In den letzten Jahren ist das weltweite M&A-Transaktionsvolumen enorm gestiegen, analog hat sich die Anzahl der M&A-Deals entwickelt. Die chemische Industrie bildet hierbei keine Ausnahme. Seit Beginn des neuen Jahrtausends ist ein stetiger Anstieg der M&A-Deals in der Chemie-Branche zu erkennen.
M&A-Aktivitäten stellen strategische Optionen für Unternehmen dar, welche den Unternehmenswert steigern und das Unternehmenswachstum vorantreiben sollen. Allerdings stellen sich die Fragen, ob eine M&A-Transaktion die richtige Strategie zur Erreichung der Unternehmensziele darstellt und welche Faktoren eine M&A-Transaktion beeinflussen können. Vorangegangene Forschungen beschäftigten sich hauptsächlich mit den Auswirkungen von M&A auf die Anteilseigner der beteiligten Unternehmen.
Diese wissenschaftliche Arbeit stützt sich auf die makroökonomischen Umstände und deren Auswirkungen auf die M&A-Aktivitäten in der chemischen Industrie. Aufgrund der gegebenen Problemstellung wird im Zuge der vorliegenden Arbeit die Frage beantwortet, ob M&A als einer der Haupttreiber zur Veränderung der Unternehmensstrategie betrachtet werden kann, ohne dabei die Bedeutung einer fundamental wichtigen Unternehmensstrategie in Bezug auf M&A außer Acht zu lassen.
Durch das Heranziehen von Fallbeispielen konnten Erkenntnisse aus der Praxis in die vorliegende Bachelor-Thesis eingebunden werden. Zur Untersuchung der forschungs-leitenden Fragestellung wurde eine qualitative Forschung in Form von Experteninter-views durchgeführt. Hierbei wurden drei Experten von namhaften Unternehmensberatungen befragt, welche sich regelmäßig mit den M&A-Aktivitäten der chemischen Industrie beschäftigen.
Als Ergebnis ist festzuhalten, dass M&A nicht als Treiber zur Veränderung einer Unternehmensstrategie angesehen werden kann. In diesem Zusammenhang nennen die Experten andere Motive wie beispielsweise das Vordringen in einen neuen Markt oder das Erzielen von höherem Wachstum. Die Experten sind sich allerdings einig, dass M&A als einer der Haupttreiber zur Umsetzung der Unternehmensstrategie verstanden werden muss.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abstract
1. Einführung
1.1 Einordnung der Thematik in einen wirtschaftlichen Kontext
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Definition des Begriffs Unternehmensstrategie
2.2 Einflussfaktoren auf die Unternehmensstrategie
2.3 Definition und Abgrenzung des Begriffs M&A
2.4 Allgemeiner Ablauf des M&A-Prozesses
2.5 Motive und Randbedingungen von M&A aus Sicht des Käufers
2.6 Motive und Randbedingungen von M&A aus Sicht des Verkäufers
2.7 Bedeutung von M&A im internationalen Kontext
2.8 Überblick über aktuelle M&A-Aktivitäten in der chemischen Industrie
3. Forschungsinteresse und Ableitung der forschungsleitenden Fragestellung
4. Empirisches Vorgehen
4.1 Erhebungsmethodik
4.2 Leitfadenkonzeption und Durchführung eines Pretests
4.3 Datenerhebung
4.4 Datenauswertung
5. Darstellung der Forschungsergebnisse
6. Fazit
6.1 Kritische Würdigung
6.2 Zusammenfassung der Ergebnisse
6.3 Ausblick
Anhang
Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Äußere Einflussfaktoren auf die Unternehmensstrategie
Abbildung 2: Begriffsverständnis M&A
Abbildung 3: Überblick über den M&A-Prozess
Abbildung 4: Anzahl der M&A-Transaktionen in der chemischen Industrie seit 2000
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Interviewleitfaden
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abstract
In den letzten Jahren ist das weltweite M&A-Transaktionsvolumen enorm gestiegen, analog hat sich die Anzahl der M&A-Deals entwickelt. Die chemische Industrie bildet hierbei keine Ausnahme. Seit Beginn des neuen Jahrtausends ist ein stetiger Anstieg der M&A-Deals in der Chemie-Branche zu erkennen.
M&A-Aktivitäten stellen strategische Optionen für Unternehmen dar, welche den Un- ternehmenswert steigern und das Unternehmenswachstum vorantreiben sollen. Aller- dings stellen sich die Fragen, ob eine M&A-Transaktion die richtige Strategie zur Errei- chung der Unternehmensziele darstellt und welche Faktoren eine M&A-Transaktion beeinflussen können. Vorangegangene Forschungen beschäftigten sich hauptsächlich mit den Auswirkungen von M&A auf die Anteilseigner der beteiligten Unternehmen.
Diese wissenschaftliche Arbeit stützt sich auf die makroökonomischen Umstände und deren Auswirkungen auf die M&A-Aktivitäten in der chemischen Industrie. Aufgrund der gegebenen Problemstellung wird im Zuge der vorliegenden Arbeit die Frage beantwor- tet, ob M&A als einer der Haupttreiber zur Veränderung der Unternehmensstrategie betrachtet werden kann, ohne dabei die Bedeutung einer fundamental wichtigen Un- ternehmensstrategie in Bezug auf M&A außer Acht zu lassen.
Durch das Heranziehen von Fallbeispielen konnten Erkenntnisse aus der Praxis in die vorliegende Bachelor-Thesis eingebunden werden. Zur Untersuchung der forschungs- leitenden Fragestellung wurde eine qualitative Forschung in Form von Experteninter- views durchgeführt. Hierbei wurden drei Experten von namhaften Unternehmensbera- tungen befragt, welche sich regelmäßig mit den M&A-Aktivitäten der chemischen In- dustrie beschäftigen.
Als Ergebnis ist festzuhalten, dass M&A nicht als Treiber zur Veränderung einer Unter- nehmensstrategie angesehen werden kann. In diesem Zusammenhang nennen die Experten andere Motive wie beispielsweise das Vordringen in einen neuen Markt oder das Erzielen von höherem Wachstum. Die Experten sind sich allerdings einig, dass M&A als einer der Haupttreiber zur Umsetzung der Unternehmensstrategie verstanden werden muss.
1. Einführung
Die folgende Einordnung gibt einen kurzen Einblick in das Thema Merger & Acquisiti- ons (M&A) als Treiber für Veränderungen der Unternehmensstrategie, welches am Beispiel der chemischen Industrie veranschaulicht wird. Des Weiteren werden ein all- gemeines Verständnis für das Thema dieser Bachelor-Thesis aufgebaut, relevante Begrifflichkeiten kurz erläutert und der Aufbau dieser wissenschaftlichen Arbeit darge- stellt.
1.1 Einordnung der Thematik in einen wirtschaftlichen Kontext
Das immer schneller wachsende Betätigungsfeld M&A ist für global agierende Unter- nehmen wichtiger denn je, gerade dann, wenn diese auch in Zukunft erfolgreich im jeweiligen Markt agieren wollen. Einer der Hauptgründe für die Anwendung von M&A als strategisches Instrument ist die stetig fortschreitende Globalisierung, welche unter anderem steigende Wettbewerbsintensität und eine erhöhte Anforderung an Innovatio- nen nach sich zieht.1 In einem sich ständig verändernden Geschäftsumfeld sind Fusio- nen und Akquisitionen zu einem der schnellsten Wege für Unternehmen geworden, in neue Märkten vorzudringen.2
Doch was meint man mit dem Begriffspaar M&A? Per Definition versteht man unter einem Merger (Dt.: Fusion), die „vollständige Verschmelzung von zwei oder mehreren Unternehmen zu einer neuen wirtschaftlichen Einheit“3. Im Gegensatz zu einem Merger wechselt bei einer Acquisition (Dt.: Unternehmensübernahme) eine „Einheit in den Ein- fluss- und Entscheidungsbereich einer anderen und verliert damit teilweise oder ganz ihre Autonomie“4.
Im Frühjahr 2019 veröffentlichte die Unternehmensberatungsgesellschaft Deloitte ei- nen globalen M&A-Ausblick, welcher den Untertitel „Navigating headwinds“5 trägt, was mit „im Gegenwind navigieren“ übersetzt werden kann. Der Untertitel lässt bereits erste Interpretationsmöglichkeiten für Einflussfaktoren sowohl auf die chemische Industrie im Allgemeinen als auch auf deren M&A-Aktivitäten zu.
Gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Lage mit den unterschiedlichsten Einflussfak- toren, wie beispielsweise der Rückgang der Kunststoffpreise, den anhaltenden politi- schen Konflikten zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und China6 oder den weiterhin schwankenden Öl-Preisen ist es für global agierende Unternehmen wichtig, eine zukunftsfähige Unternehmensstrategie vorweisen zu können.
Aus Sicht des Autors ist das Thema M&A derzeit präsenter denn je, da nahezu jedes Unternehmen aus der chemischen Industrie entweder als potenzieller Übernahmekan- didat oder als potenzieller Käufer gehandelt werden kann.
Um dem anhaltenden Wettbewerbsdruck und der fortschreitenden Internationalisierung standhalten zu können, sind Unternehmen angewiesen auch über die Ländergrenzen hinweg Fusions- und Akquisitionsaktivitäten zu realisieren, um die jeweilige Marktposi- tion behaupten oder ausbauen zu können.
Aus diesen Gründen beschäftigt sich die vorliegende Bachelor-Thesis mit dem Thema „Merger & Acquisitions als Treiber für Veränderungen der Unternehmensstrategie am Beispiel der chemischen Industrie“.
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Das Ziel dieser Bachelor-Thesis ist es, Einblicke in die Komplexität von M&A- Transaktionen zu erhalten sowie Randbedingungen und Motive für solche Transaktio- nen zu identifizieren. Zudem wird die Relevanz einer solchen Aktivität auf die Weiter- entwicklung eines Unternehmens in Bezug auf dessen Unternehmensstrategie heraus- gearbeitet und anschaulich dargestellt.
Besonders hervor zu heben ist, dass M&A-Aktivitäten in der chemischen Industrie von Unternehmensberatungen in regelmäßigen Abständen untersucht werden. Diese Un- ternehmensberatungen geben Schriften heraus, welche Ausblicke auf zukünftige M&A Aktivitäten im laufenden Jahr geben und beschreiben außerdem die zu erwartenden Risiken und Hürden. Diese Studien werden je nach Beratungsgesellschaft in die ein- zelnen Chemie-Cluster oder nach Regionen unterteilt und stellen somit eine For- schungsgrundlage für diese wissenschaftliche Arbeit dar.
Inwiefern der Erfolg eines Fusionsvorhabens von der Unternehmensstrategie abhängt und welche erfolgskritischen Faktoren hierbei eine Rolle spielen können, wird im Laufe dieser wissenschaftlichen Arbeit ebenfalls näher erörtert.
Seit geraumer Zeit ist zu beobachten, dass die Komplexität an M&A-Transaktionen deutlich zugenommen hat. So gewinnt beispielsweise das bis dato eher selten in Er- scheinung getretene Thema Private Equity in Bezug auf M&A in der chemischen In- dustrie immer mehr an Bedeutung. Private Equity-Gesellschaften kaufen Unternehmen und halten diese als selbstständige Einheiten in ihrem Portfolio mit dem Ziel, diese Unternehmen nach einiger Zeit gewinnbringend zu veräußern.7 Aus diesem Grund soll die Bedeutung von Private Equity auf die chemische Industrie und die Analyse mögli- cher neuer Einflussfaktoren durch Private Equity auf M&A in dieser Arbeit beleuchtet werden.
Zusammenfassend leistet diese Bachelor-Thesis einen Beitrag, um die derzeit vorherr- schenden Themenschwerpunkte in Bezug auf M&A in der chemischen Industrie zu betrachten.
1.3 Aufbau der Arbeit
Diese Abschlussarbeit wurde gemäß dem Leitfaden zur formalen Gestaltung von Se- minar- und Abschlussarbeiten von Prof. Dr. Dr. habil Clemens Jäger, Prof. Dr. Thomas Kümpel und Prof. Dr. Anja Seng, Stand Februar 2018, erstellt.
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel, die sich an den genannten Ziel- setzungen orientieren und nachfolgend kurz beschrieben werden.
Das erste Kapitel gibt einen kurzen Einblick in die Problemstellung der Bachelor-Thesis und ordnet die zugrundeliegende Thematik in einen wirtschaftlichen Kontext ein. Des Weiteren werden die Zielsetzung sowie der inhaltliche Aufbau der vorliegenden Arbeit erläutert.
Im zweiten Kapitel wird der theoretische Bezugsrahmen zur Beantwortung der for- schungsleitenden Fragestellung gebildet. Dafür werden zunächst die grundlegenden Begrifflichkeiten Unternehmensstrategie und M&A mit Hilfe von Literaturrecherchen definiert.
Im weiteren Verlauf werden mögliche Einflussfaktoren auf die Unternehmensstrategie näher betrachtet. Des Weiteren wird der Themenkomplex M&A von weiteren Möglich- keiten des Unternehmenszusammenschlusses abgegrenzt. Außerdem beinhaltet das zweite Kapitel eine detaillierte Darstellung des M&A-Prozesses sowie die Betrachtung erster allgemeiner Randbedingungen und Motive von M&A-Transaktionen sowohl aus Käufer- als auch Verkäufersicht. Die theoretischen Grundlagen schließen mit einem Überblick über die aktuellen M&A-Aktivitäten in der chemischen Industrie.
Das darauffolgende Kapitel drei beschäftigt sich mit dem Forschungsinteresse des Autors, der Ableitung der forschungsleitenden Fragestellung sowie weiteren möglichen Handlungsfeldern, welche im Rahmen der vorliegenden Arbeit Beachtung finden.
Das empirische Vorgehen des Autors wird in Kapitel vier erläutert. Hierzu wird unter anderem die Erhebungsmethodik in Form einer Primärforschung mit Hilfe von Exper- teninterviews beschrieben, überdies werden die Konzeption des Interviewleitfadens sowie die Durchführung und Auswertung der Experteninterviews dargelegt.
Im fünften Kapitel erfolgt schließlich eine Synthese der Informationen aus den Exper- teninterviews sowie den zuvor durchgeführten Literatur- und Dokumentstudien. Die gewonnenen Erkenntnisse aus den Experteninterviews dienen als Basis der Ergebnis- präsentation.
Das abschließende sechste Kapitel fasst die wesentlichen Ergebnisse dieser Bachelor- Thesis zusammen und gibt einen Ausblick für weiteren Forschungsbedarf.
Neben der reinen Literaturarbeit wird durch die Betrachtung ausgewählter Fallbeispiele ein Bezug zur Praxis hergestellt. Da das Themengebiet M&A in der Literatur sehr um- fangreich behandelt wird, können die nachfolgenden Ausführungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, aus Sicht des Autors werden aber alle relevanten Aspekte aufgegriffen.
2. Theoretische Grundlagen
Im folgenden Kapitel werden die zentralen Begrifflichkeiten Unternehmensstrategie und M&A nach dem Stand der aktuellen Fachliteratur definiert. Des Weiteren werden mög- liche Einflussfaktoren auf eine Unternehmensstrategie unter Bezugnahme auf zwei Analyse-Methoden differenziert betrachtet. Anschließend wird der M&A-Prozess detail- liert beschrieben sowie mögliche Motive und Randbedingungen für eine M&A- Transaktion offengelegt. Abschließend wird die Bedeutung von M&A im internationalen Kontext dargestellt sowie ein grober Überblick über die M&A-Aktivitäten der letzten Jahre in der chemischen Industrie gegeben.
2.1 Definition des Begriffs Unternehmensstrategie
Etymologisch gesehen geht der Terminus Strategie auf die altgriechischen Begriffe Stratos, das Heer, sowie Agien, Führen, zurück.8
Im wirtschaftlichen Kontext wurde der Begriff erstmals in den 1960er Jahren durch Igor Ansoff in der Managementtheorie eingeführt.9 Nach Ansoff wird der Strategie-Begriff als „Maßnahmen zur Sicherung des langfristigen Erfolgs eins Unternehmens“10 defi- niert.
Henry Mintzberg veröffentlichte 1987 fünf verschiedene Interpretationsmöglichkeiten des Begriffs Strategie, die sogenannten „Five P’s for Strategy“.
In erster Linie sieht Mintzberg die Strategie als Plan für die Zukunft, in dem ein ange- strebter Soll-Zustand und dessen Weg dorthin niedergeschrieben werden. Mintzberg nennt diese erste Interpretationsmöglichkeit „strategy as plan“.
Mintzberg beschreibt die Strategie als ein Bündel von Einzelentscheidungen („strategy as pattern“), welche geradewegs auf ein vorher definiertes Ziel hinführen. Einen weite- ren wichtigen Faktor beschreibt das dritte P, von Mintzberg als „strategy as position“ betitelt. Strategie kann in diesem Sinne als Position verstanden werden, welche ein Unternehmen im Markt einnehmen möchte. Hier können erste Verbindungen zu mögli- chen Motiven für M&A-Transaktionen gezogen werden, indem Unternehmen ihre Marktposition durch Investitionen oder Devestitionen verändern möchten.
Als viertes P definiert Mintzberg die Strategie als Perspektive („strategy as perspecti- ve“) und somit als übergeordnete Festlegung, mit welcher die Unternehmensentwick- lung begründet werden soll. Schließlich kann der Begriff Strategie auch als Element eines Spiels verstanden werden, mit welchem Konkurrenz-Unternehmen überlistet werden sollen. Mintzberg spricht hier von „strategy as ploy“.11
Anhand der Vielzahl an Interpretationsmöglichkeiten ist zu erkennen, dass der Strate- gie-Begriff differenzierter zu betrachten ist. Aus Sicht des Autors kann Strategie zu- sammenfassend als „umfassende Ausrichtung eines Unternehmens oder von Teilen desselben auf die optimale Verfolgung eines Unternehmensziels in einem bestimmten bzw. erwarteten Umfeld“12 beschrieben werden.
Die Entwicklung und Umsetzung einer Unternehmensstrategie (im englischen Sprach- gebrauch auch Corporate Strategy genannt) werden als zentrale Elemente der Unter- nehmenspolitik gesehen.13 Allerdings stellt sich aufgrund des immer schnelleren fort- schreitenden wirtschaftlichen Wandels die Frage, ob sich Unternehmensstrategien überhaupt noch formulieren und implementieren lassen oder ob sich diese nicht eher aus dem Handeln des Unternehmens herausbilden. Im letzteren Fall spricht man von einer sogenannten Strategieformierung, da sich die Unternehmensstrategie erst auf- grund der Unternehmensentwicklung, beispielsweise durch M&A, ableiten lässt.
Die Grundlage der Strategieimplementierung bildet die sogenannte Strategieformulie- rung.14 Der Prozess der Strategieformulierung umfasst dabei die Definition der strate- gischen Unternehmensziele sowie die Analyse der internen und externen Einflussfakto- ren. Im wirtschaftlichen Kontext spricht man hierbei vor allem von Kunden, Wettbewer- bern und der Makroumwelt. Die Makroumwelt befasst sich im Wesentlichen mit öko- nomischen, demographischen, soziokulturellen, globalen, technologischen und poli- tisch-rechtlichen Faktoren.15
Das Ziel der Strategieformulierung ist es, mögliche Wettbewerbsvor- und nachteile sowie Gefahren und Gelegenheiten in der Unternehmensumwelt zu identifizieren.16
Viele Konzerne in der chemischen Industrie sind in mehrere Unternehmensbereiche aufgegliedert, um die Vielzahl an eigenen Produkten in unterschiedlichen Märkten ver- kaufen zu können. Hierbei kann die jeweilige Position des Unternehmens in den ver- schiedenen Märkten eine wichtige Rolle spielen. Um das Ziel des langfristigen wirt- schaftlichen Erfolgs nicht zu gefährden, ist es für jedes Unternehmen sinnvoll, neben einer umfassenden Unternehmensstrategie auch Geschäftsbereichsstrategien zu ent- wickeln.17 Während sich die Geschäftsbereichsstrategie nahezu ausschließlich auf das entsprechende Segment in Form von wettbewerbs- und marktorientierten Strategien fokussiert, steht neben der Gestaltung der Geschäftsfelderportfolios auch die Unter- nehmensentwicklung im Mittelpunkt der Unternehmensstrategie.18 Eine der wichtigsten Managementfunktionen zur Gestaltung der Unternehmensentwicklung stellt hierbei das Tätigkeitsfeld M&A dar.19
2.2 Einflussfaktoren auf die Unternehmensstrategie
Wie bereits erwähnt, ist eine Unternehmensstrategie mit vielfältigen inneren und äuße- ren Einflussfaktoren konfrontiert, welche unabhängig von der jeweiligen Branche für alle Unternehmen gleichbedeutend und nur schwer zu beeinflussen sind. Charakteris- tisch für innere Einflussfaktoren ist das interne Umfeld einer Organisation. In diesem Zusammenhang werden hier vor allem das Management, die Mitarbeiter, die zur Ver- fügung stehenden Ressourcen und die Unternehmenskultur genannt.
Im Gegensatz dazu stehen die äußeren Einflussfaktoren. Beispielhaft können hier ex- terne Stakeholder wie Lieferanten und Kunden, Kooperationspartner und Kapitalgeber, Umweltschutz- und Verbraucherverbände, aber auch Gewerkschaften20 und Betriebs- räte sowie das allgemeine politische und ökonomische Umfeld genannt werden. Die gerade genannten Einflussfaktoren spiegeln sich in der globalen Umweltanalyse wider. Die globale Umweltanalyse hat somit die Aufgabe „Chancen und Risiken, die sich aus der globalen Umwelt ergeben, zu erkennen, um die Basis für strategische Anpassun- gen zu schaffen“.21
Eine der bewährtesten Analysemethoden zur Identifikation von makroökonomischen Einflussfaktoren ist die sogenannte PEST-Analyse, welche im Bedarfsfall um weitere Faktoren erweitert werden kann.22 Das Akronym PEST steht in diesem Zusammen- hang für P olitical, E conomic, S ociological und T echnological. Um ein ganzheitliches Bild der äußeren Einflussfaktoren darstellen zu können, wird die PEST-Analyse in der Regel um zwei weitere Faktoren – L egal und E nvironmental – zur PESTLE-Analyse erweitert. Die Analysemethode hat das Ziel, allgemeine Umweltentwicklungen zu be- obachten und zu analysieren, die Auswirkungen auf das Unternehmen abzuleiten und daraus entsprechende (Gegen-)Maßnahmen einzuleiten.23
Im folgenden Schaubild werden mögliche externe Treiber, welche zu einer Verände- rung der Unternehmensstrategie führen können, aufgezeigt.
Abbildung 1: Äußere Einflussfaktoren auf die Unternehmensstrategie24
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die politischen Einflussfaktoren machen hierbei Angaben zum Stand der Staatsorgani- sation, das bedeutet zu fragen, in wie fern politischen Institutionen Einfluss auf eine bestimmte Branche ausüben können. Dies ist vor allem für Unternehmen aus dem Ausland von hoher Bedeutung, da aufgrund politischer Rahmenbedingungen der Markteintritt beispielsweise durch eine M&A-Transaktion detailliert geprüft werden muss.
In der Regel bevorzugen Regierungen landeseigene Unternehmen, um Wirtschaftspoli- tik betreiben zu können.25
Die ökonomischen Faktoren beziehen sich auf die Analyse der volkswirtschaftlichen Entwicklung und sind besonders für Unternehmen von hoher Relevanz, welche eine Internationalisierungsstrategie verfolgen. Dazu zählen beispielsweise Kennzahlen wie das BIP, aber auch weitere Faktoren wie Wechselkurse, das Zinsniveau oder die Höhe von Löhnen und Gehältern.26 Gerade der Faktor Wechselkurs spielt eine wichtige Rol- le, da eine starke lokale Währung einen Preisanstieg der eigenen Produkte in anderen Absatzmärkten zur Folge hat.
Die sozio-kulturellen Einflussfaktoren beschreiben die gesellschaftliche Umwelt und befassen sich zum einen mit der demografischen Entwicklung, zum anderen mit den Werten und Kultur eines Landes. Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Konsumenten- verhalten im jeweiligen Land, welches als Indikator für den jeweiligen Absatzmarkt ge- sehen werden kann.27
Die Analyse der technologischen Entwicklung wird unter dem Eckpunkt des gleichna- migen externen Faktors zusammengefasst. Dieser Punkt ist ein wichtiger Teilaspekt der PEST-Analyse, da hier der länderübergreifende Einfluss auf neue Technologien betrachtet wird.28 Die Möglichkeit, durch Fusionen oder Akquisitionen an neue Innova- tionen und Technologien zu gelangen, spielt gerade im Zeitalter der Digitalisierung eine enorm wichtige Rolle für nahezu alle Unternehmen.
Charakteristisch für die ökologischen Einflüsse sind die marktspezifischen Eckdaten beispielsweise zur Infrastruktur in einem bestimmten Land. Weitere wichtige ökologi- sche Faktoren sind die Verfügbarkeit von Rohstoffen sowie Nachhaltigkeitsaspekte in Form von Umwelt- und Klimaschutzauflagen, welche einen starken Einfluss auf die Investitionsvorhaben eines Landes haben können.29
Unter den Themenschwerpunkt der rechtlichen Einflussfaktoren fällt unter anderem die vorherrschende marktspezifische Rechtsorganisation, welche im Zuge eines M&A Deals vor allem für die Abwicklung des Vertragsabschlusses relevant ist.
Während die PESTLE-Analyse ihren Fokus auf die Untersuchung allgemeiner bran- chenübergreifender Faktoren legt, stehen bei der Branchenanalyse nur die Einflussfak- toren im Mittelpunkt, die „für Unternehmen einer spezifischen Branche von Relevanz sind“.30 Michael Porter legte mit seinem Five-Forces-Modell den Grundstein für die Branchenstrukturanalyse, indem er die Betrachtung der Branchenstruktur als das zent- rale Element der strategischen Planung definierte.31
Die fünf Triebkräfte des Modells nach Porter lauten wie folgt:
- Rivalität zwischen den Mitwettbewerbern,
- Markteintritt potentiell neuer Konkurrenten,
- Einführung von Substitutionsprodukten,
- Verhandlungsstärke der Lieferanten und
- Verhandlungsstärke der Konsumenten.32
Nach dem Five-Forces-Modell von Porter ist die erste wesentliche Bestimmungsgröße für die Rentabilität eines Unternehmens dessen Branchenaktivität, welche sich aus den fünf genannten Triebkräften ermitteln lässt. Die Zusammenfassung dieser Kräfte be- stimmt das Gewinnpotential der jeweiligen Branche und somit kann eine Aussage über die Profitabilität und die Möglichkeit eines Markteintritts geprüft werden.33
Die Ziele dieser beiden Analysemethoden sind die Identifikation und Bewertung jener Umweltfaktoren, welche den größten Einfluss auf ein Unternehmen und dessen Unter- nehmensstrategie haben.
Des Weiteren sollen aus den Ergebnissen mögliche Szenarien abgeleitet werden, um möglichst frühzeitig Anpassungen an der Unternehmensstrategie vornehmen zu kön- nen. Sofern zur Erreichung der Unternehmensziele das Zukaufen von Unternehmen oder Unternehmensteilen als unumgänglich angesehen wird, können Investitionen in Form von M&A eine sinnvolle Lösung darstellen.34 In diesem Zuge sind Makroanalysen als besonders hilfreich anzusehen, da mit Hilfe dieser Methoden mögliche Ziel- Unternehmen im Rahmen von Akquisitionen bewertet werden können.35
2.3 Definition und Abgrenzung des Begriffs M&A
Für die beiden englischen Begriffe Merger & Acquisitions existieren in der Literatur vielfältige Unterscheidungskriterien. Im Allgemeinen versteht man unter dem Begriff M&A jegliche Änderungen an den Eigentumsverhältnissen am Eigenkapital eines Un- ternehmens. In der Regel wird hiermit eine Fusion oder eine Verschmelzung von min- destens zwei bisher unabhängig voneinander agierenden Unternehmen zu einer recht- lichen und wirtschaftlichen Einheit (Merger) beziehungsweise der Erwerb von Unter- nehmensteilen oder eines ganzen Unternehmens (Acquisition) beschrieben.36
Die Fusion ist somit als die engste Form des Unternehmenszusammenschlusses an- zusehen. Hierbei unterscheidet man zwischen einer Fusion durch Aufnahme und einer durch Neugründung. Die Fusion durch Aufnahme charakterisiert sich durch ein Aufge- hen des Zielunternehmens im Käuferunternehmen. Bei einer Fusion durch Neugrün- dung geben die beteiligten Unternehmen ihre rechtliche Selbstständigkeit aus und ein neues Unternehmen wird gegründet.37
Die Abwicklung einer Akquisition kann entweder in Form eines Kaufs von Gesell- schaftsteilen, dem sogenannten Share Deal, oder als Übertragung aller Wirtschaftsgü- ter auf das Zielunternehmen, dem sogenannten Asset Deal, erfolgen. Auf die beiden Begrifflichkeiten Share Deal und Asset Deal wird im Laufe der Erläuterung des M&A- Prozesses näher eingegangen. Sowohl bei Akquisitionen als auch bei Fusionen han- delt es sich aus managementorientierter Sicht um eine strategische Maßnahme, wel- che einen Einfluss auf die Unternehmenspolitik und dementsprechend auch auf die Unternehmensstrategie hat. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, M&A als Oberbegriff für alle Transaktionen zu verwenden, welche durch den Übergang von Kontroll- und Lei- tungsbefugnissen von einem Unternehmen auf ein anderes Unternehmen gekenn- zeichnet sind.38 Sucht man Gemeinsamkeiten in den Definitionen von Merger und Ac- quisitions, so kann festgehalten werden, dass „M&A den (Ver-)Kauf von Eigentumsan- teilen an einem Unternehmen beschreibt“39
Eine Sonderform des Unternehmenszusammenschlusses stellt der sogenannte Merger of Equals (Dt.: Zusammenschluss auf der Basis eines gleichen Unternehmenswerts) dar. Per Definition versteht man unter einem Merger of Equals einen Verhandlungspro- zess, „in dem es beide Seiten auf eine Gleichstellung abgesehen“40 haben.
Eine weitere Möglichkeit zur Kategorisierung von M&A-Transaktionen stellt die Beurtei- lung der Transaktion durch das Management des zu akquirierenden Unternehmens dar.41 Hierbei unterscheidet man zwischen freundlichen Übernahmen (Engl.: friendly Takeovers), das heißt, das Management des Zielunternehmens stimmt der Transaktion aktiv zu, und feindlichen Übernahmen (Engl.: hostile Takeovers).42 Unter Hostile Take- overs versteht man Übernahmen, „die durch das bestehende Management des Zielun- ternehmens nicht gebilligt werden“.43
Unternehmenszusammenschlüsse wie Fusionen und Akquisitionen sind streng von sogenannten Unternehmenskooperationen, im Englischen auch als Joint Ventures be- zeichnet, abzugrenzen. Ein Joint Venture ist ein Gemeinschaftsunternehmen, das von zwei oder mehreren Unternehmen gemeinsam getragen wird und Aufgaben in beider- seitigem Interesse ausführt. Zwar handelt es sich im weitesten Sinne auch um einen Unternehmenszusammenschluss, allerdings tragen die beteiligten Unternehmen ge- meinsam das finanzielle Risiko an der Investition und sind oftmals zusätzlich als Kapi- talgeber beteiligt.44
M&A-Transaktionen heben sich ebenfalls von sogenannten strategischen Allianzen ab. Hierunter versteht man eine auf längerfristig vertragliche Vereinbarung beruhende Partnerschaft, welche durch eine eingeschränkte Handlungsfreiheit der beteiligten Un- ternehmen im Kooperationsbereich charakterisiert ist.45
Eine weitere Form der Unternehmensverbindung stellt ein sogenanntes Konsortium dar, welches als zweckgebundene Vereinigung mehrerer eigentlich selbstständiger Unternehmen beschrieben werden kann. Konsortien werden in der Regel für konkret abgrenzbare Projekte gebildet und haben den Vorteil, dass das mit der Durchführung des Projekts verbundene Risiko auf die beteiligten Partner verteilt werden kann.46
Aus Sicht des Autors ist die Bindungsintensität der beteiligten Unternehmen und somit die Aufgabe der Autonomie im Gegensatz zu Fusionen und Akquisitionen als deutlich geringer einzuschätzen. In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff Unternehmenszu- sammenschluss als Synonym für M&A verwendet. Die nachfolgende Abbildung dient zur Verdeutlichung und Abgrenzung des Begriffsverständnisses:
Abbildung 2: Begriffsverständnis M&A47
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.4 Allgemeiner Ablauf des M&A-Prozesses
Der folgende Abschnitt beschäftigt sich mit dem allgemeinen Ablauf einer M&A- Transaktion. Generell sind an einer M&A-Transaktion mindestens zwei Parteien betei- ligt. Der allgemeine Sprachgebrauch verwendet in diesem Zusammenhang, angelehnt an das BGB-Kaufrecht, den Begriff Verkäufer für das veräußernde Unternehmen und Käufer 48 für das akquirierende Unternehmen. Weitere Beteiligte können im sogenann- ten Share Deal das Kaufobjekt selbst sowie etwaige Garantiegeber, Investmentbanken oder Unternehmensberatungen sein.49
Abbildung 3: Überblick über den M&A-Prozess50
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der M&A-Prozess lässt sich grob in die drei folgenden Phasen gliedern: die Pre- Merger- bzw. Vorbereitungsphase, die Transaktions- bzw. Akquisitionsphase und die Post-Acquisition- bzw. Integrationsphase.51
Zu Beginn der Vorbereitungs- bzw. Pre-Merger-Phase lotet das potenzielle Käuferun- ternehmen aus, ob die Akquisition eines anderen Unternehmens die richtige Strategie zur Erreichung der eigenen Unternehmensziele darstellt.
Eine erfolgreiche M&A-Transaktion baut auf einer nachhaltigen und strategischen Pla- nung auf und wird idealerweise aus den zukünftigen Zielen der Unternehmensstrategie abgeleitet.
Die so geschaffene Übereinstimmung zwischen der Unternehmensstrategie und der geplanten Akquisition „erhöht sowohl die Effizienz als auch die Effektivität“ 52 im M&A- Prozess. Sofern eine Akquisition als notwendig zur Umsetzung der Unternehmensstra- tegie betrachtet wird, werden die genauen Ziele durch das Management des akquirie- renden Unternehmens definiert, welche mit einem Unternehmenszusammenschluss erfüllt werden sollen. Nach diesem fundamental wichtigen Schritt begibt sich der Käufer auf die Suche nach potenziellen Übernahmekandidaten. Dieser Prozessschritt kann auch als Markt-Screening 53, also der Suche nach einem geeigneten Zielunternehmen, bezeichnet werden. Ein betriebswirtschaftliches Kriterium für die Auswahl eines Über- nahmekandidaten kann beispielsweise die starke Marktposition in einer bestimmten Region sein, in welcher der Käufer Marktanteile gewinnen beziehungsweise seine ei- gene Marktposition ausbauen möchte.54 Des Weiteren sollten die aktuellen Me- gatrends, mögliche neue Wachstumsfelder für das akquirierende Unternehmen und die Kundenpräferenzen bei der Identifikation des Zielunternehmens beachtet werden.55
Sobald das Zielunternehmen, auch Target genannt, identifiziert ist und ausreichend Informationen über das Unternehmen gesammelt wurden, endet die Vorbereitungs- phase.
Die Transaktions- bzw. Akquisitionsphase beginnt bereits mit der ersten Kontaktauf- nahme des akquirierenden Unternehmens mit dem Ziel-Unternehmen. Sofern das Ziel- Unternehmen an Gesprächen zur Übernahme interessiert ist, wird ein sogenanntes Non-Disclosure-Agreement (Dt.: Vertraulichkeitsvereinbarung) unterzeichnet56. Eine Vertraulichkeitsvereinbarung regelt, dass nur die beteiligten Personen des Käufer- und Verkäufermanagements und eventuell Investmentbanken über die potentiell bevorste- hende Transaktion informiert werden dürfen. Außerdem werden in dieser Vereinbarung pauschalisierte Vertragsstrafen dokumentiert, sollte die Vertraulichkeit von einer der beteiligten Parteien nicht gewahrt werden. Ein weiterer wichtiger Anlass zur Unter- zeichnung eines Non-Disclosure-Agreements ist beispielsweise die Absicherung im Falle eines Scheiterns der Transaktion, da der potentielle Käufer mit Informationen ausgestattet wäre, welche als Wettbewerbsvorteil genutzt werden könnten.
Sind beide Unternehmen an einer Übernahme interessiert, wird oftmals eine Absichts- erklärung, der sogenannte Letter of Intent (LoI)57, unterschrieben. In der Literatur wer- den für LoI auch oftmals die Begriffe Term Sheet oder Memorandum of Understanding verwendet.58 Die Absichtserklärung stellt eine rechtliche, nicht bindende Grundsatzver- einbarung dar, in welcher die Absicht zur Akquisition dokumentiert wird. Im Term Sheet werden, sofern dies bereits in den Gesprächen thematisiert wurde, gewisse Eckpunkte der geplanten Transaktion verschriftlicht. Dabei sind sowohl organisatorische Aspekte, wie beispielsweise der Zeitplan, als auch Themen des späteren Kaufvertrages, bei- spielsweise die Transaktionsstruktur oder der mögliche Kaufpreis, zu berücksichtigten.
Im Anschluss beginnt das akquirierende Unternehmen mit einer vertiefenden Prüfung des Übernahmekandidaten. Dieser aufwendige und gleichzeitig wichtige Schritt im M&A-Prozess wird als Due Diligence, die sogenannte Sorgfältigkeitsprüfung59, be- zeichnet und hat das Ziel, mögliche Einflussfaktoren beispielsweise auf den finalen Kaufpreis zu identifizieren. Hierunter fallen vor allem rechtliche Risiken, zum Beispiel laufende Gerichtsverfahren, finanzielle Risiken wie Steuerlasten oder Pensionsver- pflichtungen und technische Risiken, welche durch veraltete Anlagen und eine in die Jahre gekommene IT-Infrastruktur problematisch für das Käufer-Unternehmen werden können. Die Erkenntnisse aus dieser Prüfung bilden die Grundlagen für bevorstehende Verhandlungen über den finalen Kaufpreis und liefern ebenso erste Entscheidungs- grundlagen für die spätere Post-Merger-Integrationsphase.60
Sofern sich die beiden Parteien über die Vertragsmodalitäten geeinigt haben, wird der Fusions- oder Übernahmevertrag ausgearbeitet. Gegenstand des Vertrags ist entwe- der der Erwerb der Vermögensgegenstände, der sogenannte Asset Deal, oder der vollständige Erwerb des Unternehmens (Share Deal). Bezeichnend für den finalen Kaufpreis ist das Zahlen von sogenannten Multiples (Dt.: Multiplikator) oder Akquisiti- onsprämien, also von Aufschlägen auf den aktuellen Unternehmenswert. Unter einem Multiplikator versteht man einen Quotienten aus dem Marktpreis und einer ausgewähl- ten Bezugsgröße eines Vergleichsunternehmens.61
[...]
1 Vgl. Jansen, S. (2016), S. 2.
2 Vgl. Kumar, B. R. (2019), S. 1.
3 Thommen, J.-P. & Achleitner, A.-K. (2012), S. 93.
4 Vgl. Nerdinger, F., Blickle, G. & Schaper, N. (2018), S. 194.
5 Vgl. Deloitte Ausblick (2019).
6 Vgl. Tagesschau (2019), o. S.
7 Vgl. Hungenberg, H. (2012), S. 510.
8 Vgl. Hungenberg, H. (2012), S. 5.
9 Vgl. Bergmann, R. & Bungert, M. (2012), S. 1.
10 Hahn, D. & Taylor, B. (1999), S. 50.
11 Vgl. Hungenberg, H. (2012), S. 7.
12 Reineke, R.-D. & Bock, F. (2007), S. 424.
13 Vgl. Thommen, J.-P. & Achleitner, A.-K. (2012), S. 1009.
14 Vgl. Thommen, J.-P. & Achleitner, A.-K. (2012), S. 1009.
15 Vgl. Steinmann, H. & Schreyögg, G. (2005), S. 173.
16 Vgl. Bergmann, R. & Bungert, M. (2012), S. 7.
17 Vgl. Hungenberg, H. (2012), S. 16, 17.
18 Vgl. Hungenberg, H. (2012), S. 16, 17.
19 Vgl. Bergmann, R. & Bungert, M. (2012), S. 197.
20 Vgl. Reisinger, S., Gattringer, R. & Strehl, F. (2013), S. 64.
21 Reisinger, S., Gattringer, R. & Strehl, F. (2013), S. 56.
22 Vgl. Steuernagel, A. (2017), S. 61.
23 Vgl. Koob, D. (2014) S. 117.
24 Eigene Darstellung in Anlehnung an Reisinger, S., Gattringer, R. & Strehl, F. (2013), S. 57.
25 Vgl. Steuernagel, A. (2017), S. 61.
26 Vgl. Steuernagel, A. (2017), S. 62.
27 Vgl. Steuernagel, A. (2017), S. 63, 64.
28 Vgl. Steuernagel, A. (2017), S. 67.
29 Vgl. Rastogi, N. & Trivedi, M. (2016), S. 385.
30 Reisinger, S., Gattringer, R. & Strehl, F. (2013), S. 58.
31 Vgl. Reisinger, S., Gattringer, R. & Strehl, F. (2013), S. 58.
32 Vgl. Porter, M. (2013), S. 38, 39.
33 Vgl. Reisinger, S., Gattringer, R. & Strehl, F. (2013), S. 59.
34 Vgl. Bergmann, R. & Bungert, M. (2012), S. 199.
35 Vgl. Steuernagel, A. (2017), S. 68.
36 Vgl. Lucks, K. & Meckl, R. (2015), S. 5.
37 Vgl. Wirtz, B. (2017), S. 15, 16.
38 Vgl. Lucks, K. & Meckl, R. (2015), S. 6.
39 Brunner-Kirchmair, T. M. (2019), S. 9.
40 Schmidt, R. (2000), S. 134.
41 Vgl. Brunner-Kirchmair, T. M. (2019), S. 11.
42 Vgl. Wirtz, B. (2017), S. 21–23.
43 Vgl. Jansen, S. (2016), S. 151.
44 Vgl. Bergmann, R. & Bungert, M. (2012), S. 31, 195.
45 Vgl. Thommen, J.-P. & Achleitner, A.-K. (2012), S. 93, 94.
46 Vgl. Thommen, J.-P. & Achleitner, A.-K. (2012), S. 95.
47 Eigene Darstellung in Anlehnung an Wirtz, B. (2017), S. 13; Brunner-Kirchmair, T. M. (2019), S. 10.
48 Vgl. BGB § 433 (1) & (2).
49 Vgl. Engelhardt, C. (2017), S. 4.
50 Eigene Darstellung in Anlehnung an Schawel, C. & Billing, F. (2017), S. 208.
51 Vgl. Meynerts-Stiller, K. & Rohloff, C. (2015), S. 48.
52 Vgl. Menzler, T. & Niemeyer, M. (2017), S. 328, 329.
53 Vgl. Lucks, K. & Meckl, R. (2015), S.101.
54 Vgl. Harvard Business Manager (2017), o. S.
55 Vgl. Menzler, T. & Niemeyer, M. (2017), S. 329.
56 Vgl. Engelhardt, C. (2017), S. 10.
57 Vgl. Lucks, K. & Meckl, R. (2015), S. 98.
58 Vgl. Engelhardt, C. (2017), S. 11.
59 Vgl. Engelhardt, C. (2017), S. 11.
60 Vgl. Bergmann, R. & Bungert, M. (2012), S. 203.
61 Vgl. Klingbeil, C. & Witzleben, A. (2017), S. 189.
- Citation du texte
- Nils Deißler (Auteur), 2019, Merger & Acquisition als Treiber für Veränderungen der Unternehmensstrategie am Beispiel der chemischen Industrie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/496524
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