Ziel der Untersuchung ist es, mit Hilfe einer systematischen Auswertung der Lageberichte der württembergischen Politischen Polizei herauszufinden, in welchem Umfang, was und wie diese über die NSDAP berichtete und ob sich hieraus Anhaltspunkte für eine fehlende neutrale Gesinnung ableiten lassen. In den wenigen Untersuchungen zur Geschichte der Politischen Polizei und ihrer Rolle in der Weimarer Republik wird kontrovers darüber diskutiert, ob sich die Aktivitäten ihrer Beamten gegen die staatsfeindlichen Parteien KPD und NSDAP gleichermaßen richteten. Auch die Unparteilichkeit der Politischen Polizei im Volksstaat Württemberg wird bis heute kritisch betrachtet.
In ihrem allgemeinen Teil gibt die Arbeit einen Überblick über die die letzten Jahre der Weimarer Republik und die zu dieser Zeit vorherrschenden politischen Bewegungen. Anschließend zeichnet sie die Entwicklung der Politischen Polizei bis zur Weimarer Republik nach und stellt ihre Organisation in Württemberg vor.
In ihrem empirischen Teil befasst sich die Arbeit mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse gezielt mit der Berichtstätigkeit der württembergischen Beamten an übergeordnete Stellen. Die Inhaltsanalyse erfolgte im Rahmen einer strukturierten Auswertung von 270 Kapiteln aus dem Zeitraum 19.12.1929 bis 04.02.1933. Untersuchungsmerkmale bildeten die Kategorien Berichtsfokus, Berichtsqualität und Bedrohungspotential. Ergänzend wurden 737 Einschätzungen (sog. Positionierungen) aus den Lageberichten extrahiert und hinsichtlich ihrer Wirkung auf einen potentiellen Empfänger bewertet. Ziel war es aufzuklären, ob sich Belege für eine fehlende neutrale Gesinnung und Betätigung der damaligen Beamten finden lassen. Das zur Auswertung entwickelte Kategoriensystem erwies sich nach Berechnung der Reliabilitätskoeffizienten nach Holsti und Cohen als mäßig gut bis sehr gut stabil. Die Arbeit kommt zu dem Schluss, dass ein deutlicher Berichtsschwerpunkt auf dem „linken“ Parteienspektrum liegt, das Bedrohungspotential einer NSDAP aber gleichfalls erkannt wurde. Die erfolgte Schwerpunktsetzung der Politischen Polizei ist aufgrund der dortigen Erkenntnislage sachlich angemessen. Für eine „Besserstellung“ der NSDAP oder für eine fehlende neutrale Gesinnung der Politischen Polizei lassen sich keine ausreichenden Belege aus den Lageberichten herleiten.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Abstract
- Abkürzungsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1. Hinführung zum Thema
- 1.2. Entwicklung der Untersuchungsfragestellung
- 1.3. Zielsetzung der Untersuchung
- 2. Die Weimarer Republik
- 2.1. Die letzten Jahre der Weimarer Republik
- 2.2. Parteien und Verbände der Weimarer Republik
- 2.2.1. Politische Bewegungen und Parteien
- 2.2.2. Sonstige Gruppierungen
- 2.2.3. Besonderheiten in Württemberg
- 3. Die Politische Polizei in der Weimarer Republik
- 3.1. Zum Begriff der Politischen Polizei
- 3.2. Frühe Ursprünge und Entwicklung im 19. Jahrhundert
- 3.3. Die Politische Polizei (1919-1933)
- 3.3.1. Wiederaufbau nach der Staatsumwälzung
- 3.3.2. Der Reichskommissar für Überwachung der Öffentlichen Ordnung
- 3.4. Die Politische Polizei von Württemberg
- 3.4.1. Ursprung und Entwicklung bis 1918
- 3.4.2. Organisatorische Entwicklung ab 1919-1922
- 3.4.3. Organisatorische Entwicklung ab 1923-1933
- 3.4.4. Personelle Verhältnisse
- 3.4.5. Informationsgewinnung und Nachrichtenaustausch
- 3.4.6. Entwicklung der Politischen Polizei nach der Machtergreifung
- 3.4.7. Ausgewählte Kurzbiographien:
- 3.4.7.1. Friedrich Mußgay
- 3.4.7.2. Jakob Wöger
- 3.4.7.3. Dr. Wilhelm Harster
- 3.4.7.4. Wilhelm Kley
- 3.4.7.5. Karl Weber
- 4. Die Untersuchung - Methode und Vorgehensweise
- 4.1. Methode der strukturierten Inhaltsanalyse
- 4.2. Darstellung des Untersuchungsmaterials
- 4.2.1. Lageberichte der Politischen Polizei
- 4.2.2. Festlegung des Untersuchungszeitraums
- 4.2.3. Auswahl der Untersuchungseinheiten
- 4.3. Inhaltsanalytisches Kategoriensystem
- 4.3.1. Theoriegeleitete Vorgehensweise
- 4.3.2. Erarbeitete Kategorien und Ausprägungen
- 4.4. Gütekriterien
- 4.4.1. Kodierleitfaden
- 4.4.2. Verfahrensdokumentation
- 4.4.3. Test zur Intracoder-Reliabilität
- 5. Ergebnisse der Untersuchung
- 6. Diskussion der Ergebnisse
- 6.1. Zu den Ausgangshypothesen
- 6.2. War die Beachtung der NSDAP angemessen?
- 6.3. Handelte die Politische Polizei neutral?
- 6.4. Problemstellungen und weitere Forschungsansätze
- 6.5. Zusammenfassung und Schlussbetrachtung
- Literatur- und Quellenverzeichnis
- Tabellenverzeichnis
- Anlagenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Politischen Polizei des Volksstaates Württemberg in den letzten Jahren der Weimarer Republik und analysiert, wie die Beamten über die NSDAP berichteten. Durch eine systematische Inhaltsanalyse von Lageberichten soll geklärt werden, ob die Berichte Anhaltspunkte für eine fehlende neutrale Gesinnung der Beamten liefern.
- Die Rolle der Politischen Polizei in der Weimarer Republik
- Die Beobachtung der NSDAP durch die Politische Polizei
- Die Schwerpunktsetzung in den Lageberichten
- Die sprachliche Ausprägung der Berichte
- Die Neutralität der Politischen Polizei
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die das Thema einführt und die Forschungsfragestellung entwickelt. Im Anschluss werden die letzten Jahre der Weimarer Republik und die wichtigsten politischen Bewegungen dieser Zeit skizziert. Anschließend wird die Entwicklung der Politischen Polizei bis zur Weimarer Republik nachgezeichnet und ihre Organisation in Württemberg dargestellt.
Der empirische Teil der Arbeit befasst sich mit der Berichtstätigkeit der Politischen Polizei in Württemberg. Mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse werden die Lageberichte der Beamten auf ihre Schwerpunkte, ihre Berichtsqualität und auf ihr Bedrohungspotential hin untersucht.
In der abschließenden Diskussion werden die Ergebnisse der Untersuchung dargestellt und im Kontext der Forschungsliteratur eingeordnet. Dabei werden auch die Grenzen der Untersuchung aufgezeigt und weitere Forschungsansätze vorgeschlagen.
Schlüsselwörter
Politische Polizei, Weimarer Republik, NSDAP, KPD, Lageberichte, Inhaltsanalyse, Neutralität, Staatsfeind, Bedrohungspotential, Sprachliche Auffälligkeiten, Untersuchungsausschuss.
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- André Grimm (Autor), 2015, Die Politische Polizei von Württemberg und ihr Umgang mit der NSDAP, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/495821