Die gesprochene Sprache ist im Gegensatz zu vielen anderen sprachtheoretischen Forschungsdisziplinen ein noch recht junges Fachgebiet. Verfasste Johann Christoph ADELUNG schon Ende des 18. Jahrhunderts die erste umfassende Grammatik und reichen Forschungen auf diesem Gebiet noch wesentlich weiter zurück, wurde die gesprochene Sprache als Thema der Wissenschaft erst 1899 von Otto BEHAGEL entdeckt. Ein richtiger Forschungszweig gründete sich jedoch erst in den 60er Jahren, als sich die technischen Möglichkeiten zur Aufzeichnung gesprochener Sprache wesentlich verbessert hatten (SCHWITALLA1997, S. 14). Somit haben wir es bei der Analyse gesprochener Sprache mit einem vergleichsweise neuen Forschungsgegenstand zu tun.
Die vorliegende Hausarbeit wird sich zunächst der Theorie widmen und die gesprochene von der geschriebenen Sprache abgrenzen sowie ein gängiges Konzeptionsmodell vorstellen. Anschließend werden die syntaktischen Spezifika der gesprochenen Sprache dargelegt, ebenso die Prozesse des Code-Shiftings, Code-Switchings und der Code-Fluktuation. Im Empirieteil der Arbeit wird zunächst kurz auf Methoden der Datenerhebung in der Sprachforschung eingegangen und die gewählte Analysemethode begründet. Im Folgenden werden die im Theorieteil beschriebenen syntaktischen Auffälligkeiten der gesprochenen Sprache an einer Transkription nachgewiesen und ihre Funktionen innerhalb der Konversation gedeutet. Ebenso wird die Analyseproblematik von Shifting-Prozessen mit dem vorliegenden Datenmaterial eingegangen. In der abschließenden Zusammenfassung wird die Sprachkonzeption der analysierten Person in einen Gesamtzusammenhang eingeordnet sowie ihr allgemeines Sprachverhalten zusammengefasst und bewertet.
Inhaltsverzeichnis
I. Theorieteil
1. Problemstellung
2. Abgrenzung der gesprochenen Sprache von der geschriebenen Sprache
3. Syntaktische Besonderheiten der gesprochenen Sprache
4. Code-Shifting, Code-Switching und Code-Fluktuation
II. Empirieteil
1. Datenerhebung in der Sprachforschung
2. Analyse syntaktischer Besonderheiten in der gesprochenen Sprache
2.1 Kurzformen
2.2 Formen syntaktischer Diskontinuität
2.3 Anakoluthformen
3. Analyse des Code-Shiftings im privaten Umfeld
4. Zusammenfassung
III. Literatur
IV. Anhang
Transkript, 20 Seiten
I. Theorieteil
1. Problemstellung
Die gesprochene Sprache ist im Gegensatz zu vielen anderen sprachtheoretischen Forschungsdisziplinen ein noch recht junges Fachgebiet. Verfasste Johann Christoph ADELUNG schon Ende des 18. Jahrhunderts die erste umfassende Grammatik und reichen Forschungen auf diesem Gebiet noch wesentlich weiter zurück, wurde die gesprochene Sprache als Thema der Wissenschaft erst 1899 von Otto BEHAGEL entdeckt.
Ein richtiger Forschungszweig gründete sich jedoch erst in den 60er Jahren, als sich die technischen Möglichkeiten zur Aufzeichnung gesprochener Sprache wesentlich verbessert hatten (SCHWITALLA1997, S. 14).
Somit haben wir es bei der Analyse gesprochener Sprache mit einem vergleichsweise neuen Forschungsgegenstand zu tun.
Die vorliegende Hausarbeit wird sich zunächst der Theorie widmen und die gesprochene von der geschriebenen Sprache abgrenzen sowie ein gängiges Konzeptionsmodell vorstellen.
Anschließend werden die syntaktischen Spezifika der gesprochenen Sprache dargelegt, ebenso die Prozesse des Code-Shiftings, Code-Switchings und der Code-Fluktuation.
Im Empirieteil der Arbeit wird zunächst kurz auf Methoden der Datenerhebung in der Sprachforschung eingegangen und die gewählte Analysemethode begründet.
Im Folgenden werden die im Theorieteil beschriebenen syntaktischen Auffälligkeiten der gesprochenen Sprache an einer Transkription nachgewiesen und ihre Funktionen innerhalb der Konversation gedeutet.
Ebenso wird die Analyseproblematik von Shifting-Prozessen mit dem vorliegenden Datenmaterial eingegangen.
In der abschließenden Zusammenfassung wird die Sprachkonzeption der analysierten Person in einen Gesamtzusammenhang eingeordnet sowie ihr allgemeines Sprachverhalten zusammengefasst und bewertet.
2. Abgrenzung der gesprochenen Sprache von der geschriebenen Sprache
Zur Abgrenzung der gesprochenen Sprache von der geschriebenen Sprache, bzw. zur Verdeutlichung deren Differenz, sind zahlreiche grundsätzliche Unterschiede beschrieben worden, auf die im Folgenden kurz eingegangen wird.
Zunächst muss man konstatieren, dass der Zeitaspekte im Vergleich gesprochener und geschriebener Sprache eine große Rolle spielt, denn wir sprechen wesentlich schneller als das wir schreiben. Demzufolge hat man beim Sprechen weniger Planungszeit, da mehr Wörter pro Zeiteinheit gesprochen werden, beim Schreiben hingegen ist wesentlich mehr Zeit vorhanden, um z. B. die Satzkonstruktionen zu überdenken. Daraus resultieren in der gesprochenen Sprache verglichen mit der geschriebenen Sprache ganz unterschiedlich aufgebaute Satzkonstruktionen auf die in der Folge noch eingegangen wird.
Verbunden mit dem geringeren Zeitaufwand, der für das Sprechen aufgewandt werden muss, besitzt die gesprochene Sprache das Merkmal der Flüchtigkeit. Sie ist eben nicht schriftlich manifestiert und immer wieder abrufbar, sondern ihr Grad der Beständigkeit ist abhängig von der ihr entgegen gebrachten Aufmerksamkeit.
Außerdem herrscht in der gesprochenen Sprache eine „kopräsente Interaktion“ (SCHWITALLA 1997, S. 26), was bedeutet, das wir denjenigen, mit dem wir sprechen, sehen können. Dies ist in der Schriftsprache selbstverständlich nicht gegeben und bringt eine ganze Reihe an neuen, die gesprochene Sprache betreffenden, Aspekten hinzu.
Es ist nunmehr möglich, auf Gegenstände zu zeigen oder den Gegenüber direkt anzusprechen. Es sind Auslassungen an Stellen möglich, die den Sprechern durch den Kontext klar sind, rein syntaktisch betrachtet jedoch falsch wären.
Des weiteren findet die Mimik und Gestik der beteiligten Personen Eingang in die Sprache, man weiß den Gemütszustand des anderen und um die Umstände, unter denen das Gespräch zustande kam, einzuschätzen.
Mit dem Punkt der Anwesenheit von Sprecher und Hörer hängt unmittelbar auch die Variabilität und Normiertheit der Sprache zusammen. Grundsätzlich ist die Variabilität der gesprochenen Sprache um ein vielfaches höher als in der geschriebenen Sprache. Dies hängt allein schon mit den vielen verschiedenen dialektalen Einflüssen zusammen, denen ein Sprecher unterworfen sein kann. Gleichfalls nimmt aufgrund dieser Einflüsse natürlich auch die Normiertheit der Sprache ab. Auf dieses Phänomen wird im Abschnitt „Code-Shifting“ noch intensiv eingegangen.
Ein weiterer prägnanter Unterschied zwischen mündlicher und schriftlicher Sprachverwendung ist, dass dem jeweiligen Zuhörer die Gedankenbildung des Gesprächspartners nicht verborgen bleibt. Häufig werden beim Sprechen innerhalb einer Satzstruktur Korrekturen vorgenommen, der Satz wird dann nicht flüssig vorgetragen. Dies muss die Konversation nicht zwangsläufig stören, es kann sogar kommunikative Vorteile bergen, wenn zum Beispiel durch einen Satzabbruch der Gesprächpartner zur Vollendung des Satzes angeregt werden soll.
Als letzten grundsätzlichen Unterschied charakterisiert SCHWITALLA den Aspekt der Bedeutungskonstitution, welche man in einem Gespräch, anders als in der geschriebenen Sprache, verfolgen und beeinflussen kann. Dies geschieht dadurch, dass beim dialogischen Sprechen die Möglichkeit des Widerspruchs, des Korrigierens, Präzisierens usw. besteht, was in der geschriebenen Sprache nicht machbar ist. Durch diese Einflussnahme des Gesprächspartners konstituiert sich die Bedeutung der Rede in einer Interaktion, so dass am Gesprächsende gegebenenfalls ein anderes Ergebnis steht, als es zu Beginn des Gesprächs initiiert war. Dies ist in der geschriebenen Sprache nicht möglich, da der Schreiber hier losgelöst von der Meinung des Lesers seine ganz eigene Meinung darlegt (SCHWITALLA 1997, S. 30ff).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Anwendung von konzeptioneller Mündlichkeit und Schriftlichkeit auf verschiedene Textsorten
Eine bedeutende Kategorisierungsmöglichkeit von gesprochener Sprache haben Koch/Oesterreicher etabliert. Deren Darstellung arbeitet im Wesentlichen mit den Indikatoren der Nähe und Distanz (s. Abb. 1[Bader 2001, S. 26]), mit denen die Konzeption der Äußerung definiert werden kann. Ein vertrautes Gespräch ist demnach eher konzeptionell mündlich orientiert, während sich z. B. Predigten schon eher an der konzeptionellen Schriftlichkeit orientieren. Verbunden mit der Konzeption einer Äußerung ist auch immer die Normnähe oder die Abweichung von eben dieser. So wird ein Telefonat mit einem guten Freund sicher weniger formgebunden sein als ein Bewerbungsgespräch. Mit diesem Modell ist es auch möglich, eventuelle Code-Shifting-Vorgänge anhand des thematischen Inhalts des Gesprächs zu deuten, den Grund eines Konzeptionswechsels also fundiert zu beleuchten.
Eine abschließende Kategorisierung des im Empirieteil analysierten Gesprächs anhand des beschriebenen Modells wird am Ende der Arbeit erfolgen.
3. Syntaktische Besonderheiten der gesprochenen Sprache
Die gesprochene Sprache unterscheidet sich auch in der Syntax stark von der geschriebenen Sprache. Die im Folgenden beschriebenen Phänomene werden auch im Analyseteil der Hausarbeit verwendet und dort mit mehreren adäquaten Beispielen versehen. Hierbei folge ich den Kategorien nach SCHWITALLA, der nur diejenigen beschrieben hat, die sich „auffallend vom Geschriebenen unterscheiden“ (SCHWITALLA 1997, S. 66).
Ausgelassen werden mit Rücksicht auf den Gesamtumfang der Arbeit die Kategorien der syntaktischen Komplexität, das Verb sowie Konjunktionen.
[...]
- Citation du texte
- André Sperlich (Auteur), 2005, Gesprochene Sprache in Theorie und Praxis - Syntaktische und sprachliche Variationen am praktischen Beispiel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49697
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