Armut in Deutschland ist ein Phänomen, welches zusehends in das Blickfeld der öffentlichen Debatte gerät. Galt die 'alte' Armut zu Zeiten des Wirtschaftswunders bereits als nahezu besiegt bzw. zumindest auf ein geringeres Ausmaß zurückgedrängt, so sind in jüngster Zeit Entwicklungen deutlich geworden, die auf eine verstärkte Ausdehnung einer 'neuen' Armut hindeuten. Diese 'neue' Armut wurde ab ca. 1984 zum Gegenstand der sozialwissenschaftlichen Debatte. Unterschiede bestehen hier vor einerseits dadurch, dass die 'alte' Armut sozialpolitisch bekämpft und von den durch sie Betroffenen meist verschämt hingenommen wurde, während die 'neue' Armut eher durch sozialpolitische Veränderungen bewirkt und sich die ihr Unterliegenden oft genug selbstbewusst, auch öffentlich, mit ihr identifizieren.
In dieser Untersuchung möchte ich zunächst die derzeitige Ausprägung der Armut und sozialen Ungleichheit in der Bundesrepublik Deutschland, vor allem bezogen auf bestimmte Risikogruppen, darstellen und abschließend mögliche Wege zu deren Überwindung aufzeigen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung - Armut und Ungleichheit in Deutschland
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Begriffsdefinitionen
2.1.1 Armut
2.1.2 Soziale Ungleichheit
2.2 Theoretische Erklärungsansätze
2.2.1 Lebenslagenansatz
2.2.2 Ressourcenansatz
3 Einkommenslage ausgewählter Gruppen
3.1 Arbeitslose
3.2 Arme Erwerbstätige
3.3 Kinder und Frauen
3.4 Behinderte
3.5 Migranten
4 Armutsbekämpfung durch Umbau des Sozialstaats
5 Anhang
5.1 Abkürzungsverzeichnis
5.2 Literaturverzeichnis
1 Einleitung - Armut und Ungleichheit in Deutschland
Armut in Deutschland ist ein Phänomen, welches zusehends in das Blickfeld der öffentlichen Debatte gerät. Galt die 'alte' Armut zu Zeiten des Wirtschaftswunders bereits als nahezu besiegt bzw. zumindest auf ein geringeres Ausmaß zurückgedrängt, so sind in jüngster Zeit Entwicklungen deutlich geworden, die auf eine verstärkte Ausdehnung einer 'neuen' Armut hindeuten. Diese 'neue' Armut wurde ab ca. 1984 zum Gegenstand der sozialwissenschaftlichen Debatte. Unterschiede bestehen hier vor einerseits dadurch, dass die 'alte' Armut sozialpolitisch bekämpft und von den durch sie Betroffenen meist verschämt hingenommen wurde, während die 'neue' Armut eher durch sozialpolitische Veränderungen bewirkt und sich die ihr Unterliegenden oft genug selbstbewusst, auch öffentlich, mit ihr identifizieren.[1]
In dieser Untersuchung möchte ich zunächst die derzeitige Ausprägung der Armut und sozialen Ungleichheit in der Bundesrepublik Deutschland, vor allem bezogen auf bestimmte Risikogruppen, darstellen und abschließend mögliche Wege zu deren Überwindung aufzeigen.
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Begriffsdefinitionen
2.1.1 Armut
Als absolute Armut wird die Unfähigkeit zur längerfristigen Sicherung der körperlichen Selbsterhaltung verstanden. Absolute Armut beschreibt also die Situation von Menschen, denen nicht einmal die Mittel zur bloßen Sicherung ihres physischen Existenzminimums zur Verfügung stehen. Dies umfasst vor allem die Mittel "zur Ernährung, für Kleidung, Unterkunft und der Gesundheitsfürsorge".[2]
In unserer Zeit wird davon ausgegangen, dass diese Form der Armut in den Industrieländern nicht mehr vorzufinden ist, da die soziale Absicherung integraler Bestandteil unseres politischen Systems ist. Heute beginnt deshalb die Definition von Armut oberhalb der Armutslinie und versteht darunter vor allem die relative Armut, die sich aus der Einkommensungleichheit ergibt.
Es gibt vor allem bei der relativen Armut erhebliche Unterschiede in der Beurteilung von Lebenssituationen, die als Armut anzusehen sind.
"Armut kann nicht ein für allemal definiert werden. Sie bleibt an die materiellen, sozialen und kulturellen Standards eines Landes gebunden".[3]
Diese Standards aber sind von Ungleichheit geprägt. Was genau unter Ungleichheit zu verstehen ist, wird im nächsten Abschnitt untersucht.
2.1.2 Soziale Ungleichheit
Soziale Ungleichheit ist nach Reinhard Kreckel in einem ersten Schritt der Annäherung abzugrenzen "von bloßer physisch bedingter Verschiedenartigkeit der Menschen (z.B. in Bezug auf Geschlecht, Augenfarbe, Lebensalter, Rassenzugehörigkeit, Körpergröße, >> Begabung<<)".[4]
Soziale Ungleichheit umreißt nach Kreckel also nicht die biologischen Unterschiede, sondern vielmehr die "gesellschaftlich verankerten Formen der Begünstigung und Bevorrechtigung einiger, der Benachteiligung und Diskriminierung anderer".[5]
Ungleichheit ist im Weiteren gekennzeichnet durch die Faktoren der Bevorzugung bzw. Benachteiligung, wodurch sie sich von der sozialen Differenzierung abhebt, die sich aus der Unterschiedlichkeit der Altersgruppen und Geschlechter, der Berufe, Nationen, Religionen und Weltanschauungen ergibt. Aus Unterschiedlichkeit der Individuen, die es immer geben wird, entsteht also Ungleichheit nur durch die unterschiedliche Behandlung dieser im sozialen Kontext. Kreckel definiert auf dieser Grundlage soziale Ungleichheit folgendermaßen:
"Sie liegt immer dann vor, wenn bestimmte soziale Differenzierungen es mit sich bringen, daß einzelne Individuen oder Gruppen in dauerhafter Weise begünstigt, andere benachteiligt sind."[6]
Kreckel gelangt so zu einem Verständnis sozialer Ungleichheit in einem umfassenderen Sinne als die traditionelle soziologische Klassen- und Schichtenforschung. Während diese, aufbauend auf einem hierarchisch strukturierten Gesellschaftsmodell, allein die vertikale Dimension der sozialen Ungleichheit betrachtet, kann mit dem Verständnis Kreckels auch die horizontale Ungleichheit innerhalb der einzelnen Bevölkerungsgruppen erfasst werden, denn diese haben in den letzten Jahrzehnten "zunehmend strukturprägendes Gewicht gewonnen"[7]
Kreckel geht von einer strukturierten sozialen Ungleichheit aus, die die Lebensverhältnisse ganzer Generationen präge. Diese strukturierte Ungleichheit teilt sich wiederum in die sozial strukturierte Verteilungsungleichheit, d.h. den ungleichen Zugriff auf Ressourcen einerseits und die sozial strukturierte Beziehungsungleichheit, d.h. den ungleichen Zugang zu Handlungs- und Interaktionsmöglichkeiten.[8]
2.2 Theoretische Erklärungsansätze
Während die absolute Armut relativ einfach vermittels des Existenzminimus bestimmbar ist, gibt es bezüglich der Feststellung der relativen Armut zwei verschiedene Herangehensweisen, die im Folgenden dargestellt werden.
[...]
[1] Vgl. Eckardt (1997), S. 21.
[2] Vgl. Huster (1996), S. 22.
[3] Vgl. Adamy / Steffen (1998), S. 8.
[4] Vgl. Kreckel (1997), S. 15.
[5] Vgl. Kreckel (1997), S. 15.
[6] Vgl. Kreckel (1997), S. 16f.
[7] Vgl. Kreckel (1997), S. 18.
[8] Vgl. Kreckel (1997), S. 20.
- Arbeit zitieren
- Mohamed Zarifi (Autor:in), 2006, Armut und Ungleichheit in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49899
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