Die vorliegende Arbeit betrachtet mit der Nichtidealen Theorie den dritten Teil des Buches von John Rawls, "Das Recht der Völker". Dabei wird auf die Skizzierung des Gesamtentwurfes weitgehend verzichtet, auch wenn Bezugspunkte nicht ausgeblendet werden. Die Konzentration auf diesen dritten Teil erfolgt aufgrund der Realitätsnähe, die das Rawlssche Konzept hier auszeichnet und die punktuelle Betrachtung interessant erscheinen lässt.
Rawls verdeutlicht in der Darstellung seiner Nichtidealen Theorie die Anlage seiner Konzeption als realistisch-utopischen Ansatz; in Anlehnung an Rousseau nimmt er dabei die Basiskomponente einer jeden vertragstheoretischen Konzeption, den Menschen, so wie er ist. Mit Bezug auf Richard Saage kann auch von der Berücksichtigung des "anthropologischen Defizits" gesprochen werden, Rawls ist hier nicht utopisch, sondern realistisch. Utopisch, gedacht nicht im Sinne des Morus´schen "Nirgendortes", sondern im Sinne Höffes: "eine Utopie des Noch-Nicht, ein politisches Ideal, zu dessen Verwirklichung wir schon unterwegs sind" (Höffe: 1998, S. 222), ist der Rawlssche Entwurf, wenn er mit dem Recht der Völker auch die Absicht verfolgt, bestehende Gesetze und Institutionen auf ihre Möglichkeiten hin zu betrachten (Arenhövel: 2003, S. 3).
Konkret untersucht Rawls in seiner Nichtidealen Theorie (NT) die Frage, wie sich wohlgeordnete Völker gegenüber nicht wohlgeordneten Völkern verhalten sollen (Rawls: 2002, S. 113), denn das seiner Konzeption inhärente Ziel ist die Akzeptanz des Rechts der Völker durch alle Völker. Wohlgeordnete Völker oder Gesellschaften sind dann wohlgeordnet, wenn ihre grundlegenden Institutionen von allen Bürgern aufgrund öffentlich anerkannter Gerechtigkeitsgrundsätze angenommen werden und dies auch allgemein bekannt ist (Hinsch: 1997, S. 13)
Ziel der vorliegenden Arbeit ist zum einen die Darstellung ausgewählter Komponenten der NT, zum anderen sollen dabei aber auch Überlegungen angebracht werden, wie realistisch Rawls in seinem realistisch-utopischen Ansatz tatsächlich ist, i.e. inwiefern von seinem Konzept wirklich sinnvoller Gebrauch gemacht werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Nichtideale Theorie im "Recht der Völker"
- Warum eine nichtideale Theorie ?
- Fragen des Kriegsrechtes und der Kriegsführung
- Staatsmänner: Staatskunst und politische Kultur
- Zur Organisation eines Rechts der Völker
- Konfliktherd im Recht der Völker: zum Umgang mit Ungleichheit
- Teil
- Schlussbemerkung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit analysiert den dritten Teil von John Rawls' "Recht der Völker", der sich mit der Nichtidealen Theorie beschäftigt. Im Fokus steht die Frage, wie sich wohlgeordnete Völker gegenüber nicht wohlgeordneten Völkern verhalten sollen. Die Arbeit beleuchtet die realistische Utopie des Rawlsschen Konzepts und untersucht, wie sinnvoll es in der Praxis angewendet werden kann.
- Die Rolle der Nichtidealen Theorie im "Recht der Völker"
- Die Grundsätze des Rechts der Völker und die Frage der gerechten Kriegsführung
- Der Staatsmann als Idealfigur und die Bedeutung der politischen Kultur
- Die Organisation eines Rechts der Völker und die Herausforderungen der Umsetzung
- Der Umgang mit Ungleichheit und die Unterstützungspflicht gegenüber belasteten Gesellschaften
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Nichtidealen Theorie im "Recht der Völker" ein und erläutert die realistisch-utopische Anlage des Rawlsschen Konzepts. Sie stellt die Zielsetzung der Arbeit dar, die sowohl die Darstellung ausgewählter Komponenten der Nichtidealen Theorie als auch die Bewertung ihrer Realisierbarkeit umfasst.
Das Kapitel "Die Nichtideale Theorie im "Recht der Völker"" beschreibt die beiden Arten von nichtidealen Theorien bei Rawls: die Theorie der Nichtbefolgung und die Theorie der ungünstigen Umstände. Es beleuchtet die Funktion der Nichtidealen Theorie, die im Sichtbarmachen der Fragen des Übergangs von einer Welt mit Schurkenstaaten und belasteten Gesellschaften zu einer Welt liegt, in der alle Gesellschaften das Recht der Völker annehmen und befolgen.
Im Kapitel "Fragen des Kriegsrechtes und der Kriegsführung" werden die acht Grundsätze des Rechts der Völker erläutert, die Rawls für wohlgeordnete Gesellschaften formuliert. Dabei liegt der Fokus auf der Frage, wie wohlgeordnete Völker im Falle eines Krieges agieren sollen. Es werden die sechs Grundsätze des ius in bello vorgestellt und im Kontext der jüngeren Geschichte diskutiert.
Das Kapitel "Staatsmänner, Staatskunst und politische Kultur" beleuchtet das Ideal des Staatsmannes bei Rawls, das sich durch Stärke, Klugheit, Mut und moralische Kompetenz auszeichnet. Es werden die Anforderungen an Staatskunst im Kontext der Kriegsführung diskutiert und die Bedeutung der politischen Kultur für eine gerechte Kriegsführung hervorgehoben.
Das Kapitel "Zur Organisation eines Rechts der Völker" behandelt die Institutionen der Wertevermittlung im Friedensfall und die Rolle von wohlgeordneten Völkern bei der Etablierung neuer Institutionen und Praktiken. Es wird die Frage aufgeworfen, inwiefern die Vereinten Nationen als konföderatives Zentrum im Sinne Rawls' fungieren können und welche Herausforderungen sich hinsichtlich der Verbindlichkeit und Sanktionierungsmöglichkeiten stellen.
Das Kapitel "Konfliktherd im Recht der Völker: zum Umgang mit Ungleichheit" befasst sich mit der Unterstützungspflicht wohlgeordneter Gesellschaften gegenüber belasteten Gesellschaften. Es werden die drei Leitsätze zur Unterstützungspflicht erläutert und im Kontext der globalen Verteilungsgerechtigkeit diskutiert. Der Ansatz von Thomas Pogge wird vorgestellt und mit der Argumentation von Rawls kontrastiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Nichtideale Theorie, das Recht der Völker, John Rawls, gerechte Kriegsführung, Staatskunst, politische Kultur, belastete Gesellschaften, Unterstützungspflicht, Verteilungsgerechtigkeit, Thomas Pogge, globaler egalitärer Grundsatz, Prozesshaftigkeit, Turbokapitalismus, Vereinte Nationen, Sanktionierungsmöglichkeiten.
- Citation du texte
- Stefan Laszlo (Auteur), 2004, Die Nichtideale Theorie in John Rawls´ "Recht der Völker", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50062
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