Vieles dreht sich um den Begriff der ‚Zeit‘. Die Menschen richten sich nach der Uhrzeit. Sie gibt den Takt des Tages vor, terminiert den beruflichen Alltag, gibt so manchem gar die Essenszeiten vor. Doch zeigen alte Uhrenmetaphern auch, welche Anerkennung der Uhr in der Gesellschaft Europas im Laufe der Zeit zuteilwurde. Schon früh war die Zeitmessung mit Sonnenuhren oder ähnlichen Erfindungen möglich, doch der Erfindung und Entwicklung der Taschenuhr muss man eine besondere Rolle beimessen. Denn durch ihre Tragbarkeit ermöglichte die Taschenuhr eine ständige Kontrolle der Uhrzeit. Man kann sagen, dass die Technikgeschichte mit der Veränderung einer Gesellschaft in einer Wechselwirkung steht.
Das lässt die Frage entstehen, ob die Taschenuhr erfunden wurde, um die Uhrzeit kontrollierbarer zu machen oder, ob die Uhrzeit erst mit der Taschenuhr eine wichtige Rolle in der Gesellschaft einnahm. Welches Bedürfnis wurde mit der Erfindung der Taschenuhr befriedigt oder vielleicht auch erst geweckt? Wie veränderte die ständige Überprüfbarkeit der Uhrzeit eine Gesellschaft und veränderte sich auch die Wahrnehmung der Zeit? Und führte die Taschenuhr zu dem Phänomen des Zeitdrucks? Diese Fragen sollen im Rahmen dieses Essays eine Antwort finden.
I. Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Taschenuhr
2.1 Vor der Taschenuhr
2.2 Die Technik
3. Die Zeiteinteilung
4. Veränderungen in der Gesellschaft
4.1 Gesellschaftliches Verhalten
4.2 Zeitwahrnehmung und Zeitkritik
5. Fazit
II. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Zeit ist das Medium der Handlungskoordination, und die Nötigkeit dieser Koordination wächst mit dem Grad der Differenziertheit und mit der Änderungsdynamik moderner Gesellschaften. (Weis, 1996: 68).
Vieles dreht sich um den Begriff der ‚Zeit‘. Die Menschen richten sich nach der Uhrzeit. Sie gibt den Takt des Tages vor, terminiert den beruflichen Alltag, gibt so manchem gar die Essenszeiten vor. Doch zeigen alte Uhrenmetaphern auch, welche Anerkennung der Uhr in der Gesellschaft Europas im Laufe der Zeit zuteilwurde (vgl. Mayr, 1987: 46f.). Schon früh war die Zeitmessung mit Sonnenuhren oder ähnlichen Erfindungen möglich, doch der Erfindung und Entwicklung der Taschenuhr muss man eine besondere Rolle beimessen. Denn durch ihre Tragbarkeit ermöglichte die Taschenuhr eine ständige Kontrolle der Uhrzeit. Man kann sagen, dass die Technikgeschichte mit der Veränderung einer Gesellschaft in einer Wechselwirkung steht (vgl. Dohrn-van Rossum, 1992: 12) Das lässt die Frage entstehen, ob die Taschenuhr erfunden wurde, um die Uhrzeit kontrollierbarer zu machen oder, ob die Uhrzeit erst mit der Taschenuhr eine wichtige Rolle in der Gesellschaft[1] einnahm. Welches Bedürfnis wurde mit der Erfindung der Taschenuhr befriedigt oder vielleicht auch erst geweckt? Wie veränderte die ständige Überprüfbarkeit der Uhrzeit eine Gesellschaft und veränderte sich auch die Wahrnehmung der Zeit? Und führte die Taschenuhr zu dem Phänomen des Zeitdrucks? Diese Fragen sollen im Rahmen dieses Essays eine Antwort finden.
2. Die Taschenuhr
‚Die‘ Erfindung der Taschenuhr gibt es so nicht. Viele kleinere und größere Erfindungen ermöglichten die Taschenuhr und ihre Entwicklung über die Jahrhunderte. Folglich kann man die Entwicklung nicht auf einen Erfinder oder einen Zeitpunkt reduzieren. Generell kann man sagen, dass die technische Entwicklung im Bereich der Uhrmacherei ein Spiegel der allgemeinen Wissenschaft der damaligen Zeist ist (vgl. Cardinal, 1985: 8).
Es kann von einer „Privatisierung der Uhr“ (Jenzen/Glasemann, 1989: 95) gesprochen werden, denn das Interesse am privaten Gebrauch der Uhr wurde immer größer, daher bestand die Notwendigkeit transportable und kleinere Uhren herzustellen und den bisherigen Antrieb durch schwere Gewichte durch mobile Antriebe zu ersetzen (vgl. Jenzen/Glasemann, 1989: 95). Es entwickelte sich eine eigene Uhrmacherkunst, welche sich von der Schlosserei abspaltete (vgl. Sulzgruber, 1995: 100) und sich in Zünften organisierte (vgl. Mayr, 1987: 25).
Die ersten Taschenuhren gab es bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, doch erst in der zweiten Hälfte wurden sie richtig salonfähig (vgl. Wendorff, 1980:194f.). Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein war die Taschenuhr ein Luxusartikel, was sich jedoch schlagartig änderte, als Aaron Dennison standardisierte Verfahren der Waffentechnik auf die Herstellung von Taschenuhren übertrug (vgl. Johnson, 2016: 183). Dadurch entstanden ab den 1860er Jahren wesentlich preisgünstigere Modelle, welche für den Massenmarkt gedacht waren (vgl. Johnson, 2016: 184). Später wird man sagen, die preiswerteren Taschenuhren würden „zu einer Art Demokratisierung des Uhrenbesitzes und des Zeitbewusstseins“ beitragen (Wendorff, 1980: 272)
2.1 Vor der Taschenuhr
Voraussetzung für die Entwicklung der Taschenuhr war die Erfindung der Räderuhr[2], welche ihrerseits das Bedürfnis nach einer gleichförmigen und eingeteilten Zeit zu befriedigen suchte. (vgl. Sulzgruber, 1995: 83). Mobile Zeitmessung wurde immer gefragter, sodass zunächst die sogenannten Tischuhren zu Kutschen- bzw. Reiseuhren entwickelt wurden (vgl. Sulzgruber, 1995: 99). Kutschenuhren waren meist wie Tischuhren gestaltet, nur wesentlich kleiner, und waren in Leder- oder Holzschatullen verstaut (vgl. Wendorff, 1980:194).
2.2 Die Technik
Im Gegensatz zu vorangegangenen Uhren, kam die Taschenuhr ohne Gewicht als Antrieb aus. Hierfür waren die Entwicklung des Federzugs und der Schnecke verantwortlich (vgl. Dohrn-van Rossum, 1992: 118). Doch eine wichtige Voraussetzung für die mechanischen Uhren waren die Spindelhemmung[3] mit Waagbalken, wobei der Waagbalken in der Mitte mit der Spindel verbunden war. Beides war zusammen drehbar, sodass die zwei Sperrklinken an der Spindel die Zahnräder antrieben (vgl. Whitrow, 1991: 162ff.) 1510 baute Peter Henlein die ersten Dosenuhren, welche die Vorgänger der Taschenuhr werden sollten (vgl. Ballhausen/Kleinelümern/Niebuhr-Timpe., 2008: 80). Später entwickelte Peter Henlein kleine Uhren, welche bereits für 40 Stunden liefen, doch ihnen musste noch eine Sonnenuhr oder ein Kompass hinzugefügt werden, da die Uhr allein zu ungenau war. Ihm wurde lange Zeit die Erfindung des Nürnberger Eis zugeschrieben, doch hat man herausgefunden, dass dies nicht der Fall ist (vgl. Wendorff, 1980: 195). Ungenauigkeiten bei Taschenuhren waren zunächst nicht unüblich, sodass sie den Blick auf die öffentlichen Uhren nicht ersetzten (vgl. Jenzen/Glasemann, 1989: 96). Selbst die öffentlichen Uhren – nach denen die Taschenuhren gestellt wurden – wiesen teilweise Ungenauigkeiten auf. Da sich das gesellschaftliche Leben jedoch nach den öffentlichen Uhren richtete, war eine genaue Taschenuhr zunächst auch keine Notwendigkeit (vgl. Jenzen/Glasemann, 1989: 100). Die Ungenauigkeit der Taschenuhr wurde ein Problem, als durch das 19. Jahrhundert hinweg die Zeit „ökonomisiert“ wurde und mit der rasanten Entwicklung der Mobilität auch zeitlich getaktete Fahrpläne erstellt wurden (vgl. Payer, 2015: 13). Es war Christian Huygens Erfindung der Spiralfeder, die eine genauere Uhrzeitmessung ermöglichte. (vgl. Cardinal, 1985: 8), denn sie war regulierend und schwang gleichmäßig (vgl. Cardinal, 1985: 78). Um die Uhr genauer zu stellen, veränderte man die Schwingungsweite der Spiralfeder.“ Man machte sie länger, wenn die Uhr wegen zu schneller Schwingung vorging, oder kürzer, wenn sie wegen zu langsamer Schwingungen nachging“ (Cardinal, 1985: 79). Dennoch bestand weiterhin das Problem der Ungenauigkeit bei wesentlichen Temperaturveränderungen (vgl. Cardinal, 1985: 80) und sich verändernden Luftdruck (vgl. Wanach, 1913: 35). Um eine Temperaturunabhängigkeit und somit mehr Genauigkeit zu ermöglichen, wurde bei sogenannten „Qualitätstaschenuhren“ ein Materialmix aus Messing und Stahl angewandt (vgl. Wendorff, 1980: 268). Eine hundertprozentige Genauigkeit bei mechanischen Uhren zu erreichen, ist jedoch nicht möglich, da zu viele äußere Einflüsse auf das Uhrwerk einwirken (vgl. Wanach, 1913: 36). Ein Schlagwerk ermöglicht eine gleichmäßige Zeiteinteilung in gleichlange Stunden (vgl. Sulzgruber, 1995: 91). Im Jahr 1691 wurde zum ersten Mal durch den englischen Uhrmacher Daniel Quare dem Stundenzeiger ein Minutenzeiger hinzugefügt, was sich alsbald auch durchsetzte, sodass um 1700 zwei Zeiger die Norm wurden (vgl. Wendorff, 1980: 248).
Ab 1775 kam es wohl zu keiner größeren Weiterentwicklung der Taschenuhr (vgl. Wendorff, 1980: 272).
3. Die Zeiteinteilung
Obwohl die Publizistik über die mechanische Uhr am Anfang des 20. Jahrhunderts abnahm, fand die Zeiteinteilung neues Interesse (vgl. Dohrn-van Rossum, 1992: 17) „Bis Anfang des 20. Jahrhunderts glaubten die Menschen an die absolute Zeit“ (Hawking/Mlodinow, 2006: 122), was bedeutete, dass die Zeit gleichförmig und linear sei (vgl. Hartung, 2015: 214). Doch durch die Etablierung der Eisenbahn (vgl. Rosa, 2005: 163) und die damit einhergehende Zunahme und Geschwindigkeit von Mobilität, bemerkte man die Zeitunterschiede zwischen den Orten (vgl. Johnson, 2016: 187), denn die Eisenbahngesellschaften legten ihren Fahrplänen die eigene Ortszeit zugrunde – was auch innerhalb Deutschlands zu erheblichen Unterschieden führte (vgl. Dohrn-van Rossum, 1992: 319). Und auch die Anfänge der Globalisierung sorgten für das Interesse an einer einheitlichen Zeitordnung (vgl. Ogle, 2015: 20).
[...]
[1] Ist in diesem Essay von ‚Gesellschaft‘ die Sprache, so ist der deutschsprachige Raum zwischen dem 16. und 20 Jahrhundert gemeint.
[2] Die Begrifflichkeiten der mechanischen Uhr und der Räderuhr sind nicht ganz voneinander abgrenzbar (vgl. Dohrn-van Rossum, 1992:56). Alle Räderuhren sind mechanische Uhren, aber nicht alle mechanischen Uhren sind Räderuhren. Im Folgenden werden diese Begriffe dennoch synonym verwendet wird.
[3] Später wurden auch sogenannte Ankerhemmungen entwickelt, welche genauer arbeiten sollte. Da diese aber nur auf geraden Ebenen und somit nicht in der Taschenuhr Anwendung fand (vgl. Whitrow, 1991: 250), wird sie hier nicht näher erläutert.
- Citar trabajo
- Isabelle Herrmann (Autor), 2019, Die Taschenuhr und ihr Einfluss auf die Veränderung der Gesellschaft, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/496753
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