Diese Arbeit beschreibt die Symptome des Burnout-Syndroms und wie es nach dem ICD-10 klassifiziert wird, geht auf verschiedene Erklärungsansätze ein und erforscht diverse Schutzfaktoren, sowohl im persönlichen als auch im organisationellen Bereich.
Burnout ist ein hochaktuelles Thema. Die rasante Zunahme von Burnouts bewegt nicht nur Betroffene zum Nachdenken, auch Unternehmen beschäftigen sich zunehmend mit diesem Thema, aber bei wem liegt die Verantwortung? Was sind die Ursachen?
Ist es das Unternehmen mit den spezifischen Arbeitsbedingungen oder ist es auf den Arbeitnehmer mit seinen Persönlichkeitsmerkmalen zurückzuführen? Die wirtschaftlichen Folgen sind immens. Laut Gesundheitsbericht des Bundes zum Thema Krankheitskosten im Auftrage des Robert Koch-Instituts (RKI) und Gesundheitsberichterstattung des Bundes (GBE) sind Krankheitskosten durch Menschen mit psychischen Problemen von insgesamt rund 26,7 Milliarden Euro entstanden, dies entspricht 11,3% der Gesamtkrankheitstagen.
Die Fürstenberg-Performance-Studie ergab, dass sich der Gewinn des deutschen Bruttoinlandsproduktes durch psychisch gesunde Mitarbeit auf 262 Milliarden Euro, 11% belaufen würde. Unternehmen beginnen, um größeren wirtschaftlichen Ausfällen entgegenzusteuern, Maßnahmen für die Gesundheitsförderung aber auch für den Erhalt von Gesundheit in ihre Unternehmen zu etablieren.
Dem materiellen Faktor steht die menschliche Komponente gegenüber. Immer mehr Menschen leiden unter den Auswirkungen von Burnout und erkranken schwer. Welche Ursachen hat der rasante Anstieg? Oder täuscht die hohe Medienpräsenz darüber hinweg, dass Burnout tatsächlich ein altbekanntes Phänomen ist?
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Beschreibung des Syndroms
2.1 Klassifizierung nach dem ICD-10
2.2 Symptome
2.3 Prävalenz
2.4 Messmethoden
3 Erklärungsansätze
3.1 personenbezogene Erklärungsansätze
3.2 Arbeits- und organisationsbezogene Erklärungsansätze
4 Schutzfaktoren
4.1 Persönliche Faktoren
4.1.1 Selbstwirksamkeit
4.1.2 Ambiguitätstoleranz
4.1.3 Hardiness
4.1.4 Resilienz
4.1.5 Coping
4.2 Organisationelle Faktoren
4.2.1 Führungseinfluss
4.2.2 Arbeitszeitgestaltung
4.2.3 Arbeitsgestaltung
4.2.4 Gesundheitszirkel
4.2.5 Soziale Unterstützung
5 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Burnout ist ein hoch aktuelles Thema. Die rasante Zunahme von Burnouts bewegt nicht nur Betroffene zum Nachdenken, auch Unternehmen beschäftigen sich zunehmend mit diesem Thema, aber bei wem liegt die Verantwortung? Was sind die Ursachen?
Ist es das Unternehmen mit den spezifischen Arbeitsbedingungen oder ist es auf den Arbeitnehmer[1] mit seinen Persönlichkeitsmerkmalen zurückzuführen? Die wirtschaftlichen Folgen sind immens. Laut Gesundheitsbericht des Bundes zum Thema Krankheitskosten (Nöthen & Böhm, 2009) im Auftrage des Robert Koch-Instituts (RKI) und Gesundheitsberichterstattung des Bundes (GBE) sind Krankheitskosten durch Menschen mit psychischen Problemen von insgesamt rund 26,7 Milliarden Euro entstanden, dies entspricht 11,3% der Gesamtkrankheitstagen. Die Fürstenberg-Performance-Studie ergab, dass sich der Gewinn des deutschen Bruttoinlandsproduktes durch psychisch gesunde Mitarbeit auf 262 Milliarden Euro, 11% belaufen würde (Lipkowski, 2011). Unternehmen beginnen, um größeren wirtschaftlichen Ausfällen entgegenzusteuern, Maßnahmen für die Gesundheitsförderung aber auch für den Erhalt von Gesundheit in ihre Unternehmen zu etablieren. Dem materiellen Faktor steht die menschliche Komponente gegenüber. Immer mehr Menschen leiden unter den Auswirkungen von Burnout und erkranken schwer. Welche Ursachen hat der rasante Anstieg? Oder täuscht die hohe Medienpräsenz darüber hinweg, dass Burnout tatsächlich ein alt bekanntes Phänomen ist?
2 Beschreibung des Syndroms
Der Begriff Burnout stammt ursprünglich aus der Kernenergietechnik und bezeichnet das Durchbrennen der Brennstoffumhüllung. Auf den Menschen bezogen bedeutet Burnout, dass der Betroffene sich ausgebrannt fühlt, erschöpft ist und sich verausgabt hat (Brockhaus 1994).
Laut Gusy und Kleiber im Handbuch Betriebliche Gesundheitsförderung (Arbeits- und organisationspsychologische Methoden und Konzepte, Bamberg, Ducki & Metz, 1998) gilt die Publikation von Loretta Bradley über Burnout 1969 als Beginn der wissenschaftlichen Burnout-Forschung. Laut Bradley besteht Burnout als psychologisches Phänomen hauptsächlich bei helfenden Berufen (Bradley 1969 in Enzmann & Kleiber, 1990). Als weiterer Pionier zählt der Psychoanalytiker Herbert Freudenberger, der das Phänomen Burnout 1974 wissenschaftlich aufgriff (Gusy & Kleiber in Bamberg et al 1998). Seine Veröffentlichung im „Journal of social Issues“ beschreibt den physischen und psychischen Abbau, den er bei sich selbst, aber auch bei ehrenamtlichen Mitarbeitern in Helfenden Berufen feststellte (Freudenberger 1974).
Freudenberger beobachtete, wie sich aufopferungsvolle, engagierte und pflichtbewusste Helfer zu, leicht reizbare und gegenüber ihren Klienten zynisch agierenden Mitarbeitern entwickelten. Sie zeigten Symptome von psychischer und physischer Erschöpfung.
Insbesondere die Sozialpsychologinnen Christina Maslach und Ayala Pines untersuchten 1976 das Burnout-Phänomen bei sozialen Berufen. Später wurden auch andere Berufsgruppen und private Lebensbereiche mit in den Untersuchungsfokus aufgenommen (Burisch 2006).
Aufgrund der Komplexität und der Vielzahl der Ausprägungen von Burnout liegt keine einheitliche Definition über Burnout vor.
Pines, Aronson und Kafry beziehen ihre Definition auf Menschen, die mit Menschen arbeiten: „Das Ausbrennen ist das Resultat andauernder oder wiederholter emotionaler Belastung im Zusammenhang mit langfristigem, intensivem Einsatz für andere Menschen [...]. Das Ausbrennen ist die schmerzliche Erkenntnis, dass sie diesen Menschen nicht mehr helfen können, dass sie nichts mehr zu geben haben und sich völlig verausgabt haben“ (Pines et.al. 1993, S. 25).
Freudenberg (1994) beschreibt Burnout als einen Zustand der Erschöpfung und Frustration, hervorgerufen durch unrealistische Erwartungen. Er definiert Burnout als:
„... ein Energieverschleiß, eine Erschöpfung aufgrund von Überforderungen, die von innen oder von außen – durch Familie, Arbeit, Freunde, Liebhaber, Wertesysteme oder die Gesellschaft – kommen kann und einer Person Energie, Bewältigungsmechanismen und innere Kraft raubt. Burnout ist ein Gefühlszustand, der begleitet ist von übermäßigem Streß, und der schließlich persönliche Motivation, Einstellungen und Verhalten beeinträchtigt“ (Freudenberger 1994, S. 27).
Maslach & Jackson (1986, S. 134 in Enzman & Kleiber 1989, S. 32) definieren Burnout „...als ein Syndrom emotionaler Erschöpfung, Depersonalisierung und reduzierter persönlicher Leistungsfähigkeit, das bei Individuen, die in irgendeiner Weise mit Menschen arbeiten, auftreten kann.“
Wiederum beschreiben Edelwich & Brodsky (1984, S. 12) den Burnout-Begriff als den „...zunehmenden Verlust von Idealismus und Energie (...), den die in den Helfenden Berufen Beschäftigten als Folge der Arbeitsbedingungen erfahren“.
Cherniss (1980, S. 32) definiert Burnout als: „[...] ein Prozess, in dem sich ein ursprünglich engagierter Mitarbeiter von seiner Arbeit plötzlich zurückzieht, als Reaktion auf Beanspruchung und Belastung im Beruf“.
Laut Gusy & Kleiber (in Bamberg et al., 1998, S. 315) handelt es sich bei Burnout um ein arbeitsbezogenes Syndrom, welches schon lange, bevor es ein „wichtiger Gegenstand arbeits-, gesundheits- und klinisch-psychologischer Forschung wurde“, in der Belletristik beschrieben wurde, wie z.B. in Thomas Manns Roman die Buddenbrooks von 1901.
Da Burnout viele verschiedene Ausprägungen hat, gibt es keine eigenständige Diagnose im Sinne der Klassifizierung nach dem ICD-10-Katalog der WHO. Daher wird auch vom Burnout-Syndrom gesprochen, da hinter einem Syndrom verschieden ausprägte Symptome stehen können.
2.1 Klassifizierung nach dem ICD-10
Die ICD-10 steht für die „internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“, „International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems“ (WHO 2011). Es ist das weltweit anerkannte Diagnoseklassifikations- und Verschlüsselungssystem in der Medizin.
Die Tatsache, dass das Burnout-Syndrom bis heute keine eigenständige Störung im Sinne des ICD-10-Katalog ist, erschwert genaue Aussagen über die Prävalenz. Das Erschöpfungssyndrom (Burnout-Syndrom) ist lediglich als Zusatzstörung (Z 73.0) unter der Hauptkategorie „Probleme, die mit Schwierigkeiten in der Lebensbewältigung verbunden sind“ (Z 73) subsummiert worden (WHO 2011). Und stellt nur eine Konkretisierung einer Hauptdiagnose dar.
2.2 Symptome
Wenn man versucht, Burnout anhand der Symptombeschreibungen von Betroffenen zu erklären, wird man mit einer Vielzahl von Symptomen der psychischen und physischen Erschöpfung konfrontiert. Schaufeli und Enzmann (1998) benannten in einem Review bereits 132 Symptome, die häufig in verschiedenen Studien erwähnt wurden. Sie unterteilen Burnout in verschiedene Symptomkategorien: körperliche, psychische, soziale Symptome und solche auf der Verhaltensebene. Kahill (1988) hingegen teilte in ihrem Review die Symptome in physische, emotionale, verhaltensbezogene, interpersonelle und einstellungsbezogene Symptome auf. Sie wies darauf hin, dass die emotionalen Symptome beim Burnout am ehesten mit denen einer Depression in Verbindung gebracht werden können. Die Ausprägungen sind sehr unterschiedlich, bei jedem Betroffenen sind sie anders ausgestaltet und treten individuell auf. Symptome können Antriebsmangel, chronische Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, ein erhöhter Ruhepuls, Magen-Darm-Leiden, Schlafstörungen so wie Bluthochdruck und viele mehr sein. Gerade aber auch psychische Symptome, wie Angstzustände, wie Versagensangst, Überforderung, aber auch Ohnmachtsgefühle werden von Betroffenen beschrieben. Es wird von zunehmenden Alkohol- und Drogenkonsum und Selbstmordgedanken berichtet (Burisch, 2006).
Gerade diese Problematik der verschiedensten Ausprägungsformen von Burnout tragen zu einer erschwerten Diagnostizierbarkeit bei. So ist davon auszugehen, dass ein Großteil der statistisch am häufigsten diagnostizierten Krankheiten auf Burnout zurückzuführen ist. Nur Krankheiten des Kreislaufsystems und des Verdauungssystem liegen noch vor den psychischen Erkrankungen in der Krankheitsstatistik laut des Gesundheitsberichtes des Bundes und des RKI (Nöthen et al., 2009). Die Annahme liegt nahe, dass sich hinter einem großen Teil der diagnostizierten Depressionen und angrenzenden Diagnosen in Wirklichkeit ein Burnout verbirgt (Weißleder, 2008).
2.3 Prävalenz
Da das Burnout-Syndrom nicht als eigenständige Behandlungsdiagnose klassifiziert ist, ist es schwierig, aussagekräftige Zahlen zu nennen. Da zu vermuten ist, dass viele Burnout-Diagnosen als psychische Erkrankung diagnostiziert werden, wird in dieser Hausarbeit versucht, aktuelle Zahlen hierzu zu dokumentieren. Meine schriftliche Anfrage beim Statistischen Bundesamt ergab, dass die Zahlen über Burnout erst seit 2004 über Z 73 erfasst werden. In diesem Zusammenhang werden keine Daten über die Höhe der Arbeitsausfälle und daraus resultierende Kosten erhoben.
Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis, 2011) in ihrer Krankenhausdiagnosestatistik legen dar, dass in den letzten Jahren die Behandlung von Menschen, die mit dem Zusatzvermerk Burnout (Z 73.0) in einem Krankenhaus aufgenommen wurden, signifikant gestiegen ist. So wurden 2004 nur 139 Patienten mit der ergänzenden Diagnose Burnout behandelt, im Jahr 2009 waren es hingegen 481 Menschen. Im Jahr 2009 wurden fast doppelt so viele Frauen mit Burnout behandelt als Männer (w=300, m 181). Die meisten Patienten erkrankten im Alter von 35 bis 55 Jahren.
Nöthen et al. (2009), Gesundheitsberichterstatter des Bundes zum Thema Krankheitskosten im Auftrage des RKI haben eine differenzierte Krankheitskostenrechnung erstellt. So stellen die Autoren (2009, S. 13ff) fest, dass „mit Krankheitskosten von insgesamt rund 26,7 Milliarden Euro (11,3%) im Jahr 2006 psychische und Verhaltensstörungen auf Rang drei lagen.“, weiter „Nach Angaben des Gesundheitsberichts für Deutschland wurde die Häufigkeit psychischer Erkrankungen lange unterschätzt. 20 % der europäischen Bevölkerung sind durch eine psychische Störung belastet“.
Laut dem DAK-Gesundheitsbericht (Kordt, 2009) liegen die psychischen Erkrankungen auf Platz vier mit einer Verteilung von 10,6%. Im DAK-Bericht von 2011 (Kordt, 2011) liegt die Quote schon bei 12,1 %.
In der Veröffentlichung Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz in Deutschland vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen wird geschrieben: „Das Marktforschungsinstitut EMNID berichtete, dass jeder vierte deutsche Erwerbstätige unter Burnout leide“ (Brücker-Albers, 2008, S. 32).
2.4 Messmethoden
Burnout ist kein Syndrom, welches sich durch eine typische Charakterisierung beschreiben lässt, trotzdem lassen sich einige wesentliche Züge aufzeigen. Bekanntester Messansatz ist das Modell von Maslach und Jackson (1986), dem das Drei-Dimensionen-Modell zugrunde liegt. Dieses Modell diente gleichzeitig der Entwicklung eines Instrumentes für die Messung von Burnout, dem Maslach-Burnout-Inventory-Test (MBI). Die drei Dimensionen umfassen emotionale Erschöpfung, Depersonalisierung und reduziertes Wirksamkeitserleben. Der MBI erfragt mit Hilfe von 22 Items alle drei Dimensionen, der Fragebogen legt dabei den Fokus auf die Helfenden Berufe. Gusy und Kleiber (1998) stellen die klare Reproduzierbarkeit der Dimensionen emotionale Erschöpfung und Depersonalisierung infrage. Enzmann (1996) und Gusy (1995, in Bamberg 1998, S. 318) kritisieren, „ob der MBI nicht eher eine allgemein erhöhte Ermüdbarkeit als eine spezifische emotionale Erschöpfung erfaßt“. Mit der Entwicklung des Copenhagen Burnout Inventory (CBI) wurde versucht, die Fokussierung des MBIs zu überwinden. Seine Ergebnisse erzielen hohe Werte bei der Validität und Reliabilität. Er gibt Aussagen über das Ausmaß des physischen und psychischen Erlebens von Erschöpfung, über solche, die auf die Arbeit zurückzuführen ist und über Frustrationen und Erschöpfung in Bezug auf die Arbeit mit Klienten (Kristensen et al. 2005).
Eine weitere Messmethode, die Überdrußskala (Tedium Measure), wurde von Pines, Aronson und Kafry entwickelt. Der Tedium Measure Test gibt Aussagen über die Häufigkeit der Belastungssituation (Gusy & Kleiber 1998). Es wird die körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung gemessen.
Erwähnt sei auch der Areas of Work Life Survey (AWLS) Test, der von Leiter (in Lipkowski, 2011) 1997 entwickelt wurde. Er bezieht sich auf Bereiche in einer Organisation, die maßgeblich an der Entstehung oder dem Erhalt von Burnout beteiligt sind. Zu den Bereichen gehören laut Leiter die Arbeitsbelastung, der Einfluss, die Anerkennung, die Gemeinschaft, die Fairness und die Werte. Dieses Testverfahren wird häufig in Kombination mit dem MBI angewendet.
3 Erklärungsansätze
Erklärungsansätze über Burnout lassen sich in zwei Kategorien aufteilen. Zum einen gibt es den persönlichkeitszentrierten oder auch individuen-bezogen Ansatz mit den Vertretern Freudenberger & Richelson, Edelwich und Brodsky, Fischer, Meier, Lauderdale und Burisch. Hierbei steht die betroffene Person, meist der Helfende, im Vordergrund. Ursächlich für das Burnout wird hier häufig die Diskrepanz zwischen Helferideal und Arbeitswirklichkeit des Helfers gesehen.
Zum anderen gibt es den sozial, arbeits- und organisationsorientierten Erklärungsansatz, bei dem die verschiedenen situationsbezogenen Bedingungen im Fokus stehen. Bekannte Vertreter dieses Ansatzes sind Maslach & Jackson, Aronsons, Pines & Kafry, Barth, Berkley Association Planning Group, Cherniss, Harrison, Enzmann & Kleiber (Gusy 1995).
3.1 personenbezogene Erklärungsansätze
Laut Gusy und Kleiber (in Bamberg et al. 1998) werden die Ursache von Burnout und die Risiken, daran zu erkranken, bei den personenbezogenen Ansätzen auf Merkmale der Person zurückgeführt. Freudenberg (Bamberg, 1998) nennt als Kern des Burnout-Syndroms die zu hohen Erwartungen, unrealistische Zielsetzungen und die daraus resultierenden Enttäuschungen und Frustrationen.
Edelwich und Brodsky (1984) beschreiben die Entstehungsbedingungen von Burnout als einen Verlust von Idealismus, Engagement, Energie, Vorsätzen und Interessen, resultierend aus einer Desillusionierung, die auf die vorherrschenden Arbeitsbedingungen zurückzuführen sind. Sie betrachten Burnout als Prozess in vier Phasen. Die Dimensionen von Edelwich und Brodsky (1984) sind die idealistische Begeisterung, der Stillstand, die Frustration und die darauf folgende Apathie. Als fünfte Phase wird von beiden die Intervention gesehen, sie kann präventiv oder auch als Reaktion angewendet werden.
Burisch (2006, S. 24) unternahm den Versuch, verschiedene Studien einheitlich in sieben Kategorien zu subsumieren, da er der Meinung ist, dass die Symptombilder „sehr vielschichtig, andererseits aber von Studie zu Studie wiederum überraschend einheitlich“ sind. Burisch (2006, S. 25 ff.) beschreibt seine sieben Kategorien wie folgt: „1. Warnsymptome in der Anfangsphase“. Zunächst nennt er ein vermehrtes Engagement für Ziele, die z.B. Ausdruck finden in Hyperaktivität, freiwilliger Mehrarbeit, Unentbehrlichkeitsgefühl, Gefühl der Zeitnot und Verleugnung eigener Gefühle, Beschränkung sozialer Kontakte, Verdrängung von Misserfolgen und Enttäuschungen. Es folgt die Erschöpfung, die sich in chronischer Müdigkeit, Energiemangel, Unausgeschlafenheit und erhöhter Unfallgefahr widerspiegelt. Als 2. Phase nennt Burisch (2006, S.25 ff.) das „reduzierte Engagement“, welches er in vier Unterkategorien aufteilt: a) bezogen auf die Klienten, Patienten etc. (Desillusionierung, größere Distanz, Aufmerksamkeitsstörungen, Stereotypisierung, Dehumanisierung, etc.), b) für andere im allgemeinen (Unfähigkeit zu geben, Empathieverlust, Verständnislosigkeit, Zynismus, etc.,) c) für die Arbeit (Desillusionierung, negative Einstellung zur Arbeit, Widerstand täglich zur Arbeit zu gehen, Fehlzeiten, Verlängerung von Pausen, hohe Gewichtung von materiellen Bedingungen für die Arbeitszufriedenheit, etc.,) d) erhöhte Ansprüche (Verlust von Idealismus, Konzentration auf eigene Ansprüche, Gefühl mangelnder Anerkennung, der Ausbeutung, Eifersucht und Partnerprobleme). Die dritte Phase „emotionale Reaktion; Schuldzuweisung“ zeichnet sich aus laut Burisch (2006, S. 24ff) durch Depression und Schuldzuweisungen in Form von reduzierter Selbstachtung, Insuffizienzgefühl, Gedankenverlorenheit, Selbstmitleid, Stimmungsschwankungen, Humorlosigkeit, Bitterkeit, Angst und Nervosität, Hilflosigkeit, Ohnmachtsgefühl, Apathie, Selbstmord-gedanken, etc. und durch Aggression in Form von Schuldzuweisungen, Vorwürfe, Ungeduld, Launenhaftigkeit, Intoleranz, Kompromiss-unfähigkeit, Reizbarkeit, Misstrauen und häufigen Konflikten. Die vierte Phase beschreibt den Abbau der kognitiven Leistungsfähigkeit, der Motivation, der Kreativität und der Entdifferenzierung (schwarz-weiß-Denken, Widerstand gegen Veränderungen aller Art). Als Phase fünf bezeichnet Burisch (2006) die Verflachung des emotionalen, des sozialen und des eigenen Lebens. In der Phase sechs beschreibt Burisch (2006) die auftretenden psychosomatischen Reaktionen wie Immunschwäche, Muskelverspannung, Probleme zu Entspannen, Schlafstörungen, Rücken-, Kopfschmerzen, nervöse Ticks, Verdauungs-störungen, Alpträume. Die siebte Phase endet in der Verzweiflung, gezeichnet von Hoffnungslosigkeit, Gefühl der Sinnlosigkeit, existentieller Verzweiflung und einer negativen Einstellung zum Leben.
3.2 Arbeits- und organisationsbezogene Erklärungsansätze
Gusy und Kleiber (in Bamberg et al. 1998) verstehen Burnout aus der Sicht der Arbeits- und Organisationspsychologie als ein Konzept, welches in Bezug mit stresstheoretischen Konzepten steht. Die Autoren (1998, S. 318) lassen offen, ob Burnout nicht „...gänzlich als spezifische Streßreaktion entschlüsselt wird. Als Determinanten oder Korrelate von Burnout gelten dann u.a. Arbeitsbelastung, Rollenstreß, mangelnde soziale Unterstützung, Zeitdruck, spezifische Kontrollüberzeugungen, geringe Handlungs- und Entscheidungsspielräume sowie ein Mangel an Feedback“.
Cherniss (1980) vertritt ein soziologisch geprägtes, integratives Erklärungsmodell. Er kombiniert arbeits- und organisationsbezogene, individuelle und gesellschaftliche Entstehungsbedingungen. Arbeits- und organisationsbezogene Faktoren sind: die Rollenstruktur, die Machtstruktur und die normativen Strukturen. Der Autor geht davon aus, dass Burnout durch Sinnverlust und durch unrealistische Erwartungen entsteht.
Sobald die allgemeinen Anforderungen und die Arbeitsstressoren im Sinne des transaktionalen Stresskonzeptes nach Lazarus und Folkmann (1984) die Bewältigungsmöglichkeiten eines Menschen überschreiten, kann es zu einem Burnout führen.
Maslach et al. (1986) gehen sogar davon aus, dass Burnout hauptsächlich durch schlecht wirksame und strukturelle Besonderheiten in der Arbeitssituation entsteht und nicht mit der Person zusammenhängt. Maslach (1986, in Röhring & Kröncke, 2003, S. 45) benennt Burnout begünstigende Einflüsse: „Mangel an positiven Feedback, Zentrierung auf Klientenprobleme, gehäufte chronische und schwer zu beeinflussende Probleme, starke Involviertheit, Hierarchieprobleme, administrative Zwänge, schlechte Teamarbeit, Druck vom Vorgesetzten, schlechte Arbeitsorganisation, mangelnde Ressourcen (Personal und Finanzmittel) und problematische institutionelle Vorgaben und Strukturen“.
Die weiteren Vertreter des organisationsbedingten Erklärungsansatzes, Pines, Aronson und Kafry, unterscheiden Ausbrennen von Überdruss, sie haben verschiedene Ursprünge (Pines et al. 1993). Laut den Autoren kann Überdruss durch chronische, emotionale, physische oder geistige Belastung entstehen. Ausbrennen hingegen ist das Ergebnis aus sich wiederholender Belastung, die dabei entsteht, wenn ein engagierter Einsatz für andere Personen vorherrscht. Sie sind der Meinung, dass stressreiche arbeitsorganisatorische Umweltbedingungen zu einem Burnout führen können, und nicht in der Person begründet sind. Zu diesen zählen: geringer Handlungs- und Entscheidungsspielraum, geringe Flexibilität der Organisation, ungünstige Rahmenbedingungen, zu geringes Ausbildungsniveau, zu viele Aufgaben, fehlende soziale Unterstützung, unzureichendes Feedback (Pines et al., 1993).
4 Schutzfaktoren
Dem Burnout begünstigenden Faktoren stehen Schutzfaktoren gegenüber, die sich nachweislich positiv auf das Verhindern von Burnout auswirken. Maslach & Leiter (2001) entwickelten sechs Faktoren, die das gesunde Engagement fördern: eine realistisch zu bewältigende Arbeitsbelastung, die Möglichkeit, Einfluss und Kontrolle auf sein eigenes Wirken im Arbeitsbereich zu haben, das Erfahren von Lob und Anerkennung, wie in Form eines Feedbacks, die Existenz eines unterstützenden, respektvoll agierenden Teams, die faire und transparente Verteilung von Arbeit und die Übereinstimmung der Werte. Im Folgenden wird eine Auswahl an Schutzfaktoren dargestellt.
4.1 Persönliche Faktoren
Laut Geyerhofer (in Lipkowski, 2011) setzen immer noch 80 % der Maßnahmen, die von Unternehmen gegen Burnout eingesetzt werden, an der Person und nicht an den organisationsbezogenen Faktoren an. So werden Stressbewältigungs- und Zeitmanagementfortbildungen angeboten oder mit Sonderurlaub auf das Ausbrennen reagiert, anstatt die Bedingungen zu ändern, an denen sich die Mitarbeiter aufreiben. Im weiteren sollen nur einige Schutzfaktoren, die sich positiv auf das Verhindern von Burnout auswirken und sich auf das Individuum beziehen, erläutert werden.
4.1.1 Selbstwirksamkeit
Bandura (1986) arbeitete das Konzept der Selbstwirksamkeit aus, es ist ein Bestandteil der sozialen Lerntheorie. „Selbstwirksamkeit (self-efficacy) ist die Überzeugung, daß man in einer bestimmten Situation die angemessene Leistung erbringen kann. Dieses Gefühl einer Person bezüglich ihrer Fähigkeiten beeinflußt ihre Wahrnehmung, ihre Motivation und ihre Leistung auf vielerlei Weise“ (Bandura, 1986, in Zimbardo 1995, S. 498). Eine Person handelt selbstwirksam, wenn sie daran glaubt, selbst etwas zu bewirken und auch in schwierigen Situationen selbstständig handeln zu können.
Die Forschung belegt, dass Menschen mit einem starken Glauben an die eigenen Fähigkeiten, größere Ausdauer bei der Bewältigung von Herausforderungen, eine geringere Anfälligkeit für Angststörungen, Depressionen und mehr Erfolge im Berufsleben haben. Cherness formuliert, dass Menschen mit niedriger Selbstwirksamkeit stärker bedroht sind, an Burnout zu erkranken (Bandura, 1986). Diese Beziehung haben auch Burnout-Forscher zwischen Burnout und Selbstwirksamkeit im Lehrberuf festgestellt. Es besteht ein Zusammenhang zwischen niedriger Selbstwirksamkeit und hoher Burnout-Anfälligkeit (Schwarzer & Schmitz, 1999; Brouwers & Tomic, 2000 in Kunz Heim & Nido, 1998).
4.1.2 Ambiguitätstoleranz
Ambiguität leitet sich aus dem lateinischen ambiguitas ab. Es bedeutet so viel wie Mehrdeutigkeit oder Doppelsinn. Laut Dorsch (1998, S. 31) bezeichnet Ambiguitätstoleranz die Fähigkeit, „Vieldeutigkeit und Unsicherheit zur Kenntnis zu nehmen und ertragen zu können“.
Das besondere bei Menschen mit hoher Ambiguitätstoleranz ist, dass sie selbst in neuen, unstrukturierten und schwer zu kontrollierenden Situationen die Ruhe bewahren und handlungsfähig bleiben. Sie sind fähig, „Abweichungen von gewohnter Normalität oder unerwartete Reaktionen und Handlungen zu akzeptieren, statt als Bedrohung zu empfinden“ (Hatzer & Layers, 2005, S. 143).
4.1.3 Hardiness
Laut Kobasa (1979) bedeutet Hardiness im Englischen die Widerstandsfähigkeit, er stellt einen Zusammenhang zwischen Hardiness und Burnout her. Sie beschreibt Hardiness als eine persönliche Resource, die sich durch eine engagierte Grundhaltung im Leben und dem Gefühl, die Kontrolle zu behalten, auszeichnet. Die Personen sind offen gegenüber Veränderungen. Es ist die Eigenschaft einer Person, in Stresssituationen sachlich und problemorientiert zu handeln.
Pierce & Molloy (1990) stellten fest, dass Menschen mit hoher Widerstandsfähigkeit deutlich niedrigere MBI-Burnout-Werte aufweisen als Personen mit einer niedrigen Widerstandsfähigkeit.
4.1.4 Resilienz
Resilienz kommt aus dem lateinischen resilire und bedeutet zurückspringen, abprallen. Im Deutschen wird es mit Widerstandsfähigkeit übersetzt. Es ist die Fähigkeit, Krisen durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen zu meistern und als Anlass für Entwicklungen zu nutzen (Welter-Enderling & Hildenbrand, 2006, S. 13).
4.1.5 Coping
To cope with, bedeutet im Englischen etwas zu bewältigen, zu überwinden. Lazarus & Folkman (1984, in Zimbardo, 1995, S. 587), die das transaktionale Stresskonzept entwickelten, beschreiben Coping (Bewältigung) als „den Versuch, den Anforderungen unserer Umwelt so zu begegnen, dass negative Konsequenzen vermieden werden. Es gibt viele verschiedene Techniken der Bewältigung, von denen einige für bestimmte Personen in bestimmten Situationen effektiver sind als andere“. Cherniss (1980) versucht, die Entstehung von Burnout mit dem Zusammenwirken von defensiven Coping-Strategien und arbeitsbe-zogenem Stress zu erklären. Er vertritt die Meinung, dass die allgemeinen Anforderungen oder Arbeitsstressoren, wenn sie die Bewältigungsmöglichkeiten sowie die Ressourcen übersteigen, die Entwicklung von Burnout fördern können. Er führt das Burnout darauf zurück, dass der Betroffene (Helfer) nicht die Möglichkeit hat, den erlebten Stress durch aktive Bewältigung zu begegnen.
4.2 Organisationelle Faktoren
Gusy & Kleiber (1998) weisen darauf hin, dass die empirische Forschung klar belegt, dass den arbeitsorganisatorischen Faktoren eine zentrale Rolle der Burnout-Entstehung zugeschrieben werden können. Laut den Autoren (1998) wirken sich Maßnahmen zur Optimierung der Arbeits- und Organisationsgestaltung nicht nur positiv auf die Burnout-Gefährdung der Mitarbeiter aus, sondern auch auf die Qualität der Arbeit und damit in großem Maße auf den Gewinn des Unternehmens.
Im Folgenden werden verschiedene Schutzfaktoren vorgestellt, die als Unterstützungsmaßnahmen gegen Burnout von Seiten der Organisation, bzw. des Betrieblichen Gesundheitsmanagements eingesetzt werden können.
4.2.1 Führungseinfluss
Die Führungskraft hat große Möglichkeiten, die Entwicklung eines Burnouts zu verhindern. So kann sie beeinflussen, dass die Arbeit gerecht verteilt ist und die Beanspruchung und Belastung ausgewogen ist. Ihr obliegt eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern, und sie ist verantwortlich für die Arbeitsbedingungen (Lipkowski, 2011). Von großer Bedeutung ist, ob eine Führungskraft den Mitarbeiter an Entscheidungen partizipieren lässt. So belegt die Untersuchung Führungsbezogene Risikofaktoren in der IT-Branche von Klemens, Wieland & Krajewski (2004, S. 5), dass „Beschäftigte, die an ihren Arbeitsplätzen nur geringe Möglichkeiten besitzen, sich zu beteiligen und ihre Ideen einzubringen...“ ein 3,5fach höheres Risiko haben, an Burnout zu erkranken als Mitarbeiter mit Partizipationsmöglichkeiten. Hinzu kommt laut Klemens et al. (2004), dass ein belastendes Sozialklima oder Vorgesetztenverhalten das Risiko nochmals um den Faktor 1,8 erhöht. Laut Klemens (ebenda) führt eine geringe soziale Unterstützung durch den Vorgesetzten zu einem 2,3fach erhöhten Risiko, an Burnout zu erkranken. Auch schlägt ein wenig ausgeprägter mitarbeiterorientierter Führungsstil mit dem Faktor 2,5 zu Buche. Ein wertschätzender Führungsstil, der auch beinhaltet, dem Mitarbeiter ein Feedback zu geben und zu loben, wirkt sich laut Heyse und Kubitza (2008, in Brücher-Albers, 2008) positiv auf das Verhindern eines Burnout aus. Die Führungskraft muss erkennen, welcher Mitarbeiter Unterstützung in Form einer Fortbildung, um seine Fähigkeiten zu verbessern, benötigt. Der gezielte Einsatz von Fortbildungen kann einem zu geringen Ausbildungsniveau und daraus resultierenden Überforderung entgegenwirken und die Gefahr eines Burnouts verringern.
4.2.2 Arbeitszeitgestaltung
Die Organisation kann das Entstehen von Burnout vermindern, indem es mit Arbeitszeitkonten arbeitet. Sie kann beispielsweise ein Ampelsystem einführen, um zum einen festzustellen wie hoch die Arbeitszeit tatsächlich ist und daraus Rückschlüsse auf die Arbeitsbelastung ziehen und gegebenenfalls Maßnahmen wie Arbeitsumverteilungen vornehmen. Weiter kann der Arbeitgeber Belastungen, die durch Vereinbarung von Privatleben und Beruf entstehen, durch flexible Arbeitszeiten oder Homeoffice, entgegenwirken (z.B. Kinderbetreuung, Pflege eines Angehörigen).
4.2.3 Arbeitsgestaltung
Laut Ulich (2008, S. 11 in Brücher-Albers, 2008) nimmt die Bedeutung von „bedingungsbezogenen Interventionen, d.h. der Veränderung der Verhältnisse, insbesondere durch Maßnahmen der Arbeitsgestaltung“, zu. Mit Arbeitsgestaltung können die äußeren Faktoren gemeint sein, also die Arbeitsbedingungen, wie z.B. Lärm, Licht und anderen Umgebungseinflüssen.
Einen großen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen nimmt die Gestaltung der Arbeitsaufgaben ein. Ulich (2005) spricht vom „Primat der Aufgabe“. Nach ihm sollte eine persönlichkeits- und gesundheits-förderliche Arbeitsgestaltung folgende Merkmale enthalten: Vollständigkeit der Arbeitsaufgabe, Vielfalt der Arbeitsanforderungen, Möglichkeiten der sozialen Interaktion, Autonomie, Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten, stressfreie Regulierbarkeit und Sinnhaftigkeit der Tätigkeit. Die Kriterien nach Hacker und Ulich, wie Ausführbarkeit, Schädigungslosigkeit, Beeinträchtigungsfreiheit und Persönlichkeitsförderlichkeit, sind die Basis für eine gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung.
4.2.4 Gesundheitszirkel
Um gesundheitsgefährdende Mängel oder krankmachende Ursachen am Arbeitsplatz und in seiner Umwelt zu erkennen, kann vom Betrieb ein Gesundheitszirkel zusammengerufen werden, der die Aufgabe hat, Probleme festzustellen, zu analysieren und Lösungen zu finden. Hierzu treffen sich ausgewählte Teilnehmer aus verschiedenen Abteilungen, um sich über gesundheitliche Missstände, aus Sicht von Betroffenen, auszu-tauschen (Pressel, 2007). Ziel ist die Senkung von Fehlzeiten und verhaltensbedingten Arbeitsunfällen und die Verbesserung der Arbeits-qualität, Ablauforganisation, der Kommunikation und Kooperation.
4.2.5 Soziale Unterstützung
Die soziale Unterstützung im Arbeitsalltag ist unabdingbar für einen gesunden Betrieb. So werden z.B. Probleme mit der Führungskraft oder mit Kollegen als ein sehr hohes Belastungsrisiko eingestuft (Brüchner-Albers, 2008). Aronson et al. (1993) weisen darauf hin, dass soziale Unterstützung aus guten Beziehungen zu Kollegen, Vorgesetzten, Freunden und der Familie resultiert und vor Ausbrennen schützt. Eine wirksame Methode, um mit zwischenmenschlichen Problemen im Team oder aber durch Probleme, die in der Arbeit mit Kunden entstehen, zu bearbeiten, ist die Supervision.
5 Fazit
Beobachtet man die aktuellen Medien, lässt sich nach und nach ein Wandel bei der Suche nach Antworten und nach Verantwortlichen für das Burnout-Syndrom erkennen. So schreibt der Spiegel, aber auch das neueste Heft von Manager Seminare über die Verantwortung der Betriebe und Maßnahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements, die eingeführt werden. Die hohen finanziellen Verluste, die Burnout nicht nur durch Lohnfortzahlung und Ersatzpersonal, sondern auch durch sinkende Qualität, Verlust von Kunden, Reklamationen und verzögerte Produktion verursacht, können nicht ignoriert werden. Auch weist die Forschung zunehmend auf die Mitverantwortung der Unternehmen hin, so dass die Unternehmen Burnout mehr und mehr als ein eigenes Problem wahrnehmen müssen. Es ist problematisch, dem Mitarbeiter die Verantwortung alleinig zuzuschreiben und mit einer Selbstmanagement-Fortbildung abzutun.
Dem gegenüber stehen immer mehr Menschen, die bereit sind, sich für den Job völlig zu verausgaben. Markus Väth (in Lipkowski, 2011) geht sogar so weit, die Meinung zu vertreten, dass unsere Leistungsgesellschaft das Burnout braucht, und es einen Bestandteil dieser darstellt. „In einem System, in dem sich alle über Arbeit definieren und dem Erfolg hinterherhecheln, sind immer mehr Menschen bereit, sich in ihrem Job völlig zu verausgaben – bis sie sich schließlich im Burnout als Held für die Firma opfern“ (Väth in Lipkowski, 2011, S. 31). Themen wie Arbeitssucht erhalten eine größere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Moosbrugger (2008) versucht in ihrem Buch „ Subjektivierung von Arbeit: freiwillige Selbstausbeutung“ genau für dieses Phänomen eine Erklärung zu finden. Firmen hingegen nehmen die Aufopferung ihrer Mitarbeiter in Kauf, solange es willigen Nachwuchs gibt (Lipkowski, 2008).
Der Arbeitsmarkt stellt immer höhere Anforderungen an den Arbeitnehmer, genannt seien die hohe Arbeitsverdichtung, das Multitasking, die ständige Erreichbarkeit sowie eine höhere Flexibilität bei sinkender sozialer Unterstützung und Sicherheit. Außerdem gibt es mehr und mehr befristete oder unsichere Arbeitsverhältnisse. Diese Argumente können ein Erklärungsversuch für den rapiden Anstieg des Burnout-Syndroms sein. Cherniss (1980, Seite 143 in Enzmann und Kleiber, 1989, Seite 52) weist darauf hin, dass „Burnout möglicherweise immer schon ein Problem im helfenden Bereich war, aber verschiedene Veränderungen im sozialen und politischen Klima des Landes machten den Leuten das Problem stärker bewusst und ließen sie stärker auf Verbesserungsmaßnahmen insistieren“. Die angesprochene Medienpräsenz kann sicherlich teilweise den Anstieg der festgestellten statistischen Zahlen zu Burnout erklären, da es heutzutage ein größeres Bewusstsein in der Gesellschaft für die Erkrankung gibt. Trotzdem ist aber anzunehmen, dass auch die tatsächliche Zahl der Burnout-Fälle in den letzten Jahren wegen der veränderten Bedingungen in der Lebenswelt erheblich gestiegen ist.
Abschließend lässt sich sagen, dass der Verantwortungsbereich irgendwo in der Mitte zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber liegen wird. Dieses Bewusstsein ist Voraussetzung, um zukünftig verstärkt gemeinsam Maßnahmen umzusetzen, die die Gefahr am Burnout-Syndrom zu erkranken senken.
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[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Hausarbeit die männliche Form verwendet, hiermit sind beide Geschlechter gemeint.
- Citar trabajo
- Andrea Krönke (Autor), 2011, Burnout als personelles oder strukturelles Problem, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/496629
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