Unternehmen sehen sich heutzutage den Herausforderungen einer zunehmenden Internationalisierung der Geschäftstätigkeit und Globalisierung der Weltwirtschaft ausgesetzt. Um dem sich verschärfenden Wettbewerb auf den Weltmärkten standhalten zu können, sind die Unternehmen gezwungen, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten ins Ausland auszudehnen. Die Internationalisierung hat starke Auswirkungen auf den ganzen Konzern, insbesondere auf die Personalpolitik und damit auf die Mitarbeiter der Unternehmung. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Frage, ob beim Aufbau von Auslandsniederlassungen auf Personal aus der inländischen Unternehmenszentrale zurückgegriffen werden soll oder ob eine Rekrutierung und Qualifizierung lokaler Mitarbeiter vor Ort zu bevorzugen ist. Eng damit verbunden ist die Entscheidung, inwieweit das Unternehmen eine zentrale oder dezentrale Ausrichtung der Organisationsstruktur anstrebt. Davon ist vor allem der Grad der Autonomie des Tochterunternehmens gegenüber der Muttergesellschaft abhängig.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Strukturen international tätiger Unternehmen darzustellen. Dabei soll vor allem auf die Stufen der Internationalisierung und die sich daraus ergebenden Folgen für die Personalpolitik eingegangen werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wo die Stärken und Schwächen bestimmter Grundorientierungen der Personalpolitik liegen und in welchen Entwicklungsstufen der Unternehmung welche personalpolitischen Grundhaltungen praktikabel sind. Um dem Leser eine Einführung in die Thematik zu ermöglichen, wird zunächst eine Begriffsabgrenzung des international tätigen Unternehmens vorgenommen, und es wird auf die allgemeinen Zusammenhänge zwischen Organisationsstruktur und Unternehmensstrategie eingegangen. Im dritten Abschnitt werden fünf Stufen der Internationalisierung anhand charakteristischer Merkmale von Organisationsstruktur und Unternehmensstrategie dargestellt. Anschließend werden mit Hilfe des Konzeptes von Perlmutter die Folgen der Internationalisierung für die Personalpolitik herausgearbeitet. Eine kritische Würdigung der im Konzept von Perlmutter vorgestellten Grundorientierungen der Personalpolitik und deren Praktikabilität in der Praxis erfolgt dann im fünften Teil. Im sechsten Kapitel werden die in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse in einem Fazit zusammengefasst.
INHALTSVERZEICHNIS
Verzeichnis der Abbildungen
1. Einleitung
2. International tätige Unternehmen
2.1 Begriffsabgrenzung
2.2 Das Verhältnis von Organisationsstruktur und Unternehmensstrategie
3. Stufen der Internationalisierung
3.1 Exportorientierte Unternehmen
3.2 Internationale Unternehmen
3.3 Multinationale Unternehmen
3.4 Globale Unternehmen
3.5 Transnationale Unternehmen
4. Internationalisierung und Personalpolitik
4.1 Begriff der Personalpolitik
4.2 Personalpolitische Grundhaltungen im internationalen Personalmanagement
4.2.1 Vorbemerkung
4.2.2 Ethnozentrische Orientierung
4.2.3 Polyzentrische Orientierung
4.2.4 Regiozentrische Orientierung
4.2.5 Geozentrische Orientierung
4.3 Folgen der Internationalisierung für die Personalpolitik
5. Kritische Würdigung
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung 1: Das internationale Organisationsmodell
Abbildung 2: Das multinationale Organisationsmodell
Abbildung 3: Das globale Organisationsmodell
Abbildung 4: Das Modell des integrierten Netzwerkes
1. Einleitung
Viele Unternehmen sehen sich heutzutage den Herausforderungen einer zunehmenden Internationalisierung der Geschäftstätigkeit und Globalisierung der Weltwirtschaft ausgesetzt.[1] Um dem sich verschärfenden Wettbewerb auf den Weltmärkten standhalten zu können, sind die Unternehmen gezwungen, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten ins Ausland auszudehnen. Bei diesem Prozess der Internationalisierung handelt es sich um einen langfristigen Vorgang, der sich auf die gesamte Unternehmung auswirkt. So verändern sich im Zuge dieser Entwicklung sowohl die Strategie als auch die Struktur eines Unternehmens. Dabei erfolgt die Entwicklung eines nationalen Unternehmens hin zu einer international tätigen Unternehmung zwar nicht immer nach dem gleichen Schema. Es lassen sich jedoch charakteristische Stufen der Internationalisierung identifizieren, die von den meisten Unternehmen durchlaufen werden.
Die Internationalisierung hat starke Auswirkungen auf den ganzen Konzern, insbesondere auf die Personalpolitik und damit auch auf die Mitarbeiter der Unternehmung. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Frage, ob beim Aufbau von Auslandsniederlassungen auf Personal aus der inländischen Unternehmenszentrale zurückgegriffen werden soll oder ob eine Rekrutierung und Qualifizierung lokaler Mitarbeiter vor Ort zu bevorzugen ist. Eng damit verbunden ist die Entscheidung, inwieweit das Unternehmen eine zentrale oder dezentrale Ausrichtung der Organisationsstruktur anstrebt. Davon ist vor allem der Grad der Autonomie des Tochterunternehmens gegenüber der Muttergesellschaft abhängig. Einen wesentlichen Einfluss auf diese Entscheidungen haben hierbei die unterschiedlichen Gegebenheiten (z. B. Kultur, rechtlicher und ökonomischer Rahmen) in den Ländern, in denen sich die Auslandsniederlassungen befinden.
Ziel dieser Arbeit ist es, vor dem Hintergrund der eben genannten Probleme und aktuellen Entwicklungen die Strukturen international tätiger Unternehmen darzustellen. Dabei soll vor allem auf die Stufen der Internationalisierung und die sich daraus ergebenden Folgen für die Personalpolitik eingegangen werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wo die Stärken und Schwächen bestimmter Grundorientierungen der Personalpolitik liegen und in welchen Entwicklungsstufen der Unternehmung welche personalpolitischen Grundhaltungen praktikabel sind. Um dem Leser eine Einführung in die Thematik zu ermöglichen, wird im folgenden Kapitel eine Begriffsabgrenzung des international tätigen Unternehmens vorgenommen, und es wird auf die allgemeinen Zusammenhänge zwischen Organisationsstruktur und Unternehmensstrategie eingegangen. Im dritten Abschnitt werden fünf Stufen der Internationalisierung anhand charakteristischer Merkmale von Organisationsstruktur und Unternehmensstrategie dargestellt. Anschließend werden mit Hilfe des Konzeptes von Perlmutter die Folgen der Internationalisierung für die Personalpolitik herausgearbeitet. Eine kritische Würdigung der im Konzept von Perlmutter vorgestellten Grundorientierungen der Personalpolitik und deren Praktikabilität in der Praxis erfolgt dann im fünften Teil. Im sechsten Kapitel werden die in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse in einem Fazit zusammengefasst.
2. International tätige Unternehmen
2.1 Begriffsabgrenzung
In diesem Abschnitt soll zunächst geklärt werden, was unter einem international tätigen Unternehmen zu verstehen ist. Eine Definition dieses Begriffes gestaltet sich jedoch schwierig, da in der wissenschaftlichen Literatur keine allgemein akzeptierte Begriffsbestimmung existiert. Vielmehr bestehen beinahe so viele unterschiedliche Definitionen, wie sich Ökonomen mit diesem Thema beschäftigt haben.[2] Darüber hinaus wird im Zusammenhang mit international tätigen Unternehmen eine fast unüberschaubare Vielfalt von Termini wie z. B. internationales, multinationales, globales, transnationales, übernationales, supranationales, plurinationales, anationales, polyzentrisches, geozentrisches Unternehmen, Multi oder Weltunternehmen verwendet. Diese Begriffe weisen oft einen doppelten Sinngehalt auf. Einerseits werden sie zur Bezeichnung eines bestimmten Unternehmenstyps im Sinne einer Abgrenzung zur nationalen Unternehmung angewendet. Andererseits dienen sie zur Unterscheidung bestimmter Entwicklungsphasen von Unternehmungen im Rahmen des Internationalisierungsprozesses.[3] In dieser Arbeit wird zum Zwecke der Begriffsabgrenzung der Terminus des international tätigen Unternehmens verwendet. Im dritten Kapitel werden dann die Bezeichnungen exportorientiertes, internationales, multinationales, globales und transnationales Unternehmen zur Differenzierung der Internationalisierungsstufen eines Konzerns herangezogen. Dabei handelt es sich um einen idealtypischen Internationalisierungsprozess aus der Forschung. In der Praxis variieren dagegen die Anzahl der Stufen der Internationalisierung und die Geschwindigkeit, mit der die Stufen von den Konzernen durchlaufen werden.[4]
Trotz einer fehlenden einheitlichen Definition lassen sich charakteristische Merkmale international tätiger Konzerne herausarbeiten. Diese Merkmale werden von einer Reihe von Autoren in vier verschiedenen Merkmalsgruppen zusammengefasst. So unterscheiden beispielsweise Macharzina und Engelhard zwischen
(1) strukturellen Merkmalen,
(2) Verhaltensmerkmalen,
(3) Leistungsmerkmalen und
(4) Formen der grenzüberschreitenden Unternehmenstätigkeit.[5]
Im ersten Fall der strukturellen Merkmale wird Internationalität in erster Linie in Bezug auf das Organisationssystem, aber auch im Hinblick auf die Anzahl an Ländern, in denen die Unternehmung tätig ist, die Nationalität des Topmanagements und der Anteilseigner, den Mitarbeiterstand im Ausland, die Anzahl ausländischer Unternehmenseinheiten oder die Strategie definiert. Auf die strukturelle Dimension wird vor allem im folgenden Kapitel eingegangen werden. Die Verhaltensmerkmale beziehen sich dagegen auf die international ausgerichteten Denk- und Verhaltensweisen des Managements,[6] die Zentralisation der Entscheidungsfindung, die Festlegung der Geschäftspolitik, die Integration der Tätigkeiten von Mutter- und Tochtergesellschaften und die globale Unternehmensplanung.[7] In der wissenschaftlichen Literatur wird in diesem Zusammenhang häufig das EPRG-Konzept von Perlmutter angeführt (s. a. Abschnitt 4.2: Personalpolitische Grundhaltungen im internationalen Personalmanagement).[8] Im Rahmen der leistungsbezogenen Dimension wiederum wird die Internationalität eines Konzerns mit Hilfe der in absoluten oder relativen Größen gemessenen grenzüberschreitenden Unternehmensaktivitäten bestimmt. Dazu zählen z. B. die Produktionsleistung im Ausland und der Anteil des im Ausland erzielten Umsatzes am Gesamtumsatz.[9] Bei den Formen der grenzüberschreitenden Unternehmenstätigkeit sind dagegen beispielsweise Export und Direktinvestitionen eines Konzerns zu nennen.
Auf der Grundlage dieser Definitionsmerkmale entscheiden sich Macharzina und Engelhard für eine weite Begriffsauslegung, nach der solche Unternehmen als international tätig angesehen werden können, „...die auf Dauer angelegte grenzüberschreitende Aktivitäten, gleich in welcher Form und in welchem Umfang, tätigen.“[10] Diese Definition umfasst hierbei die gesamte Bandbreite an internationalen Unternehmensaktivitäten wie z. B. Export, Vergabe von Lizenzen, Unterhaltung von ausländischen Vertriebsniederlassungen und Produktionsstätten.
Doch auch mit Hilfe dieser vier Typen von Definitionsmerkmalen ist es nicht möglich, klar und eindeutig zwischen nationalen Unternehmen auf der einen und international tätigen Konzernen auf der anderen Seite zu unterscheiden; die Grenzen zwischen diesen beiden Formen sind fließend und willkürlich.[11] So vertreten im Gegensatz zu Macharzina und Engelhard andere Autoren die Ansicht, der Export allein stelle noch kein ausreichendes Kriterium dar, um von einem international tätigen Unternehmen sprechen zu können. Stattdessen müsse eine eigenständige Produktion im Ausland erfolgen.[12]
Dass der Versuch, mit Hilfe von bestimmten Merkmalsgruppen eine allgemein gültige Abgrenzung zwischen national und international tätigen Unternehmungen zu erhalten, sich als sehr problematisch erweist und von einigen Autoren nicht zu unrecht als willkürlich bezeichnet wird, lässt sich exemplarisch an der Anzahl der Länder verdeutlichen, in denen ein Konzern nach Meinung verschiedener Autoren aktiv sein muss, um als international tätig zu gelten. Die Europäische Gemeinschaft hält es hierbei für ausreichend, wenn die Unternehmung auf einem ausländischen Markt Produktions- bzw. Dienstleistungen erbringt.[13] Meyer spricht in diesem Zusammenhang von mehreren, mindestens aber drei Staaten.[14] Sieber nennt keine konkrete Zahl, sondern spricht lediglich von „...mehreren oder gar vielen Ländern“[15] Von Plump wird wiederum gefordert, dass ein international tätiges Unternehmen in mindestens sechs Nationen Produktionsstätten unterhalten muss.[16] Und in einer Untersuchung der Harvard Universität (Cambridge, USA) wurde ein Konzern erst dann als international aktiv bezeichnet, wenn dieser in sieben Ländern oder mehr in die Erbringung von Produktions- und Dienstleistungen investiert.[17] Insofern erscheint es wenig sinnvoll, einen Schwellenwert für die Internationalität von Unternehmen festzulegen.
2.2 Das Verhältnis von Organisationsstruktur und Unternehmensstrategie
International tätige Unternehmen durchlaufen in der Regel verschiedene Stufen der Internationalisierung. Im Verlauf dieses Evolutionsprozesses verändern sich sowohl die Organisationsstruktur als auch die Unternehmensstrategie der Konzerne. So kann der Beschluss, von einer Internationalisierungsstufe in die nächste zu wechseln, als eine strategische Entscheidung bezeichnet werden, auch wenn sie nicht immer rational und methodisch unterstützt getroffen wird.[18] Nach einer kurzen inhaltlichen Betrachtung der Begriffe Struktur und Strategie wird deshalb in diesem Abschnitt auf das Verhältnis von Organisationsstruktur und Unternehmensstrategie eingegangen werden.
In der betriebswirtschaftlichen Organisationsliteratur findet eine nahezu einheitliche Unterscheidung zwischen Aufbauorganisation und Ablauforganisation statt. Bei der Aufbauorganisation stehen die Verbindung der organisatorischen Grundelemente (Stelle, Instanz, Abteilung) zu einer organisatorischen Struktur sowie die Beziehungen zwischen diesen Elementen im Vordergrund (institutionelles Verständnis). Die Ablauforganisation beschäftigt sich dagegen mit der Ordnung von Handlungsvorgängen bzw. Arbeitsprozessen innerhalb der Institution (instrumentelles Verständnis). In der betriebswirtschaftlichen Praxis sind Aufbau- und Ablauforganisation untrennbar miteinander verbunden und bilden zusammen die formelle Organisationsstruktur. Darüber hinaus entstehen in der Realität neben dieser bewusst vorgegebenen formellen Organisationsstruktur auch unbewusst gebildete informelle Organisationen (z. B. informelle Gruppenbildungen), die einen starken Einfluss auf das Betriebsklima haben.[19]
Seit den 1960er Jahren ist die Bezeichnung der (Unternehmens-) Strategie in der Betriebswirtschaftslehre im Allgemeinen und der Unternehmensführungslehre im Besonderen weit verbreitet. Unter einer Unternehmensstrategie ist eine Anzahl von Einzelentscheidungen im Hinblick auf zu treffende Maßnahmen zu verstehen, die sich in ihrer zeitlichen Dimension mit dem unternehmerischen Handeln überlagern.[20] Die Aufgabe einer Unternehmensstrategie besteht darin, die individuellen Stärken und Schwächen einer Unternehmung mit den durch die Umwelt des Unternehmens gegebenen Chancen und Gefahren abzustimmen und daraus konkrete Handlungsanweisungen abzuleiten.[21] Bei einer Strategie kann es sich generell um eine rational analysierte und geplante Intention für eine Handlung oder aber um eine intuitiv herbeigeführte Entscheidung handeln.[22]
Die Diskussion über das Verhältnis von Struktur und Strategie wird im Wesentlichen von vier grundsätzlichen Thesen bestimmt:
(1) Die Strategie prägt die Struktur.
Der wohl bekannteste Verfechter dieser These ist Alfred D. Chandler, der davon ausgeht, dass ein Unternehmen seine Organisationsstruktur in der Regel nach der gewählten Unternehmensstrategie ausrichtet. Nach diesem Verständnis handelt es sich bei der Struktur lediglich um ein Mittel zur Implementierung einer bestimmten Strategie. Chandler begründet dies mit dem Argument, jede Strategie bringe spezifische administrative Erfordernisse mit sich, denen das jeweilige Unternehmen durch die Wahl einer bestimmten Struktur genügen müsse. Die Unternehmen würden, so Chandler, zu dieser Form der Anpassung veranlasst, da es nur so möglich sei, das Potential einer spezifischen Unternehmensstrategie voll auszuschöpfen. Die “Structure-follows-Strategy-These“ kann somit als eine Folge des Effizienzstrebens der Unternehmen angesehen werden.[23]
(2) Die Struktur prägt die Strategie.
Insbesondere die Nichtbestätigung der “Strategie-prägt-Struktur-These“ in einigen Forschungsprojekten sowie empirische Befunde zum Entscheidungsverhalten in Unternehmen führten in den siebziger Jahren zu der Annahme, die Struktur präge die Strategie. Dabei lassen sich zwei verschiedene Varianten der “Strategy-follows-Structure-These“ unterscheiden. Die Vertreter der ersten Variante gehen davon aus, dass die Strategie schon in der Phase der Strategieformulierung durch die Struktur beeinflusst wird. Davon abweichend wird von den Verfechtern der zweiten Variante die Vermutung aufgestellt, die Struktur übe ihren Einfluss auf die Strategie vor allem in der Phase der Strategieimplementierung aus.[24]
(3) Struktur und Strategie stehen in einem wechselseitigen Verhältnis zueinander.
Da es für jede der bisher vorgestellten Thesen nachvollziehbare Erklärungen gibt, aber keine der beiden in empirischen Untersuchungen uneingeschränkt bestätigt worden ist, scheint es nicht verwunderlich, dass Wissenschaftler die Vermutung einer wechselseitigen Abhängigkeit zwischen Strategie und Struktur aufgestellt haben.[25] Dabei kann zwischen drei verschiedenen Argumentationslinien innerhalb dieser Interdependenzthese unterschieden werden. Einerseits gibt es Theorien, die ein sachliches Abhängigkeitsverhältnis umschreiben. Andererseits existieren Denkgebäude, die ein zeitliches Interdependenzverhältnis charakterisieren. An dritter Stelle wäre dann noch jene Gruppe zu nennen, die lediglich fordert, dass ein “Fit“ zwischen Struktur und Strategie existiert, ohne genauere Angaben über die Art der Interdependenzstruktur zu machen.[26]
(4) Struktur und Strategie sind voneinander unabhängig.
Im Rahmen der vierten grundsätzlichen These wird Unabhängigkeit zwischen Struktur und Strategie unterstellt. Auch im Bereich der Unabhängigkeitsthese können zwei Gruppen unterschieden werden. Die Verfechter der ersten Gruppe argumentieren, dass der Einfluss interner und externer Faktoren (z. B. Branchenverhältnisse, operative Tätigkeiten) sehr viel stärker ist als die Beeinflussung der Strategie durch die Struktur bzw. der Struktur durch die Strategie.[27] Bei den Vertretern der zweiten Gruppe herrscht dagegen die Meinung vor, ein Unternehmen würde von einem anderen, mit Vorbildcharakter ausgestatteten Unternehmen bewusst oder unbewusst neue Strukturen und Strategien übernehmen. In diesem Zusammenhang kann auch von der “Strategie-prägt-Strategie-These“ bzw. der “Struktur-prägt-Struktur-These“ gesprochen werden.[28]
3. Stufen der Internationalisierung
3.1 Exportorientierte Unternehmen
Die Internationalisierung eines Unternehmens beginnt traditionell mit der Einführung einer Exportstrategie.[29] Selten werden bereits durch die bloße Realisierung der Exportstrategie in einem Unternehmen größere organisatorische Änderungen hervorgerufen. Bei einem geringen Exportvolumen werden die sich aus dem Export ergebenden Aktivitäten vorwiegend von einem Mittlerunternehmen (Exporteur) durchgeführt. Übersteigt das Exportvolumen einen kritischen Wert, wird für die Unternehmung häufig die Einrichtung einer gesonderten Exportabteilung innerhalb der Unternehmenszentrale notwendig, deren Mitarbeiter die Exportaktivitäten überwachen. Unterstützt wird dies häufig durch den Einsatz eines Exportmanagers, der die Märkte im Ausland bereist. Seine Aufgaben erstrecken sich zumeist auf die Beaufsichtigung des Verkaufes auf ausländischen Märkten und die Ermittlung neuer potentieller Märkte. Die Verwaltungsaufgaben, insbesondere die Personalauswahl und die Bezahlung, werden von der inländischen Personalabteilung ausgeführt.[30]
Die Einführung einer Exportstrategie bzw. die Steigerung der Exporte ist in den Fällen eine sinnvolle Strategie, in denen am inländischen Markt eine Marktsättigung besteht oder das Unternehmen plant, erste Erfahrungen am ausländischen Markt zu sammeln, ohne bereits das volle Risiko von Auslandsverpflichtungen tragen zu müssen. Eine wichtige Voraussetzung, damit ein Unternehmen eine Exportstrategie durchführen kann, ist das Vorhandensein eines uneingeschränkten weltweiten Handels. Setzt ein Unternehmen ausschließlich den Export als Internationalisierungsstufe ein, so sind dessen Wachstumsmöglichkeiten begrenzt. Dies liegt zum einen daran, dass durch den alleinigen Export die möglichen Vorteile einer Ressourcenallokation nicht erzielt werden können. Zum anderen kann das Unternehmen auf Grund der inländisch orientierten Organisationsstruktur nicht das erforderliche Gespür für die Eigenheiten des ausländischen Marktes (z. B. Geschäfts- und Bezahlungsgewohnheiten) ausbilden.[31]
3.2 Internationale Unternehmen
Auf der zweiten Internationalisierungsstufe vollzieht sich die Entwicklung des Unternehmens hin zu einem internationalen Unternehmen. Diese Entwicklung entsteht auf Grund von direkten Investitionen des Unternehmens in den Aufbau eigener Firmenvertretungen, die Schaffung eigener Niederlassungen und möglicherweise die Gründung eigener Produktionsstätten im Ausland.[32] Die Gründung von Firmenvertretungen und Niederlassungen im Ausland eröffnet dem Unternehmen die Möglichkeit, firmenspezifische Kenntnisse und Erfahrungen auch innerhalb der ausländischen Märkte einzusetzen.[33] Zudem ist es möglich, mittels der im Ausland erbauten Produktionsstätten die Einfuhrkontrollen des jeweiligen Landes zu vermeiden.[34]
Die Strategie, die ein internationales Unternehmen im Ausland anfangs verfolgt, ist von der Strategie des Stammhauses im Heimatland geprägt. Diese durch das Heimatland dominierte internationale Strategie ist besonders dann vorteilhaft, wenn die Märkte im Ausland noch nicht so weit wie die im Heimatland entwickelt sind. Ebenso erweist sich die Anwendung der durch das Heimatland dominierten internationalen Strategie als erfolgreich, wenn die Wettbewerber ihre Strategie und Organisation noch nicht an die Gegebenheiten der ausländischen Märkte angepasst haben. Es zeigt sich zudem, dass es für die Unternehmen von Vorteil ist, bereits durch die in der ersten Internationalisierungsstufe erwähnten Exporte (s. a. Abschnitt 3.1: Exportorientierte Unternehmen) Erfahrungen mit den Märkten im Ausland gemacht zu haben.[35] Die internationalen Unternehmen versuchen, ihre Produkt- und Dienstleistungskonzepte, mit denen sie bereits am heimischen Markt erfolgreich sind, auch in vergleichbaren ausgesuchten ausländischen Märkten gewinnbringend umzusetzen. In diesem Zusammenhang wird auch von einer Selektionsstrategie bzw. ethnozentrischen Strategie gesprochen.[36]
Die Organisationsstruktur eines internationalen Unternehmens ist formal durch eine zentrale Entscheidungsfindung der Muttergesellschaft gekennzeichnet. In der Realität sieht dies jedoch meist anders aus. Auf Grund ihrer Entstehungsgeschichte und ihrer nationalen Verantwortlichkeiten weisen die ausländischen Tochtergesellschaften in der Regel ein hohes Maß an Eigenständigkeit auf. Allerdings wird meist ein Vorstandsmitglied der Muttergesellschaft durch das Management der Tochtergesellschaft mit Informationen versorgt.[37] Auf diese Weise werden die dezentral von der Tochtergesellschaft getroffenen Entscheidungen weiterhin durch die Muttergesellschaft überwacht. Verdeutlicht wird dies durch Abbildung 1.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Das internationale Organisationsmodell
Quelle: Bartlett, C.A./Ghoshal, S. (1990), S. 76
[...]
[1] Vgl. Ridder, H.-G./Conrad, P./Schirmer, F./Bruns, H.-J. (2001), S. 11
[2] Vgl. Biel, J. (1979), S. 3
[3] Vgl. Joggi, W./Rutishauser-Frey, B. (1985), S. 10f.
[4] Vgl. Weber, W./Festing, M./Dowling, P. J./Schuler, R. S. (2001), S. 71f.
[5] Vgl. Macharzina, K./Engelhard, J. (1987), S. 321
[6] Vgl. Riedl, C. (1999), S. 12
[7] Vgl. Biel, J. (1979), S. 5
[8] Vgl. Brinkhaus, F. (1995), S. 14
[9] Vgl. Kreikebaum, H./Gilbert, D. U./Reinhardt, G. O. (2002), S. 7
[10] Macharzina, K./Engelhard, J. (1987), S. 322
[11] Vgl. Kaufmann, F. (1996), S. 6
[12] Vgl. Tolksdorf, M. (1982), S. 8
[13] Vgl. Tolksdorf, M. (1982), S. 9
[14] Vgl. Meyer, C. W. (1980), S. 197
[15] Sieber, E. (1966), S. 54
[16] Vgl. Plump, D. (1976), S. 21ff.
[17] Vgl. Tolksdorf, M. (1982), S. 8f.
[18] Vgl. Weber, W./Festing, M./Dowling, P. J./Schuler, R. S. (2001), S. 71
[19] Vgl. Wöhe, G./Döring, U. (2002), S. 145f.
[20] Vgl. Macharzina, K. (1999), S. 197ff.
[21] Vgl. Dörrenbächer, C./Plehwe, D. (2000), S. 17
[22] Vgl. Löffler, J. (2000), S. 25
[23] Vgl. Chandler, A. D. (1991), S. 1ff.
[24] Vgl. Wolf, J. (2000), S. 29ff.
[25] Vgl. Frederickson, J. W. (1986), S. 281
[26] Vgl. Wolf, J. (2000), S. 33
[27] Vgl. Park, M.-H./Mason, J. B. (1990), S. 164f.
[28] Vgl. Wolf, J. (2000), S. 35f.
[29] Vgl. Sydow, J. (1993), S. 54
[30] Vgl. Weber, W./Festing, M./Dowling, P. J./Schuler, R. S. (2001), S. 73
[31] Vgl. Sydow, J. (1993), S. 54
[32] Vgl. Sydow, J. (1993), S. 55
[33] Vgl. Bartlett, C.A./Ghoshal, S. (1990), S. 74
[34] Vgl. Weber, W./Festing, M./Dowling, P. J./Schuler, R. S. (2001), S. 74
[35] Vgl. Sydow, J. (1993), S. 55f.
[36] Vgl. Macharzina, K. (1999), S. 693
[37] Vgl. Sydow, J. (1993), S. 56
- Arbeit zitieren
- Holger Ladenthin (Autor:in), Anne In der Stroth (Autor:in), 2004, Strukturen international tätiger Unternehmen: Internationalisierungsstufen und ihre Folgen für die Personalpolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49953
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