Menschen wissen oftmals nicht, was gut für sie ist. Dies führt dazu, dass sie schlechte Entscheidungen treffen. Mit Hilfe der Verhaltensökonomie lässt sich erforschen, wie Menschen sich tatsächlich verhalten und welche Folgen daraus entstehen. Eine neue verhaltensökonomische Methode ist das sogenannte Nudging.
Nudging macht sich die menschlichen kognitiven Prozesse zunutze und verleitet Menschen zu einem intentionalen Verhalten. Doch wie genau funktioniert das Konzept? Welche Einsatzbereiche von Nudging gibt es? Und wie sinnvoll ist der Einsatz von Nudging in Unternehmen?
Jakob Reuter klärt die wichtigsten Fragen zum Thema Nudging. Anhand einer qualitativen Umfrage unter Mitarbeitern hinterfragt er den Einsatz von Nudging im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsmanagements. Außerdem erläutert die Chancen und Risiken, die sich bei der Einführung von Nudges in Unternehmen ergeben.
Aus dem Inhalt:
- Verhaltensökonomie
- Gesundheitsmanagement
- Entscheidungsarchitektur
- Soziale Kognition
- Persuasion
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Soziale Kognition
2.1 Duale Verarbeitungstheorie
2.2 Heuristiken
3 Nudging
3.1 Verhaltensökonomie
3.2 Definition
3.3 Kritik
3.4 DINU- Prozessmodell
3.5 Wissenschaftliche Fundierung
3.6 Einsatzbereiche
4 Qualitative Umfrage
4.1 Untersuchungsleitende Fragestellung und Begründung der Methode
4.2 Kurzporträt der Firma
4.3 Untersuchungsablauf
4.4 Datenerhebung
4.5 Datenauswertung
5 Diskussion
5.1 Beantwortung der Fragestellung
5.2 Reflexion des methodischen Vorgehens
5.3 Ausblick
Literaturverzeichnis
Internetquellen
Anhang 1: Interviewtranskription P1
Anhang 2: Interviewtranskription P2
Anhang 3: Interviewtranskription P3
Anhang 4: Interviewtranskription P4
Anhang 5: Interviewtranskription P5
Anhang 6: Interviewtranskription P6
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Interventionsartenklassifizierung
Abbildung 2: DINU- Prozessmodell
Abbildung 3: Darstellung des Samplings
Abbildung 4: Aussagen der Mitarbeiter im Rahmen der Befragung
1 Einleitung
Der Apple Gründer Steve Jobs sagte einmal: „Es ist nicht die Aufgabe des Konsumenten, zu wissen, was er will.“1 Damit spielt er auf die These an, dass Menschen nicht wissen, was gut für sie ist und schlechte Entscheidungen treffen. Stimmt man dieser Aussage zu, ist es naheliegend, dass man versuchen sollte, das Verhalten von Menschen in Richtung gesünderen, umweltfreundlicheren, vorsorglicheren und einfach besseren Entscheidungen zu steuern. Dabei ist besonders der Gesundheitsbereich interessant für eine Verhaltensbeeinflussung.
Doch warum bietet sich das Thema Gesundheit als Arbeitsfeld an? Wie sieht der gesundheitliche Zustand der Bürger in Deutschland aus?
Ein deutscher Arbeitnehmer hat durchschnittlich 15 gesundheitlich bedingte Fehltage im Jahr.2 Diese setzen sich aus unterschiedlichen Ursachen zusammen. Allein 2,5 dieser Fehltage fallen aufgrund psychischer Beschwerden an.3 Seit 2011 wurde eine deutliche Zunahme der stressbedingten Krankschreibungen verzeichnet. Die Entwicklung von Krankheit durch Stress hat besonders in den letzten Jahren zugenommen. 60 Prozent der Bevölkerung sagen, dass das Leben in den vergangenen drei Jahren stressiger geworden ist.4 Laut des Stressreports 2012 liegt dies an den gestiegenen psychischen Anforderungen am Arbeitsplatz. Spitzenreiter bei den fordernden Anforderungen sind Multitasking, Termin- und Leistungsdruck, wiederkehrende Arbeitsvorgänge sowie Störungen und Unterbrechungen bei der Arbeit.5 Ein besonderes Problem wird in der Restrukturierung von Organisationen gesehen. Daraus resultieren Müdigkeit, Erschöpfung, Kopfschmerzen, Nervosität oder Reizbarkeit, Schlafstörungen und Niedergeschlagenheit bei den Mitarbeitern.6
Das statistische Bundesamt berichtete 2014, dass jeder zweite Erwachsene in Deutschland Übergewicht hat.7 Und 15 Prozent der Bevölkerung sind gesundheitlich beeinträchtigt, wobei ein Zusammenhang zwischen dem Übergewicht und der gesundheitlichen Beeinträchtigung besteht.8 Übergewicht kann das Ergebnis von mangelnder Bewegung und ungesunder Ernährung sein. Laut Ernährungsreport nimmt die Kochlust der Deutschen ab. 2016 kochen 39 Prozent der Deutschen täglich, das sind 2 Prozent weniger als noch im Vorjahr.9 Zudem wird eine einfache und schnelle Zubereitung von mehr als der Hälfte bevorzugt.10 Der Großteil der Bevölkerung nimmt in seiner Mittagspause Essen von zuhause zu sich. 21 Prozent nehmen das Essensangebot der Kantine in Anspruch.11 Damit liegt die Verantwortung zur gesunden Ernährung nicht nur beim einzelnen Arbeitnehmer, sondern auch beim Arbeitgeber.
Sitzen wird das neue Rauchen, sagt eine britische Studie. Menschen, die täglich mehr als sechs Stunden sitzen haben eine um 20 Prozent niedrigere Lebenserwartung als die, die weniger als drei Stunden am Tag sitzen.12 Davon sind 40 Prozent aller Menschen in Deutschland betroffen, da diese ihren acht Stunden Arbeitstag im Büro verbringen.13 41 Prozent der im Sitzen Arbeitenden meinen, dass ihr Arbeitsalltag kaum Bewegungspausen zulässt und 31 Prozent würden sich gerne bewegen.14 37 Prozent der Berufstätigen finden, dass Bewegung Privatsache ist und der Arbeitgeber nicht in der Pflicht ist, während 57 Prozent sehen, dass die Arbeitgeber sich fitte Mitarbeiter wünschen und dann auch etwas dafür tun sollten, indem sie beispielsweise ausreichend Bewegungsmöglichkeiten schaffen.15 Von Arbeitnehmern gewünschte Bewegungsangebote sind unter anderem ergonomische Arbeitsplätze (Stehtische), Gesundheitskurse direkt im Unternehmen, größere Fitnessangebote, Besprechungen im Stehen oder Stehtische in der Cafeteria.16
Die Bewegungsstudie 2016 ergab, dass es jedem siebten Deutschen gesundheitlich schlecht oder sehr schlecht geht.17 Bei der Frage, unter welchen Beschwerden sie häufiger oder sogar ständig leiden, nannten 54 Prozent der Befragten Muskelverspannungen oder Rückenschmerzen.18 Der Rücken ist ein anfälliger Körperbereich, denn jeder dritte Erwachsene gibt an ständig oder oft Rückenprobleme zu haben, ein weiteres Drittel ab und zu, sodass zwei von drei Erwachsenen Erfahrung mit Rückenschmerzen hat.19 Rückenbeschwerden treten besonders dann auf, wenn eine berufliche Tätigkeit mit intensiver Bewegung vorliegt oder fast nur im Stehen stattfindet. Zudem sind Personen, die auch ihre Freizeit am Bildschirm verbringen häufiger von Rückenbeschwerden betroffen, als Sportlertypen.20
Im Laufe dieser Arbeit wird eine verhaltensökonomische Methode vorgestellt, die die Beeinflussung von Individuen mit dem Ziel der Auswahl von nachhaltigen Entscheidungen ermöglicht. Dabei wird zunächst auf den psychologischen Hintergrund eingegangen, dann das Konzept Nudging erläutert, kritisch betrachtet und die Wirkung in realen Umgebungen nachgewiesen. Schließlich wird die Anwendung im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements thematisiert und in einer qualitativen Umfrage werden Mitarbeiter zu Ihrer Einstellung gegenüber diesem Konzept befragt. Abschließend wird abgewogen, ob der vermehrte Einsatz am Arbeitsplatz empfehlenswert ist und welche Herausforderungen dabei beachtet werden sollten.
2 Soziale Kognition
In der Verhaltensforschung wird untersucht, wie Menschen Informationen verarbeiten und ihr Verhalten dadurch in bestimmten Situationen beeinflusst wird. Dabei ist die soziale Kognition ein Thema in der Sozialpsychologie, das sich damit befasst, wie Menschen über sich selbst und andere denken und wie diese Prozesse deren Urteile und Verhalten beeinflussen.21 Die Art und Weise, wie Menschen denken, kann mit dem Begriff der dualen Verarbeitungstheorie erklärt werden.
2.1 Duale Verarbeitungstheorie
Nach der dualen Verarbeitungstheorie von Kahneman, die als Zwei-Prozess Modell bezeichnet wird, werden automatische (intuitive) und kontrollierte (reasoning) Prozesse unterschieden. Ein automatischer Prozess tritt ohne Absicht, Aufwand und Bewusstsein auf. Dadurch stört er andere, gleichzeitig ablaufende kognitive Prozesse nicht. Automatische Prozesse finden demnach spontan, schnell, impulsiv und mit geringem kognitivem Aufwand statt. Dem gegenüber ist ein kontrollierter Prozess ein absichtsgeleiteter Prozess. Dieser unterliegt der willentlichen Kontrolle des Individuums, ist aufwändig und läuft bewusst ab. Dieser Prozess hat die Eigenschaft genau, abgewogen und langsam zu sein.22 Kahneman bezeichnet den automatisch ablaufenden Denkmodus System 1, während der kontrollierte Prozess System 2 genannt wird.23 Kahneman untersuchte weiterhin, dass Menschen die meiste Zeit in System 1 agieren, weil das Gesetz des geringsten Aufwandes gilt.24 Aufgrund der hohen Anstrengung und Konzentration, die für System 2 aufgewandt werden muss, ist eine permanente Anwendung nicht möglich. Zudem fällt die Leistung von System 2 schlechter aus, wenn aufgrund von Müdigkeit und anderweitiger Ablenkung kein Fokus gesetzt werden kann. Eine weitere nachteilige Folge der Nutzung von System 2 ist die resultierende Ermüdung.25 Die Aufgabe von System 1 ist demnach herauszufinden, ob in einer Entscheidungssituation alles in Ordnung ist, oder System 2 aktiviert werden sollte.26
Mit der sogenannten kognitiven Leichtigkeit beschreibt Kahneman ein Konzept, nach welchem entschieden wird, ob die Aufmerksamkeit neu ausgerichtet werden muss, also System 2 aktiviert werden sollte, oder ob den Antworten, die von System 1 generiert werden, geglaubt werden kann.27 Durch Faktoren, wie zum Beispiel wiederholter Erfahrung, einer klaren Darstellung, einer geprimten Vorstellung oder guter Laune wird das Gefühl der kognitiven Leichtigkeit hervorgerufen. Dies hat zur Folge, dass sich eine Aussage oder Handlung vertraut oder gut anfühlt, wahr erscheint, oder mühelos erscheint. Somit wird System 1 vertraut.28
Die Verarbeitung eines Stimulus, also eines Reizes, der eine Reaktion auslöst, wird durch die vorherige Aktivierung eines anderen, damit zusammenhängenden Stimulus beeinflusst und erleichtert.29 Wenn ein Konstrukt im Gedächtnis aktiviert ist und vorübergehend zugänglich gemacht wird, nennt dies sich Priming. Der Reiz, der zur Aktivierung dieses Konstrukts führt, wird als Prime bezeichnet.30 Konkret ausgedrückt unterstützt das Priming beziehungsweise die Aktivierung eines Reizes die Art und Weise, wie anschließend ein anderer damit zusammenhängender Reiz verarbeitet wird. Dies geschieht über einen Prozess, der als sich ausbreitende Aktivierung bekannt ist.31
Die duale Verarbeitungstheorie bietet eine Erklärung, wie unterschiedlich anspruchsvolle Situationen auf die beiden Denksysteme verteilt werden und deckt auf, wo Fehlerquellen in diesen Prozessen liegen. Durch kognitive Leichtigkeit und Priming werden Denkprozesse im automatischen und schnellen System 1 verarbeitet, sodass Fehler im Denksystem zustande kommen können.
2.2 Heuristiken
Nach Bodenhausen sind Stereotypen eine Art kognitive Abkürzung und somit eine Heuristik.32 Als Heuristik werden mentale Vereinfachungen oder Faustregeln genannt, die eine schnelle, sparsame und meist hinreichend genaue Urteilsbildung ermöglichen.33 Heuristiken kommen zum Einsatz, wenn die kognitiven Ressourcen begrenzt sind, nicht alle Informationen zugänglich sind, schnell entschieden und gehandelt werden muss, oder das Urteil nicht wichtig ist. Dabei führen Heuristiken meistens zu korrektem Urteilen, verleiten allerdings manchmal zu Fehlschlüssen und führen zu kognitiven Verzerrungen (biases).34
2.2.1 Repräsentativitätsheuristik
Bei der Repräsentativitätsheuristik werden Fälle nach dem Prinzip zugeordnet, wie gut ihre Merkmale mit denen einer Kategorie übereinstimmen.35 Die Repräsentativität besagt, wie typisch ein Element für eine Kategorie, eine Handlung für eine Person, eine Stichprobe für eine Grundgesamtheit oder eine Wirkung für eine Ursache ist.36
Unter bestimmten Bedingungen kann die Anwendung der Repräsentativitätsheuristik zu Fehlern führen. Bei der Basisraten-Missachtung werden Entscheidungen getroffen, ohne dass die Grundwahrscheinlichkeit von Ereignissen berücksichtigt wird. Beispielsweise wird die Frage, ob es morgen Regnen wird, häufiger anhand der Erfahrungen der letzten Tage beantwortet, anstatt anhand des Monatsdurchschnittes der letzten Jahre.37 Eine falsche Vorstellung von Zufallsmerkmalen führt zu Fehlern, da die Erwartung besteht, dass sich Merkmale eines unendlichen Zufallsprozesses in kurzen, endlichen Sequenzen zeigen müssen. Bei einer Reihe von Münzwürfen wird die Serie für repräsentativer gehalten, deren Folge zufällig aussieht und möglichst viele Unregelmäßigkeiten aufweist, obwohl die Wahrscheinlichkeit unabhängig von der Gestaltung der Abfolge ist.38 Bei einem Konjunktionsfehler wird die Wahrscheinlichkeit zweier gemeinsam auftretender Ereignisse höher eingeschätzt, als diejenige eines der beiden Ergebnisse. Bei einer Befragung wurde den Befragten eine Frau namens Linda vorgestellt, die 31 Jahre alt ist, allein lebt und sehr klug ist. Sie hat Philosophie studiert, war als Studentin in Fragen der sozialen Benachteiligung sehr engagiert und nahm an Anti-Kernkraft- Demonstrationen teil. Es wurde gefragt, ob es wahrscheinlicher sei, dass Linda Bankangestellte ist, oder Linda Bankangestellte ist und in der Frauenbewegung aktiv ist. 85 Prozent der Befragten hielten die zweite Option für wahrscheinlicher. Statistisch betrachtet ist die Wahrscheinlichkeit eines jeden Einzelereignisses höher als die Konjunktion von Ereignissen.39 Des Weiteren kann eine Vernachlässigung der Stichprobengröße zu Fehlern führen, wenn die Unzuverlässigkeit kleiner Stichproben unterschätzt wird. Trotz Nichtbeachtung der Regression zur Mitte kann es zu Fehlern kommen, da extreme Ausprägungen eines Zufallsprozesses überschätzt werden.
2.2.2 Verfügbarkeitsheuristik
Die Verfügbarkeitsheuristik ist eine kognitive Abkürzung, die es ermöglicht, sich darauf zu stützen, wie schnell einer Person Informationen über ein bestimmtes Ereignis in den Sinn kommen, um daraus auf die Häufigkeit beziehungsweise Wahrscheinlichkeit dieses Ereignisses zu schließen. Anwendung findet diese mentale Abkürzung, wenn Häufigkeits- und Wahrscheinlichkeitsschätzungen vereinfacht werden. Daraus wird geschlossen, dass Phänomene, die einem leicht einfallen, häufig vorkommen, da die Häufigkeit des Auftretens und Verfügbarkeit oft zusammenhängen. Zum Beispiel wird die Arbeitslosenquote in einem Wohnort von einem Arbeitnehmer geringer eingeschätzt als von einem Arbeitslosen.40
Bei der Verfügbarkeitsheuristik ist die Leichtigkeit des Abrufs wichtiger als der Inhalt. In einer Studie von Schwarz wurden die Teilnehmer aufgefordert, sechs oder zwölf Beispiele für eigenes selbstsicheres Verhalten aufzuschreiben. Anschließend sollten die Teilnehmer ihre eigene Selbstsicherheit einschätzen. Die selbstzugeschriebene Selbstsicherheit fiel höher aus, wenn 6 statt 12 Beispiele für selbstsicheres Verhalten erinnert werden sollten.41
Die Anwendung der Verfügbarkeitsheuristik ist unter bestimmten Bedingungen fehleranfällig. Ein Urteil kann von der Lebhaftigkeit der Vorstellung eines Ereignisses, oder der Erinnerung an eigene Erlebnisse beeinflusst werden. Auffällige und spektakuläre Ereignisse werden dabei in ihrer Häufigkeit überschätzt.42 Zudem hat die Präsenz eines Ereignisses einen großen Einfluss. Je häufiger ein Ereignis präsent ist (frequency), desto höher fallen die Schätzungen aus, da der Abruf leichter wird. Die Verfügbarkeit und somit die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit steigt, je kürzer der zeitliche Abstand zum erlebten oder gehörtem Ereignis ist (recency). Dabei wird die relative Häufigkeit vernachlässigt.43 Als Ereignisverknüpfung (illusorische Korrelation) bezeichnet man den Vorgang, wenn das gemeinsame Auftreten zweier Ereignisse überschätzt wird. Je häufiger eine Kombination von Ereignissen gesehen wurde und je stärker die Assoziation zwischen diesen beiden Ereignissen, desto stärker wird das Auftreten überschätzt. Hintergrund ist, dass das Auftreten von zwei Ereignissen, wie beispielsweise Haschischkonsum und Straffälligkeit leichter verfügbar ist, als das Nichtauftreten.44
2.2.3 Ankerheuristik
Die Ankerheuristik ist eine kognitive Heuristik, die den ursprünglichen Standards/ Schemata (Ankern) ein bestimmtes Gewicht beimessen lässt, und dazu führt, dass das endgültige Urteil häufig nahe am Anker liegt und nicht ausreichend angepasst wird. Ankerheuristik wird dann eingesetzt, wenn implizite oder explizite Informationen einen Hinweis für eine erste Annäherung an die Schätzung gibt, welche in Folge nach oben oder unten an den Anker adjustiert wird. Besonders bei wenig Informationen und hoher Urteilsunsicherheit wird die Ankerheuristik eingesetzt. Dies trifft zum Beispiel auf Schätzaufgaben45, Verhandlungsergebnisse46, Gerichtsurteile47, Leistungsbeurteilungen48 oder Selbsteinschätzungen49 zu.
Zwei Erklärungsmodelle beschreiben, wie der Ankereffekt entsteht. Das erste Erklärungsmodell nennt als Ursachen das selektive Hypothesentesten und semantische Priming. Dabei wird der Ankerwert als Vergleichswert herangezogen und zunächst überprüft, ob dieser Ankerwert zutreffend sein kann. Zwei Prozesse wirken gleichzeitig zusammen: Beim selektiven Hypothesentesten werden den Ankerwerten bestätigende Informationen gesucht und der Hypothese widersprechende Informationen vernachlässigt. Das semantische Priming aktiviert selektiv Informationen, die für den Anker sprechen. Und unabhängig davon, ob das Hypothesentesten positiv oder negativ ausfällt, bleibt das ankerkonsistente Wissen leichter verfügbar.50 Das zweite Erklärungsmodell definiert die Verankerung und Anpassung als Ursachen. Demnach findet die Urteilsbildung in zwei Schritten statt. Zunächst wirkt bei der Verankerung der selbstgewählte Anker als Ausgangspunkt für die Schätzung. Bei der Anpassung wird dieser Schätzwert vom Ankerwert aus nach oben oder unten adjustiert. Da der Adjustierungsprozess kognitive Ressourcen benötigt, ist er anfällig für Verzerrungen. Zudem führt eine meist ungenügende Adjustierung zur Assimilation an den Ankerwert.51
Es kann sich zu Nutzen gemacht werden, dass der Mensch häufig nur das System 1 benutzt und bei schnellen Entscheidungen auf vereinfachte Denkweisen, wie zum Beispiel Heuristiken, zurückgreift, um Menschen zu beeinflussen.
3 Nudging
Nudging (engl. Stupser) ist ein neuartiges Konzept aus der Verhaltensökonomie, welches sich die menschlichen kognitiven Prozesse zu Nutzen macht und Menschen zu einem intentionalen Verhalten verleitet.52
3.1 Verhaltensökonomie
Die Verhaltensökonomie setzt sich aus Aspekten der Psychologie und der Ökonomie zusammen. Die Bereiche der Kognitions- und Sozialpsychologie sowie der experimentellen Ökonomie sind besonders bedeutend. Die Verhaltensökonomie zeigt, welche Funktionsweisen hinter dem menschlichen Denken stehen und hilft, die Schwächen und Stärken des instinktiven Denkens zu verstehen. Die Verhaltensökonomie erforscht, wie Menschen sich tatsächlich verhalten und welche Folgen daraus entstehen.53
3.1.1 Homo Oekonomicus
Die zentrale Annahme der klassischen Ökonomie ist der Homo Oeconomicus. Dieser ist rational, maximiert seinen Eigennutz, ist frei von Emotionen und macht keine Fehler in der Informationsaufnahme und –verarbeitung.54 Zudem hat der Homo Oeconomicus die vollständige Kenntnis über seine Entscheidungsmöglichkeiten und deren Folgen sowie die vollkommene Information über alle Märkte und sämtliche Eigenschaften aller Güter.55 Hingegen argumentieren Wissenschaftler aus der Verhaltensökonomie, dass der Mensch in der Realität nur eine begrenzte Rationalität aufweist. Da seine Fähigkeiten, Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten, begrenzt sind, greifen einfache Problemlösungsmechanismen, wie Heuristiken, die unter Umständen zu systematischen Fehlern führen können.56 Weiterhin geht die Verhaltensökonomie davon aus, dass Menschen eine begrenzte Willenskraft haben.57 Das bedeutet, dass sie unbequeme Entscheidungen vertagen, Diäten verschieben und ihre Altersvorsorge ignorieren. Selbst das Wissen der langfristigen Folgen der Taten ändert nicht die kurzfristigen Entscheidungen. Beispielsweise hören Raucher trotz des Wissens über die gesundheitlichen Schäden nicht mit dem Rauchen auf. Zudem gehen Verhaltensökonomen von einem begrenzten Eigennutz bei Menschen aus.58 Diese sind nicht ausschließlich egoistisch, sie sorgen sich um andere Menschen, sind auf Fairness bedacht und bereit, für die Bestrafung unfairer Mitmenschen zu bezahlen. Kahneman sagt zusammenfassend, dass sich die Entscheidungen, die Menschen für sich selber treffen, als Fehlentscheidungen bezeichnen lassen.59 Denn der Mensch setzt den kurzfristigen Nutzen höher ein als den langfristigen, er ist träge und belässt gerne Voreinstellungen, er ist überoptimistisch und verdrängt unbequeme Wahrheiten und macht seine Entscheidungen davon abhängig, wie die Fakten präsentiert werden.
3.1.2 Entwicklung der Verhaltensökonomie
Der erste Wissenschaftler, der das Eigeninteresse der Menschen in deren Entscheidungsfindung mit einbrachte, war Alex Smith. In seinem 1759 erschienenen Buch „The Theory of Moral Sentiments“ schrieb er, dass Menschen eine natürliche Sympathie für andere empfinden und einen natürlichen Sinn für Rechtschaffenheit und Tugenden besitzen.60 Dennoch kann die Verhaltensökonomie als junger Bereich der Wirtschaftswissenschaft gesehen werden, da die Psychologie zu Beginn des 20. Jahrhunderts zum großen Teil nicht in der Wirtschaftsforschung berücksichtigt wurde. Das Ziel der Wissenschaftler zu der Zeit war es, mathematische Modelle zu entwickeln, die die Wirtschaft in berechenbaren Modellen darstellen.61 Erst mit dem Aufschwung der kognitiven Psychologie in den 1960er Jahren gewann die Verhaltensökonomie wieder an Bedeutung. Als Pioniere der Verhaltensforschung gelten die Psychologen Kahneman und Tversky, die von 1969 an viele Jahre gemeinsam im Bereich der Entscheidungsforschung arbeiteten. Im Jahr 1974 veröffentlichten sie den Artikel „Judgement under Uncertainty: Heuristics and Biases“, worin sie die vorherrschende Meinung der Sozialwissenschaftler der 1970er Jahre über das Ideal des rationalen Nutzenmaximierers in Frage stellten.62
Seitdem nahmen sich weitere Wissenschaftler diesem Wissensgebiet an und Vertreter wie Smith, Selten, Rabin und Loewenstein hatten in den folgenden Jahren bedeutenden Einfluss auf die fortschreitenden Forschungserkenntnisse.
3.1.3 Liberaler Paternalismus
Ein besonderes Anwendungsfeld der Verhaltensökonomie ist der Liberale Paternalismus. Kernidee ist der Einsatz der Erkenntnisse der Verhaltensökonomie zur staatlichen Verhaltenslenkung.63 Der Liberale Paternalismus setzt sich aus den beiden Bestandteilen Paternalismus und Liberalismus zusammen. Paternalismus tritt auf, wenn die Einflussnahme eines Staates oder eines Individuums auf eine andere Person gegen deren Willen gegeben ist und durch die Annahme motiviert oder verteidigt wird, der Person gehe es dadurch besser oder sie werde vor Schaden bewahrt.64 Unter paternalistischen Handlungen lassen sich solche Handlungen verstehen, die in die Freiheit einer Person eingreifen und dabei von dem Ziel geleitet sind, deren Wohl oder Interesse zu fördern. Beispiele für potentiell paternalistische Handlungen sind die Sozialversicherungspflicht, die Gurtpflicht beim Autofahren, Sicherheitsvorschriften für Autohersteller, Schulpflicht, oder das Verbot der Selbstmedikation.65 Bei dem Liberalismus hingegen steht das Recht auf Freiheit, Eigenverantwortung sowie die freie Entfaltung der einzelnen Person im Mittelpunkt (Individualismus).66
Dementsprechend ist die Definition von Liberalem Paternalismus die Leitung von Individuen mit der Absicht ihr Wohlbefinden zu verbessern, während die Freiheit der handelnden Personen respektiert wird.67
3.2 Definition
Die Definition von Nudging lautet: A nudgt B, wenn A es wahrscheinlicher macht, dass B etwas bestimmtes tun wird, hauptsächlich indem B´s unbewusste kognitive Prozesse getriggert werden, während A´s Einfluss B´s Auswahlmöglichkeiten erhält und nicht wesentlich kontrolliert.68 Dazu werden organisierte Interventionen in die Entscheidungsarchitektur eingesetzt, um das Verhalten von Personen in eine berechenbare Richtung zu beeinflussen, ohne dass bestimmte Optionen verboten werden oder signifikant deren ökonomischen Anreize verändert werden. Dabei bezeichnet man den Entscheidungsarchitekten, die Person, die die Entscheidungssituation designt (A), als Nudger, während der Entscheidungsträger (B) Nudgee genannt wird.69 Als bedeutende Ökonomen des Konzeptes Nudging gelten die Forscher Thaler und Sunstein, die 2009 mit der Veröffentlichung Ihres Buches „Nudge: Improving Decisions About Health, Wealth and Happiness“ große Aufmerksamkeit erhielten. Darin beschreiben Sie das Konzept des Nudging, und geben diverse Anwendungsbeispiele.70
3.2.1 Entscheidungsarchitektur
Zur Entscheidungsarchitektur zählen alle materiellen und immateriellen Aspekte einer Umgebung, welche im Moment und am Ort einer Entscheidung Einfluss auf diese nehmen.71 Diese Entscheidungsarchitekturen sind häufig Teil von Mikro-Umgebungen innerhalb bestimmter Settings oder Lebenswelten, wie zum Beispiel eine Kantine in einem Betrieb.72 Thaler und Sunstein beschreiben, wie die reine Architektur von Entscheidungsmöglichkeiten Einfluss auf das Verhalten von Personen hat. Dabei gibt es keinen Zustand, der neutral ist und in dem die Individuen nicht beeinflusst werden.73 Die sogenannten Entscheidungsarchitekten haben die Möglichkeit, durch die Gestaltung und Veränderung der Architektur, die Entscheidungen von Personen zu steuern. Ziel ist es, diejenige Entscheidungsalternative zu stärken, die eine gewünschte Auswirkung auf das Individuum oder die Gesellschaft hat. Wichtig ist zudem, dass zu jedem Zeitpunkt der freie Wille des Entscheiders ohne Zwang erhalten bleibt.
3.2.2 Interventionsarten
Erreicht wird der Nudging-Effekt durch bestimmte Interventionen, deren Voraussetzung es ist, dass sie einfach und günstig zu umgehen sind. Saghai konkretisiert, dass sowohl die Fähigkeit des Nudgees zu erkennen, dass er genudgt wird (attention-bringing-capacities), als auch die nötige Leistung, um die Beeinflussung zu verhindern (inhibitory capacities), vorhanden sein muss.74
Es gibt verschiedene Ansätze diese Interventionen zu klassifizieren. Diese sind in der nachstehenden Abbildung dargestellt. Ploug et al. unterscheiden drei Strategien der Verhaltensbeeinflussung durch Umgestaltung der Entscheidungsarchitekturen:75 Das Verknüpfen nicht-wohlfahrtsmaximierender Optionen mit trivialen Kosten beschreibt, wie der Aufwand, sich für eine nicht-wohlfahrtsmaximierenden Alternative zu entscheiden, dadurch vergrößert werden kann, dass monetäre oder nicht-monetäre Kosten in die Entscheidungsarchitektur integriert werden.76 Eine weitere Intervention stellt das Framing, also die Präsentation von Optionen, dar. Die Reihenfolge, Anordnung oder Präsentation von Lebensmitteln beeinflusst deren Auswahl ebenso wie die Art der Verkündung von Diagnosen durch den Arzt nachfolgende Entscheidungen beeinflusst.77 Als dritte Interventionsart wird das Setzen oder Verändern von Default-Regeln genannt. Wird eine Standardoption festgelegt, die automatisch eintritt, sofern keine Entscheidung für eine alternative Option getroffen wird, kann beispielsweise die Wahl eines vegetarischen Menüs von 17 Prozent (Standardoption mit Fleisch) auf 80 Prozent (Standardoption vegetarisch) gesteigert werden.78
Anhand einer Evidenz-Kartierung kategorisierten Hollands et al. neun verschiedene Interventionstypen:79 Erster Interventionscharakter ist das Ambiente. Durch die Veränderung ästhetischer oder atmosphärischer Aspekte einer Umgebung, wie zum Beispiel Hintergrundmusik, Beleuchtung und Farbe von Wänden und Böden, werden Kaufentscheidungen beeinflusst.80 Das funktionelle Design im Sinne der Veränderung funktioneller Aspekte einer Umgebung stellt ebenfalls eine Intervention dar. Wird die Größe von Geschirr und Besteck geändert, verändert sich auch die konsumierte Menge an Lebensmitteln und Getränken.81 Weiterhin beeinflusst die Etikettierung als Form der Kennzeichnung oder Darstellung von Informationen auf Produkten oder am Entscheidungsort das Individuum. Die Wirksamkeit einer Nährstoffampel auf Lebensmitteln ist nachgewiesen.82 Werden die sensorischen Eigenschaften oder die visuelle Erscheinung eines Produktes verändert, wird durch die Präsentation interveniert. Zum Beispiel hat die Einführung einheitlicher Verpackungen für Tabakprodukte nachweisbare Auswirkungen auf die Kaufentscheidung für Tabak.83 Ein weiterer Interventionstyp ist die Dimensionierung, die sich durch die Veränderung der Größe oder Quantität eines Produktes ausdrückt. Klassisches Anwendungsprodukt sind dabei Lebensmittel.84 Werden zusätzliche Handlungsoptionen bereitgestellt, wird von der Veränderung der Verfügbarkeit gesprochen. Die Nutzung von Fahrrädern und dadurch die körperliche Betätigung kann dadurch gesteigert werden, dass Fahrräder öffentlich zugänglich gemacht werden.85 Weiterhin besteht die Option, den Aufwand, der mit der Wahl von Handlungsoptionen verbunden ist, zu verändern. Dieser Interventionstyp nennt sich Nähe. So werden gesunde Nahrungsmittel, die näher am Verbraucher platziert sind, häufiger gewählt, als ungesundes Essen, welches weiter entfernt platziert wird.86 Zudem können unbewusste Handlungsentscheidungen durch Schlüsselreize beeinflusst werden. Durch Priming konnte beispielsweise gezeigt werden, dass Kinder eher zu Vollkornbrötchen greifen, wenn diese in Tierform gebacken sind.87 Der neunte und letzte Interventionstyp ist das Promting. Dies ist die Bereitstellung allgemeiner Informationen, um die Bewusstmachung von Handlungen zu fördern. Menschen benutzten die Treppen anstatt des Aufzugs oder der Rolltreppe häufiger, wenn sie durch Hinweistafeln dazu aufgefordert wurden. Auf den Hinweistafeln wurde über die Treppenbenutzung als gesündere Alternative informiert und daran appelliert, dass Aufzüge primär von denen genutzt werden sollten, die nicht in der Lage sind, Treppen zu steigen.88
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Interventionsartenklassifizierung
Quelle: Eigene Darstellung
3.2.3 Abgrenzung zu Persuasion
Nudging und Persuasion sind vergleichbare Konzepte, die beide darauf abzielen, Menschen so zu beeinflussen, dass diese ein Zielverhalten aufweisen.89 Fogg definiert Persuasion als Versuch, die Einstellung oder das Verhalten von Individuen oder beides zu verändern, ohne dass Zwang oder Täuschung angewendet werden müssen.90 Eine Gemeinsamkeit der Methoden ist demnach der Ausschluss von Zwang und Täuschung.91 Jedoch hat Nudging seine Wurzeln in der Ökonomie und hat das Ziel, die Entscheidungsfreiheit zu erhalten, während es bei der Persuasion keine Vorschriften diesbezüglich gibt.
3.3 Kritik
Neben den befürwortenden Stimmen gibt es auch viele Kritiker des Nudging. Diese stützen sich auf verschiedene Argumente: Zunächst wird die unscharfe Definition des Nudging-Konzeptes kritisiert, da der Begriff Nudging unklar definiert und unzureichend bestimmt ist.92 Dies führt dazu, dass die Übergänge zu angrenzenden Modellen fließend sind und eine klare Abgrenzung erschwert wird. Und es kann zur falschen Anwendung einer nobelpreiswürdigen Forschung kommen.93 Weiterhin wird die fehlende Neuartigkeit des Nudging kritisiert. Da einige Themen, die nun unter dem Label Nudging diskutiert werden, bereits vor der Verbreitung der Theorie praktiziert wurden, stellt Nudging einen veralteten Inhalt dar und präsentiert diesen neu.94 Durch die Vorstellung des Konzeptes ist ein Hype durch die Begeisterung über die reine Verknüpfung bestehender Praktiken entstanden, der Kritikern zufolge nachlassen wird.95 Der in der politischen Debatte vielleicht am häufigsten vorgebrachte Kritikpunkt zielt auf die mutmaßlich freiheitseinschränkende Wirkung von Nudging ab. Demnach kann Kritikern zufolge ein paternalistischer Ansatz nicht liberal sein.96 Die Befürchtung besteht, dass die Bürger bevormundet und entmündigt werden, ohne dass diese es merken. Ein bekannter Vertreter dieser Kritik ist der Psychologe Gerd Gigerenzer, geschäftsführender Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin. Der Wissenschaftler bezeichnet den Nudging-Staat als eine Expertendemokratie, in der angenommen wird, dass Experten wissen, was für Menschen richtig ist.97 Stattdessen fordert er von den Politikern, mehr auf Bildung zu setzen, um kompetentere Bürger zu erziehen.98 In einem Pilotprojekt wurde Viertklässlern Wahrscheinlichkeitsrechnung beigebracht, sodass diese später Aufgaben lösen konnten, an denen Ärzte in der Bewertung von Risiken regelmäßig scheitern. Daraus folgert Gigerenzer, dass Schulen Risikokompetenz unterrichten sollten.99 Auch in den USA etablierte die republikanische Partei früh als Reaktion auf die Einführung der Verhaltensökonomie in die politischen Geschäfte den Begriff des „Nanny-Staates“ und bezeichnete Obama als „elitären Big Brother“.100 Eine weitere Gruppe von Kritikern sieht Nudging als Teil neoliberaler Politik, da es Marktbeziehungen ausweitet und gleichzeitig die Wirkkraft des Staates beschränkt.101 Dabei wird kritisch gesehen, dass von dem Nudging-Ansatz die depolitisierende Illusion ausgeht, dass sich die von gesundheitlicher Ungleichheit Betroffenen nur durch Nudges zu gesünderen Verhalten bewegen lassen müssen, um denselben Gesundheitsstatus zu erreichen, wie gesellschaftlich privilegiertere Gruppen.102 Auch die begrenzte empirische Evidenz für die Wirksamkeit von Nudging auf der Bevölkerungsebene steht in der Kritik.103 Einerseits sind die Auswirkungen der Maßnahmen zu gering und relevante Problemfelder des Klimaschutzes wie Fliegen, Autofahren, Heizen und der Konsum tierischer Nahrungsmittel können durch Nudging nicht ausreichend bearbeitet werden.104 Andererseits sehen Kritiker ein Problem darin, dass die aktuelle Forschung zu Nudging zu einem Großteil auf Experimenten in Laborumgebung beruhen, die die komplexe Realität nicht vollständig abbilden können.105 Auch wird außer Acht gelassen, dass häufig ökonomische Anreize effektiver als Nudging alleine sind.106 Besonders der Vorwurf des Missbrauches und der Manipulation besteht. Der Internetphilosoph Morozov vergleicht die Nudging-Methoden mit den Spitzeleien der NSA und befindet, dass die Bürger zu Informationsmaschinen degradiert werden, die den techno-bürokratischen Komplex mit ihren Daten füttern.107 In Verbindung mit der Digitalisierung ergibt Nudging zudem eine bedenkliche Kombination. Kritiker sehen, dass die Möglichkeit, die digitale Verhaltenssteuerung per Nudging an Echtzeitdaten zu knüpfen und zu personalisieren von Regierungen und Konzernen nicht ungenutzt bleiben wird.108
3.4 DINU- Prozessmodell
Meske und Potthoff haben das sogenannte DINU- Modell entwickelt, welches das Ziel hat, den Anwendungsprozess des Nudging zu gliedern und zu veranschaulichen und damit die Möglichkeit schaffen, in einer strukturierten Art und Weise in die Nudging-Umgebung einzutreten und einen einfachen Einstieg für Anwender und Forscher zu ermöglichen.109 Der Prozess wurde in drei Phasen separiert, wie in Abbildung 2 zu sehen ist: Analyzing, Designing und Evaluating:110 In Phase eins sammelt und analysiert der Nudger die Voraussetzungen, um ein Zielverhalten für die definierte Zielgruppe zu entwickeln. Er muss analysieren, welche vorherrschenden Gründe es gibt, dass der Nudgee das ungewollte Verhalten aufweist und dahingehend konsequente Ziele festlegen. In der Designing-Phase besteht die Herausforderung darin, geeignete Elemente und Situationen zu finden, um den Stupser gemäß der in Phase eins festgelegten Ziele, Gründe und Charakteristiken des Nudgees zu designen. Als Elemente und Situationen nennen die Forscher Meske und Potthoff verschiedene Interventionsarten, wie beispielsweise Framing und Priming, ergänzen diese allerdings noch durch die Nudging-Elemente Anchoring, Tailoring, Tunneling, Informing, Reminders und Simplification. Zudem werden weitere Strategien aufgelistet, die bei der Auswahl der passenden Elemente und Situationen zur Unterstützung berücksichtigt werden sollten. Die letzte Phase beinhaltet die Evaluation des Nudges nach der Implementierung. Es sollte beurteilt werden, ob das Zielverhalten erreicht wurde, oder ob eine Modifikation notwendig geworden ist. Denn unerwartete Faktoren können die Entscheidungssituation geändert haben. Das Feedback aus der Evaluation führt dann zur neuen Analyse nach Phase eins.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: DINU- Prozessmodell
Quelle: Meske, C., Potthoff, T., Design of Nudges, 2017, S. 8.
3.5 Wissenschaftliche Fundierung
Der Methodische Schwerpunkt in der Verhaltensökonomie liegt auf Experimenten, welche zwischen Labor- und Feldexperimenten unterschieden werden. Als Grundlage der Analysen wird dafür das gemessene Verhalten genutzt.111 Seit der Verbreitung des Begriffes Nudging im Jahr 2009, wurde die Methode in verschiedenen Umgebungen experimentell angewendet und untersucht und in Folge ein belegbarer Effekt durch das Eingreifen in die Entscheidungsarchitektur nachgewiesen.
3.5.1 Erste Studien
In den ersten Forschungsarbeiten zu Nudging in Kantinen oder Restaurants wurden grundlegende Funktionsweisen von Nudges mit dem Ziel einer gesunden Ernährung der Versuchsteilnehmer untersucht und bestätigt. 2011 variierten Bar-Hillel und Dayan die Position von Gerichten auf einer Menükarte und fanden heraus, dass Gerichte, die am Anfang oder am Ende, also an den Extremen eines Menüs standen, mehr als doppelt so oft gewählt wurden, als Gerichte in der Mitte eines Menüs.112
In einer verwandten Studie wurde überprüft, welchen Einfluss die Zugänglichkeit von Zutaten auf einem Buffettisch auf die Auswahl jener hat. Demnach führte die schwerzugängliche Platzierung von Zutaten in der Mitte eines Buffettisches zu einer Reduzierung des Verzehrs um 13,4 Prozent im Vergleich zu Zutaten am Rand des Tisches. Auch wurden 16,5 Prozent weniger Zutaten verzehrt, wenn eine Zange statt eines Löffels zur Verfügung stand.113
Ein Experiment in der realen Umgebung eines chinesischen Fast-Food Restaurants ergab, dass Kunden, die ein Downsizing Angebot annahmen, im Schnitt 200 Kalorien weniger zu sich nahmen, als die Kontrollgruppe mit Standardportionen.114
Hanks et al. fanden 2012 heraus, dass der Absatz von gesünderem Essen um 18 Prozent zunahm und gleichzeitig der Konsum von ungesünderem Essen um 28 Prozent abnahm, wenn in einer Essensreihe einer Unicafeteria nur gesündere Lebensmittel angeboten wurden.115
2015 erforschten Kroese et al., dass eine veränderte Positionierung von gesünderen Lebensmitteln innerhalb eines Bahnhofladens einen großen Einfluss auf die Verkaufszahlen hat. Wurden gesündere Lebensmittel am Kassentisch angeboten und ungesündere Lebensmittel an anderen Standorten im Laden, stieg der Absatz gesünderer Lebensmittel, während der Absatz ungesünderer Lebensmittel unverändert blieb. Zusätzlich äußerten sich Kunden positiv zu dieser Maßnahme.116
Im Gesundheitsbereich wurden zahlreiche Studien durchgeführt, die einen Rückschluss auf die tatsächliche Effektivität von Nudges zur Verbesserung des Gemeinwohles ermöglichen.
Bresinger et al. entdeckten, dass Patienten zur Nichteinhaltung des Einnahmeplanes des Medikamentes Warfarin neigten. Durch die Teilnahme an einer Lotterie, die den Gewinn von 10 - 100$ in Aussicht stellte, konnte die Nichteinnahme des Medikamentes um 49 Prozent gesenkt werden.117
3.5.2 Aktueller Forschungsstand
In den Jahren 2017 und 2018 lag der Forschungsschwerpunkt auf der vertiefenden Anwendung von Nudges zur Steigerung des Umweltbewusstseins und der Verbesserung der Gesundheitssituation. Im Bereich der Förderung von umweltfreundlichen Verhalten fanden einige Nachforschungen zum Thema Abfallvermeidung und Recycling statt.
Linder et al. untersuchten 2018 in einem Vorort von Stockholm, ob das Verteilen eines Informationsflyers, der nach Erkenntnissen durch Nudging und Social Marketing gestaltet war, eine Auswirkung auf die Nahrungsmittelentsorgung hat. Die gesammelten Daten ergaben, dass selbst acht Monate nach der Flyer Zustellung eine signifikante Abnahme des Mülls aus Nahrungsmitteln zu verzeichnen war.118
An der Western State Colorado University wurde die Positionierung der Abfall- und Recyclingcontainer so verändert, dass die Mülltrennungsrate verbessert und der Anteil recyclebarer Materialien im Abfall signifikant reduziert werden konnte.119
Kameke und Fischer führten eine Kundenumfrage zum Thema Nahrungsmittelverschwendung durch und fanden heraus, dass die Befragten offen für eine Verhaltensänderung durch Nudging und der Nutzung eines Einkaufsplanes waren. Spezifisch waren die Teilnehmer an Feedback über das individuelle Nahrungsmittelverschwendungsverhalten sowie Ratschlägen zur Mahlzeitenplanung und sozialer Interaktion bezüglich dieses Themas interessiert. Besonders junge Menschen und diejenigen, die in großen Haushalten mit Familien leben, zeigten dieses Interesse.120
Eine Studie zum Thema Umweltbewusstsein ergab, dass durch eine Schwangerschaft der Gedanke für die Umwelt gestärkt wird. Weiterhin wurde untersucht, dass die Intervention der Einbindung des Satzes „To leave our children with blue sky, green earth, clear water, and a beautiful home“ als Vorausschau für die Zukunft einen ähnlichen positiven Effekt auf das Umweltbewusstsein hatte. Zudem wurden dadurch zwischenzeitliche Entscheidungen beeinflusst und ein Anreiz für Spenden im Umweltbereich geschaffen.121
Auf dem Gebiet des Gesundheitsmanagements standen Themen wie gesunde Ernährung und Gesundheitsprävention im Vordergrund:
Torma et al. wendeten das sogenannte „Self-Nudging“ an, um ein nachhaltiges Konsumverhalten zu unterstützen. In dem Experiment nutzten Kunden das Angebot, sich für die regelmäßige Lieferung einer Box mit Biolebensmitteln einzuschreiben. Dadurch wurde die Zahl der täglichen Entscheidung für eine nachhaltige Ernährung auf eine einmalige Entscheidung reduziert. Die Testpersonen begrüßten den Wechsel von vielen Entscheidungen im Supermarkt mit geringer kognitiver Beteiligung zu einer einmaligen Entscheidung mit hoher kognitiver Anstrengung.122
Um eine Einstellung zu ändern, die Einfluss auf die Gesundheit hat, aber an welcher Menschen stark festhalten, ließen Forscher die Versuchspersonen selbstreflektierende Pro- und Kontraargumente für die angewöhnte Verhaltensweise sammeln. Durch das Nachdenken über das eigene Verhalten und nachfolgende Zweifel, konnte der Widerstand von Patienten gegen eine Verhaltensänderung aufgehoben werden. Die Forscher sehen in dieser Intervention eine Chance für die Anwendung in Kliniksitzungen oder gesundheitsbezogenen Computerapplikationen.123
Darüber hinaus wurden neue Erkenntnisse in den folgenden Bereichen gewonnen:
Huang et al. untersuchten in ihrer Studie, welche Auswirkungen Digital Nudges auf das soziale Verhalten beim Teilen von Onlineinhalten haben. Folglich führen Website Popups mit einem monetären Anreiz zu einer Steigerung der Bereitschaft zum Teilen, genauso wie der Einsatz von Beziehungskapital und kognitivem Kapital.124
Eine Pilotstudie von Roach et al. ergab, dass die Zahl der Diebstähle von in unsicheren Gebieten abgestellten Fahrzeugen signifikant reduziert werden konnte, indem die Fahrzeughalter mittels einer Flyer Kampagne daran erinnert wurden, sorgfältig zu Bedenken, an welchem Ort das eigene Fahrzeug geparkt wurde.125
In Zuge eines Feldexperimentes zur Steuerzahlung in Australien erhielten die Testpersonen einen Erinnerungsbrief zur rechtzeitigen Zahlung der Steuern, wodurch die Zahlungswahrscheinlichkeit um 25 Prozent gesteigert werden konnte und bei einer frühen Erinnerung eine schnellere Zahlung erreicht wurde.126
In einer qualitativen Studie unter Vorstandsmitgliedern aus dem privaten Sektor in Schweden wurde gefragt, welche Faktoren Einfluss auf die Geschlechtergleichstellung in Unternehmensvorständen haben. Als einer von zwei Faktoren wurden dabei Maßnahmen mit Nudging Effekt durch die Entscheidungsarchitektur, soziale oder legale Normen genannt.127
2018 wurde Eltern die Möglichkeit geboten, einen Blick in das Klassenzimmer des Kindes zu werfen. Dies sollte kosteneffizient per E-Mail geschehen. Über sechs Wochen erhielten Eltern von Vorschulkindern verschiedene Typen von E-Mails mit Informationen über die Bildungsinstitution. Es stellte sich heraus, dass die Mails, die viele Fotos enthielten, zu einem gesteigerten Leseverhalten der Eltern führten.128
3.6 Einsatzbereiche
Nudging ist in Umgebungen anwendbar, in denen Individuen vor Entscheidungen gestellt werden und die Entscheidungsarchitektur beeinflussbar ist. Mit der voranschreitenden Erforschung des Themas haben verschiedene Anwendergruppen das Potential des Konzeptes erkannt und die zielgruppenspezifische Nutzung weiter vorangetrieben.
3.6.1 Politik
In Ländern wie den Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien, Australien, den Niederlanden, Singapur und Deutschland wurden in den vergangenen Jahren Experten der Verhaltensforschung rekrutiert und Einheiten gebildet. Weltweit setzen bereits 136 von 196 Nationen Nudging ein. 51 davon haben spezielle Behörden für die Anwendung der Verhaltensforschung gegründet.129 Die Aufgabe der Teams ist es, potentielle Einsatzbereiche von Nudges zu analysieren, konkrete Interventionen zu testen und schließlich die effektivsten Strategien weiträumig zu implementieren.130 Da das Gesetzgebungsverfahren langwierig und aufwändig ist, besteht die Attraktivität des Nudging dahingehend, dass kein legislatives Verfahren durchlaufen werden muss. Im Vergleich zu verpflichtenden Gesetzen, Verboten und ökonomischen Anreizen stellt Nudging eine unverbindliche Variante dar, die durch simple, zwanglose Maßnahmen eine Verhaltensänderung erzielen kann.
2010 wurde eine erste sogenannte Nudge Unit in Großbritannien gegründet.131 Die Organisation in Großbritannien nennt sich Behavioural Insights Team und besteht aus mehreren Mini-Nudge-Einheiten, die in den verschiedenen Ministerien vertreten sind.132 Ein Team analysierte, warum die Subvention zur Dachbodenisolierung nicht angenommen wurde. Das Ergebnis war, dass die Bürger von der Isolierung abgehalten wurden, da diese mit der notwendigen Entrümpelung des Dachbodens in Verbindung stand. Als zusätzlich zur Subvention ein Entrümpelungsdienst angeboten wurde, nahm die Zahl der Dachbodenisolierungen zu.133 In einem weiteren Fall verschickten die britischen Steuerbehörden Mahnbriefe mit der Nachricht, dass neun von zehn Briten ihre Steuern pünktlich zahlen würden und die meisten Bürger in der Nachbarschaft bereits bezahlt hätten. Nach drei Monaten hatten 83 Prozent der Empfänger ihre Steuern gezahlt, während es in der Vergleichsgruppe nur 68 Prozent waren.134
In den USA ordnete 2015 eine Präsidentenverfügung an, Verhaltensökonomie in Bundesämter zu integrieren.135 Das White House Social and Behavioral Sciences Team führte ein Experiment in Kooperation mit dem U.S. Department of Defense durch.136 Dem Militärpersonal wurde ein Rentenprogramm mit Anreizen zum Sparen angeboten. Wurden die Soldaten in einer E-Mail darüber informiert, erhöhte sich die Anzahl der Teilnehmer am Programm um 1,6-2,1 Prozent, während die Kontrollgruppe ohne E-Mail eine Anmeldungsrate von 1,1 Prozent aufwies. Bei Kosten von $5.000 gegenüber der Ersparnissteigerung von ca. $8 Millionen in einem Jahr ist diese Maßnahme effektiv.137 Weiterhin wurde in Zusammenarbeit mit Local Educational Agencies (LEAs) der Zertifizierungsprozess zu kostenfreiem Schulessen optimiert, indem Kinder automatisch zertifiziert wurden, die bereits an anderen Förderprogrammen, wie dem Supplemental Nutrition Assistance Program (SNAP), teilnahmen. Allein im ersten Jahr des neuen Vorgehens stieg die Zahl der Kinder mit Zugang zu freiem Schulessen um sechs Prozent.138
In Deutschland gibt es seit Februar 2015 drei verhaltensökonomische Mitarbeiter, die das Team „Wirksam regieren“ bilden.139 Hauptaugenmerk in der Arbeit der Gruppe besteht darin, Gesetzesentwürfe auf Ihre Wirksamkeit hin zu untersuchen und zu verbessern. Vorschläge für konkrete Anwendungen in Politikbereichen stammen aus den Ministerien für Justiz, Inneres, Finanzen, Gesundheit sowie Ernährung und Landwirtschaft. Im Gegensatz zu anderen Regierungen wird sich in Deutschland von dem Begriff der Beeinflussung distanziert und betont, dass kein sanfter Paternalismus angestrebt wird.140 Bereits 2002 wurde das Mammographie-Screening vom deutschen Bundestag eingeführt. Im Alter von 50 bis 69 bekommt jede Frau alle zwei Jahre eine Einladung zum Screening zur Brustkrebsvorsorge zugeschickt. Dieses Einladungssystem soll helfen, dass das Angebot flächendeckend angenommen wird, um die häufigste Krebserkrankung bei Frauen, frühzeitig diagnostizieren und behandeln zu können.141
3.6.2 Unternehmen
Unternehmen nutzen das Konzept aus der Verhaltensökonomie, um bestimmte Intentionen ohne große Kosten durchzusetzen. Dabei werden vor allem Kunden, aber auch das unternehmenseigene Personal dazu geleitet, Regelungen häufiger zu befolgen, dem Allgemeinwohl zu dienen, oder umweltfreundlich zu handeln.
Am Flughafen Kopenhagen wurden die Rauchen-verboten-Schilder durch Rauchen-erlaubt-Zonen ersetzt. Dadurch konnte die Zahl der Falschraucher um 50 Prozent gesenkt werden.142
Ein amerikanischer Energieversorger schickte an 40.000 Haushalte eine monatliche Energiebilanz, in der der Stromverbrauch im Vergleich zu den effizientesten Nachbarn beziffert, Energiespartipps gegeben und an sparsame Kunden Smileys verteilt wurden. Der Stromverbrauch sank während des einjährigen Tests um zwei Prozent gegenüber der Vergleichsgruppe.143
Die Rutgers University in New Jersey stellte die Voreinstellung aller Drucker auf beidseitig drucken um, wodurch 55 Millionen Blatt weniger Papier verbraucht wurden.144
Eine Studie von Cialdini führte zur Reduzierung der Handtuchwäsche in Hotels. Ein strategisch platziertes Schild, durch das die Hotelbesucher gebeten wurden, ihre Handtücher mehrmals zu benutzen, hatte eine Erfolgsrate von 47 Prozent. Dabei waren sowohl soziale Normen, als auch der Umweltschutz als Argumente erfolgreich.145
3.6.3 Betriebliches Gesundheitsmanagement
Ein potentiell attraktiver Einsatzbereich ist das betriebliche Gesundheitsmanagement von Unternehmen. Ein Arbeitgeber hat die Möglichkeit, die Entscheidungsarchitekturen am Arbeitsplatz zu definieren und dadurch langfristig gesündere Mitarbeiter zu beschäftigen. Da Menschen in Deutschland 20,5 Stunden in der Woche am Arbeitsplatz verbringen, ist sowohl das Potential, als auch die Verantwortung zur Einflussnahme durch den Arbeitgeber vorhanden.146
3.6.3.1 Definition
Definiert wird betriebliches Gesundheitsmanagement als die Gestaltung und Strukturierung von gesundheitsfördernden Maßnahmen am Arbeitsplatz, die dazu beitragen, die Mitarbeitergesundheit und -leistungsfähigkeit zu steigern sowie Fehlzeiten zu senken.147
[...]
1 Vgl. Hoffmann, C., Politik, 2015, o.S..
2 Vgl. Techniker Krankenkasse, Stressstudie, 2016, S. 2.
3 Vgl. Techniker Krankenkasse, Stressstudie, 2016, S. 2.
4 Vgl. Techniker Krankenkasse, Stressstudie, 2016, S. 2.
5 Vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Stressreport Deutschland, 2012, S. 1.
6 Vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Stressreport Deutschland, 2012, S. 3.
7 Vgl. Statistisches Bundesamt, Übergewicht, 2014, S. 1.
8 Vgl. Statistisches Bundesamt, Übergewicht, 2014, S. 1.
9 Vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Ernährungsreport, 2017, S. 8.
10 Vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Ernährungsreport, 2017, S. 6.
11 Vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Ernährungsreport, 2017, S.11.
12 Vgl. University of Leicester Press Office, Sitting for protracted periods, 2012, o.S..
13 Vgl. Techniker Krankenkasse, Bewegungsstudie, 2016, S. 34.
14 Vgl. Techniker Krankenkasse, Bewegungsstudie, 2016, S. 36.
15 Vgl. Techniker Krankenkasse, Bewegungsstudie, 2016, S. 37.
16 Vgl. Techniker Krankenkasse, Bewegungsstudie, 2016, S. 38.
17 Vgl. Techniker Krankenkasse, Bewegungsstudie, 2016, S. 6.
18 Vgl. Techniker Krankenkasse, Stressstudie, 2016, S. 46.
19 Vgl. Techniker Krankenkasse, Bewegungsstudie, 2016, S. 10.
20 Vgl. Techniker Krankenkasse, Bewegungsstudie, 2016, S. 11f.
21 Vgl. Jonas, K. et al., Sozialpsychologie, 2014, S.108.
22 Vgl. Kahneman, D., Denken, 2011, S.33.
23 Vgl. Kahneman, D., Denken, 2011, S.33.
24 Vgl. Kahneman, D., Denken, 2011, S.50.
25 Vgl. Kahneman, D., Denken, 2011, S. 58; Vgl. Hagger, M. et al., Self-Control, 2010, S. 517.
26 Vgl. Kahneman, D., Denken, 2011, S.81.
27 Vgl. Kahneman, D., Denken, 2011, S.81.
28 Vgl. Kahneman, D., Denken, 2011, S.82.
29 Vgl. Jonas, K. et al., Sozialpsychologie, 2014, S.112.
30 Vgl. Bargh, J. et al., Social Behavior, 1996, S. 230.
31 Vgl. Jonas, K. et al., Sozialpsychologie, 2014, S.112.
32 Vgl. Bodenhausen, G., Stereotypes, 1990, S. 319.
33 Vgl. Werth, L., Mayer, J., Sozialpsychologie, 2008, S. 52.
34 Vgl. Aronson, E. et al., Sozialpsychologie, 2014, S. 71.
35 Vgl. Jonas, K. et al., Sozialpsychologie, 2014, S.116.
36 Vgl. Jungermann, H. et al., Entscheidung, 2005, S. 170.
37 Vgl. Jungermann, H. et al., Entscheidung, 2005, S. 171.
38 Vgl. Kahneman, D., Tversky, A., Representativeness, 1972, S. 436f.
39 Vgl Tversky, A., Kahneman, D., Probability Judgment, 1983, S. 293.
40 Vgl. Jonas, K. et al., Sozialpsychologie, 2014, S. 118.
41 Vgl. Schwarz, N. et al., Availability Heuristic, 1991, S. 200ff.
42 Vgl. Greening, L. et al., Cognitive Heuristics, 1996, S. 27.
43 Vgl. Tversky, A., Kahneman, D., Judging Frequency and Probability, 1973, S. 207.
44 Vgl. Mullen, B., Johnson, C., Illusory correlations, 1990, S. 11
45 Vgl. Tversky, A., Kahneman, D., Heuristics, 1974, S. 1128.
46 Vgl. Galinsky, A., Mussweiler, T., Anchors, 2001, S. 663f.
47 Vgl. Englich, B., Mussweiler, T., Sentencing, 2001, S. 1540f.
48 Vgl. Caverni, J., Peris, J., Anchoring-Adjustment Heuristic, 1990, S. 35.
49 Vgl. Cervone, D., Peake, P., Self-Efficacy Judgments and Behavior, 1986, S. 492.
50 Vgl. Mussweiler, T., Strack, F., Anchoring Paradigm, 1999, S. 136.
51 Vgl. Jonas, K. et al., Sozialpsychologie, 2014, S. 118f.
52 Vgl. Thaler, R., Sunstein, C., Nudge, 2009, S. 14f.
53 Vgl. Kahneman, D., Denken, 2011, S. 22; Vgl. Pindyck, R., Rubinfeld, D., Mikroökonomie, S. 251ff.
54 Vgl. Beck, H., Behavioral Economics, 2014, S. 1.
55 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, Homo Oeconomicus, 2016, o.S..
56 Vgl. Beck, H., Behavioral Economics, 2014, S. 2f.
57 Vgl. Beck, H., Behavioral Economics, 2014, S. 3.
58 Vgl. Beck, H., Behavioral Economics, 2014, S. 3.
59 Vgl. Kahneman, D., Denken, 2011, S. 509f.
60 Vgl. Vienna Behavioral Economics Network, Verhaltensökonomie, o.J., o.S.
61 Vgl. Vienna Behavioral Economics Network, Verhaltensökonomie, o.J., o.S.
62 Vgl. Tversky, A., Kahneman, D., Heuristics, 1974, S. 1124ff.
63 Vgl. Beck, H., Behavioral Economics, 2014, S. 372.
64 Vgl. Stanford Encyclopedia of Philosophy, Paternalism, 2017, o.S..
65 Vgl. Düber, D., Moralische Grenzen des Paternalismus, 2013, S. 4.
66 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, Liberalismus, 2016, o.S..
67 Vgl. Sunstein, C., Thaler, R., Libertarian Paternalism, 2003, S. 1159.
68 Vgl. Saghai, Y., The Concept of Nudge, 2013, S. 491.
69
70 Vgl. Thaler, R., Sunstein, C., Nudge, 2009, S. 1ff.
71 Vgl. Thaler, R., Sunstein, C., Nudge, 2009, S. 12.
72 Vgl. Hollands G. et al., Choice Architecture, 2013, S. 2.
73 Vgl. Thaler, R., Sunstein, C., Nudge, 2009, S. 11.
74 Vgl. Saghai, Y., The Concept of Nudge, 2013, S. 489.
75 Vgl. Ploug, T. et al., Libertarain paternalism, 2012, S. 1193.
76 Vgl. Maas, J. et. al., The effect of food accessibility on consumption, 2012, S. 59.
77 Vgl. Rauner, M., Verhaltensforschung, 2014, o.S.; Vgl. Wansink, B., Food Intake, 2004, S. 455.
78 Vgl. Liebig, G., Nudge Tutorium, o.J., S. 12.
79 Vgl. Hollands G. et al., Choice Architecture, 2013, S. 3f.
80 Vgl. Stroebele, N., De Castro, J., Effect of Ambience, 2004, S. 821.
81 Vgl. Hollands, G. et al., Consumption of Food, Alcohol and Tobacco, 2015, S. 2.
82 Vgl. Cecchini, M., Warin, L., Food Labelling Systems, 2016, S. 201.
83 Vgl. Hughes, N. et al., Packaging of Tobacco Products, 2016, S. 1.
84 Vgl. Hollands, G. et al., Consumption of Food, Alcohol and Tobacco, 2015, S. 2.
85 Vgl. Quigley, M., Nudging for Health, 2013, S. 589.
86 Vgl. Maas, J. et. al., The effect of food accessibility on consumption, 2012, S. 59.
87 Vgl. van Kleef, E., Healthy Snacks, 2012, S. 1.
88 Vgl. Soler, R. et al., Increase Stair Use, 2010, S. 298f.
89 Vgl. Oinas-Kukkonen, H., behavior change, 2013, S. 1227.
90 Vgl. Fogg, B.J., Persuasive Technology, 2003, S. 15.
91 Vgl. Fogg, B.J., Persuasive Technology, 2003, S. 15.
92 Vgl. Hausman, D., Nudge, 2010, S. 124.
93 Vgl. Lobo, S., Nudging, 2017, o.S..
94 Vgl. Bonell, C. et al., One Nudge Forward, 2011, S. 241.
95 Vgl. Dams, J. et al., Verhaltensökonomie, 2015, o.S.; Vgl. Ekardt, F., Nudging, 2017, o.S..
96 Vgl. Vallgarda, S., Improve Health, 2011, S. 203.
97 Vgl. Rauner, M., Verhaltensforschung, 2014, o.S..
98 Vgl. Hoffmann, C., Politik, 2015, o.S..
99 Vgl. Rauner, M., Verhaltensforschung, 2014, o.S..
100 Vgl. Dams, J. et al., Verhaltensökonomie, 2015, o.S..
101 Vgl. Leggett, W., Behaviour Change, 2014, S. 3.
102 Vgl. Carter, E., Neoliberalism, 2015, S. 380.
103 Vgl. Bonell, C. et al., One Nudge Forward, 2011, S. 241.
104 Vgl. Ekardt, F., Nudging, 2017, o.S..
105 Vgl. Ekardt, F., Nudging, 2017, o.S..
106 Vgl. Marteau, T. et al., Judging Nudging, 2011, S. 265; Vgl. Griffith, R., Nudge versus Economic Incentives, 2014, S. 19f.
107 Vgl. Rauner, M., Verhaltensforschung, 2014, o.S..
108 Vgl. Lobo, S., Nudging, 2017, o.S..
109 Vgl. Meske, C., Potthoff, T., Design of Nudges, 2017, S. 5.
110 Vgl. Meske, C., Potthoff, T., Design of Nudges, 2017, S. 5.
111 Vgl. Beck, H., Behavioral Economics, 2014, S. 16.
112 Vgl. Bar-Hillel, M., Dayan, E., Nudge to Obesity II, 2011, S. 333.
113 Vgl. Dingley, M. et al., Nudge to Obesity I, 2011, S. 323 ff.
114 Vgl. Ariely, D. et al., Downsize Fast-Food Portions, 2012, S. 399.
115 Vgl. Hanks, A. et al., Healthy convenience, 2012, S. 370.
116 Vgl. Kroese, F. et al., Nudging healthy food choices, 2015, S. 133.
117 Vgl. Bresinger, C. et al., Lottery-based incentives to improve warfarin adherence, 2012, S. 268.
118 Vgl. Lindner, N. et al., Food Waste Recycling, 2018, S. 1.
119 Vgl. McCoy, K. et al., Nudging Waste Diversion, 2018, S. 1.
120 Vgl. von Kameke, C., Fischer, D., Food waste, 2018, S. 13.
121 Vgl. Li, A. et al., Foresight for the future of our children, 2018, S. 867.
122 Vgl. Torma, G. et al., Self-Nudging Strategies, 2018, S. 141.
123 Vgl. Greenberg, S. et al., Nudging Resisters Toward Change, 2018, S. 997.
124 Vgl. Huang, N. et al., Digital Nudging, 2018, S. 1483.
125 Vgl. Roach, J. et al., theft from insecure vehicles, 2017, S. 31.
126 Vgl. Gillzer, C., Sinning, M., taxes, 2018, S. 15.
127 Vgl. Redder Petersson, F., Eklund, I., gender equality, 2018, S. 62.
128 Vgl. Sitarz, L., Emailing Parent Education, 2018, S. 17.
129 Vgl. Whitehead, M. et al., Behavioral Science, 2014, S. 4.
130 Vgl. Benartzi, S. et al., Nudging in Governments, 2017, S. 1041.
131 Vgl. Benartzi, S. et al., Nudging in Governments, 2017, S. 1041.
132 Vgl. Greive, M., Strohmaier, B., Nobelpreisträger Thaler, 2017, o.S..; Vgl. Hoffmann, C., Politik, 2015, o.S..
133 Vgl. Greive, M., Strohmaier, B., Nobelpreisträger Thaler, 2017, o.S..
134 Vgl. Rauner, M., Verhaltensforschung, 2014, o.S..
135 Vgl. Obama, B., Executive Order, 2015, o.S..
136 Vgl. Benartzi, S. et al., Nudging in Governments, 2017, S. 1042.
137 Vgl. Benartzi, S. et al., Nudging in Governments, 2017, S. 1042.
138 Vgl. United States Department of Agriculture, National School Lunch Program, 2013, S. 4.
139 Vgl. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Wirksam regieren, 2018, o.S..
140 Vgl. Dams, J. et al., Verhaltensökonomie, 2015, o.S..
141 Vgl. Kooperationsgemeinschaft Mammographie, Mammographie-Screening-Programm, 2018, o.S..
142 Vgl. Rauner, M., Verhaltensforschung, 2014, o.S..
143 Vgl. Rauner, M., Verhaltensforschung, 2014, o.S..
144 Vgl. Rauner, M., Verhaltensforschung, 2014, o.S..
145 Vgl. Cialdini, R., Social Influence Research, 2005, o.S.
146 Vgl. Statistisches Bundesamt, Zeitverwendung in Deutschland, 2015, S. 7.
147 Vgl. Kiesche, E., Betriebliches Gesundheitsmanagement, 2013, S. 174.
- Citar trabajo
- Jakob Reuter (Autor), 2020, Nudging am Arbeitsplatz. Chancen und Risiken von verhaltensökonomischen Modellen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/497686
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