Doping ist im Leistungssport ein fortwährendes Problem. Immer wieder berichten Medien von Dopingskandalen und die Liste an verbotenen Substanzen wird immer länger. Auch im Freizeitsport greifen Sportler häufig zu leistungssteigernden Mitteln. Die wenigsten Sportler sind sich über die gesundheitsschädlichen Folgen bewusst und lassen sich durch Leistungsdruck, aber auch durch Medien und Marketingstrategien beeinflussen. So ist es umso wichtiger, präventive Maßnahmen zu ergreifen und das Bewusstsein in unserer Gesellschaft zu schärfen.
Wie lässt sich der Missbrauch von Dopingmitteln einschränken? Welche Alternativen zu synthetischen Dopingmitteln gibt es? Und ist durch natürliche Substanzen überhaupt eine Leistungssteigerung möglich?
Die Autorin Silivia Dreiling klärt die wichtigsten Fragen zum Thema Doping und erläutert präventive Maßnahmen. Dafür vergleicht die Autorin synthetische und natürliche Dopingmittel und -methoden. Sie untersucht deren Wirkung und gesundheitliche Risiken und stellt alternative Methoden vor, die nicht gesundheitsschädlich sind.
Aus dem Inhalt:
- Welt-Anti-Doping-Agentur
- Makronährstoffe
- Mikronährstoffe
- Blutdoping
- Nutrigenetik
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Was versteht man unter Leistung
3 Doping im Freizeit- und Breitensport
4 Beweggründe für Doping
5 Synthetische Dopingmittel und -methoden
5.1 Dopingklassifikationen
5.2 Wirkstoffe und Methoden, die in und außerhalb von Wettkämpfen verboten sind
5.3 Ausschließlich im Rahmen von Wettkämpfen verbotene Wirkstoffe und Methoden
5.4 In bestimmten Sportarten im Wettkampf verbotene Wirkstoffe
5.5 Spezielle Wirkstoffe
5.6 Sauerstoff-Gabe
6 Natürliche Dopingmittel /-methoden
6.1 Makronährstoffe
6.2 Mikronährstoffe
6.3 Koffeinhaltige Getränke
6.4 Erogen wirksame Kräuter
6.5 Nahrungsergänzungsmittel
7 Genetik und sportliche Leistung
8 Fazit
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abstract
Doping ist heute ein gängiger Begriff und das nicht nur im Spitzensport. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, in der das Streben nach Leistungssteigerung dazu geführt hat, dass mittlerweile auch im Freizeit- und Breitensport Dopingmittel und -methoden keine Seltenheit mehr sind. Das Problem ist, dass sich nur wenige Menschen über die verschiedenen Mittel und Methoden zur Leistungssteigerung informieren und ihre gesundheitlichen Risiken nicht bedenken oder schlichtweg ignorieren. Da Doping ein fortwährendes Problem darstellt, scheint es umso wichtiger, präventive Maßnahmen zu ergreifen und das Bewusstsein in unserer Gesellschaft zu steigern. Ziel dieser Arbeit ist es daher, einen Überblick über das Thema „Doping“, sowie über natürliche Dopingalternativen zur Leistungssteigerung zu geben. Dazu wird ein Vergleich zwischen synthetischen Dopingmitteln und -methoden und alternativen, natürlichen Dopingmitteln und -methoden hinsichtlich ihrer leistungssteigernden Wirkung und ihrer gesundheitlichen Risiken hergestellt. Zusammenfassend zeigt sich, dass es sehr viele synthetische Mittel und Methoden gibt, die nachweislich die Leistung steigern, jedoch nur relativ wenig natürliche. Eine Wirksamkeit vieler natürlicher Substanzen und Methoden kann teilweise belegt oder nur vermutet werden, da bis dato zu wenig wissenschaftliche Ergebnisse vorliegen. Ein direkter Vergleich der Effektivität von synthetischen und natürlichen Dopingmitteln und -methoden mithilfe aussagekräftiger Daten ist deshalb noch nicht möglich. Fakt ist jedoch, dass durch „natürliche Dopingmittel“ durchaus eine Steigerung der Leistungsfähigkeit mit geringeren gesundheitlichen Risiken möglich ist und dieses Potenzial von Sportlerinnen und Sportlern genutzt werden sollte. Insbesondere aus gesundheitlichen und ethischen Gründen sind natürliche, leistungssteigernde Mittel zu bevorzugen.
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The term “doping” is not only well-known in elite sports, today. We live in a performance-oriented society, and the longing for improvement has led to the fact that doping substances and methods have become common in leisure sports, too. The problem is that only few people are well-informed about those substances and methods and often blindly ignore possible health risks. Since doping is a perennial problem in our society, it seems that preventive measures are even more important to raise people’s awareness. Therefore, the aim of this paper is to provide a comprehensive overview about doping and its possible alternative or natural ways of increasing performance in sports. For this purpose, synthetic and natural doping methods and substances are compared regarding their effects on performance and human health. Overall, it can be said that there are numerous synthetic doping substances and methods but only few natural ones which significantly increase sports performance as there is a general lack of adequate scientific findings. Consequently, a direct comparison of the efficiency of synthetic and natural doping substances and methods has not yet been possible. Natural doping is nevertheless a useful means by which an increased performance with simultaneous low health risks can be achieved and thus should be considered by athletes. Especially due to health or ethical reasons, natural performance enhancers should be preferred.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Verwendung leistungsbeeinflussender Mittel nach Häufigkeit der Sportausübung im Fitnessstudio in den letzten 12 Monaten, stratifiziert nach Geschlecht (SIEGMUND-SCHULTZE 2013).
Abbildung 2: a) Zelle mit Darstellung der chromosomal-gebundenen DNA; b) Vermehrung eines Gens mittels PCR und Integration in einen Vektor (bakterielle Plasmid-DNS); c) Einschleusung der Plasmid-DNA in die Zelle mit folgender Wechselwirkung mit der DNA. (SCHÖFFEL et al. 2015)
Abbildung 3: Überblick über die verschiedenen Makronährstoffe (RASCHKA & RUF 2012).
Abbildung 4: Überblick über die Aminosäuren (RASCHKA & RUF 2012).
Abbildung 5: Proteinqualität einiger Lebensmittel (RASCHKA & RUF 2012)
Abbildung 6: Hauptnährstoffverteilung nach Belastungsintensität (Angaben in Energieprozent) (RASCHKA & RUF 2012).
Abbildung 7: Überblick über die verschiedenen Mikronährstoffe (RASCHKA & RUF 2012).
Abbildung 8: Täglicher mittlerer Vitaminbedarf, Funktion und Bedeutung für Sportler (RASCHKA & RUF 2012).
Abbildung 9: Täglicher mittlerer Mineralstoffbedarf für Sportler und Nichtsportler (RASCHKA & RUF 2012).
Abbildung 10: Koffeingehalt in Getränken/ Lebensmitteln (RASCHKA & RUF 2012).
Abbildung 11: Überblick der untersuchten Kräuter hinsichtlich ihrer Wirkung auf Leistung und Gesundheit (SELLAMI et al. 2018).
Abbildung 12: Vergleich verschiedener kohlenhydratreicher Energiespender (RASCHKA & RUF 2012).
Abbildung 13: Zusammenhang zwischen Nährstoff, Genotyp, Leistung und Gesundheit (GUEST et al. 2019).
1 Einleitung
Schneller, höher, stärker – diese drei Worte haben in unserer Gesellschaft im Laufe der letzten Jahre eine besondere Bedeutung erlangt. Bereits ab dem Schulbeginn, oder sogar früher, bis ins hohe Alter wird von Menschen Leistung abverlangt, sowohl in geistiger als auch in körperlicher Hinsicht. Leistung hat einen zentralen Stellenwert in unserem täglichen Leben und vor allem auch im Sport erlangt (KIEFER & EKMEKCIOGLU 2014). Sport wird als dynamisch, progressiv, innovativ und konkurrierend beschrieben (GUEST et al. 2019). Besonders Innovation und Konkurrenz im Sport haben dazu geführt, dass der Begriff „Doping“ mittlerweile jedermann bekannt ist. Auch wenn es nur ein eher geringes Problem unserer Gesellschaft darstellt, erregt es ein breites öffentliches Interesse. Doping ist ein großes Thema in allen Medien und wird durch spektakuläre Einzelfälle im Spitzensport immer wieder neu belebt. Doping ist verpönt, da es sowohl der Ethik des Sports als auch der medizinischen Wissenschaft widerspricht (MÜLLER 2004). Für den weltweiten Anti-Doping-Kampf ist seit Anfang 2004 die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) zuständig, die in allen Ländern nationale Ableger, wie in Österreich die Nationale Anti- Doping Agentur Austria (NADA), hat (WONISCH & POKAN 2014).
Im Vergleich zum Leistungssport wird das Ausmaß von Doping besonders im Breiten- und Freizeitsport häufig unterschätzt und auch in den Medien wenig kommentiert (MÜLLER 2004). Doping ist allerdings „keinesfalls nur ein Phänomen erfolgshungriger Sportler, Doping ist längst ein Extrem unter vielen in unserer Leistungsgesellschaft mit Körperkult, Fitnesswahn, Dauerstress, Medikalisierung und Sucht“ (SCHÖFFEL et al. 2015). Dieses Problem wird wie vergleichbare gesellschaftliche Probleme, beispielsweise Drogen- oder Alkoholkonsum, neben individuellen Entscheidungen auch durch Faktoren im gesellschaftlichen Umfeld beeinflusst. Viele Erwachsene und besonders Jugendliche wissen über die gesundheitlichen Auswirkungen von leistungssteigernden Substanzen nur wenig Bescheid und setzen sich mit den einzelnen synthetischen Wirkstoffen und möglichen Alternativen nur wenig auseinander. Oftmals sind späteinsetzende negative Folgen des Dopingmittelmissbrauchs für Jugendliche, welche zum Beispiel das propagierte körperliche Ideal anstreben, keine Hemmnis (MÜLLER 2004). Außerdem betonen SCHÖFFEL et al. (2015), dass es Doping immer gab und auch immer geben wird und es Ziel sein sollte, es auf ein „akzeptables“ Maß zu reduzieren. Daher ist es umso wichtiger, mehr Sensibilität beziehungsweise Bewusstsein gegenüber diesem Thema zu erzeugen.
Ziel dieser Masterarbeit ist es, einen Überblick über das Thema „Doping“ allgemein, sowie über natürliche Dopingalternativen zur Leistungssteigerung zu geben. Neben der Definition und Beschreibung von Leistung, Doping, Dopingmittel sowie Dopingmethoden sollen auch die Auswirkungen auf die körperliche Leistung und Gesundheit sowie die Beweggründe für Doping dargestellt werden. Darüber hinaus sollen synthetische Dopingmittel und -methoden und alternative, natürliche Dopingmittel und -methoden hinsichtlich ihrer leistungssteigernden Wirkung und ihrer gesundheitlichen Risiken verglichen werden. Unter den Begriff „natürliches Doping“ fallen alternative leistungssteigernde Substanzen wie Makro- und Mikronährstoffe von Lebensmitteln, natürlich erogen wirksame Substanzen und Kräuter, sowie auch Nahrungsergänzungsmittel. Abschließend soll auch der Zusammenhang zwischen Genetik und sportlicher Leistungsfähigkeit thematisiert werden.
2 Was versteht man unter Leistung
Unter dem Begriff „Leistung“ versteht man physikalisch die „verrichtete Arbeit pro (benötigter) Zeit mit der Maßeinheit Watt“ (KIEFER & EKMEKCIOGLU 2014). Generell kann zwischen körperlicher oder physischer, beziehungsweise kognitiver oder psychischer Leistung unterschieden werden. Es umfasst die Fähigkeit, „den Energieumsatz über den Grundumsatz zu steigern“ (KIEFER & EKMEKCIOGLU 2014). Der Begriff „Leistungsfähigkeit“ kann auch als Fähigkeit, bestimmte Aufgaben zu erfüllen, verstanden werden. Diese Leistungsfähigkeit kann durch Lernen und Training ermöglicht und gefestigt werden. Sie wird durch folgende Faktoren beeinflusst:
- Alter
- Geschlecht
- Gesundheitszustand
- Trainingszustand
- Begabungen
- Umwelteinflüsse
- und Ernährung (KIEFER & EKMEKCIOGLU 2014).
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Einfluss von Doping auf die körperliche beziehungsweise physische Leistungsfähigkeit, insbesondere im Rahmen des Freizeit- und Breitensports. Laut KIEFER & EKMEKCIOGLU (2014) werden zur körperlichen Leistungsfähigkeit verschiedene Komponenten gezählt, insbesondere die aerobe und anaerobe Ausdauer, Schnelligkeit, Power und Kraft. Darüber hinaus gehören auch andere Komponenten der körperlichen Fitness dazu, welche von der Gesundheit und den eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten abhängig sind. Beispiele sind Beweglichkeit, motorische Koordination, Balance, Reaktionszeit und Geschwindigkeit. Die individuelle Leistungsfähigkeit kann gemessen werden, wie beispielsweise durch Ergometrie. Neben Blutdruck und Herzfrequenz werden in der Sportmedizin auch der Laktatspiegel (Laktat = Milchsäure), verschiedene Lungenfunktionswerte und die Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe gemessen (KIEFER & EKMEKCIOGLU 2014). So kann anhand von Normalwerten, dem Anstieg des Laktatspiegels, sowie Veränderungen anderer Parameter (z.B. O2-Aufnahme, CO2-Abgabe, Atemminutenvolumen) eine Berechnung erfolgen (KIEFER & EKMEKCIOGLU 2014). Welche Rolle Leistung für Sportler spielt und welche Einflussfaktoren es gibt, wird im Anschluss näher thematisiert.
3 Doping im Freizeit- und Breitensport
„Doping“ ist an das Englische Verb „dope“ angelehnt und bedeutet übersetzt „sich aufputschen“ (SCHÖFFEL et al. 2015). Allgemein wird der Begriff „Doping“ von fast allen Sportarten und Nationen, sowie der WADA wie folgt definiert: „Doping ist die Verabreichung von Substanzen der verbotenen Wirkstoffgruppen oder die Anwendung verbotener Methoden im Sport“ (MÜLLER 2004). Ziel von Dopingmitteln ist es, „die Leistungsfähigkeit und Regeneration des Organismus ‚unphysiologisch‘ zu steigern“ (SCHÖFFEL et al. 2015).
Generell gilt Doping als sportlich und medizinisch unethisch, da dadurch weder Chancengleichheit noch Fairness gegeben ist und es außerdem gesundheitliche Risiken mit sich bringt (MÜLLER 2004). Laut MÜLLER (2004) betrifft die Chancengleichheit im Wettkampfsport nicht nur die Athleten, sondern auch die Fans beziehungsweise Zuschauer, Sponsoren und die gesamte Öffentlichkeit. Die gesundheitlichen Risiken betreffen hauptsächlich die Sportler selbst, jedoch im weiteren Sinne auch die Gegner, welche dadurch eine erhöhte Risikobereitschaft und somit Verletzungsgefahr aufweisen können. Der Einsatz von Dopingmitteln ist aus medizinischer Sicht nicht gerechtfertigt, da er im Vergleich zur medizinischen Behandlung von Krankheiten am gesunden Menschen angewandt wird. Ganz nach dem Motto „Viel hilft viel“ kommt es außerdem meist zu Überdosierungen (MÜLLER 2004).
Wie bereits erwähnt, ist Doping nicht nur ein Phänomen des Spitzensports, sondern betrifft auch den Freizeit- und Breitensport. Das Thema ist auch weniger präsent in den Medien, was in gewisser Hinsicht damit zu tun hat, dass die Einnahme von nicht erlaubten Dopingsubstanzen im Breiten- und Freizeitsport nicht strafbar ist. Ein Tatbestand der „Selbstschädigung“ ist einerseits nicht justiziabel und kann andererseits in den seltensten Fällen überhaupt nachgewiesen werden (SCHÖFFEL et al. 2015). Da beispielsweise Bodybuilding nicht als olympische Sportart gilt, sind Sportler auch nicht an Dopingbestimmungen gebunden, weshalb die Verwendung leistungssteigender Substanzen in diesem Bereich dementsprechend hoch ist (WONISCH & POKAN 2014).
Grundsätzlich sollte das Dopingverbot im Spitzensport Vorbildwirkung für den Breiten- und Freizeitsport haben und eine Nachahmung vorbeugen (MÜLLER 2004). Es zeigt sich jedoch, dass dies nicht der Fall ist. Laut WONISCH & POKAN (2014) sind in etwa 70 Prozent der Menschen, die zu Dopingmitteln greifen, Freizeit- bzw. Hobbysportler. Da im Freizeitsport zu verschiedensten Präparaten, häufig auch zu Medikamenten, gegriffen wird, und damit oft von Medikamentenmissbrauch gesprochen wird, werden besonders Ärzte zu Ansprechpartnern für Freizeitsportler (WONISCH & POKAN 2014). Zum Beispiel berichtet Dr. med. Helmut Pabst in einem Artikel des Deutschen Ärzteblattes, dass erstaunlich viele, oft junge Patienten zu ihm kommen, die folgende Vorstellung haben: „Man nimmt etwas, und dann klappt das schon mit dem Erreichen des Trainingsziels“ (SIEGMUND-SCHULTZE 2013). Er bezeichnet diese Einstellung als naiv und die hohe Risikobereitschaft der Patienten als gefährlich. Ähnliches berichtet auch Sportmediziner Prof. Dr. med. Herbert Löllgen von Läufern, die häufig zu Analgetika (schmerzstillende Mittel) greifen. Ihm zu Folge, meinten viele der ambitionierten Marathonläufer, die er betreute, dass sie ohne Schmerzmittel nicht mehr ausgekommen wären. Im Hinblick auf gesundheitlichen Folgeschäden ist der Hausarzt oft der einzige Ansprechpartner und daher auch wichtig für die Prävention (SIEGMUND-SCHULTZE 2013).
In Europa werden seit 1987 Studien zum Missbrauch von leistungssteigernden Substanzen durchgeführt (LANGE et al. 2011). Die 2011 publizierte KOLIBRI-Studie zählt zu den umfangreichsten epidemiologischen Untersuchungen zur Häufigkeit des Konsums leistungsbeeinflussender Mittel in Alltag und Freizeit und wurde in Deutschland durchgeführt (SIEGMUND-SCHULTZE 2013). In dieser Studie wurden die Probanden nach der Verwendung von verschreibungspflichtigen und frei zugänglichen Mitteln zur körperlichen Leistungssteigerung oder der Verbesserung des psychischen Wohlbefindens befragt (LANGE et al. 2011). Dazu zählten Mittel zum Muskelaufbau, zur Leistungssteigerung (zum Beispiel EPO, Betablocker oder Stimulanzien), zum Abnehmen, Schmerz-, Beruhigungs- und Schlafmittel, Protein-, Vitamin- und Mineralstoffpräparate, sowie auch Substanzen der WADA-Liste (SIEGMUND-SCHULTZE 2013).
Die Studie wurde im Zeitraum von März bis Juli 2010 mit insgesamt 6142 Personen im Alter von 19 bis 97 Jahren durchgeführt (LANGE et al. 2011). Die Ergebnisse zeigten, dass etwa 10 Prozent der Befragten in diesem Zeitraum zu leistungsbeeinflussenden Mitteln griffen. Unter den Befragten gaben in der Gruppe der sportlich Aktiven 7,1 Prozent an, „verschreibungspflichtige Mittel ohne medizinische Indikation verwendet zu haben, inklusive Dopingmittel, vor allem Stimulanzien (Amphetamine)“ (SIEGMUND-SCHULTZE 2013).
Die Studie weist damit auf eine eher geringe Anzahl an Personen hin, welche regelmäßig zu verschreibungspflichtigen, leistungssteigernden Substanzen oder Dopingmitteln gegriffen hat. Jedoch konnte auch festgestellt werden, dass bei bestimmten Gruppen, wie Fitnessstudiobesucher, die Anwendung leistungsbeeinflussender Mittel deutlich höher sei. Abbildung 1 zeigt die Anwendungshäufigkeit leistungsbeeinflussender Mittel durch die Probanden innerhalb der letzten 12 Monate zum Zeitpunkt der Befragung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Verwendung leistungsbeeinflussender Mittel nach Häufigkeit der Sportausübung im Fitnessstudio in den letzten 12 Monaten, stratifiziert nach Geschlecht (SIEGMUND-SCHULTZE 2013).
Auch wenn laut dieser Studie nur ein geringer Anteil der Bevölkerung im angegebenen Zeitraum zu Dopingmitteln beziehungsweise zu Medikamenten gegriffen hat, ist Prof. Dr. rer. nat. Mario Thevis von der deutschen Sporthochschule der Meinung, dass Doping im Freizeitsport das Ausmaß im Profibereich sogar übertreffen könnte, da es an Kontrollen fehlt und die Verfügbarkeit durch weltweite Bezugsquellen über das Internet gestiegen ist (SIEGMUND-SCHULTZE 2013). Thevis betont folgendes: „Gesundheitsrisiken sind bei Doping im Freizeit- und Breitensport vermutlich deutlich höher als im Profisport, weil es weniger medizinische Betreuung gibt, weniger Qualitätskontrollen der Substanzen und Präparate und keine zuverlässigen Daten zu Risiken und Nebenwirkungen der unterschiedlichsten Rezepturen“ (SIEGMUND-SCHULTZE 2013). Auch der Suchtfaktor sollte nicht außer Acht gelassen werden. Es wird betont, dass Doping einen suchtähnlichen Charakter hat, oft kombiniert mit Narzissmus und einer gestörten Wahrnehmung des eigenen Körperbilds. Ein Patient hat beispielsweise von einem Hochgefühl berichtet, wenn sein Körper aus einem Trainingstief auf das Spritzen von Anabolika mit Muskelaufbau reagiert hat. Es sei ein Gefühl von Stärke oder Unbesiegbarkeit gewesen, wobei jedoch auch als Nebenwirkung schwere Aggressionszustände aufgetreten sind, die zur Notwendigkeit einer Einweisung in die Psychiatrie geführt hätten. Oftmals ist das Problem, dass Doping oder Medikamentenmissbrauch zu lange geleugnet wird (SIEGMUND-SCHULTZE 2013). Die Beweggründe für Doping beziehungsweise Medikamentenmissbrauch werden im nächsten Kapitel näher beschrieben.
4 Beweggründe für Doping
Mehr als 15 Millionen Menschen konsumieren regelmäßig Dopingmittel (WONISCH & POKAN 2014). Dies ist eine beachtliche Anzahl von Menschen, die zu Dopingmitteln greifen und geht auf vielfältige Gründe zurück. Sie sind entweder intrinsisch oder extrinsisch motiviert und unterscheiden sich zum Teil im Spitzen- und Breitensport (SCHÖFFEL et al. 2015). Im Profisport geht es vor allem darum, konkurrenzfähig zu bleiben, seinen Profi-Status zu erhalten und somit auch seinen Lebensunterhalt verdienen zu können. Im Breitensport ist das hingegen seltener der Fall. Häufig sind intrinsische Gründe, wie beispielsweise Minderwertigkeitskomplexe oder psychische Labilität, die Auslöser für Doping. Viele wollen ihr „Image“ verbessern, suchen Bestätigung oder wollen schlichtweg ohne große Anstrengungen Erfolg haben (SCHÖFFEL et al. 2015). Zu den externen Gründen zählen wiederrum die Einflüsse von Eltern und Freunden, sowie auch die Medien und aktuelle Schönheitsideale (SCHÖFFEL et al. 2015). Viele wollen ihr Muskelwachstum stimulieren oder ihr Körpergewicht reduzieren, um diesen Idealen gerecht zu werden. Auch in einem Bericht des deutschen Ärzteblattes wird beschrieben, dass ein perfektes äußeres Erscheinungsbild über mehr Muskelmasse angestrebt wird (SIEGMUND-SCHULTZE 2013). Vielfach sind sich diese Menschen jedoch nicht über die potenziellen Nebenwirkungen bewusst (WONISCH & POKAN 2014).
Ein wesentliches Problem ist der einfache Zugang zu Dopingmitteln. WONISCH & POKAN (2014) erklären, dass allein zum Beispiel die Eingabe von „Steroide kaufen“ in eine Internet-Suchmaschine mehr als 300.000 Links ergibt. Die Grenzen zwischen Leistungs- und Breitensport scheinen immer mehr zu verschwimmen. Im Gegensatz zum Profisport sind im Freizeitsport Überschätzung und auch Übertraining ein häufiges Problem, dass von Spitzensportlern vermieden wird, da es einen Leistungsknick und depressive Verstimmung auslösen kann (SIEGMUND-SCHULTZE 2013). Laut Sportmediziner Dr. med. Helmut Pabst kann man Patienten, die leistungssteigernde oder schmerzstillende Mittel im Rahmen des Breitensports verwenden, hauptsächlich in drei Gruppen einteilen:
- „15-, 16-Jährige an der Schwelle zum Kaderathleten, bei denen die Steigerung der körperlichen Leistung erstmals ins Stocken geraten ist.
- Vierzig-, Fünfzigjährige, beruflich erfolgreich, die in einer guten Amateurklasse Sport treiben und sich durch Verletzungen oder nachlassende Leistungsfähigkeit zurückfallen sehen.
- Einsteiger in den Breitensport, die sich überfordern, oft in Trendsportarten wie Marathon, Triathlon, Radfahren, aber auch Ballsportarten und Golf“ (SIEGMUND-SCHULTZE 2013).
Dr. med. Michael Fritz, Allgemein- und Sportmediziner, hat die Erfahrung gemacht, dass vor allem jene Patienten leistungssteigernde Mittel zu sich nehmen, welche Krafttraining oder Bodybuilding betreiben: „ … junge 16- bis 18-jährige Männer mit überfliegendem Ehrgeiz und wenig Lebenserfahrung auf der Suche nach sozialer Anerkennung“ (SIEGMUND-SCHULTZE 2013).
Auf die verschiedenen synthetischen und alternativen Dopingmittel und -methoden wird in den folgenden Kapiteln näher eingegangen.
5 Synthetische Dopingmittel und -methoden
Bei Dopingmittel handelt es sich „in aller Regel um legitime Pharmazeutika, die lediglich zu Dopingzwecken missbraucht werden“ (MÜLLER 2004). Die Dopinglisten sind nach wie vor nicht vollständig, da für einige verbotene Gruppen nur Beispiele angeführt sind, weshalb es immer wieder zu Rechtsstreiten kommt. Die Scheu vor möglichen Latenzzeiten zwischen der Neuerscheinung von Dopingmitteln und ihrer Aufnahme in eine vollständige Liste scheint der Grund dafür zu sein. Darüber hinaus erklärt MÜLLER (2004), dass auch manche hinsichtlich einer Leistungssteigerung wirkungslose Präparate, wie beispielsweise gewisse Nahrungsergänzungsmittel, Nebenbestandteile enthalten können, die zu positiven Ergebnissen bei Dopingtests führen können. Das Problem liegt darin, dass Nahrungsergänzungsmittel nicht so intensiv kontrolliert werden wie Arzneimittel (MÜLLER 2004).
Zu den verantwortlichen Kontrollgremien gehören die WADA Committee Health, Medical and Research, die IOC Medical Commission, sowie die Monitoring Group zur Anti-Doping Konvention des Europarates (MÜLLER 2004).
5.1 Dopingklassifikationen
Die WADA differenziert folgende Gruppen:
1. verbotene Wirkstoffe und Methoden (in und außerhalb von Wettkämpfen),
2. verbotene Wirkstoffe und Methoden (nur im Wettkampf),
3. in bestimmten Sportarten verbotene Wirkstoffe (nur im Wettkampf),
4. spezielle Wirkstoffe (hierbei handelt es sich um eine Liste von Wirkstoffen, die in vielen medizinischen und anderen Präparaten enthalten sind, sodass sich eine erhöhte Gefahr eines unbeabsichtigten Verstoßes gegen die Antidoping-Bestimmung ergibt – im Falle eines Missbrauchs kann sich dies strafmildernd auswirken)
(SCHÖFFEL et al. 2015).
Die in den folgenden Kapiteln beschriebenen Dopingsubstanzen und -methoden stellen nur Beispiele für die jeweiligen oben angeführten Gruppen dar und sind in der aktuellen WADA-Liste 2019 angeführt.
5.2 Wirkstoffe und Methoden, die in und außerhalb von Wettkämpfen verboten sind
5.2.1 Anabolika
Die Verwendung von Anabolika führt laut MÜLLER (2014) die Statistik der erfassten Dopingfälle an, obwohl sie bereits seit den 80er Jahren gut nachgewiesen werden können. Grundsätzlich werden im Organismus zwei permanent ablaufende Prozesse unterschieden, die abbauenden (katabole) und aufbauenden (anabole) Prozesse. Der Begriff „Anabolika“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Verschiebung“ oder „Vertagung“, welches die Wirkung dieser Dopingmittel bereits erklärt. Diese Substanzen verschieben nämlich den Stoffwechsel des Körpers so, dass die aufbauenden Prozesse gesteigert werden. Hier spielt besonders der Proteinaufbau eine Rolle (SCHÖFFEL et al. 2015). Die erwünschte Hauptwirkung von Anabolika ist der Muskelaufbau (MÜLLER 2014). Einerseits gibt es die natürlich vorkommenden Anabolika, die sich vom vorwiegend männlichen Sexualhormon Testosteron ableiten, und andererseits gibt es die Anabolika, die extern zugeführt werden können. Zu den künstlichen Präparaten zählen zum Beispiel Tetrahydrogestrinon (THG), Nandrolon, Stanozolol oder Dianobol. Die Wirkung von synthetisch hergestellten Anabolika ist im Vergleich zu natürlichen um ein Vielfaches höher (SCHÖFFEL et al. 2015). Ihre Wirkung äußert sich bereits innerhalb weniger Wochen der Einnahme durch ein enormes Muskelwachstum, sowie gleichzeitiger Abnahme des Fettgewebes (SCHÖFFEL et al. 2015). Es sind sowohl die akuten Nebenwirkungen als auch die Langzeitschäden enorm (MÜLLER 2014). Die Gefahr bei der Einnahme von Anabolika besteht in der krankhaften Veränderung des Herzens, der sogenannten „konzentrischen Herzvergrößerung“. Hierbei vergrößert sich besonders die linke Herzkammer, welche das Blut in den Kreislauf pumpt, was längerfristig dazu führt, dass sich das Herz nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgen kann und somit die Pumpleistung abnimmt (SCHÖFFEL et al. 2015). Diese Herzschwäche entsteht dadurch, dass es zu einem vermehrten Muskelwachstum und somit einer Vergrößerung des Herzens kommt, jedoch eine gleichzeitige Bildung neuer Gefäße fehlt. Die Schädigungen durch Anabolikamissbrauch sind irreversibel und je größer die Einnahmemenge, desto höher ist auch das Risiko von Schäden des Herz-Kreislaufsystems (SCHÖFFEL et al. 2015). Zu den weiteren Nebenwirkungen, die oft erst spät wahrgenommen werden, gehören Arteriosklerose, sowie Störungen der Blutgerinnung und des Gefäßsystems. Weiters wirken Anabolika wie starke Zellgifte, was bei vermehrter Einnahme zu bleibenden Schäden in Leber und Niere führen kann. Zystenbildungen in der Leber, Versagen der Leberfunktion beziehungsweise auch Leberkrebs sind die Folgen (SCHÖFFEL et al. 2015). Frauen sind besonders von der androgenen Wirkung von Anabolika betroffen. Es kommt zur Vermännlichung, wie beispielsweise Zunahme der Körperbehaarung, Wachstum des Kehlkopfskeletts oder Veränderung der Stimmlage (SCHÖFFEL et al. 2015). Ein weiteres Problem stellen „die psychischen Nebenwirkungen der Steroid-Anabolika dar, die verbreitet als »Aggressivitätssteigerung« pauschalisiert und bereits in Strafverfahren nach Gewaltdelikten als Schutzbehauptung von den Beschuldigten verwendet wurden“ (MÜLLER 2004). Generell sind die negativen Auswirkungen auf die Gesundheit vielfältig und weitreichend, weshalb Anabolika heute nur unter strengster medizinischer Indikation, zum Beispiel bei Krebspatienten zur Regeneration, eingesetzt werden (SCHÖFFEL et al. 2015).
5.2.2 Diuretika
„Diuretikum“ bedeutet umgangssprachlich „Wassertablette“ und ist eine Substanz, die zur Ausschwemmung von Wasser aus dem Körper führt. Durch die Einnahme von Diuretika können innerhalb kurzer Zeit mehrere Liter Flüssigkeit über den Urin ausgeschieden werden (SCHÖFFEL et al. 2015). Früher wurde versucht, „durch die vermehrte Urinbildung die Ausscheidung anderer Dopingstoffe zu beschleunigen und dadurch – sowie durch die damit bewirkte „Verdünnung“ des Harns – die Nachweisbarkeit zu erschweren“. Das ist jedoch durch die heutige fortgeschrittene Analytik kein Problem mehr. Jedoch ist in Sportarten mit Gewichtsklassen über den beschleunigten Gewichtsverlust durch die vermehrte Urinausscheidung ein Leistungsvorteil erreichbar (MÜLLER 2004).
Zu den Folgen der Einnahme von Diuretika gehören Dehydrierung (Flüssigkeitsmangel) und Hypovolämie (Blutplasmamangel), die bis zum tödlichen Kreislaufversagen führen können (SCHÖFFEL et al. 2015). Weiters kommt es zu Störungen des Elektrolythaushaltes, insbesondere des Natrium- und Kaliumhaushaltes. Dies kann zu Krampfanfällen, Verwirrtheit, Krämpfen der Skelettmuskulatur sowie Hypokaliämie mit Herzrhythmusstörungen führen (SCHÖFFEL et al. 2015). Ferner kann es bei Männern auch zu Potenzstörungen, sowie Brustwachstum kommen. Bleibende Schäden der Niere oder auch krankhafte Veränderungen anderer Organe, wie Leber oder Haut, sind ebenfalls zu erwähnen (SCHÖFFEL et al. 2015). Zu den verbotenen Substanzen gehören zum Beispiel Carboanhydrasehemmer wie Acetazolamid, das kaliumsparende Diuretikum Amilorid oder der Aldosteronantagonist Spironolacton. Bekannte nicht verbotene harntreibende Substanzen sind Koffein, Schwarztee oder Alkohol, sowie harntreibend wirkende Pflanzen wie Schachtelhalm, Brennnessel oder Birkenblätter (SCHÖFFEL et al. 2015). Da zu viel Wasserverlust als unangenehm empfunden wird und starken Durst zur Folge hat, limitieren sich die Probleme der Diuretika-Anwendung im Sport in gewisser Hinsicht von selbst (MÜLLER 2004).
In der Medizin werden Diuretika bei Krankheiten verwendet, welche zu Wassereinlagerungen im Körper führen, wie beispielsweise Leberzirrhose. Durch die gesteigerte Wasserausscheidung kann die Belastung für den Gesamtorganismus vermindert und die Konzentration von Elektrolyten im Blut geregelt werden (SCHÖFFEL et al. 2015).
5.2.3 Peptid-/ Glykoproteinhormone, Wachstumsfaktoren und verwandte Substanzen
Die WADA fasst diese Gruppe an Substanzen als inhomogene Gruppe zusammen. Der Begriff „Glykoproteine“ geht darauf zurück, dass fast alle körpereigenen Eiweiße „glykolisiert“, das heißt mit Zuckermolekülen verbunden werden. Beispielsubstanzen sind Wachstumsfaktoren wie Somatotropin oder Somatomedine, Gonadotropine, Insuline und Kortikotropine (SCHÖFFEL et al. 2015). Wachstumshormone beeinflussen den Proteinstoffwechsel und führen zu einem erhöhten Aufbau von Knochen-, sowie Muskelmasse und übernehmen wichtige Aufgaben bei der Regeneration und Steuerung von Stoffwechselleistungen des Menschen (SCHÖFFEL et al. 2015). Gonadotropine, wie zum Beispiel das humane Choriongonadotropin, ist bei Männern verboten, da es die körpereigene Testosteronproduktion anregt und für Dopingzwecke genutzt werden kann. Insulin gehört zu den lebenswichtigen Hormonen und regelt den Blutzuckerspiegel des Menschen. Es ist das einzige Hormon, das den Blutzuckerspiegel senken kann. Weiters fördert es aber auch die Aufnahme von Aminosäuren, welche für den Aufbau körpereigener Proteine und die Regulation des Zellwachstums durch die Aktivierung von Genen von Bedeutung sind (SCHÖFFEL et al. 2015). Allgemein erklären SCHÖFFEL et al. (2015), dass durch Insulin anabole Prozesse gesteigert werden und es die Auffüllung der Energiespeicher, sowie die Regeneration des Organismus, fördert, weshalb Insulin vor allem von Sportlern mit hohen körperlichen Belastungen, wie intensives Ausdauertraining oder Wettkämpfe, missbraucht wird (SCHÖFFEL et al. 2015). Generell können Ausdauersportler von großen Glykogenspeichern, sowie der Unterstützung des Muskelaufbaues profitieren. Allerdings ist auch bekannt, dass „die natürliche Freisetzung von Insulin durch die künstliche Gabe maßgeblich beeinflusst und eingeschränkt wird“ (SCHÖFFEL et al. 2015). Die Gruppe der Kortikotropine ist für die Regulierung der körpereigenen Freisetzung und Bildung von „Kortikosteroiden“ zuständig. Sie regen vor allem die Kortisol-Produktion und Freisetzung an, weshalb sie im Sport missbraucht werden, um eine erhöhte Glukokortikoide- (Kortisol) und Androgen-Freisetzung (Testosteron) zu erreichen (SCHÖFFEL et al. 2015). Es gibt zwei Vertreter, das CRH (Corticotropin-releasing Hormone), welches im Hypothalamus gebildet wird und das ACTH (Adrenocorticotropes Hormon), das in der Hypophyse gebildet wird. Es wirken nicht die Kortikotropine an sich, sondern die Kortikosteroide, die freigesetzt werden. SCHÖFFEL et al. (2015) argumentieren, dass „bereits geringste Mengen CRH und ACTH eine Freisetzung von großen Mengen an Kortikosteroiden bewirken und dementsprechend die Wirkungen und Nebenwirkungen bereits bei geringsten Mengen sehr stark sein können“. Für lange Zeit waren sie nicht nachweisbar und so konnte die „natürliche“ Bildung von körpereigenem Kortisol und Testosteron „unnatürlich“ erhöht werden (SCHÖFFEL et al. 2015). Aus dem praktisch nicht kontrollierbaren Bodybuilding ist die Anwendung des Human Growth Hormone (HGH) bekannt, da sie dort vor allem zur Fettschmelzung, sowie zum Aufbau einer eher „aufgeblähten“ Muskulatur beitragen. Generell waren diese Substanzen hinsichtlich ihrer Nachweisbarkeit lange Zeit problematisch, da „ihre Konzentrationen im Blut und erst recht im Urin sowohl zwischen verschiedenen Personen wie auch bereits beim Einzelnen stark schwanken“ und daher Normalbereiche nicht immer geeignet sind, um sicher feststellen zu können, ob erhöhte Werte auf die Zufuhr des Hormons von außen zurückzuführen waren (MÜLLER 2004). Diese Lücke der Kontrolle konnte aber mittlerweile durch neue Technologien geschlossen werden (MÜLLER 2004).
5.2.4 Blutdoping (EPO und andere)
Blutdoping gehört zu den meist verwendeten Dopingmethoden. Wie der Name schon sagt, wird hier Blut, sogenannte Erythrozyten-Suspensionen, zugeführt (MÜLLER 2004). Zur Kategorie Blutdoping gehören alle Mittel und Methoden, welche die Erhöhung der Sauerstoffkapazität des Blutes beziehungsweise die Manipulation diese zu verschleiern zum Ziel haben. „Die maximale Sauerstoffkapazität (VO2 max.) beschreibt die maximal mögliche Menge des vom Organismus ‚verstoffwechselbaren‘ Sauerstoffs unter Belastung“ (SCHÖFFEL et al. 2015). VO2 max. ist eine sportmedizinische Messgröße und dient zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit bei Ausdauersportlern. Sie bestimmt, wie viel Liter Sauerstoff ein Athlet pro Minute maximal umsetzen kann. Die Bestimmung erfolgt in der Regel durch einen Belastungsstufentest am Ergometer. Je höher der Wert der gemessenen maximalen Sauerstoffkapazität ist, desto höher ist auch die Leistung. Sehr hohe Werte werden beispielsweise von Radfahrern oder Ruderern erreicht, welche bei etwa 6 Liter pro Minute liegen, während die Werte einer gesunden untrainierten Frau bei rund 2,5 Liter pro Minute liegen. Da es viele Sportarten gibt, bei denen das Gewicht für die Leistungsfähigkeit eine wichtige Rolle spielt (ein 60 kg schwerer Spitzenläufer hat ein geringeres Blutvolumen als ein 90 kg schwerer Ruderer), wird oft die relative Sauerstoffkapazität angegeben. Hier wird VO2 max. durch das Körpergewicht dividiert, um so der individuellen Leistungsfähigkeit gerecht zu werden (SCHÖFFEL et al. 2015).
Eine Erhöhung der Sauerstoffkapazität kann auf verschiedene Arten passieren. Grundsätzlich ist unter normalen Verhältnissen der Sauerstofftransport durch die Menge von Hämoglobin im Blut limitiert, wobei sie auch von anderen Parametern abhängig ist, wie dem Herzminutenvolumen („Menge an Blut, die pro Minute vom Herzen gepumpt werden kann“) oder der Enzymaktivität des Energiestoffwechsels (SCHÖFFEL et al. 2015). SCHÖFFEL et al. (2015) erklären, dass „sämtliche Substanzen und Methoden des Blutdopings, die zur Steigerung der Sauerstoffkapazität (VO2 max.) beitragen, die Wege der Aufnahme, des Transports oder der Freisetzung von Sauerstoff im Blut direkt oder indirekt erhöhen“. Der einzige Weg, welcher auf natürliche Weise die Blutneubildung fördert, wäre Höhentraining, da mit steigender Höhe (insbesondere über 3000m) der Sauerstoffpartialdruck sinkt und der Körper folglich über die Ausschüttung von EPO (Erythropoetin) die Hämoglobinproduktion und Produktion von roten Blutkörperchen anregt. Hier nimmt die erreichbare Steigerung des Hämatokrits („Verhältnis zwischen festen, zellulären und flüssigen, plasmatischen Anteilen“) keine gefährlichen Ausmaße an (MÜLLER 2004).
Eine Methode der Kategorie Blutdoping ist die Bluttransfusion. Man unterscheidet die authologe (Eigenblut), homologe (Fremdblut) oder heterologe (Fremdblut von einem nichtmenschlichen Organismus) Transfusion, bei der die zusätzlichen Sauerstoffträger VO2 max. erhöhen (SCHÖFFEL et al. 2015). Daneben gibt es auch die Möglichkeit, modifiziertes tierisches Hämoglobin zu verwenden, wodurch der Sauerstofftransport unabhängig vom menschlichen Hämoglobin erfolgen und so die maximale Sauerstoffaufnahme erheblich gesteigert werden kann. Ein bekanntes Präparat ist „Hemopure“ (SCHÖFFEL et al. 2015).
Zu den wohl bekanntesten Methoden des Blutdopings gehört EPO. Es handelt sich um ein körpereigenes Hormon, das die Bildung von roten Blutkörperchen fördert und Großteils in der Niere gebildet wird (SCHÖFFEL et al. 2015). Es führt nicht, wie oft fälschlicherweise angenommen, zu einer erhöhten Bildung von roten Blutkörperchen, sondern zur Hemmung des vermehrten Absterbens von Blutvorläuferzellen, was ebenfalls einen Anstieg der Erythrozytenanzahl zur Folge hat (SCHÖFFEL et al. 2015). Das Risiko für veränderten Blutfluss ist bei einer künstlich erhöhten Blutneubildung durch das Hormon Erythropoetin besonders hoch (MÜLLER 2004).
Es besteht auch die Möglichkeit, verschiedene Methoden zu kombinieren, um so einen maximalen Effekt zu erzielen. Es sind zudem Substanzen und Methoden bekannt, die Blutdoping verschleiern können, wie Plasmaexpander, Probenecid oder Bromantan. Plasmaexpander erhöhen zum Beispiel das Blutvolumen und senken den Hämatokritwert, was zu einer Verschleierung des Missbrauchs von EPO führt. Diese Verschleierungen können jedoch heutzutage ebenfalls nachgewiesen werden (SCHÖFFEL et al. 2015).
EPO hat bei mehrmaliger Anwendung negative Folgen für die Gesundheit. Hierzu zählen das Risiko von Unverträglichkeiten oder Veränderungen der Fließeigenschaften des Blutes (MÜLLER 2004). Es kann zur Bildung von Antikörpern führen, welche die Synthese von neuen roten Blutzellen hemmen, was „Pure Red Cell Aplasie“ genannt wird. Außerdem können mit Bakterien infizierte heterologe oder homologe Blutkonserven eine Sepsis (Blutvergiftung) auslösen oder Krankheiten wie HIV oder Hepatitis B und C übertragen (SCHÖFFEL et al. 2015). Darüber hinaus erklären SCHÖFFEL et al. (2015), dass „im Rahmen einer Transfusionsreaktion schwere Krankheitssymptome auftreten, die von Schwindelgefühlen über abdominelle Schmerzen (Bauchschmerzen) bis hin zu Angstzuständen (Todesangst) reichen“. Auch das Risiko der Thrombenbildung steigt und kann zu Embolien beziehungsweise plötzlichem Herztod führen. Langzeitfolgen sind bisher noch nicht ausreichend erforscht (SCHÖFFEL et al. 2015).
5.2.5 Gendoping
Seit 2001 findet sich auch Gendoping als verbotene Methode in der WADA-Liste (MÜLLER 2004). WADA definiert Gendoping als „nicht-therapeutischer Gebrauch von Zelle, Genen und genetischen Elementen sowie die Beeinflussung der Genexpression, mit der Möglichkeit die Leistungsfähigkeit zu steigern“ (SCHÖFFEL et. al 2015). Um das Thema Gendoping besser verstehen zu können, ist ein kurzer Exkurs in die Gentechnologie hilfreich: Fast alle Zellen des menschlichen Organismus, bis auf Erythrozyten (rote Blutkörperchen) und Thrombozyten (Blutblättchen) enthalten DNA (Desoxyribonukleinsäure). Die DNA jeder Zelle beinhaltet den ganzen Bauplan des Organismus. Sie ist in Abschnitte gegliedert, die jeweils bestimmte Eigenschaften festlegen beziehungsweise codieren. Diese Abschnitte werden als Gene bezeichnet. Darüber hinaus gibt es auch Abschnitte, die entweder keine Funktion besitzen oder für die Regulation von Genen dienen. An diese können Mediatoren, wie beispielsweise Hormone, binden und so die Aktivität dieses Gens beeinflussen. Gentechnologie hat zum Ziel, die jeweiligen Funktionen von Genen festzustellen und diese dann direkt oder indirekt zu beeinflussen. Eine Methode dafür ist zum Beispiel die Transfektion, bei der ein Gen zunächst aus der DNA isoliert und vermehrt wird und danach in die DNA eines anderen Organismus übertragen wird. Die Vermehrung erfolgt mithilfe der Polymerasekettenreaktion (PCR) und die Übertragung mithilfe eines Vektors, einem Transportmittel wie Phagen oder Plasmide. Dieser Prozess wird in Abbildung 2 dargestellt. Somit kann ein Gen in einen anderen Organismus eingeschleust werden, wo es sich dann mit der Replikation der DNA vermehrt (SCHÖFFEL et. al 2015).
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- Silvia Dreiling (Author), 2019, Doping im Freizeitsport. Können natürliche Substanzen den Missbrauch einschränken?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/496838
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