren Fremdvölkischen enthalten. Vorhanden sind jedoch 36,3 Mio Menschen, von denen 5,6 Mio Deutsch (Reichsdeutsche, Volksdeutsche, Umsiedler) und, wie oben genannt, 5,4 Mio eindeutschungsfähig sind. Den Verbleib der übrigen ca. 25 Mio Menschen, die weder als Deutsch noch als eindeutschungsfähig gelten, thematisiert der Plan nicht. Da kaum eine freiwillige Auswanderung in Betracht kommt, muß man mindestens von einer Zwangsaussiedlung großen Stils ausgehen. Genauso verhält es sich für den baltischen Raum: Von einer Bevölkerung von 7,2 Mio, von der fast niemand als Deutsch gewertet wird und 2,1 Mio Menschen als eindeutschungsfähig betrachtet werden, verschwinden 5,1 Mio Menschen. Mit Hilfe von 3,1 Mio Siedlern soll die Bevölkerung 5,2 Mio betragen. Auch hier verbleiben Fremdvölkische nur als Eindeutschungsfähige im Raum. <42> Insgesamt werden also offenbar ca. 30 Mio Menschen deportiert. Von Aussiedlung ist im Generalsiedlungsplan zwar nicht die Rede, dafür aber in einer der Vorarbeiten vom 28. Juli 1942 (Aufgaben und Aufgabenverteilung zur Weiterbearbeitung des Generalplans Ost) <43>, in deren Abschnitt F die "Festlegung der Auffanggebiete der Fremdvölkischen aus den deutschen Siedlungsgebieten" thematisiert wird. <44> Dieselbe Aussage ergibt eine Tabelle im Generalsiedlungsplan, die das Fortschreiten der deutschen Besiedlung in Jahrfünfte aufschlüsselt und nach 30 Jahren in den meisten Bereichen des Ostsiedlungsraumes und in allen Siedlungsgebieten des Volksraumes 100% Eindeutschung vorsieht. <45> Der Siedlerbedarf ist jedoch trotz der Einplanung von Siedlern aus germanischen Ländern (1 bzw. 1,1 Mio) und Volksdeutschen aus Übersee (0,2 Mio) weder nach 20 (Fehlbetrag 4,1 Mio) noch nach 30 Jahren (Fehlbetrag 0,2 Mio) restlos zu decken. <46>
Ebenfalls im Plan enthalten sind Tabellen zur erstrebten Verteilung der landwirtschaftlichen Betriebsgrößen und der Aufgliederung der landwirtschaftlichen Nutzfläche, in denen detaillierte Angaben über Art der Betriebe mit dazugehöriger Bodenfläche in den unterschiedlichen Gebieten gemacht werden. Mit Ausnahme von Ingermanland, welches nun zum baltischen Raum zählt, sind die im GPO vom 28. Mai 1942 als Siedlungsmarken und Siedlungsstützpunkte ausgewiesenen Gebiete nicht mehr erwähnt. Zudem umgeht Prof. Meyer die Forderung Himmlers nach einem Realisierungszeitraum von 20 Jahren geschickt, indem er sowohl Daten für den Stand nach 20 als auch nach 30 Jahren nebeneinanderstellt und sich offenbar nicht festlegt.
So fanden die Unterlagen zum Generalsiedlungsplan auch nicht Himmlers ungeteilte Zustimmung. Mit Schreiben vom 12. Januar 1943 <47> forderte er, das Baltikum, die Krim sowie Taurien in den Ostsiedlungsraum einzubeziehen.
In einer Antwort vom 15. Februar 1943 meldete Prof. Meyer die laufende Umarbeitung der vorgelegten Unterlagen des Planes und übersandte eine neue Tabelle (nicht überliefert) zur Begutachtung an den RKF. <48>
Eine Reaktion Himmlers darauf ist weder bekannt noch wahrscheinlich, da nach der Schlacht von Stalingrad die Realisierungschancen dieser Generalplanungen in immer weitere Ferne rückten.
[...]
- Citar trabajo
- Karsten Schulz (Autor), 1996, Nationalsozialistische Nachkriegskonzeptionen für die eroberten Gebiete Osteuropas, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/500641
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