Aufgrund einer Vielzahl ökonomischer sowie rechtlich-politischer Veränderungen und beeinflusst durch die Weiterentwicklung der Informationstechnologie, entstand in der Versicherungswirtschaft in den letzten Jahren eine immer größere Vielfalt an Vertriebswegen, mit denen sich heutzutage neben den Versicherungsunternehmen auch potentielle Vermittler sowie Versicherungsnehmer auseinander setzen müssen.
Im dezentralen Vermittlervertrieb bekam der traditionelle Versicherungsvertreter zunehmend Konkurrenz aus dem Maklergewerbe. Des Weiteren bewirkten zahlreiche M&A-Aktivitäten sowie das erneute Aufgreifen des Allfinanz-Gedankens eine Erweiterung des klassischen Versicherungsvertriebs auf das Bankgeschäft. Überdies ermöglichten die rasanten Fortschritte im Bereich der modernen IT die Entstehung eines völlig neuen Absatzkanals. Als erweiterte Form des zentralen Direktvertriebs, wurden große Hoffnungen in den Onlinevertrieb gesetzt.
Aus Sicht des potentiellen Vermittlers bietet sich ein breit gefächertes Feld an Möglichkeiten für den Berufseinstieg zum Versicherungsvermittler. Vergleichsweise eng an das Versicherungsunternehmen gebundene Vermittler treten entweder in Form eines angestellten Außendienstmitarbeiters oder als Ausschließlichkeitsvertreter auf. Auch die nebenberufliche Vermittlertätigkeit in Ergänzung zu einer Hauptbeschäftigung ist möglich. Relativ unabhängige Geschäftsbeziehungen zum Versicherer führen dagegen Mehrfirmenvertreter oder Versicherungsmakler.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Gang der Arbeit
2 Definitorische Grundlagen
2.1 Grundlagen des Risikomanagements
2.2 Grundlagen des Versicherungsvertriebs
2.2.1 Vertrieb in der Versicherungswirtschaft
2.2.2 Versicherungsvermittler als Bindeglied zwischen Unternehmen und Kunde
2.2.3 Versicherungsunternehmen als Institution des Versicherers
2.2.4 Versicherungsnehmer als Vertragspartner des Versicherers
3 Differenzierte Darstellung der Versicherungs-Vertriebswege
3.1 Klassischer Vertrieb über Versicherungsvermittler
3.1.1 Unternehmenseigene Vermittler
3.1.2 Unternehmensgebundene Vermittler
3.1.3 Unternehmensfremde Vermittler
3.2 Alternative Vertriebswege
3.2.1 Direktvertrieb
3.2.2 Onlinevertrieb
3.2.3 Bankenvertrieb
4 Risikomanagementprozess der Vertriebswegewahl des potentiellen Ver-sicherungsvermittlers
4.1 Risikolandschaft des Versicherungsvermittlers bei der Vertriebswegewahl
4.1.1 Vermittlerbezogene interne Risiken
4.1.2 Vermittlerunabhängige externe Risiken
4.1.2.1 Beschaffungsmarktrisiken
4.1.2.2 Absatzmarktrisiken
4.1.2.3 Weitere externe Risiken
4.1.2.4 Die EU-Vermittlerrichtlinie als rechtlich-politisches Risiko
4.2 Risikobewertung am Beispiel der EU-Vermittlerrichtlinie und deren Aus-wirkungen auf den Vermittlervertrieb
4.2.1 Anwendungsbereich der Vermittlerrichtlinie
4.2.2 Begriffsbestimmungen
4.2.3 Anforderungen an die Versicherungsvermittler
4.2.3.1 Registrierung
4.2.3.2 Fachliche Mindestqualifikationen
4.2.3.3 Sonstige berufliche Anforderungen
4.2.4 Fazit für den potentiellen Versicherungsvermittler
5 Risikomanagement der Vertriebswegewahl des Versicherungsunter-nehmens
5.1 Risikolandschaft des Versicherungsunternehmens bei der Vertriebswegewahl
5.1.1 Unternehmenseigene Risiken
5.1.2 Wettbewerbsrisiken
5.1.3 Absatzmarktrisiken
5.1.4 Vermittlerbezogene Risiken
5.1.5 Risiken durch den Einsatz von Technologie
5.1.6 Kapitalmarktrisiken
5.2 Risikobewertung auf Grundlage der Studie „Erfolgsfaktoren im Ausschließ-lichkeitsvertrieb 2004“
5.2.1 Aufbau der Studie
5.2.2 Ziel der Studie
5.2.3 Studieninhalte
5.2.4 Studienergebnisse
5.2.4.1 Gesamtzufriedenheit und Bindung
5.2.4.2 Leistungstreiberanalyse
5.2.5 Fazit für das Versicherungsunternehmen
6 Risikomanagement der Vertriebswegewahl des Versicherungsnehmers
6.1 Risikolandschaft des Versicherungsnehmers bei der Vertriebswegewahl
6.1.1 Versicherungsnehmerbedingte Risikofaktoren
6.1.2 Externe Risikofaktoren
6.2 Risikobewertung anhand der Zugangswege zum Versicherer
6.2.1 Vermittlervertrieb
6.2.1.1 Risiken unternehmenseigener Versicherungsvermittler
6.2.1.2 Risiken des nebenberuflichen Versicherungsvermittlers
6.2.1.3 Risiken des Ausschließlichkeitsvertreters
6.2.1.4 Risiken des Mehrfirmenvertreters
6.2.1.5 Risiken des Versicherungsmaklers
6.2.2 Risiken des Direkt- und Onlinevertriebs
6.2.3 Risiken des Bankenvertriebs
6.3 Fazit für den Versicherungsnehmer
7 Resümee
Anhang
Literaturverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Aufgrund einer Vielzahl ökonomischer sowie rechtlich-politischer Veränderungen und beeinflusst durch die Weiterentwicklung der Informationstechnologie, entstand in der Versicherungswirtschaft in den letzten Jahren eine immer größere Vielfalt an Vertriebswegen, mit denen sich heutzutage neben den Versicherungsunternehmen auch potentielle Vermittler sowie Versicherungsnehmer auseinander setzen müssen.
Im dezentralen Vermittlervertrieb bekam der traditionelle Versicherungsvertreter zunehmend Konkurrenz aus dem Maklergewerbe. Des Weiteren bewirkten zahlreiche M&A-Aktivitäten sowie das erneute Aufgreifen des Allfinanz-Gedankens eine Erweiterung des klassischen Versicherungsvertriebs auf das Bankgeschäft. Überdies ermöglichten die rasanten Fortschritte im Bereich der modernen IT die Entstehung eines völlig neuen Absatzkanals. Als erweiterte Form des zentralen Direktvertriebs, wurden große Hoffnungen in den Onlinevertrieb gesetzt.
Aus Sicht des potentiellen Vermittlers bietet sich ein breit gefächertes Feld an Möglichkeiten für den Berufseinstieg zum Versicherungsvermittler. Vergleichsweise eng an das Versicherungsunternehmen gebundene Vermittler treten entweder in Form eines angestellten Außendienstmitarbeiters oder als Ausschließlichkeitsvertreter auf. Auch die nebenberufliche Vermittlertätigkeit in Ergänzung zu einer Hauptbeschäftigung ist möglich. Relativ unabhängige Geschäftsbeziehungen zum Versicherer führen dagegen Mehrfirmenvertreter oder Versicherungsmakler.
Für den potentiellen Versicherungsvermittler ergeben sich bei der Wahl seines künftigen Vertriebsweges, neben einigen vertreterbezogenen, subjektiven und objektiven Risiken, vor allem externen Risiken. In der sich darstellenden Risikolandschaft, welche stark vom Versicherungsunternehmen als Lieferant und dem Versicherungsnehmer als Käufer des Versicherungsprodukts geprägt sind, offenbart sich seit einiger Zeit ein neues rechtlich-politisches Risiko. Im Jahr 2002 verabschiedete die Europäische Kommission die neue „EU-Vermittlerrichtlinie“, welche der Förderung des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs dienen und dem Gedanken des Verbraucherschutzes Rechnung tragen soll. Entscheidende Punkte betreffs der Wahl des Versicherungs-Vertriebsweges sind dabei die neuen Vorschriften zur Eintragung Vermittler in ein öffentliches Register, welche an einige Voraussetzung geknüpft ist. Unter anderem müssen vom Vermittler künftig Nachweise über bestimmte fachliche Mindestqualifikationen erfolgen sowie weitere berufliche Anforderungen erfüllt sein.
Auch die Versicherungsunternehmen sind bestimmten Risiken bei der Wahl des Vertriebsweges ausgesetzt. Dabei stehen ihnen jedoch, abgesehen vom klassischen Vertrieb über Versicherungsvermittler, weitere Absatzkanäle zur Verfügung. Vor allem der Direkt- und Onlinevertrieb kann eine aus Kostensicht profitable Alternative zum Vermittlervertrieb darstellen. Aber auch die verstärkte Verbreitung des Allfinanz-Gedankens, welcher die Verknüpfung von Bank- und Versicherungsgeschäften vorsieht, findet in Form des Bankenvertriebs immer mehr Anwendung im Versicherungsvertrieb. Trotz Zuwächsen im Direkt-, Banken- und Maklervertrieb, bleibt der Ausschließlichkeitsvertrieb weiterhin der dominierende Vertriebskanal in der deutschen Assekuranz.
Dem Ergebnis einer Studie des Marktforschungsinstituts psychonomics zufolgen, bleibt, trotz der Zuwächse im Direkt-, Banken- und Maklervertrieb, der Ausschließlichkeitsvertrieb weiterhin der dominierende Vertriebskanal in der deutschen Assekuranz. „Die Akzeptanz der Deutschen für neue Vertriebswege ist zwar größer geworden – aber abgeschlossen wird immer noch überwiegend beim klassischen Vertreter.“[1] Aktuelle Kundenbefragungen zeigen zudem, dass der gebundene Außendienst der wichtigste Anstoßgeber ist, wenn es um die Weckung von Versicherungsbedarf geht, sowie der meistgenutzte Vertriebswegs bei Versicherungsabschlüssen von Privatkunden. Für die Versicherungsunternehmen bedeutet dies in erster Hinsicht, dass sie sich mit den Erfolgsfaktoren des Ausschließlichkeitsvertriebs auseinander setzen müssen.
Die Versicherungsnehmer assoziieren mit Versicherungen meist Negativerlebnisse und stufen es demzufolge als Low-Interest-Produkt ein, mit welchem man sich ungern freiwillig beschäftigt. Zudem bieten Versicherungsprodukte als immaterielle Wirtschaftsgüter geringe Möglichkeiten, um sich, im Vergleich zu Sachgütern, über ein gezieltes Markenbewusstsein oder Design am Markt zu positionieren. Demnach ist vor allem die Bedarfsdemonstration, das heißt die Darstellung und Offenlegung der individuellen Risikosituation, der erste und entscheidende Schritt zum Vertragsabschluss. Die zunehmende Produktvielfalt und Komplexität vor allem im Bereich der Altersvorsorge, erschweren es dem Kunden die Orientierung zu behalten und erhöhen die Bedeutung kompetenter Beratung noch mehr.[2] Versicherungen sind zudem als Dienstleistungsprodukt grundsätzlich langfristig angelegt, wodurch sich folglich die Aufgaben des Versicherungsvertriebs wesentlich von anderen Vertrieben unterscheiden. Durch die sich jährlich verlängernde Vertragsdauer und den sich im Lebenszyklus ändernden Kundenbedarf, wird auch nach Abschluss des Versicherungsvertrages die Beziehung zum Versicherungsnehmer über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg vom Vertrieb im Rahmen seiner Beratungs- und Betreuungstätigkeiten gepflegt.
Bei seiner Wahl des am besten geeigneten Versicherungs-Vertriebsweges, stehen dem Versicherungsnehmer alle am Markt möglichen Formen des Versicherungsvertriebs offen. Dabei ergeben sich für ihn ebenfalls Chancen und Wagnisse (Risiken), welche sich bezüglich der einzelnen Vertriebsformen deutlich unterscheiden. Zu den wesentlichsten Risikofaktoren zählt die bereits angesprochene Qualität und Kompetenz der Beratungs- und Betreuungsleistung.
1.2 Zielsetzung
Die vorliegende Arbeit hat sich zur Aufgabe gestellt, einen Einblick in die komplexen Risikostrukturen zu geben, mit denen sich Vermittler, Unternehmen sowie Kunden bei ihrer Wahl des geeigneten Versicherungs-Vertriebsweges auseinandersetzen müssen.
Der dabei praktizierte Entscheidungsvorgang lässt sich in Form eines komplexen Risikomanagementprozesses darstellen, wobei es im Bezug auf die vorliegende Arbeit vor allem auf die Identifikation und Analyse der bestehenden Risiken und Risikofelder ankommt. Die Untersuchung der einzelnen Entscheider erfolgt bewusst unabhängig voneinander und auf Grundlage der jeweiligen Risikomanagementprozesse. Dabei werden zunächst die unterschiedlichen Risikolandschaften aufgezeigt. Bei der Betrachtung des potentiellen Vermittlers sowie des Versicherungsunternehmens erfolgt darauf aufbauend die Risikobewertung anhand besonderer Risiken, welche nach Ansicht der Verfasserin als zentrales Entscheidungskriterium zählen. Dagegen werden bei der Untersuchung des Versicherungsnehmerverhaltens, aufgrund der Reichhaltigkeit seiner Entscheidungsoptionen, die identifizierten Risiken direkt anhand der einzelnen Vertriebswege analysiert und bewertet.
1.3 Gang der Arbeit
Die Arbeit ist neben der Einleitung und einem abschließenden Resümee in fünf weitere Kapitel untergliedert.
Nach der Einleitung folgen im zweiten Kapitel zunächst definitorische Grundlagen, welche dem besseren Verständnis der Arbeit dienen sollen. Im Sinne einer Einführung in das Thema werden dabei die Begriffe Versicherungsvertrieb, Versicherungsvermittler, Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmer sowie Risikomanagement näher erläutert.
Im nachfolgenden Kapitel werden die einzelnen Versicherungs-Vertriebswege aufgezeigt. Dies erfordert eine klare Trennung des traditionellen Vermittlervertriebs von alternativen Vertriebsformen, welche in einer immer stärkeren Konkurrenz zueinander stehen. Aufgrund der Vielfalt der in der Versicherungsbranche vorkommenden Vertriebswege sowie der begrenzten Vorgabe des Umfangs der Arbeit, werden nicht alle am Markt vorhandenen Vertriebswege berücksichtigt, sondern es erfolgt eine Beschränkung auf die wichtigsten Vertriebsformen. So werden beispielsweise der Strukturvertrieb wie auch der Annexvertrieb nicht in die weiteren Ausführungen einbezogen.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit dem Risikomanagement des potentiellen Versicherungsvermittlers. Grundlage bildet dabei der Risikomanagementprozess, wobei lediglich die ersten zwei Stufen, das heißt die Risikoidentifizierung und Risikobewertungen, untersucht werden. Im Sinne der Risikoidentifizierung erfolgt eine Darstellung der Risikolandschaft. Dabei wird insbesondere die EU-Vermittlerrichtlinie als bedeutsames rechtlich-politisches Risiko betont und als exemplarische Grundlage für die weitere Risikobewertung gewählt.
Im fünften Kapitel erfolgt eine vergleichbare Risikomanagement-Betrachtung, allerdings in Bezug auf das Versicherungsunternehmen. Auch hierbei wird zunächst die Risikolandschaft des Unternehmens vorgestellt. Hinsichtlich der dabei aufgezeigten Vermittlerrisiken wird auf die aktuelle Studie „Erfolgsfaktoren im Ausschließlichkeitsvertrieb 2004“ aufmerksam gemacht, welche wiederum als Grundlage für die nachfolgende Risikobewertung dient.
Das Kapitel 6 behandelt den Risikomanagementprozess des Versicherungsnehmers, welchem bei der Wahl des geeigneten Versicherungsvertriebsweges alle auf den Versicherungs- und Finanzdienstleistungsmärkten vorhandenen Vertriebswege zumeist frei zugänglich zur Verfügung stehen. Bei der Risikoidentifizierung werden zunächst allgemeine Risiken aufgezeigt, welche für die Entscheidung des Versicherungsnehmers berücksichtigt werden müssen. Diese sowie weitere spezielle Risiken werden im zweiten Schritt, der Risikobewertung, direkt pro Vertriebsweg analysiert.
Für alle drei Entscheider erfolgt im Anschluss an die Risikobewertung jeweils ein kurzes Fazit.
Im Kapitel 7 werden die wichtigsten Aussagen pro Entscheider nochmals aufgegriffen und in Form eines Resümees zusammengefasst.
2 Definitorische Grundlagen
Um dem Leser eine einführende Wissensgrundlage zu geben, werden in diesem Kapitel zunächst themenrelevante Begriffe und Sachverhalte erläutert und anhand von Definitionen näher eingegrenzt, um einen engeren Themenbezug herzustellen.
2.1 Grundlagen des Risikomanagements
Entgegen der im allgemeinen Sprachgebrauch bekannten negativen Form des Risikobegriffs, welche als Wagnis oder Gefahr bezeichnet wird und dabei lediglich die ungünstige Abweichung vom erwarteten Zielzustand beschreibt, definiert die Theorie das Risiko zugleich auch als mögliche günstigen Abweichung vom Erwartungswert und bezieht somit auch die Chance mit ein.[3]
Insofern Risiken als Managementobjekte verstanden werden, bezeichnet Risikomanagement alle risikobezogenen Aufgaben und Tätigkeiten im Unternehmen. Laut Definition befasst sich das Risikomanagement mit der „Identifikation, Analyse und Bewertung potenzieller Risiken, die kurz-, mittel- und langfristig Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage haben können“[4]. Durch das Risikomanagement soll der Fortbestand des Unternehmens gesichert werden, indem gefährdende Entwicklungen frühzeitig erkannt werden und so die Unternehmensziele gegen störende Ereignisse abgesichert sind.[5] Eines der bedeutendsten gesetzlichen Grundlagen für das Risikomanagement deutscher Unternehmen stellt das 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) dar, welches die Vorstände börsennotierter Unternehmen zur Einrichtung eines Risikomanagementsystems verpflichtet, dessen wesentliche Elemente aus einem Frühwarnsystem, dem Controlling sowie der Revision bestehen.[6]
Die Umsetzung des Risikomanagements in der Unternehmenspraxis erfolgt in Form eines Risikomanagementprozesses. Dieser Prozess stellt einen Regelkreis dar und beinhaltet folgende vier Schritte.
Begonnen wird stets mit der Risikoidentifikation, wobei möglichst alle das Unternehmen betreffenden Risiken und Risikobereiche frühzeitig erkannt und erfasst werden. Durch die Auswertung der relevanten gesetzlichen und gesetzesähnlichen Vorgaben und Regelungen (z.B. HGB, Aktiengesetz, KonTraG) werden die wichtigsten Risiken und ihre Quellen anhand verschiedener Ansätze und Methoden abgeleitet. Generell ist jedoch zu beachten, dass bedingt durch fehlerhaftes menschliches Verhalten bestimmte Risiken nicht erkannt werden oder aufgrund so genannter Strukturbrücken noch nicht beziehungsweise nicht exakt identifiziert werden können. Die so genannte Verwerfung der Zeitstabilitätshypothese wird im Rahmen der Früherkennung (und Frühwarnung) aufgegriffen. Ziel hierbei ist das Auffangen von Signalen aus dem Unternehmensumfeld, wodurch zukünftige Bedrohungen sowie Chancen für das Unternehmen weit im Voraus vorhergesagt werden können.
Im zweiten Schritt folgt die Risikobewertung, wobei für die identifizierten Risiken die jeweiligen Einflussfaktoren, Wechselwirkungen und Konsequenzen analysiert werden. Durch die Ermittlung der Risikohöhe und Risikowahrscheinlichkeit lassen sich die „Risiken hinsichtlich ihres Erwartungswertes und möglicher weiterer Risikomaße quantifizieren“[7], wodurch dann das Risiko anhand des ermittelten potentiellen Schadens bewertet wird. Auch nicht quantifizierbare Risiken können durch die Analyse der Einflussfaktoren sowie der möglichen Auswirkungen analysiert und bewertet werden.[8]
Die Risikosteuerung stellt den dritten Schritt dar und beschreibt sämtliche Maßnahmen, die zur Reduzierung des Gesamtrisikos führen. Hierbei wird ein „ausgewogenes Verhältnis zwischen Ertrag (Chance) und Verlustgefahr (Risiko)“ angestrebt.[9] Um das Gesamtrisiko umfassend und aktiv zu steuern, werden folgende Maßnahmen unterschieden. Ein großer Teil der identifizierten Risiken kann bereits durch aktives Vermeiden ausgeklammert werden. Eine weitere Reduzierung des Gesamtrisikos erzielt man durch die Verminderung bestimmter Risiken, indem man auf deren möglichen Schadeneintritt sowie Schadenhöhe direkt einwirken kann. Einige der übrigen Risiken können zudem bedingt auf Dritte abgewälzt werden. Neben der klassischen Form der Versicherung kann hierfür auch ein aktiver Risikotransfer oder eine alternative Risikofinanzierung zum Einsatz kommen. Das dann verbleibende Restrisiko wird vom Unternehmen entweder als akzeptables Risiko selbst getragen oder kann beispielsweise über eine Eigenversicherung (Captive) „versichert“ werden.
Im vierten Schritt erfolgt die Risikokontrolle. Hierbei wird zunächst das vorhandene Informationssystem auf Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit und Relevanz geprüft. Ein ebenso wichtiger Schritt ist die erneute Analyse der betrachteten Risiken, wobei insbesondere die Abhängigkeiten untereinander untersucht werden. Dabei sollen vor allem ungünstige Abhängigkeiten verringert und komplementäre Risiken gefördert werden. Des Weiteren wird auch geprüft, ob die vorgesehenen risikopolitischen Maßnahmen auch erfolgreich durchgeführt wurden.
Analog dem im Unternehmen angewandten vierstufigen Regelkreis, stellt sich das Risikomanagement des Vermittlers sowie des Kunden als komplexer Entscheidungsprozesses dar, wobei die verhaltensorientierte Betrachtung im Vordergrund steht. Dies wird in dem nachfolgenden Risikobewältigungsmodell verdeutlicht.
Bei dem interdisziplinären Risikoprozess gilt als Prämisse das Streben nach Sicherheit, welches als Leitziel eines jeden Individuums verstanden wird. Der Prozess beginnt mit der physischen Wahrnehmung aller relevanten Sachverhalte inklusive der Identifizierung aller Risiken. Durch einstellungsbedingte Wahrnehmungsprozesse werden die Risikoinformationen abstrahiert, wodurch sich ein, auf Erfahrungen basiertes, empfundenes Sicherheitsniveau bildet. Meist besteht dann, aufgrund von Risikoaversion, ein Gefühl der Unsicherheit, welches dem Leitziel entsprechend gesenkt werden muss. Nachdem die Risikolage also beurteilt und eine Handlungsbereitschaft in Form von Motivation vorhanden ist, folgt die Risikobewältigung, wobei vier Handlungsalternativen zur Wahl stehen. Entscheidet man sich dabei für die Risikovermeidung, so werden die Risiken entweder bewusst umgangen oder präventiv abgelehnt. Dies erscheint jedoch meist im Hinblick auf die Zielerreichung als wenig sinnvoll, da bestimmte originäre Risiken unvermeidbar sind. Bei der Risikoüberwälzung werden dagegen die Risiken auf einen anderen Risikoträger transferiert. Im Rahmen der Risikoverminderung wird stattdessen versucht, mittels Schadenverhütungs- oder Schadenherabsetzungsmaßnehmen positiv auf die Schadeneintrittswahrscheinlichkeit oder Schadenhöhe einzuwirken. Als letzte Alternative können die Risiken auch bewusst akzeptiert werden. Man spricht dann von aktiver Risikoselbsttragung. Nach Abschluss der durchgeführten Risikobewältigungsmaßnahme wird im Rahmen der Risikokontrolle geprüft, ob das psychisch wahrgenommene Sicherheitsniveau durch die gewählte Sicherungsmaßnahme in ausreichendem Maß erhöht wurde. Besteht nach der Risikobewältigung ein Gefühl der Sicherheit, so endet der Risikoprozess. Wurde das Sicherheitsniveau nicht ausreichend erhöht, wird der Prozess wiederholt. Vorausgesetzt, die Person empfindet bereits nach der Risikowahrnehmung und Informationsverarbeitung bedingt durch eine generelle Risikoindifferenz oder Risikofreude, ein ausreichendes Sicherheitsempfinden, so ist der Bewältigungsprozess an dieser Stelle vorzeitig beendet und es müssen keine weiteren Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden.[10]
Die Strategie des durchgeführten Risikomanagements ist generell abhängig von den individuellen Einstellungen und Entscheidungsstrukturen der einzelnen Entscheidungsträger gegenüber dem Risiko. Zu unterscheiden sind dabei risikofreudige, risikoneutrale und risikoscheue Entscheider.[11]
Im Hinblick auf die nachfolgenden Ausarbeitungen sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Risikomanagementprozesse der drei betrachteten Entscheider nicht in ihrer Gesamtheit betrachtet werden, sondern lediglich die Risikoidentifikation und Risikoanalyse erläutert werden. Eine komplette Betrachtung des Prozesses inklusive Risikosteuerung und Risikokontrolle wäre, abgesehen von der begrenzten Vorgabe zum Umfang der Arbeit, mit den zahlreichen zu treffenden, spekulativen und einstellungsabhängigen Annahmen wenig sinnvoll.
2.2 Grundlagen des Versicherungsvertriebs
Nachfolgend werden die Begriffe Versicherungsvertrieb, Versicherungsvermittler, Versicherungsunternehmen sowie Versicherungsnehmer erläutert.
2.2.1 Vertrieb in der Versicherungswirtschaft
Allgemein versteht man unter Versicherungsvertrieb „die Organisation, die auf ihre spezielle Art und Weise für ein Versicherungsunternehmen den Kontakt zu potentiellen Kunden sucht und die gewonnenen Versicherungsnehmer betreut“[12].
Zum Versicherungsvertrieb zählen alle verkaufsrelevanten Entscheidungen und Maßnahmen sowie die durchführenden Organisationseinheiten des Versicherungsunternehmens. Der Absatz von Versicherungsprodukten ist somit das Ziel und das Ergebnis der vertrieblichen Tätigkeit und die Aufgabe der Vertriebsorgane. Bei der Herstellung von Versicherungsschutz liegt der Absatz nicht nur zeitlich vor der Produktion, er bildet auch deren Grundlage; ohne die Mitwirkung des Kunden kann die Produktion nicht erfolgen. Das Wirtschaftsgut des Versicherungsunternehmens steht somit im ursächlichen Zusammenhang mit dem Absatz. Dieser hat konstitutive Bedeutung für die Leistungserstellung und alle anderen betriebswirtschaftlichen Teilbereiche. Da der Absatz über die Vertriebsorgane generiert wird, kommt dem Vertrieb insgesamt eine entscheidende Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg eines Versicherers zu und er genießt daher eine hohe Priorität. Die im Rahmen der Distributionspolitik zu treffenden Entscheidungen werden damit zu einem Schlüsselfaktor im Wettbewerb. Für die weitgehend gesättigten Versicherungsmärkte wird so der Vertrieb zu einem Engpassfaktor und damit zu einer wichtigen Risikomanagementebene im Unternehmen.
Um einen persönlichen Kundenkontakt herzustellen, werden in der Versicherungspraxis Außendienstmitarbeiter eingesetzt. Hierbei unterscheidet man den angestellten Außendienst des Versicherungsunternehmens vom Außendienst im weiteren Sinne, wozu die freiberuflich tätigen unternehmensgebundenen sowie unternehmensfremden Versicherungsvermittler zählen. Die hierbei dominierenden Vertriebsformen sind der klassische Versicherungsvertreter sowie der Versicherungsmakler. Der Vertrieb ohne Außendienst wird Direktvertrieb genannt und spielt, als Alternative zu den klassischen Vertriebsformen, eine immer größere werdende Rolle. Durch die Fortschritte in den Bereichen Technologie und IT entwickelte sich der Onlinevertrieb als neue Form des Direktvertriebs via Internet. In Anbetracht der allgemeinen Allfinanz-Diskussion muss zudem der Verkauf von Versicherungsprodukten via Bankschalter als weiterer, neuartiger Absatzkanal aufgeführt werden.
Nähere Ausführungen zu den einzelnen Vertriebswegen werden im Kapitel 3. erläutert. An dieser Stelle sei vorab vermerkt, dass hierbei lediglich auf die in der deutschen Versicherungspraxis am gängigsten vorkommenden Vertriebsformen eingegangen wird.
2.2.2 Versicherungsvermittler als Bindeglied zwischen Unternehmen und Kunde
Als Versicherungsvermittler gelten „alle natürlichen oder juristischen Personen, die berechtigt sind, Versicherungsverträge für andere zu vermitteln (anzubahnen) und gegebenenfalls abzuschließen[13] “. Nach dieser Definition sind Versicherungsvermittler die Mittler zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem potenziellen Versicherungsnehmer.
Der Bereich der Versicherungsvermittler gliedert sich in drei verschiedene Hauptsegmente. Neben den unternehmenseigenen Absatzorganen, zu denen die Mitarbeiter im angestellten Außendienst zählen, sind als größte Gruppe die Handelsvertreter gemäß § 84 ff. HGB zu nennen. Zu ihnen zählen die unternehmens-gebundenen Vermittler, welche in Form von haupt- oder nebenberuflichen Ausschließlichkeitsvertreter auftreten. Als zweite Gruppe unterscheidet man die unternehmensfremden Mehrfirmenvertreter und Versicherungsmakler (gemäß Handelsmakler § 93 HGB). Überdies kann der Versicherungsvertrieb über alternative Vertriebswege erfolgen, bei denen die klassischen Versicherungsvermittler eine weniger große Rolle spielen. Der Direkt- sowie Onlinevertrieb verzichtet ganz auf den Einsatz persönlicher Vermittler. Und auch im Verkauf über den Bankschalter werden bereits vorhandene personelle Kapazitäten genutzt.
2.2.3 Versicherungsunternehmen als Institution des Versicherers
Versicherungsunternehmen haben - als Institution der Versicherer - den Betrieb von Versicherungsgeschäften zum Gegenstand und werden in § 1 Abs. 1 VVG als Versicherer bezeichnet. Sie sind durch den Abschluss eines Versicherungsvertrages der Vertragspartner des Versicherungsnehmers. Das Versicherungsunternehmen gewährt dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz und schuldet damit die Gefahrtragung beziehungsweise Entschädigung nach Eintritt eines Versicherungsfalls. Hierfür gebührt ihm ein Beitrag, die Versicherungsprämie.
In dieser Arbeit wird hinsichtlich des Versicherungsunternehmens von einem privatwirtschaftlichen Betrieb der Erstversicherung ausgegangen, wobei das Unternehmen nur Versicherungsverträge mit Versicherungsnehmern als Endverbrauchern des Versicherungsschutzes abschließt. Somit bleibt die gesamte Branche der Rückversicherung außen vor.
2.2.4 Versicherungsnehmer als Vertragspartner des Versicherers
Der Versicherungsnehmer ist diejenige Person, die mit dem Versicherungsunternehmen den Versicherungsvertrag abschließt. Wie aus jedem Vertrag ergeben sich auch aus dem Versicherungsvertrag sowohl für den Versicherer als auch für den Versicherungsnehmer Rechte und Pflichten. Bei dem Versicherungsvertrag steht dabei die Gefahrtragungs- und Leistungspflicht des Versicherers der Prämienleistungspflicht des Versicherungsnehmers gegenüber.
Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit ist es jedem Menschen grundsätzlich freigestellt, ob er sich versichert. Gerade im Bereich des Versicherungsrechts gibt es jedoch auch Ausnahmen von dem Grundsatz der Abschlussfreiheit und der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit. Mehrere gesetzliche aber auch standesrechtliche Bestimmungen verpflichten zum Abschluss eines Versicherungsvertrages[14]. Dabei steht es dem Versicherungskunden allerdings frei, bei welchem Versicherer er Deckungsschutz sucht und über welchen Vertriebsweg er diesen Zugang zum Versicherungsunternehmen findet.
3 Differenzierte Darstellung der Versicherungs-Vertriebswege
Die Vertriebswelt der Assekuranz ist sehr vielfältig geworden. Neben dem klassischen Verkauf via Vermittler, entstanden in den letzten Jahren aufgrund technologischer und ökonomischer Entwicklungen einige alternative Absatzkanäle.
3.1 Klassischer Vertrieb über Versicherungsvermittler
Für den Verkauf von Versicherungsprodukten stellt der klassische Vertrieb über Vermittler noch immer den Hauptabsatzweg dar. Um eine Systematik der verschiedenen Absatzorgane aufzuzeigen, ist das rechtliche und faktische Verhältnis zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Versicherungsvermittler sowie zwischen dem Vermittler und dem Versicherungsnehmer von Bedeutung.[15]
3.1.1 Unternehmenseigene Vermittler
Unternehmenseigene Vermittler stehen in einem Angestelltenverhältnis und sind somit weder rechtlich noch wirtschaftlich selbstständig. Sie gelten als Teile des Versicherungsunternehmens und sind fest in die Organisation des Unternehmens integriert. Für ihre Vermittlertätigkeit erhalten sie ein fixes Gehalt, Spesen sowie absatzbedingte Provisionen. Die unternehmenseigenen Absatzorgane sind in der Zentrale oder Direktion sowie in den dezentralen Vertriebsstellen eines Versicherungsunternehmens anzutreffen. Durch die bestehende Weisungsbindung an den Versicherer, treten sie rechtlich betrachtet als Handlungsgehilfen, Handlungsbevollmächtigte oder Prokuristen auf. Die Mitarbeiter in der Unternehmenszentrale üben dabei die Vermittlertätigkeiten parallel zu ihren eigentlichen Führungsaufgaben des Absatzes und der Vertriebsplanung, -steuerung und -kontrolle aus. Die Vermittlertätigkeit bezieht sich dabei nicht nur auf das Neukundengeschäft, sondern umfasst auch das Neu-, Änderungs- und Verlängerungsgeschäft bei Bestandskunden, wobei sie dabei häufig an wechselnden Orten tätig sind.[16]
3.1.2 Unternehmensgebundene Vermittler
Unternehmensgebundene Absatzorgane sind rechtlich selbstständige Wirtschaftseinheiten, welche vertraglich und/oder faktisch an einen Versicherer oder Versicherungskonzern gebunden sind und dessen Interessen zu wahren haben.[17]
Für den Markt privater Risikoabsicherung kommt dem unternehmensgebundenen Versicherungsvertreter, der auch als Ausschließlichkeits- oder Einfirmenvertreter bezeichnet wird, eine dominierende Rolle zu. Sein Anteil am vermittelten Versicherungsgeschäft liegt seit Jahren fast konstant bei etwa einem Drittel.[18] Er ist nach §§ 84 ff. HGB und insbesondere § 92 (1) HGB Handelsvertreter und somit rechtlich und wirtschaftlich selbstständiger Kaufmann. Er trägt ein eigenes unternehmerisches Risiko und kann seine Tätigkeit und Arbeitszeit frei gestalten. Die vertragsrechtliche Grundlage zur Aufnahme der Vermittlung stellt der Vertretervertrag dar, welcher ein Dauerdienstvertrag zur entgeltlichen Geschäftsbesorgung ist. Darauf basierend, vermittelt der Versicherungsvermittler die Verträge an den Versicherungsnehmer, wobei er vordergründig die Interessen des Versicherungsunternehmens zu vertreten hat. Aufgaben des Versicherungsvermittlers sind die Vermittlung von Versicherungsverträgen und meist auch die damit zusammenhängenden Tätigkeiten der Vertrags- und Schadenbearbeitung. Vereinzelt verfügt der Versicherungsvermittler über eine Vollmacht zum Abschluss der vermittelten Versicherungsgeschäfte. Er vermittelt als selbstständiger Unternehmer die Versicherungsgeschäfte nach eigener Planung meist an eine große Zahl von Versicherungsnehmern in einem regional begrenzten Raum. Ihm obliegt die Wahrung der Interessen des Versicherungsunternehmens, das heißt insbesondere die Akquisition von Neukunden, Berichterstattung und Befolgung von Weisungen, welche sich auf die Versicherungsgeschäfte beziehen. Die Vereinbarung der Ausschließlichkeit der Vermittlung für einen Versicherer oder eines Versicherungskonzerns ist Bestandteil seines Vertrages. Der Ausschließlichkeitsvertreter kommuniziert unmittelbar mit dem Kunden an dessen Standort oder in seinem eigenen Büro. Seine Domäne liegt im Privatkundengeschäft sowie im mittelständischen und gewerblichen Bereich. Hier genießt er im allgemeinen großes Ansehen, da er einerseits kurzfristig und unbürokratisch auf die Bedürfnisse eingehen kann und andererseits über erhebliche Beratungs- und Produktkompetenz verfügt, die nicht zuletzt aufgrund der engen Bindung zu dem Versicherungsunternehmen und dessen Produkten erworben werden kann.
Zusammenfassend lässt sich für den Ausschließlichkeitsvertreter ein Stärken-Schwächen-Profil erstellen, welches erkennen lässt, dass dieser Vertriebsweg deutliche Potentiale besitzt, um sich auch weiterhin gegen die vielfältige Konkurrenz zu behaupten. Betreffend der hohen Kundenakzeptanz sowie der gleichzeitig bestehenden starken Vertrauensbindung zum Kunden, hat der Ausschließlichkeitsvertrieb einen uneinholbaren Vorsprung. Im Gegensatz zu einigen anderen Vertriebsformen, erscheint das vorhandene Niveau der Beratungs- und Servicequalität durch fachliche Qualifikationen und gute Produktkenntnisse recht hoch. Als weitere Stärke zählt auch die besondere Nähe zum Kunden, welche durch eine flächendeckende Präsenz gewährleistet werden kann. Der Ausschließlichkeitsvertrieb gilt als eine dezentrale Form des Unternehmertums mit hoher Akquisitionsleistung. Durch ihn werden Neuerungen und Aktionen aufgrund des bestehenden Marketingverbundes mit dem Versicherungsunternehmen schnell und schlagkräftig umgesetzt. Und allein er bietet dem Versicherer die Möglichkeit, geplante Cross-Selling-Aktionen direkt steuern zu können, wodurch sein Wert für das Unternehmen deutlich steigt. Negativ zu bewerten sind dagegen die als allgemeine Schwächen von „Einmannbetrieben“ bekannten Risikofaktoren der unzulänglichen Erreichbarkeit oder einer fehlenden Spezialisierung sowie der möglichen Verzettelung in zu viele verschiedene Vertriebsschwerpunkte. In diesem Zusammenhang ist auch die vermehrte Überlastung der Vertreter, verursacht durch zu viel Verwaltungsarbeiten zu Lasten der eigentlichen Vertriebstätigkeit, zu nennen. Trotz oder gerade wegen der allgegenwärtigen Präsenz fehlt es oft an einem einheitlichen Servicestandard und dem homogenen Auftreten der Vermittler nach außen.[19]
„Neben den hauptberuflichen Ausschließlichkeitsvermittlern gibt es in der Assekuranz noch ein breites Heer von nebenberuflichen Vermittlern.“[20] Diese üben ihre Vermittlertätigkeit in der Regel zusätzlich zu ihrem eigentlichen Hauptberuf aus. Bedingt durch die relativ geringen Zeitreserven sind sie überwiegend im einfachen Privatgeschäft tätig und werden dabei durch Inspektoren unterstützt. Durch diesen erhöhten Betreuungsaufwand erhalten die nebenberuflichen Vermittler einen geringeren Provisionssatz als ein hauptberuflicher Vermittler.
3.1.3 Unternehmensfremde Vermittler
Unternehmensfremde Absatzorgane produzieren als rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Einheiten Vermittlungsdienstleistungen und liefern diese gegen Entgelt an das Versicherungsunternehmen. Der Versicherungsmakler ist hierbei die bekannteste Form. Einen Grenzfall bilden die mit dem Versicherungsnehmer verbundenen oder in seinem Eigentum stehenden Captive Broker. Sie sind weniger Absatzorgane des Versicherungsunternehmens, sondern mehr Beschaffungsorgane des Kunden, soweit sie nur für das eigene Mutterunternehmen tätig werden und ausschließlich dessen Interessen wahrnehmen. Als die beiden wesentlichsten Formen unternehmensfremder Absatzorgane gelten der Mehrfirmenvertreter und der Versicherungsmakler.
Der Mehrfirmenvertreter vermittelt „ständig Versicherungsgeschäft für mehrere Versicherungsunternehmen (..), die voneinander unabhängig sind“[21]. Im Gegensatz zur selbstständigen Ausschließlichkeitsorganisation ist er nicht an ein bestimmtes Versicherungsunternehmen gebunden, sondern unterhält Agenturverhältnisse mit mehreren untereinander konkurrierenden Versicherern, von denen er jedoch im Unterschied zum Versicherungsmakler nicht unabhängig ist. Der Mehrfirmenvertreter deckt in der Regel kein spezielles Marktsegment ab, sondern bietet ein relativ vielfältiges Produktprogramm an. Wenn sich die Produktprogramme der vertretenen Unternehmen überschneiden, spricht man auch vom „echten“ Mehrfirmenvertreter, welcher damit zwischen dem Ausschließlichkeitsvertreter einerseits und dem Versicherungsmakler andererseits steht. Dagegen verwendet man den Begriff „unechter“ Mehrfirmenvertreter im Falle nicht vorhandener Überschneidungen, zum Beispiel bei einem bestehenden Agenturvertrag mit einem Lebensversicherer und einem weiteren Kompositversicherer.[22]
Versicherungsmakler vermitteln in der Regel Leistungen an eine große Zahl von Versicherern und Versicherungsnehmern. Sie sind Handelsmakler im Sinne der §§ 93 ff., 98 HGB. Die Tätigkeit des Versicherungsmaklers umfasst die gewerbliche Anbahnung, die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsgeschäften für den Versicherer und/oder den Versicherungsnehmer, ohne dass er von den Parteien damit ständig beauftragt ist. Makler sind von einzelnen Versicherern unabhängige Vermittler und somit in der Position eine eigenständige Marketingstrategie und -politik zu verfolgen. Sie sind zwar theoretisch unabhängig von Versicherungsunternehmen und Kunden, jedoch orientiert sich ihr Handeln in der Regel stärker am Kundeninteresse. Der Kunde initiiert die Tätigkeit des Maklers. Der Maklervertrag legt Art und Umfang der vom Makler zu übernehmenden Aufgaben fest. Versicherungsmakler sind somit nicht nur Absatzorgane für die Versicherungsunternehmen, sondern vor allem Beschaffungsorgane für die Kunden. Die institutionelle Unabhängigkeit ist für den Versicherungsmakler wichtig, damit er frei bestimmen kann, bei welchen Versicherungsunternehmen er die Risiken seines Kunden platzieren kann. Makler sind aufgrund ihrer rechtlichen Stellung vom Versicherungsunternehmen weniger steuerbar als die an sie gebundenen Versicherungsvermittler. Versuche, den Kunden direkt, das heißt unter Umgehung des Maklers, zu kontaktieren, führen oft zu Verstimmungen zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Makler. Sie sind mitunter auch Ursache für den vollständigen Abbruch von Geschäftsbeziehungen. Neben der rechtlichen Stellung können auch aufgrund einer fehlenden Harmonie der Unternehmenskulturen im Versicherungs- und Maklerunternehmen erhebliche Spannungen auftreten. Die Notwendigkeit einer Verbindung beider Kulturen findet bei vielen Versicherungsgesellschaften in der Tätigkeit des Maklerbetreuers ihren Ausdruck. Obwohl der Versicherungsmakler nur temporär von Fall zu Fall für das Versicherungsunternehmen tätig wird, können und werden in der Regel Abhängigkeiten zum Versicherungsunternehmen bestehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Makler Verwaltungsaufgaben oder Schadenregulierungen für einen Versicherer übernimmt. Zudem befindet sich der Versicherungsmakler aus Kundensicht allein schon dadurch in einer „unerwünschten“ Abhängigkeit, dass er durch Courtagevereinbarungen aufgrund von Gewohnheitsrechten vom Versicherer entlohnt wird. Makler haben eine weitgehende Haftung und weitgehende Pflichten gegenüber ihren Kunden. Sie haften sowohl dem Versicherungsnehmer als auch dem Versicherungsunternehmen für den durch ihr Verschulden entstehenden Schaden. Je schärfer der Staat das Haftungsrecht für die Versicherungsmakler gestaltet, umso eher hat es den Charakter einer Garantie für bestimmte Produkteigenschaften. Allerdings kann der Versicherungsmakler nicht haftbar gemacht werden, wenn er den Kunden nachweislich gewissenhaft und sorgfältig beraten hat und seinen Pflichten aus dem Maklervertrag einwandfrei nachgekommen ist. Ob ein Makler mit einem Versicherer in eine Geschäftsbeziehung tritt, hängt in hohem Maße vom Marketing des Versicherers ab. In besonderem Maße entscheidungsrelevant sind die Übereinstimmung der Produkte des Versicherers mit dem Kundenbedarf sowie die Prämienhöhe. Zudem stellt die Höhe der Courtage für Makler eine Restriktion im Rahmen ihrer geschäftspolitischen Entscheidungen dar. Nicht zuletzt ist auch die Qualität der Vertrags- und Schadenbearbeitung durch den Versicherer ein wichtiges Entscheidungskriterium.[23]
Die Versicherungsmakler können weiterhin unterschieden werden in mittelständische Makler, Industrieversicherungsmakler und Captive Broker.
Der mittelständische Versicherungsmakler hat sich auf bestimmte Kundensegmente im gewerblichen sowie gehobenen Privatkundengeschäft spezialisiert, mit denen er in intensiven und langfristigen Geschäftsbeziehungen steht.[24]
[...]
[1] Vgl. o.V.: Vertreter weiter vorn, in: Zeitschrift für Versicherungswesen, 56. Jg., Heft 5, 2005, S. 152.
[2] Vgl. o.V.: Vertreterzufriedenheit und -bindung als Voraussetzung für den Vertriebserfolg, http://www.vvb-koeln.de/Deutsch/News/Aktuell/News168/news168.htm, (14.10.2005 – Dokument 1 der CD).
[3] Vgl. Romeike, F./Müller-Reichart, M.: Risikomanagement in Versicherungsunternehmen – Grundlagen, Methoden, Checklisten und Implementierung, 1. Aufl., Wiley-VCH, 2005, S. 47.
[4] Romeike, F./Müller-Reichart, M. (2005), S. 396.
[5] Vgl. Romeike, F./Müller-Reichart, M. (2005), S. 396.
[6] Vgl. Wucknitz, U. D.: Personal-Rating und Personal-Risikomanagement – Wie mittelständische Unternehmen ihre Bewertung verbessern, Schäffer-Poeschel, 2005, S. 17.
[7] Romeike, F./Müller-Reichart, M. (2005), S. 74.
[8] Vgl. Wucknitz, U. D. (2005), S. 21.
[9] Romeike, F./Müller-Reichart, M. (2005), S. 78-79.
[10] Vgl. Romeike, F./Müller-Reichart, M. (2005), S. 327-329.
[11] Vgl. Wagner, F.: Risk Management im Erstversicherungsunternehmen – Modelle, Strategien, Ziele, Mittel, VVW, 2000, S. 24.
[12] von Fürstenwerth, F./Weiß, A.: Versicherungs-Alphabet - Begriffserläuterungen der Versicherung aus Theorie und Praxis, 10. Aufl., VVW, 2001, S. 722.
[13] von Fürstenwerth, F./Weiß, A. (2001), S. 713.
[14] Vgl. § 158b-k VVG.
[15] Vgl. Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, 3. Aufl., 2000, VVW, S. 685.
[16] Vgl. Görgen, F.: Versicherungsmarketing, Kohlhammer, 2002, S. 188-189.
[17] Vgl. Farny, D. (2000), S. 685.
[18] Vgl. Horgby, P.-J./Lieske, D. (2001) zitiert nach Görgen, F.: Versicherungsmarketing, Kohlhammer, 2002, S. 189.
[19] Vgl. Koch, E.-A.: Die Zukunft des Ausschließlichkeitsvertriebes in Deutschland, in: Wagner, F./Koch, G. (Hrsg.), Leipziger Schriften zur Versicherungswirtschaft - Aktuelle Fragen in der Versicherungswirtschaft, Heft 1, VVW, 1999, S. 55.
[20] Kurtenbach, W./Kühlmann, K./Käßer-Pawelka, G.: Versicherungsmarketing – Eine praxisorientierte Einführung in das Marketing für Versicherungen und ergänzende Finanzdienstleistungen, 2. Aufl., Knapp, 1990, S. 171.
[21] Görgen, F. (2002), S. 191.
[22] Vgl. Ludwig, R.: Vergütungssysteme in der Versicherungswirtschaft im Spannungsfeld zwischen Anbieter, Vermittler und Verbraucher, Dissertation, Zugelassen in Münster (Westfalen), VVW, 1994, S. 14-15.
[23] Vgl. Görgen, F. (2002), S. 191-193.
[24] Vgl. Görgen, F. (2002), S. 193-194.
- Citar trabajo
- Alina Dorl (Autor), 2005, Risikomanagement der Versicherungs-Vertriebswegewahl - Chancen und Wagnisse für potentielle Vermittler, Unternehmen und Versicherungsnehmer, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49722
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